Purpur Röhren: Flocki vs. satanas vs. Purpurröhrling

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 4.054 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (24. November 2020 um 19:17) ist von Beorn.

  • Hallo Pilzfreunde

    Ich bin bei den Röhrlingen mit roten Stielen und Röhren nicht sehr bewandert, da ich sie hier fast nie finde

    Heute habe ich 30 Minuten nach Sonnenuntergang in einem Buchen-Eichen-Waldabschnitt einen solchen gefunden, rund 100 meter neben einem stattlichen aber leider bereits weitgehend zergangenen Boletus.

    Leider war dieser auch schon deutlich alt, was ein Bestimmen nicht einfacher macht, schon gar nicht, wenn es dunkel ist.

    Hier die Fotos (einige nur Kunstlicht aus dem Fahrerraum, einige zusätzlich mit Blitz, Sonne ist leider nicht mehr da und bis morgen ist er ganz Matsch):

    Könnte das einer der Purpurröhrlinge sein? Oder vielleicht ein alter Flockenstieliger Hexenröhrling, dem auf Grund des Regens die Flocken abhanden gekommen sind?

    Hier noch Bilder des alten Steinpilzes

    Lieben Gruß

    Reike

    Einmal editiert, zuletzt von ReikeT (24. November 2020 um 07:50)

  • Hallo Reike,

    ich glaube auch, dass das einer der Satanspilze ist. Ein Flocki hätte einen braunen Hut, nicht so ein Weinrot in der Stielbasis und würde vor allem viel stärker blauen. Ob es jetzt genau Boletus satanas oder nicht vielleicht Boletus legaliae ist, mag ich mich nicht festlegen, allenfalls mit leichter Neigung zu Boletus legaliae.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • He Leute

    Danke für Eure Einschätzungen.

    Mein erster Gedanke war tatsächlich Boletus satanas. Habe ich dann aber verworfen, weil der überall mit deutlich hellem Hut beschrieben ist allerdings kenne ich den nicht aus Natura, wäre also auch mein Erstfund.

    Dieses weiße Fleisch mit leichter Blaufärbung nur im Hut und Rötung nur in der Stielbasis hat mich dann zu den Purpurröhrlingen geführt, obwohl die Röhren an einigen Stellen schon fast Zimtbraun sind, was ich als Sporenschleier werten würde.

    Insgesamt fühle ich mich noch sehr unsicher mit dieser Gruppe.

    Viele Grüße

    Reike

  • ReikeT 23. November 2020 um 08:01

    Hat den Titel des Themas von „Purpur Röhren“ zu „Purpur Röhren: Flocki vs. satanas vs. Purpurröhrling“ geändert.
  • Hi...

    ich hatte bei Flockis festgestellt, dass die manchmal nur recht langsam blauen, wenn ich die der Länge nach aufschneide, aber immer extrem schnell und dunkel, wenn ich sie quer zur Faser schneide. Dein Exemplar blaut jetzt nun gar nicht im Stiel, was mir bislang noch nicht untergekommen ist, andererseits steht in der Beschreibung in der 123pilzsuche auch:

    Flockenstielige Hexenröhrlinge, Rotkappen, Maronenröhrlinge, Rotfuß usw. blauen meist. Doch es kommt selten vor, dass Pilze mal nicht blauen. Dennoch sind sie immer noch dieselbe Art geblieben [...].

    Das rote Fleisch in der Stielbasis kenne ich von Flockis nicht, das wäre wohl aber typisch für den Netzstieligen Hexenröhrling, zu dem dann auch die Hutfarbe passen würde. Der hätte natürlich ein Netz, was ich hier nicht erkennen kann. Aber das sollte der Satansröhrling ja eigentlich auch haben. Einen Satansröhrling habe ich bislang nur einmal gesehen, und da hatte der einen sehr großen, sehr hellgrauen fast weißen Hut und hat sich somit klar als Satan zu erkennen gegeben....

  • Dank Dir KopfPilz, dass Du mitüberlegst. Die gleichen Gedanken zum Netz hatte ich auch. Mhhh. Kann sein, dass es einfach ein überalteter Fruchkörper ist, bei dem einzelne Merkmale nicht mehr gut sichtbar sind. Mir fehlt leider auch die Erfahrung mit dieser Gruppe, um mich da selbst sicherer durchzunavigieren.

    Tatsächlich habe ich den Pilz übrigens quer geschnitten. Das habe ich mir mal nach einem Hinweis von Beorn angewöhnt, demnach man ja Artefakte bei einem "von-oben-nach-unten"-Schnitt leicht vom Hut in die Stielbasis "schneiden" kann, bzw. umgekehrt.

    • Offizieller Beitrag

    Moin Moin!

    So ein Längsschnitt ist dennoch genau das richtige. Einen Querschnitt kann man zusätzlich noch anwenden, wenn man denn mag, aber ideal ist es schon genau so, wie du es hier gemacht hast, Reike.
    Da hat man im Schnittbild alles im Blick.

    Was man hier berücksichtigen muss: Der Fruchtkörper ist sicherlich nicht der Jüngste, und eventuell hat er auch irgendwann mal leicht Bodenfrost abbekommen? Oder es war ihm generell sehr kalt. Röhrlingsfruchtkörper im Spätherbst sind immer eine heikle Sache, die meisten Röhrlinge stellen übrigens die Fruchtkörperproduktion ein, wenn es kalt wird und die Tageslichtspanneabnimmt.
    Mal Hand aufs Herz: Wer von euch hat schonmal einen Fruchtkörper von Rubroboletus satanas (Satansröhrling) im November gesehen?
    Oder auch nur im Oktober?
    An den Standorten die ich kenne, werden die Fruchtkörper so ab Juli / August gebildet, gegen Ende September ist Finito mit Fruktuation.
    Allerdings soll man nach Phänologie nie Pilze bestimmen, weil Ausnahmen sind immer möglich.

    Darum ein paar Eckdaten zu Neoboletus erythropus: Klar kann der in der Stielbasis auch weinrotes Fleisch entwickeln. Das ist dann allerdings normalerweise ein Zeichen von beginnenden Zeretzungsprozessen bei der Art, und es tritt sehr viel seltener auf als bei den Suillellus - Arten. Aber gerade im Frühsommer sehe ich das bei älteren Fruchtkörpern von Neoboletus erythropus immer wieder mal, wenn da unten am Stiel Tierchen eindringen. Und eben im Spätherbst, wenn es kalt wird (dann oft durch Einwirkung von Kälte / Bodenfrost).
    In dem Zusammenhang ist auch das Verfärbungsverhalten von Neoboletus erythropus variabel. Alter der Fruchtkörper, Witterungsbedingungen (nicht nur Hitze und Trockenheit sondern auch Kälte und Nässe!), parasitärer Befall und grundsätzliche Variationsbreite (es gibt Formen von erythropus komplett ohne Blaufärbung, s. "var. immutatus"), beeinflusssen auch die Intensität der blauen Verfärbungen.
    Das kann unter Umständen sogar dazu führen, daß Fruchtkörper von Boletus erythropus nahezu gar nicht mehr blauen.

    Was man hier bei dem Pilz absolut gar nicht sieht, auch nicht direkt an der intakten (!) Stielspitze ist auch nur ein Hauch einer Netzzeichnung. Dabei sind die Bilder sehr gut, alles scharf und im Detail erkennbar, zudem macht der Stiel des fruchtkörpers den Eindruck, als sei da alles intakt und unbeeinflusst. Insofern müsste da nicht nur bei einer Netzhexe, sondern natürlich auch bei einem Satansröhrling irgendwo irgendwas Netzartiges erkennbar sein. Aber da ist nichts. Dafür sieht man durchaus feine, rote Flocken, die bei diesem Pilz halt etwas dichter gedrängt sind und flach anliegen, so daß sie den Anschein erwecken, mehr oder weniger eine geschlossene Fläche zu bilden. An einigen Stellen sieht man das aber typisch in kleinere Flöckchen aufreißen.
    Dann die Hutoberfläche: Klar gibt's Rubroboletus satanas mit ockergelbem bis ockerbraunem Hut. Aber bei den gelblichen Formen sind meistens auch die Poren nicht so dunkel und so leuchtend rot, ebenso sind die Stiele eher blass gefärbt. Bei dunkelhütigen Formen von Rubroboletus satanas fehlt zudem der eher warme Braunton, wie er hier recht deutlich erkennbar ist.

    Auch wenn die Hutoberfläche hier schon recht stark verwittert ist, da sind Farbtöne drin, die selbst für die gelbhütigen Formen von R. satanas nicht mehr ins Farbspektrum passen.
    Das alles zusammen genommen: Dieser Pilz ist für mich kein Satansröhrling. Da passt einfach viel zu wenig zusammen, im Gegensatz zu einem Flocki.
    Ob das nun ein Flocki im Strengen Sinne (Neoboletus erythropus) oder die thermophile Laubwaldsippe (Neoboletus xanthopus) ist, steht auf einem anderen Blatt, ist hier aber vermutilch eh nur mit Sequenz zu ermitteln.
    Aber satanas? Nö, das hier ist keiner.


    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,

    Zitat

    Mal Hand aufs Herz: Wer von euch hat schonmal einen Fruchtkörper von Rubroboletus satanas (Satansröhrling) im November gesehen?


    Meinen letzten Satans-Röhrling habe ich am 26.10. diesen Jahres gefunden (altes Exemplar) und vor ein paar Jahren sogar Boletus aereus am 5.11. !

    In der Tat ist oben kein Stielnetz zu erkennen. Aber ich hatte auch schon von Wind und Sonneneinstrahlung gezeichnete Satans-Röhrlinge in der Hand, wo man ein Netz nur ansatzweise mittels Lupe erkennen konnte. Allerdings waren solche Teile auch farblich sehr ausgeblasst. Klar, der Fruchtkörper ist nicht mehr im besten Zustand aber der Habitus (helle Kappe -vorallem die fast weißlich wirkende überhängende Huthaut-, Porenfarbe und die Stielfarben mit karminrötlichen Anflug, hätte mich am Satan erinnert, deswegen meine Vermutung. Jedenfalls hätten meine Fruchtkörper in diesem Zustand schon sehr markant und auftdringlich gestunken. Das wäre natürlich dem Finder aufgefallen.

    Schöne Grüße,

    Andreas

    viele Grüße,
    Andreas

    ------------------
    Mitglied der Pilzfreunde in der Gemeinnützigen Gesellschaft Wismar e.V

    http://www.pilzraritaeten.de

  • Hallo zusammen

    Leider kann ich hier nichts beitragen, allerdings möchte ich mich für die tollen Beiträge bedanken. Da ich bisher, von den hier genannten Pilzen, nur zwei Flockis gefunden habe, aber noch nie einen Satan oder eine Netzhexe ist es sehr interessant hier mitzulesen. :thumbup:

    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Wer von euch hat schonmal einen Fruchtkörper von Rubroboletus satanas (Satansröhrling) im November gesehen?
    Oder auch nur im Oktober?
    An den Standorten die ich kenne, werden die Fruchtkörper so ab Juli / August gebildet, gegen Ende September ist Finito mit Fruktuation.
    Allerdings soll man nach Phänologie nie Pilze bestimmen, weil Ausnahmen sind immer möglich.

    Ich, schon ein paar Mal:

    15.10.2005 auf der Schwäbischen Alb bei Heidenheim, bei Morgenfrost

    18.10.2006 bei Werbach/Tauberbischofsheim, nach ebenfalls kalter Nacht

    Irgendwo widersprichst du dir in deiner Argumentation selbst, da du ja dann doch nach der Phänologie gehst.

    Ein bisschen wundert es mich, warum bisher niemand was zu meiner Idee Boletus legaliae gesagt hat. Ist das wirklich so absurd?

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • Hallo zusammen

    Ich danke Euch für Eure vielen Überlegungen, und Dir Pablo insbesondere für die Anreicherung mir so vielen Hintergrund Infos links und rechts, für es sehr einfach machen, Deinen Überlegungen zu folgen und dabei die eigene Herangehensweise zu schulen.

    Drei Punkte möchte ich gerne ergänzen:

    1)

    Der Pilz hat ausgesprochen gut gerochen, herrlich nach Waldpilz, zum reinbeißen quasi. Insofern hat der Geruch nicht ganz zum optisch und haptisch deutlich wahrnehmbaren, fortgeschrittenen Alter gepasst.

    2)

    Ich denke, ich habe sowohl mit KopfPilz als auch mit Beorn möglicherweise aneinander vorbei geredet was das Aufschneiden angeht. Daher hier nochmal zur Verdeutlichung: ich schneide die Fruchtkörper immer so auf, dass der Fruchtkörper in einem mehr oder weniger symmetrischen Längsschnittbild sichtbar wird. Allerdings führe ich dazu das Messer weder von oben nach unten, noch von unten nach oben. Stattdessen führe ich das Messer von einer Hutseite zur anderen, und verhindere somit, dass Partikel vom Hutfleisch in der Stielbasis landen vice versa.

    3)

    Es gab tatsächlich 2 Nächte zuvor hier den ersten Bodenfrost. Insofern ist ein Kälteschaden realistisch anzunehmen.

    StephanW ich kenne Boletus legaliae leider nicht, hier von Dir das erste Mal gelesen.

    Beste Grüße in den Abend

    Reike

  • Hi Reike, meine Bemerkung zum Aufschneiden war nicht als Empfehlung zu lesen, sondern als reine Beobachtung:

    Bei Flockis habe ich wiederholt festgestellt, dass das Bläuen deutlich stärker ausgeprägt ist, wenn ich den Stiel sozusagen wie eine Wurst in Scheiben schneide. Die Schnittfläche wird dann innerhalb von wenigen Sekunden sehr dunkelblau. Wenn ich denselben Pilz der Länge nach durchschneide, geht das Bläuen langsamer und ist auch weniger intensiv.

  • Hallo Stephan

    Ein bisschen wundert es mich, warum bisher niemand was zu meiner Idee Boletus legaliae gesagt hat. Ist das wirklich so absurd?

    Das wäre dann aber ja ein ziemlich aussergewöhnlicher Fund, oder? Schliesslich soll dieser ja sehr selten und in Deutschland vom Aussterben bedroht sein. Des Weiteren soll er ja wärmeliebend sein und auch ein orangefarbenes bis karminrötliches Stielnetz haben. Auf den Fotos sieht man aber absolut keine Netzzeichnung. Das sind nur meine Gedanken dazu, schliesslich seid ihr hier die Experten.

    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!

    Rubroboletus legaliae wäre natürlich auch in Erwägung zu ziehen, wenn man hier an Rubroboletus satanas denkt.
    Immerhin: Der hat nicht diesen extremen, modrigen verwesungsgeruch, den Fruchtkörper von Satansröhrlingen verströmen. Hätte aber ebenfalls doch irgendwie irgendwo den Ansatz einer Netzzeichnung und die Hutfarben bei R. legaliae variieren meines Wissens auch noch weniger ins ockergelbe, als es bei R. satanas der Fall sein kann.

    Das mit der Phänologie oben (danke an Andreas und Stephan für eure Fundnotizen!) war in der Tat nur als kleine Ergänzung gemeint. Es wäre - wie oben auch erwähnt - hier kein Ausschlussgrund, aber die Wahrscheinlichkeit für Funde von R. satanas so spät im Jahr ist eben geringer, als sie es im August oder September wäre.
    Darum lag ja oben der Fokus auch auf der Betrachtung der morphologischen Merkmale.
    Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie weit die Netzausprägung bei R. satanas variieren kann, aber zumindest bei den Fruchtkörpern, die ich bisher in der Hand hatte, war immer eine Netzzeichnung zu sehen. Übrigens auch bei ganz alten, stark verwitterten (und drei Meilen gegen den Wind stinkenden) Fruchtkörpern:

    Am besten Bild anklicken, auf Originalauflösung vergrößern und die unabgefressenen Bereiche an der Stielspitze angucken.

    Der gezeigte Fruchtkörper dürfte (so rein vom optischen her) auch deutlich stärker verwittert sein als Reikes Fund.


    LG, Pablo.