Ist das ein Saftling?

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 2.799 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (2. August 2020 um 19:23) ist von ReikeT.

  • Heute auf einer Wiese gefunden. Dort wuchsen Birkenpilze unter vereinzelten Birken und auch 2 Kiefern Steinpilze. Deshalb vermute ich hab es dort früher auch Kiefern.

    Wuchshöhe ca. 12 cm

    Ist das ein Saftling? Ich habe einen solchen Pilz vorher noch nie gefunden und kann leider auch keine weiteren Merkmale liefern.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Uwe!

    Auch wenn's grundsätzlich ja so ist, daß man bei Pilzbestimmungen rein gar nichts zu 100% sicher nur nach Bildern sagen kann:
    Ja, wenn man die Art (und einige andere Saftlinge) kennt und oft genug gesehen hat, kann man das schon mit recht hoher Sicherheit hier behaupten.
    Ausgehend von Habitus, Hutform, Färbung, radialfaseriger Huthaut und längsfaseriger Stieloberfläche, wobei teils schon ein leichtes Schwärzen auf den Hutspitzen und bei den Stielfasern erkennbar ist, landet man auf jeden Fall in dem Aggregat.
    Der Teufel liegt wie so oft im Detail, denn "Hygrocybe conica" ist nicht eine einzige, einheitliche Art, sondern eine Gruppe von mehreren, morphologisch teilweise kaum sinnvoll trennbaren Arten. In diesem Fall würde ich das allerdings sogar als "Schwärzenden Saftling im strengen Sinne (Hygrocybe conica s.str.) bezeichnen, weil es kein Extremstandort (Moor, alpin / boraler Bereich, Sanddüne) ist, die Farben ins Spektrum der normalen "Hauptart" passen (nicht ausgesprochen rot, aber auch nicht ganz ohne rot- und orangetöne, fruchtkörper groß und kräftig, Lamellen auch gelb und nicht rot oder lachsfarben oder grau).


    LG; Pablo.

  • Hallo Uwe,

    Darum interessieren mich kaum noch Saftlinge ........

    eigentlich schade denn die sehen meistens wunderschön aus.

    Wenn das so weiter geht mit den Aufsplittungen durch Sequenzierungen brauchen wir als Amateure überhaupt keine Antworten auf Fragen mehr geben. Die sind dann sowieso meistens falsch.

    VG Jörg

    Weil Pilze keine Bücher lesen sehen sie selten so aus wie sie sollten

    Einmal editiert, zuletzt von Heuler22 (2. August 2020 um 18:30)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Uwe & Jörg!

    Naja... letztenendes findet man diese Fälle überall, durchs gesaamte Pizreich in allen Gattungen wieder. Bei Pflanzenkunde und Tierkunde ist das seit etlichen Jahren ganz normal, daß man von Aggregaten spricht, weil man weiß, daß es genetisch gesehen veschiedene Sippen gibt, die aber morphologisch kaum zu unterscheiden sind. Bei Pflanzen ist es teilweise noch haarsträubender als bei Pilzen, weil die auch stärker hybridisieren (kommt bei Pilzen viel seltener vor).
    persönlich habe ich kein Problem damit, solche Erkenntnisse einfach am Rande wahrzunehmen. Wenn es ein Bereich ist, mit dem ich mich persönlich intensiver beschäftige, dann gucke ich mir das genauer an (so zB bei Porlingen, Rindenpilzen, Ritterlingen, Röhrlingen), in anderen Bereichen reicht mir dann einfach auch diese "Aggregatsbestimmung".
    Beispiele: Auch wenn man genetisch vier Kornblumenröhrlinge unterscheiden kann, makroskopisch kann man eh nur die beiden Arten mit deutlichem teilvelum von denen ohne solches trennen, also für meinen Privatgebrauch kann ich dann auch beim "Kornblumenröhrling im weiteren Sinne" bleiben. Das ist auch keineswegs falsch.
    Einfach ein "s.l." hinten dran setzen, oder ein "agg.", bei den deutschen Namen ein "iws" (meint das selbe, nämlich im weiteren Sinne), und man weiß, was Sache ist.
    Eine Bezeichnung als Aggregat ist eben nicht falsch, sondern man macht nur deutlich, daß man eine konkrete gruppe von schwer trennbaren Arten zusammenfasst - so wie es ja in der vergangenheit auch gemacht wurde und auch da war es ja eben nicht "falsch".

    In der Pilzkunde gibt es halt was die Genetik und die Kombination von Genetik, verbreitung und Morphologie betrifft, gegenüber Pflanzen und Tierkunde noch sehr viel nachholbedarf. Anders ausgedrückt: Man weiß viel weniger übers Pilzreich als über die anderen Reiche von Makroorganismen.

    Uns kommt das momentan noch frustierend vor, weil sich scheinbar alles so schnell verändert, aber ich denke, auch die Pilze haben solche intensiveren und detaillierteren Forschungen verdient. Man muss aber nicht dauernd mit allem Schritt halten, tue ich ja auch nicht. Vieles bestimme ich einfach im Feld auf Aggregatsebene - mit kleiner Randnotiz im Hinterkopf, daß der eben als "Kupferroter Gelbfuß" bestimmte Pilz theoretisch noch mal weiter differenziert werden kann. Aber auch wenn ich die paar details wie Amyloidität der Lamellentramahyphen usw.) angucke, ist der Fund doch am Ende immer noch "ein" Kupferroter Gelbfuß (Chroogomphus rutilus agg.).

    Was die Saftlinge betrifft: Das ist sogar eine Gattung, wo man über nur sehr wenige solche Baustellen stolpert. Mal abgesehen davon, daß man ein wenig mit den Gattungsbezeichnungen rumgedoktort hat (Ähnlich wie bei Boletus s.l., auch hier durchaus nachvollziehbar aber merken muss man es sich nicht), ist die Gattung "Hygrocybe s.l." absolut hervorragend bearbeitet. Sieht man von ein paar wenigen Grenzfällen (wie dem conica - Aggregat) ab, kann man da wirklich sehr viel sehr exakt bestimmen - dank der jahrzehntelangen, großartigen (vor allem morphologisch überragenden!) Arbeit von David Boertmann.
    Wen es interessiert, möge man mal nach dem Saftlingsbuch von ihm schauen ("The genus Hygrocybe" von David Boertmann, erhältlich als 2nd revised Edition von 2010). Mit diesem Buch - das auch konsequenter Weise die Gattungsumstellungen ignoriert, weil es ein morphologisches bestimmungsbuch sein soll! - kann man mit etwas Übung erstaunlich viele Saftlingsfunde sehr präzise bestimmen. Dank ausgezeichnetem "Field Key" einen Großteil davon sogar makroskopisch.
    Viele andere Gattungen sind da längst noch nicht so weit, und längst nicht so gut und solide bearbeitet wie die Saftlinge.

    Soweit mal mein Plädoyer, sich nicht von "Artensplitting" die Freude an der Pilzkundlichen Arbeit vermiesen zu lassen (muss eben gar nicht immer exakt sein), plus Plädoyer für die putzigen, bunten Wiesenbewohner, die nämlich wirklich richtig Spaß machen können.


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,

    jetzt hast Du wieder einmal einen Roman geschrieben und das nur weil mir diese ganze Aufsplittung auf die Nerven geht. Das hatte überhaupt nichts mit den Saftlingen zu tun. Bei mir bleibt ein Schwärzender Saftling immer ein solcher auch wenn ich nicht beweisen kann das meine Zwergvarianten oder die extrem großen Exemplare auch etwas anderes sein könnten. Beim Flocki geht das ja nun auch los aber der bleibt bei mir erst einmal ein Flocki :wink:.

    VG Jörg

    P.S. : Hurra es regnet.

    Weil Pilze keine Bücher lesen sehen sie selten so aus wie sie sollten

  • @pablo danke für Deinen Roman. Ich lerne immer eine Menge daraus und du schreibst idR auch so, dass ich sehr gut folgen kann.

    Danke auch Jörg und Uwe

    Optisch machen die Saftling schon echt was her. Ein noch altes Exemplar daneben, welches ich nicht abgelichtet hatte, ging übrigens tatsächlich am Hut bereits an, deutlich zu schwärtzen