Täublingsbestimmung und die Anwendung von Reagenzien (KOH 40%, Guajak, Eisensulfat und Phenol)

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 3.105 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (11. Juli 2022 um 22:09) ist von magicman.

  • Gutene Abend Täublingsfreunde, ich war heute Unterwegs und habe mir einige interessante Täublinge mitgebracht.

    Die Farbtafel, die chemikalien habe ich.

    Ich bin noch auf der Suche nach einem kurzen tutorial um die Reaktion der Chemikalien richtig zu bewerten

    Wie sieht jeweils die negative Reaktion aus? wie lange muss ich auf die Reaktion warten?

    Und gibt es im Netz eine Tabelle die die Täublinge nur anhand Ihrere Chemischen Reaktion zuordnet/aufschlüsselt?

    Besten Dank für eure Hilfe

    lg Rainer

  • hallo

    Ich finde Geoffrey Kibby erklärt das sehr gut und hat in seiner Literatur ein Art Schlüssel definiert. So lässt sich die Sektion schon mal gut einordnen, wobei so leicht ist es leider nie bei den Russula's.

    Von den Kosten her ist es auch noch erschwinglich.

    -> The Genus Russula in Great Britain by Geoffrey Kibby

    BG Andy

  • Hallo,


    für die Eisen(II)sulfat Reaktion: Eisen(II)sulfat-Reaktion bei Täublingen


    Bei Guajak zählt man nach dem Auftragen 8 Sekunden und notiert die Farbe. Braun ist negativ, Blau/Türkis positiv (je nach Intensität in verschiedenen Abstufungen).


    Die restlichen Chemikalien kommen nur in speziellen Fällen zum Einsatz.

    (Sulfovanillin: Roseinae & Buckel-Täubling

    Phenol: Olivaceinae & Brätlingstäublinge

    Lauge: Am Stiel von viscida, ochroleuca, insignis & Lamellen von sardonia, cavipes).

    Nur nach chemischen Reaktionen lassen sich Täublinge nicht schlüsseln. Es können aber bestimmte Gruppen oder Arten erkannt werden.


    LG Thiemo

    Bestimmungsvorschläge anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Eine Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben! -> Pilzsachverständige finden

    Einmal editiert, zuletzt von Steigerwaldpilzchen (11. Juli 2022 um 16:55)

  • Hallo Rainer,

    eine makrochemische Reaktion hat dann Bedeutung, wenn sie anders ausfällt als bei 95 % aller Täublinge.

    Bei Eisensulfat ist markant, wenn es meergrün oder freudig lachsorange wird, oder wenn überhaupt nichts passiert. Blassrosa ist dagegen banal und aussagelos. Optimale Wartezeit 3 bis 5 Minuten.

    Bei KOH ist markant, wenn es feuerrot wird. Banal ist die bloße Verdunkelung/Intensivierung des ursprünglich vorhandenen Farbtons. Keine Wartezeit.

    Bei Anilin ist jede Rotverfärbung markant. Keine Wartezeit.

    Bei Phenol ist markant, wenn es brombeer-/heidelbeersaftrot wird. Schokoladenbraun ist banal und aussagelos. Optimale Wartezeit 3 bis 5 Minuten.

    Bei Sulfovanillin ist leuchtend pink/magenta markant. Blassbläulich/blassviolett oder gar keine Verfärbung ist banal und aussagelos. Keine Wartezeit.

    Bei Guajak ist markant, wenn es sich auch nach 30 Sekunden noch nicht verfärbt hat, oder aber schon nach 3 bis 5 Sekunden blauschwarz wird. Ein Umfärben nach 10 bis 20 Sekunden ist relativ banal und aussagelos. Ich wundere mich immer wieder über Angaben wie "mit Guajak blaugrün", denn das machen alle Täublinge - manche brauchen eine ganze Nacht dafür, aber am nächsten Morgen ist auch z. B. bei R. pseudointegra oder R. caerulea die Verfärbung da. Es kommt nicht auf das Umfärben an sich an, sondern auf die Zeitspanne, innerhalb der es geschieht. Außerdem ist interessant, ob es letztlich bei Blaugrün bleibt oder ob Blauschwarz erreicht wird. Wie Thiemo schon gesagt hat, darf man nach dem Auftragen des Guajak die Probe nicht aus den Augen lassen und muss die Sekunden zählen. Das Umfärben ist im übrigen nicht 100% konstant und hängt vom Durchfeuchtungsgrad des Pilzes ab. Das Interpretieren der Guajak-Reaktion ist nicht einfach und nur mit Erfahrung, z. B. auf einem Täublingsseminar erworben, möglich.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • Guten morgen,

    vielen Dank für die Info (Thiemo und Stepfan). Für meine gestrigen Analyse wurde immer 5 Minuten gewartet und anschliessend ein Foto gemacht.

    Das Guajak ein sekündliches Bewertungsintervall benötigt hätte man wissen müssen ;(. Nun ja die ersten Schritte die schwierigsten.... ^^

    Ich lade später ein paar Ergebnisse und Einschätzungen von gestern Abend hoch! Die Sporenpulver Farbbestimmung ist noch in Arbeit.

    LG Rainer

  • magicman 11. Juli 2022 um 09:03

    Hat den Titel des Themas von „Täublingsbestimmung und die Anwendung von Reagezien (KOH 40%, Guajak Eisensulfat und Phenol)“ zu „Täublingsbestimmung und die Anwendung von Reagenzien (KOH 40%, Guajak, Eisensulfat und Phenol)“ geändert.
  • Anbei nun einen, wie ich finde, makroskopisch etwas leichter zu bestimmenden Täubling von Gestern abend

    Meine Einschätzung!

    Pilz 1. RUSSULA VIRESCENS - Grüngefelderter Täubling (wäre ein Erstfund)

    Fundort/Partner: Bergisches Laubwald, Hainbuche, Rotbuche und Eiche

    FK Zustand: Jung, wurde schon etwas ausgegraben

    Geruch: Unaufällig

    Geschmack: Mild ohne jeglichen Beigeschmack

    Hut: Leicht grünlich, die typische Feldestruktur nur schwach erkennbar

    Stiel: Zylindrisch ein Test auf Verletzung wurde nicht gemacht

    Lamellen: Creamfarbe, Dicht stehend, am Stiel gegabelt angewachsen


    Chemische Reaktion (Foto und Berwertung nach 5 Minuten)

    von links nach rechts

    1. FESO4: Einschätzung nicht markant! nach 5 Minuten schwach braun

    2. Guajak: Dunkel Blau bis dunkel Grün / Bewertung nicht möglich, da die notwendig zeitliche Betrachtung (Sekunden) fehlt

    3. Phenol: nach 5 Minuten schockoladenbraun also Banal!

    Sporenpulver kommt noch!


    Pilz 2. RUSSULA CYANOXANTHA - Frauentäubling

    Fundort/Partner: Bergisches Laubwald, Hainbuche, Rotbuche

    FK Zustand: Jung, guter Zustand

    Geruch: Unaufällig

    Geschmack: ebenfalls Mild ohne jeglichen Beigeschmack

    Hut: Blau/violett mit zentraler vertiefung, die Huthaut bis zur hälfte abziehbar,

    Fleisch: Unter der Huthaut etwas violett

    Stiel: Keulenartig, fest, ein Test auf Verletzung wurde nicht gemacht

    Lamellen: Weiss, biegsam und schmierig,

    Chemische Reaktion (Foto und Berwertung nach 5 Minuten)

    von links nach rechts

    1. FESO4: Einschätzung, markant da nach 5 Minuten keine Reaktion!

    2. Guajak: Dunkel Blau / Bewertung nicht möglich, da die notwendig zeitliche Betrachtung (Sekunden) fehlt

    3. Phenol: schockoladenbraun / Banal da nach 5 Minuten keine Reaktion!

    Sporenpulver kommt noch!


    lg Rainer

    Einmal editiert, zuletzt von magicman (11. Juli 2022 um 10:46)

  • Hallo Rainer

    Du hast den zeitlichen Aspekt nicht festgehalten. Wie verändert sich die chemische Reaktion, ist eine wichtige Erkenntnis um weitere Einschränkung zu vollziehen.

    Sprich beim auftragen und dann nochmals nach 3-5min, wobei die Guajak Veränderung meist in Sekunden auftritt.

    BG Andy

  • Hallo Rainer

    Du hast den zeitlichen Aspekt nicht festgehalten. Wie verändert sich die chemische Reaktion, ist eine wichtige Erkenntnis um weitere Einschränkung zu vollziehen.

    Sprich beim auftragen und dann nochmals nach 3-5min, wobei die Guajak Veränderung meist in Sekunden auftritt.

    BG Andy

    Hey Andy, für Guajak ist damit eine Bewertung nicht möglich, aber FeSO4 und Phenol lassen sich doch nach 5 Minuten bewerten oder?

    LG

  • Hey,


    Den Grüngefelderten Täubling erkennt man im typischen Fall ja bereits auf den ersten Blick. Einzig der Rissighütige Frauentäubling Russula cutefracta könnte da Probleme machen. Da wäre aber Eisensulfat negativ. Nur Exemplare ohne grüne Farbe können Verwirrung bereiten.


    Dein Frauentäubling zeigt keine Eisensulfat Reaktion, so soll es auch sein. :)

    Ich würde das giftige Phenol nur bei Vermutung der damit positiv reagierenden Arten verwenden (s.mein erster Beitrag).

    LG Thiemo

    Bestimmungsvorschläge anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

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  • Doch einfach auf einer sehr kurzen Zeitachse. Siehe Info von StephanW

    Zitat

    "Bei Guajak ist markant, wenn es sich auch nach 30 Sekunden noch nicht verfärbt hat, oder aber schon nach 3 bis 5 Sekunden blauschwarz wird. Ein Umfärben nach 10 bis 20 Sekunden ist relativ banal und aussagelos."

    BG Andy

  • Hallo zusammen

    Ich bin ein Excel Kind und habe kurz diese wertvolle Informationen für mich in einer Matrix dargestellt. Thiemo, Stephan schaut euch das an und wenn ein Fehler drin ist wäre ich froh um ein Feedback.

    Steigerwaldpilzchen

    Ausserdem bei deinem Eisensulfat Doku müsste das nicht Positiv heissen dort steht negative Reaktion? Danke BG Andy

  • Hallo zusammen,

    sehr gut, dass Thiemo nochmals drauf hingewiesen hat:

    --- immer so wenig Chemie wie möglich, und nur so viel wie nötig ---

    Als erstes mache man sich mithilfe der Literatur schlau, wofür man überhaupt die Chemie benötigt und welche Chemikalien genau. Wer dies nicht macht, sollte besser nicht mit Chemiepanscherei anfangen, dazu ist das Zeug zu giftig. Im Nachbarforum gibt es jemanden, der schmiert auf jeden Pilz, der nicht bis drei auf dem Baum ist, ganz wild seine Chemikalien drauf, ohne in der Lage zu sein, das was er sieht, auch interpretieren zu können - das sollen dann immer andere Forumsuser machen.

    Auf einen Täubling drei oder vier Chemikalien nebeneinander draufzuschmieren, ist in den allermeisten Fällen mit Kanonen auf Spatzen geschossen, und offenbart dann nur, dass derjenige sich mit der Materie nicht auskennt. Phenol schmierst du nur drauf, wenn es um R. amoena vs. amoenicolor oder um R. romellii vs. R. olivacea geht. Eisensulfat schmierst du nur drauf, wenn es um R. cyanoxantha vs. Heterophyllinae vs. Griseinae vs. Viridantinae geht, aber z. B. nicht bei Gelbsporern oder Scharfschmeckenden. Guajak schmieren Ungeübte nur drauf, um R. pseudointegra, caerulea, emetica oder fragilis dingfest zu machen, sonst nicht. Sulfovanillin dient eigentlich nur dazu, R. velutipes oder R. caerulea zu enttarnen, für alles andere braucht man das nicht.

    Wie jetzt - noch nie was von R. fragilis oder amoena oder heterophylla gehört? Und weißt auch nicht, was eine Griseinae oder Viridantinae ist? Dann bitte erstmal das mit der Chemiepanscherei gelassen und Sektionen und Arten aus dem Buch gelernt.

    Zu den zuletzt gezeigten Pilzen:

    R. virescens geht rein nach der Optik ohne jede Chemie. Das ist wohl der markantest aussehendste und am leichtesten bestimmbare aller Täublinge. Da muss man wirklich nichts draufschmieren (lieber essen!:))

    Dass auf den zweiten Täubling Eisensulfat draufgeschmiert wurde, war sehr zielführend und brachte unverzüglich die nötige Abgrenzung zu R. vesca oder Griseinae, also :agree:. Das andere, was draufgeschmiert wurde, ist bezüglich der Bestimmungsarbeit im fraglichen Artenkreis weitgehend sinnbefreit.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • Hallo,

    Ausserdem bei deinem Eisensulfat Doku müsste das nicht Positiv heissen dort steht negative Reaktion?


    Deswegen steht das "negativ" in Anführungszeichen. Auch wenn das Ergebnis beim Frauentäubling auffällig ist, ist die chemische Reaktion an sich negativ - das ist eben das besondere.

    Eisen(II) lässt sich daher nicht nur in negativ (Frauentäubling) und positiv (alle außer Frauentäubling) einteilen, sondern auch in Intensität, Reaktionsgeschwindigkeit(augenblicklich bei Speise-Täublingen) und Farbe(grün bei Heringstäublingen).

    EIn paar Anmerkungen noch zu deiner Tabelle (ohne Garantie auf Vollständigkeit)

    Phenol: Olivacea ->Olivaceinae (die Gruppe um olivacea, hab mich oben selbst verschrieben)
    Formalin: orange wird nicht nur decolorans, sondern alle Graustiel-Täublinge, also füge vinosa und claroflava ein.
    Bei Reaktion mit Lauge von insignis, ochroleuca und viscida wird an der Stielbasis getestet.


    LG Thiemo

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  • Vielen Dank Thiemo für deine Mühe und Richtigstellung. BG Andy

  • Hallo lieber Stephan,

    warum deine Wortwahl so abwertend klingt kann ihr mir nicht erklären. Dies ist umso verwunderlicher, das Dein konstruktiver Kommentar 5 für jeden Anfänger

    die Verwendung und Bewertung der Reagenzien sehr erleichtert.

    Dieser Thread wurde nicht gestartet, um eine perfekte R. Bestimmung zu realisieren, sondern im wesentlichen den Umgang mit Reagenzien zu erlernen.

    Deine R. Kompetenzen sind hervorragend, keine Frage, aber jeder fängt mal klein an. Umfassende Literatur hin oder her. Ich hatte gestern Abend keine

    und auch im Netz keine Information gefunden. Und ja, ich werde mich auch weiter mit R. Sektionen beschäftigen...

    Unter diesem Aspekt ergibt meine leicht makroskopische bestimmbare Auswahl (R. virescens und R. cyanoxantha) Sinn, weil ich eben das Ergebnis leicht nachlesen konnte.


    LG Rainer

  • Hallo Rainer,

    meine Wortwahl mag in deinen Ohren abwertend klingen, sie ist aber nicht personenbezogen abwertend. Keiner meiner Beiträge ist personenbezogen abwertend, auch wenn mir das oft unterstellt wird. Was soll ich denn davon haben, andere personenbezogen abzuwerten? Es geht mir immer um die Sache, hier z. B. klare, eindeutig zu verstehende Aussagen, wie man richtig mit Chemiereagenzien umgeht und wie man es eben nicht machen sollte. Es scheinen mir wichtige Informationen für Leute zu sein, die wie du das nennst klein anfangen und im Internet und in der zur Verfügung stehenden Literatur keine Informationen finden. Wie manche Leute mit Chemiereagenzien umgehen, ist einfach nicht zielführend und vielleicht sogar gesundheitsgefährdend. Dass solche Leute sich nach dem Lesen meiner Zeilen möglicherweise abgewertet fühlen, kann ein Stück weit auch an den Leuten liegen.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

    Einmal editiert, zuletzt von StephanW (11. Juli 2022 um 21:54)

  • Kann man denn aus Beitrag Nr. 13 echt nichts Sachliches herausziehen? Z. B. was man auf was draufschmiert und was besser nicht? Solche Sachinformationen bekommst du nicht gerade an jeder Ecke.

    FG

    StephanW

    Edit: Ah, ich glaube ich weiß wo das Problem ist - es ist das sogenannte Hohenlohische "du". Das bedeutet nicht "du", sondern "man". Dadurch wurde der Ton zu persönlich, dafür entschuldige ich mich.

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.