Hallo Freunde der lichenisierten Pilze!
Um nicht nur das Schwesterforum mit meinen Flechten zu langweilen, möchte ich meinen letzten Fund gerne hier zeigen und diskutieren.
Ich war gestern in meinem Hauswald unterwegs, der wunderschöne Eichen-Hainbuchen-Ecken besitzt.
Bild 1 Im Wald
Hainbuchen mag ich wirklich sehr, sie wachsen immer so schön spannrückig und sind meist üppig von Krustenflechten überzogen!
Wenn man einem weiß-scheckigem, etwas unförmig gewachsemen Baum im Wald sieht, dann erweist sich dieser beim Näherkommen meist als eine flechten-überzogene Hainbuche.
Da die Hainbuche eine sehr glatte Rinde besitzt und zudem langsam wächst, ohne dass Borke abblättert, bekommen meine Lieblinge auf ihrem Stamm alle Zeit zum Wachsen.
Zum Proben nehmen sind diese Bäume allerdings denkbar ungeeignet, da die Hainbuchenrinde glatt ist und die Hainbuche das härteste Holz des Waldes besitzt.
Da braucht man schon Glück, dass mal eine Stückchen Rinde so absteht, dass man, ohne dem Baum zu schaden, ein Stückchen abbrechen kann - falls etwas interessantes darauf wächst.
Also läuft es deshalb meistens darauf hinaus, von den Flechten auf der Hainbuche Fotos zu machen, oder etwas Flechte vom Baum abzukratzen.
Bild 2 Hainbuche mit Krustenflechten-Überzug
Bei der Suche nach stammbewohnenden Flechten, fiel mein Auge beim Vorübergehen auf die rissige Borke eines kleineren Feldahorns.
Bild 3 Borke eine Feldahorns mit dichtem Flechtenbewuchs
Orangene Apothecien einer Flechte, hielten meinen Blick und dann mich an.
Grüne Flechtenlager mit stark kontrastierenden, orangenen Fruchtkörpern, dazwischen leuchtend weiße Flecken einer anderen Flechte!
Im Sonnenlicht erkennt man die Schönheit der Flechte:
Ein satt grünes, körnig-koralloides Lager, auf dem etwas abgesetzt die um 1mm großen, orangenen Fruchtkörper aufsitzen.
Die Flechte überwächst Lebermoose, die auf der Rinde wachsen, ja sogar die eigenen Fruchtkörper!
Die Borke des Feldahorns blättert leicht ab und ich konnte ganz leicht einige kleine Stückchen mit bloßen Fingern ablösen und mitnehmen.
Bild 4 Makroaufnahme der Rötlichen Stäbchenflechte
Sollte man auf einen sterilen Thallus dieser Flechte stoßen (ohne Fruchtkörper - FK), wird die Zuordnung schwierig und man geht bei der Bestimmung sehr leicht in die Irre.
So jedoch ist es realtiv leicht, aber um Verwechslungspartner auszuschließen, habe ich mir die Flechte, vor allem die Sporen genauer vorgenommen.
Erst noch ein paar Lupenbilder:
Bild 5 Apothecien mit schwärzlichem Befall
Bild 6 Junge Apothecien mit hellem Rand
Bild 7 Grünes koralloides Lager, Thalluskörner typisch 50 - 100µm, Apothecium um 100µm Durchmesser
Die grünen Thalluskörner leigen auf einem weißen Vorthallus auf.
Die Flechte (Lager und FK) reagiert nicht auf KOH!
Die FK sind trocken äußert zäh und kaum zu schneiden.
Der FK-Querschnitt lässt sich kaum quetschen, auch in 3% KOH nur sehr schwer, das Hymenium ist stark verklebt!
Bild 8 Viel zu dick geratene Querschnitte durch's Apothecium
Bild 9 Hymenium farblos mit sporentragendem Ascus, Sporen erkennbar querseptiert; Hypothecium gelb
Wichtig für die weitere Bestimmung sind die Sporen, die sich als nadelförmig und um 60 x 3 µm groß erweisen.
Sie sind vielfach septiert und bestehen aus bis zu 10 Zellen (oder auch mehr).
Bild 10 Sporen-Beispiele 1000x
Die Hymenial-Gallerte reagiert mit Lugolscher Lösung kräftig blau:
Bild 11 Amyloide Hymenialgallerte (Lugol strömt von links ein)
Der Algenpartner besteht aus cocooiden Grünalgen.
Beim Schlüsseln nach Wirth lande ich bei Bacidia rubella, einer Flechte, die u.a. im Waldnaturschutz-Infosystem schön beschrieben wird und dort als Waldzielart aufgeführt wird.
Interessanterweise hat diese Flechte tatsächlich einen Verbreitungsschwerpunkt hier in meiner Wohngegend, dem Neckarland.
Offenbar wächst diese Flechte gerne auf Feldahorn und Esche in Eichen-Hainbuchen-Wäldern.
Also verdanke ich wieder der Hainbuche einen schönen Fund, diesmal auf Feldahorn!
Hat mich sehr gefreut, diese schöne Flechte kennlernen zu dürfen!
Ich hoffe, sie breitet sich weiter aus.
Und ich hoffe, ihr seit gern mit mir im Wald und am Mikroskop gewesen.
Ich hoffe meine Bestimmung passt.
Korrekturen werden gespannt erwartet!
LG, Martin
P.S.
Es geht noch kleiner!
Vielleicht weiß jemand hier, was sich unter diesem Fruchtkörper versteckt hat - ist das ein Pflanzensame?
Bild 12 Versteckter, winziger Alien - Bildeinsätze mit anderen Blickwinkeln