So, hat etwas gedauert aber es ist ein schwieriges Thema und in schriftlicher Form fast unmöglich weitere Missverständnisse zu vermeiden – bitte dies auch bei den folgenden Ausführungen beachten.
Hintergrund ist folgender Beitrag von Pablo, der meiner Meinung nach zu wichtig ist um in einem Thread mit einem anderen Thema zu verschwinden:
ZitatAlles anzeigenIch sollte dazu ja eigentlich nichts schreiben...
Aber weil der Quatsch auch immer wieder durch die Medien geistert, auch verbreitet von sogenannten "Ökologen" (bzw. Lobbyisten der Holzindustrie), die aber leider absolut nicht die geringste Ahnung davon haben, was Wald ist und wie Wald funktioniert, will ich doch mal eben ein paar Fakten klarstellen:
Die Rotbuche (Fagus sylvatica) kommt mit dem Klimawandel sehr gut klar! Womit Fagus sylvatica nicht gut klar kommt, ist Plantagenwirtschaft (die meisten Wälder sind halt keine Wälder mehr, sondern artenarme Holzplantagen / Agrarwüsten). Zweitens: Fagus kann in Sachen Stickstoffanreicherung komplett entgleiste Böden ganz und gar nicht ausstehen.
Beides hat einen ganz entscheidenden Grund, der auch von hochdotierten (Pseudo-) Wissenschaftlern im Dienste von Politik & Holzindustrielobby zu 100% ignoriert wird: Fagus sylvatica ist ein obligater Mykorrhizabildner. Allerdings nicht mit einem oder zwei Pilzen, sondern in einem einigermaßen gesunden Rotbuchenbestand hat jeder einzelne Baum dutzende Mykorrhizapartner und zwar verschiedene. Diese Artenvielfalt ist zwingend notwendig nicht nur für das Wachstum dieser Baumart, sondern auch für ihre Wiederstandsfähigkeit gegenüber diversen Umwelteinflüssen. Nimmt die Artenvielfalt an Mykorrhizapartnern ab, fehlt der Rotbuche mehr und mehr die Lebensgrundlage. Wenn das passiert, hat eine über mehrere Jahre intensivierende Dürre wie jetzt leichtes Spiel.
Dabei auch zu berücksichtigen: Die Temperaturen sind komplett irrelevant.
Fagus sylvatica kommt auch mit 45°C zurecht. Ebenso wie mit -25°C. Sofern mit dem Wald ansonsten alles i.O. ist, also auch mit der Mykorrhiza im Boden. Blöd ist nur die Dürre, das geht selbst in einem einigermaßen intakten Wald nur bis zu einem bestimmten Grad. Spielt übrigens keine Rolle, wie warm es ist. Wenn's nicht regnet, ist es trocken, egal ob das Thermometer +30°C oder -10°C anzeigt.
Die Fichte (Picea abies) hat da schon noch mal etwas andere Probleme, denn die verträgt tatsächlich auch Hitze nicht besonders gut. Und Trockenheit erst recht nicht. Picea abies ist allerdings auch ein obligater Mykorrhizaabildner. Und ebenso wie die Rotbuche auf etliche veschiedenartige Mykorrhizapilze pro Baum angewiesen. Picea abies ist aber eben ein Baum der nach Nordeuropa und / oder in die Höhenlagen europäischer Mittel- und Hochgebirge gehört. Da ist er hemisch, und in diesen gebieten findet er sein spezifisches ökologisches Biom (also auch die passenden Mykorrhizapartner), ohne die er krass anfällig wird und bei einer Störung wie der seit einigen Jahren immer stärker werdenden Dürre eben abstirbt.
Am Beispiel der Fichte wunderbar zu sehen: Man kann nicht einfach beliebig Bäume in Plantagen außerhalb ihrer natürlichen Ökosysteme anpflanzen. Das bildet extrem schwache und instabile Ökosysteme, die zwangsläufig kollabieren müssen, wenn sich die Verhältnisse auch nur minimal verschlechtern.
In dem Zusammenhang kurze Richtigstellung zum Schädlingsmärchen in Sachen Borkenkäfern: In wirklichkeit ist es so, daß Borkenkäfer Nutztiere sind. Sie wurden von Ökosystemen entwickelt, um kranke Bestände zügig aufzuräumen und das Holz einer raschen verwertung für andere Tiere, Pilze, Bakterien und letztlich wieeder Pflanzen zur verfügung zu stellen. Kurz: Borkenkäfer sind kein Problem, sondern sie lösen eines.
Was die Lügengeschichte vom "Holzmangel" betrifft: Im Moment ist die Bilanz extrem krass, aber sie war schon vor Corona - Shutdown nicht ausgeglichen: Es wurde und wird definitiv mehr Holz geschlagen als benötigt wird. Daß man also unbedingt (katastrophalerweise) neue Monokultur - Baumplantagen mit rasch wachsenden, nutzbaren Hölzern anlegen müsse, um "den (Wirtschafts-)Wald zu "retten", ist zu 100% Blödsinn. Der Holzpreis war schon vor dem Shutdown niedrig, weil viel mehr geschlagen als verbraucht wurde. Der (ökologisch verheerenden) Holzindustrie wurde und wird sogar Steuergeld wie Zucker in den Arsch geblasen, um Märkte zu schaffen, wo gar keine sind. So zB in der komplett schwachsinnigen Subvention von Holzöfen (schlimmer geht's nimmer, ökologisch wie klimatechnisch).
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Sorry.
Ich schrieb ja eingangs, ich hätte es nicht schreiben sollen.
Falls es doch jemand gelesen hat: Förster und Forstwirte sind hier explizit nicht angesprochen. Das geht ganz explizit gegen die Holz- und Forstindustrie und gegen politische Strukturen, die sich auzsschließlich um diese kümmern und nur auf von denen gesponsorte Pseudowissenschaftler hören, weil da das meiste Geld rumfließt.
Allen normalen Förstern, kleineren Waldbesitzern, oder Waldpächtern, die ich kenne, und die in (einigermaßen) funktionierenden Wäldern eine (einigermaßen) nachhaltige Forstwirtschaft betreiben, platzt nämlich ebenfalls regelmäßig der Kragen, wenn's um dieses Thema geht.
LG; Pablo.
Quelle: Auch hier: Erste Röhrlinge