Kiefernweichtäubling - Russula cessans

Es gibt 1 Antwort in diesem Thema, welches 1.451 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (25. Oktober 2020 um 13:02) ist von CH-Andy.

  • Hallo,

    ich habe mich wieder mal intensiv mit einem Täubling beschäftigt, der dieses mal im eigenen Garten, versteckt unter Efeugestrüpp das Licht der Welt erblickte.

    Es handelt sich um einen kleineren, wenig festen Täubling. Wobei in unmittelbarer Nachbarschaft auch ein etwas stämmigeres Exemplar (was sich auch mit der Beobachtung von Romagnesi bei dieser Art deckt!), leider schon komplett überaltert zu finden war. Die Kostprobe einer Lamellen zeigt keine Schärfe, also eine milde Art. Geruch war dabei wenig markant. Wenn man sich die Lamellen anschaut ahnt man es schon, dieser hier ist ein Ocker- oder Dottersporer. Der Sporenabwurf bestätigt diese Vermutung am nächsten Tag: IVb.

    MIlde, dottersporende Täublinge kann man zunächst nach Habitus zerlegen. Die eher kräftigen Vielfarbigen-Täublinge/Ledertäublinge fallen erst mal raus. (Davon gibt es aber auch schmächtige Arten wie R.carpini.)

    Leider bleiben da immer noch einige Möglichkeiten offen. Vor allem wäre es nun wichtig zu wissen ob die Pilze Dermatozystiden oder inkrustierte Primoridalhyphen besitzen um die Amethystinae und Chamaeliontinae auszuschließen. Es geht auch makroskopisch: Die Arten um den Jodoform-Täubling haben dem Namen nach oft einen charakteristischen Geruch an der Stielbasis und reagieren kaum mit Guajak-Tinktur. Letzteres ist klar nicht der Fall, Guajak schlägt eindeutig positiv nach einer Sekunde um. Die Chamaeliontinae mit vorwiegend gelblichen Hüten haben meist noch dunkleres Sporenpulver. Im mikroskopischen Bild zeigen sich wie erwartet auch die in Sulfovanillin anfärbbaren, septierten Zytiden.

    -> Kleine, dottersporige, milde Täublinge mit Dermatozystiden: Da kommt man zu den Zwergtäublingen Tenellae.

    Diese lassen sich makroskopisch wieder zerlegen. Dottersorige Zwergtäublinge mit gilbenden Fleisch, auffällig süßen Geruch oder ohne diese Merkmale. Gerade wegen mögliche Verfärbungen sollte man Täublinge mindestens einen Tag liegen lassen und beobachten! Zusätzlich fällt der mögliche Mykorrhizapartner in's Gewicht. Für diesen Fund kommt am Fundort ausschließlich Fichte auf Sandboden in Frage. Daher muss es eine Art des Nauseosa-Aggregats sein. Da wird's jetzt aber sehr diffus...

    R.nauseosa, R.laricina und R.cessans sind schwer zu trennende Arten in ihrer Variationsbreite. Die Tendenz geht von nauseosa nach cessans betreffend: Sporen zunehmend kleiner, mit mehr abgerundeten als stacheligen Ornament und mehr Verbindungslinien. Und makroskopisch: Weniger olivgelbe als violette Hutfarben, abnehmende Tendenz der Stielvergrauung beim Trocknen, stinkender (nauseosa) bis banaler Geruch und Vorkommen von vorwiegend montaner bis Flachland-Lage.

    Nach Betrachten aller Merkmale hört dieser hier auf den Kiefer-Weichtäubling Russula cessans, der auch unter Fichten vorkommt.

    Mit Fokus auf die Ornamenthöhe: Relativ niedrige, abgerundete Waren als Sporenornament; in MELZER x1000(Öl)

    Verbindungen im Ornament sind bei allen Sporen vorhanden, aber oft sehr variabel: Von gelegentlich zusammenfließenden Warzen bis einzelnen Reihen, seltener auch ansatzweise teilnetzig.


    HDS in Kongorot/SDS x1000(Öl):
    Man sieht die typischen Haare des Nauseosa-Aggregats und die (sehr vielgespaltigen) Dermatozystiden, hier links im Bild mit Divertikeln (Auswüchsen).


    LG Thiemo

    Bestimmungsvorschläge anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Eine Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben! -> Pilzsachverständige finden

    Einmal editiert, zuletzt von Steigerwaldpilzchen (24. März 2022 um 19:40)

  • Klasse gemacht Thiemo, ich bekomme demnächst auch noch unterricht im mikroskopieren..... Freu mich auf diese Herausforderung.

    LG Andy