Gelbstieliger Flocki - möglicherweise Neoboletus Xanthopus?

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 2.109 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (26. Juni 2021 um 10:03) ist von KopfPilz.

  • Hi, ich habe hier einen etwas ungewöhnlichen "Flocki" gefunden. Der Pilz stand in einer Parkumgebung auf einer Wiese in der Nähe von Buchen.


    Die eher helle Hutfarbe ließ mich vermuten, dass es sich wahrscheinlich um eine Netzhexe handelt. Aber, es zeigt sich, dass weder im Stielfleisch noch im am Röhrenboden Rottöne vorhanden sind:

    Besonders interessant scheint mir die Stieloberfläche, die fast vollständig gelb ist, mit nur mini-feinen rötlichen Flocken (hier ein Stück rausgeschnitten, da sonst zu stark vom Hut überdeckt):

    In der Nähe fanden sich noch eine Menge ziemlich riesenhafter, aber schon vergammelnde Exemplare, hier mal ein Beispiel:


    • Da weder Stielfleisch noch Röhrenboden Rottöne aufweisen + kein Netz zu sehen würde ich die Suillelus-Arten ausschließen.
    • Weil wirklich alles an dem Pilz stark blaut, würde ich noch Imperator-Arten einmal kurz in Betracht ziehen, aber hier scheinen mir weder die Farben noch der Habitus der älteren Exemplare der vermeintlich selben Art zu passen (hier hab ich leider keine guten Bilder).
    • Bleibt also Neoboletus. Beim "normalen" Flocki war mir bislang allerdings noch nie so ein Hut begegnet (Farbe + schnelles Blauen) und auch der Stiel zeigt ja nicht wirklich Flocken.
    • Das bringt mich dann zur Vermutung Neoboletus Xanthopus. Von einer blauenden Huthaut habe ich hier zwar auch noch nichts gelesen, aber der Stiel und der etwas hellere und glattere Hut würden ja passen...
    • Offizieller Beitrag

    Ahoi!

    Neoboletus xanthopus kann man hier nicht ausschließen - aber auch Neoboletus erythropus kann haargenau so aussehen.
    Man muss hier berücksichtigen, daß der Fruchtkörper noch sehr jung und noch nicht voll entwickelt ist. Da sind selbstverständlich auch noch keine groben Flocken auf dem Stiel erkennbar.

    Die wesentlichen Unterschiede zwischen erythropus und xanthopus sind schwer greifbar, und die meisten Funde sind morphologisch wahl gar nicht einer der beiden Sippen zuzuordnen.

    Nur wenn man sehr typische xanthopus - Fruchtkörper findet (Jörg hat kürzlich welche gezeigt), macht die UNterscheidung Sinn meiner Ansicht nach, weil die Variationsbreite von N. erythropus die von N. xanthopus zum größten Teil mit einzuschließen scheint.

    Wesentlich wären neben der Ökologie (N. xanthopus eher in thermophilen, weniger sauren Laubwäldern) eben die Stielbeflockung (die aber auch bei xanthopus vorhanden und auch rot sein kann, ebenso wie sie bei erythropus auch mal galb, braun oder fehlend sein kann) und die Hutoberfläche - diese ist bei xanthopus glatter, fast etwas glänzig im Alter und natürlich mehr ins gelbliche spielend. Aber auch da: N. erythropus kann verkahlen und dann auch einen glatten Hut entwickeln, und selbstverständlich kann auch der Hut von N. erythropus mehr oder weniger (oder ganz) gelb sein.


    LG; Pablo.

  • Hi Pablo,

    danke für deinen Kommentar. Erstmal freue ich mich, dass wir bei der Gattungsbestimmung dann wohl schonmal einer Meinung sind. :)

    (Was für mich jetzt gar nicht so selbstverständlich ist, weil ich viele Pilze, wie z.B. den Ochsenröhrling immer noch nur von Bildern und Beschreibungen kenne...)

    Naja, nach allem was ich bisher so gelesen hab scheint die Bestimmung der Art bei den Neoboletussen ja ziemlich frickelig. Die Unterscheidung der Arten Erythropus/Luridiformis <-> Xanthopus ist ja auch noch relativ neu, und nach den Fungi Of Temperate Europe ist auch noch nicht so viel über die tatsächliche Häufigkeit der Xanthopen bekannt. Vielleicht auch nicht so verwunderlich, wenn die sichere Bestimmung nur mit Gen-Sequenzierung möglich ist?.

    Das Myzel an der Stelle scheint jedenfalls ziemlich mächtig zu sein - ich habs bloß etwas spät entdeckt. Es stehen da noch mindestens 5 Pilzleichen mit je ~20 cm Hutdurchmesser rum, die wohl noch aus der letzten Regenphase von vor zwei Wochen stammen. Von daher besteht denke ich ganz gut Hoffnung dass jetzt auch noch ein paar nachkommen - mal schauen, wie die dann so ausfallen...

  • Moin.

    Du kannst auch an der Stielbasis mal mit einer Lupe nach der Farbe des Tomentums schauen, falls das erkennbar ist. Mehr Bilder von anderen Exemplaren wären natürlich auch sehr gut. Bei Buche kommen wohl beide Arten vor, was es auch nicht leichter macht.

    Lg.

    Keine Verzehrfreigaben meinerseits.

    • Offizieller Beitrag

    Ahoi!


    Soll denn der Basisfilz bei N. xanthopus und N. erythropus unterschiedlich gefärbt sein?

    Es ist ja meistens so bei neu beschriebenen Arten, daß sich die verlässlichsten morphologischen Muster für eine Unterscheidung erstmal herauskristallisieren müssen. Da bis vor kurzem N. xanthopus eben immer als N. erythropus bestimmt wurde, muss erstmal über viele, viele Funde herausgefiltert werden, wie weit bei jeweils welcher Art die Variationsbreiten weclher Merkmale gefächert sind.

    Um das mitb dem Basisfilz nochmal kurz zu verdeutlichen:

    Das ist der weiße Filz hier im Bild unten an der Stielbasis. Der ist oft sogar richtig grob striegelig ausgeprägt bei Flockis (welchen auch immer) und kann als Gattungsmerkmal von Neoboletus gegenüber Suillellus verstanden werden, denn bei den weichfleischigen Suillellus - Arten kommt das in der Form nicht vor.
    Die Dinger hier auf dem Bild könnten theoretisch übrigens auch N. xanthopus sein, wahrscheinlicher aber einfach N. erythropus s.str.


    LG; Pablo.

  • Moin.

    Ob die unterschiedliche Färbung des Tomentums konsistent ist, müsste man noch prüfen, aber als Arbeitshypothese aktuell:

    N. erythropus: weißlich/creme

    N. xanthopus: weinrot, lila oder bräunlich

    Demnach wäre dein Fund N. erythropus s.str.

    Sieht auch nach Buche aus vor Ort? Das können leider beide Arten.

    Als weitere Vermutungen zwecks Habitat:

    Bei reinem Nadelwald soll es wohl immer N. erythropus sein. Laubbaumpartner könnten halt je nach Land unterschiedliche bevorzugt werden. Fagus geht auf jeden Fall. Quercus eventuell, falls die früheren Flockie-Funde darunter nicht auch alle N. xanthopus waren.

    N. xanthopus bevorzugt mit Quercus, gelegentlich Tilia und Fagus.

    LG.

    Keine Verzehrfreigaben meinerseits.

    • Offizieller Beitrag

    Servus!


    Das mit der Farbe des Basisfilzes hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Danke! :thumbup:

    Das werde ich mal gezielt weiter beachten bei zukünftigen Funden.

    Flockis (also erythropus s.str.) im reinen Laubwald finde ich durchaus häufig, und die Variationsbreite im Aussehen der Fruchtkörper ist halt enorm.

    meine Strategie ist, nun erstmal die Übergänge aufmerksamer zu beobachten. Sozusagen ein Herantasten an die grenzen der Variationsbreiten.

    Und natürlich mal irgendwo "ganz typische" Xanthopusröhrlinge (Gelbstielflockis?) aufstöbern und beobachten. Ich bin sicher, auch den schon in der Hand gehabt zu haben, aber eben ohne darauf zu achten, daß das eine eigene Art sein könnte.


    Lg; Pablo.

  • Joa vielen Dank für die Hinweise, echt cool was man hier noch so lernt. :) Ich werde meine (gelb-)Flocki-Stelle im Park weiter beobachten, und wenn noch welche nachkommen sollten, dann werde ich mir das Tomentum einmal genau ansehen.