Rötliche Stäbchenflechte (Bacidia rubella) an Feldahorn

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 1.116 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (16. September 2022 um 22:02) ist von Miesmuschel.

  • Hallo Freunde der lichenisierten Pilze!

    Um nicht nur das Schwesterforum mit meinen Flechten zu langweilen, möchte ich meinen letzten Fund gerne hier zeigen und diskutieren.

    Ich war gestern in meinem Hauswald unterwegs, der wunderschöne Eichen-Hainbuchen-Ecken besitzt.

    Bild 1 Im Wald

    Hainbuchen mag ich wirklich sehr, sie wachsen immer so schön spannrückig und sind meist üppig von Krustenflechten überzogen!

    Wenn man einem weiß-scheckigem, etwas unförmig gewachsemen Baum im Wald sieht, dann erweist sich dieser beim Näherkommen meist als eine flechten-überzogene Hainbuche.

    Da die Hainbuche eine sehr glatte Rinde besitzt und zudem langsam wächst, ohne dass Borke abblättert, bekommen meine Lieblinge auf ihrem Stamm alle Zeit zum Wachsen.

    Zum Proben nehmen sind diese Bäume allerdings denkbar ungeeignet, da die Hainbuchenrinde glatt ist und die Hainbuche das härteste Holz des Waldes besitzt.

    Da braucht man schon Glück, dass mal eine Stückchen Rinde so absteht, dass man, ohne dem Baum zu schaden, ein Stückchen abbrechen kann - falls etwas interessantes darauf wächst.

    Also läuft es deshalb meistens darauf hinaus, von den Flechten auf der Hainbuche Fotos zu machen, oder etwas Flechte vom Baum abzukratzen.

    Bild 2 Hainbuche mit Krustenflechten-Überzug

    Bei der Suche nach stammbewohnenden Flechten, fiel mein Auge beim Vorübergehen auf die rissige Borke eines kleineren Feldahorns.

    Bild 3 Borke eine Feldahorns mit dichtem Flechtenbewuchs

    Orangene Apothecien einer Flechte, hielten meinen Blick und dann mich an.

    Grüne Flechtenlager mit stark kontrastierenden, orangenen Fruchtkörpern, dazwischen leuchtend weiße Flecken einer anderen Flechte!

    Im Sonnenlicht erkennt man die Schönheit der Flechte:

    Ein satt grünes, körnig-koralloides Lager, auf dem etwas abgesetzt die um 1mm großen, orangenen Fruchtkörper aufsitzen.

    Die Flechte überwächst Lebermoose, die auf der Rinde wachsen, ja sogar die eigenen Fruchtkörper!

    Die Borke des Feldahorns blättert leicht ab und ich konnte ganz leicht einige kleine Stückchen mit bloßen Fingern ablösen und mitnehmen.

    Bild 4 Makroaufnahme der Rötlichen Stäbchenflechte

    Sollte man auf einen sterilen Thallus dieser Flechte stoßen (ohne Fruchtkörper - FK), wird die Zuordnung schwierig und man geht bei der Bestimmung sehr leicht in die Irre.

    So jedoch ist es realtiv leicht, aber um Verwechslungspartner auszuschließen, habe ich mir die Flechte, vor allem die Sporen genauer vorgenommen.

    Erst noch ein paar Lupenbilder:

    Bild 5 Apothecien mit schwärzlichem Befall

    Bild 6 Junge Apothecien mit hellem Rand

    Bild 7 Grünes koralloides Lager, Thalluskörner typisch 50 - 100µm, Apothecium um 100µm Durchmesser

    Die grünen Thalluskörner leigen auf einem weißen Vorthallus auf.

    Die Flechte (Lager und FK) reagiert nicht auf KOH!

    Die FK sind trocken äußert zäh und kaum zu schneiden.

    Der FK-Querschnitt lässt sich kaum quetschen, auch in 3% KOH nur sehr schwer, das Hymenium ist stark verklebt!

    Bild 8 Viel zu dick geratene Querschnitte durch's Apothecium

    Bild 9 Hymenium farblos mit sporentragendem Ascus, Sporen erkennbar querseptiert; Hypothecium gelb

    Wichtig für die weitere Bestimmung sind die Sporen, die sich als nadelförmig und um 60 x 3 µm groß erweisen.

    Sie sind vielfach septiert und bestehen aus bis zu 10 Zellen (oder auch mehr).

    Bild 10 Sporen-Beispiele 1000x

    Die Hymenial-Gallerte reagiert mit Lugolscher Lösung kräftig blau:

    Bild 11 Amyloide Hymenialgallerte (Lugol strömt von links ein)

    Der Algenpartner besteht aus cocooiden Grünalgen.

    Beim Schlüsseln nach Wirth lande ich bei Bacidia rubella, einer Flechte, die u.a. im Waldnaturschutz-Infosystem schön beschrieben wird und dort als Waldzielart aufgeführt wird.

    Interessanterweise hat diese Flechte tatsächlich einen Verbreitungsschwerpunkt hier in meiner Wohngegend, dem Neckarland.

    Offenbar wächst diese Flechte gerne auf Feldahorn und Esche in Eichen-Hainbuchen-Wäldern.

    Also verdanke ich wieder der Hainbuche einen schönen Fund, diesmal auf Feldahorn!

    Hat mich sehr gefreut, diese schöne Flechte kennlernen zu dürfen!

    Ich hoffe, sie breitet sich weiter aus.

    Und ich hoffe, ihr seit gern mit mir im Wald und am Mikroskop gewesen.

    Ich hoffe meine Bestimmung passt.

    Korrekturen werden gespannt erwartet!

    LG, Martin


    P.S.

    Es geht noch kleiner!

    Vielleicht weiß jemand hier, was sich unter diesem Fruchtkörper versteckt hat - ist das ein Pflanzensame?

    Bild 12 Versteckter, winziger Alien - Bildeinsätze mit anderen Blickwinkeln

    Einmal editiert, zuletzt von KaMaMa (11. September 2022 um 15:32)

  • Hallo Martin,

    ich komme leider in die Bilder nicht rein.

    Es heißt immer wieder:

    Seite nicht gefunden.

    Ich weiß natürlich nicht, ob dies nur bei mir ist, oder auch bei Anderen.

    Viele Grüße

    Thomas

    Auch von mir selbstverständlich keine Essensfreigabe. Sämtliche Darlegungen und Aussagen sind subjektiv und unverbindlich.

  • Hallo Thomas,

    vielen Dank für die Meldung!

    Die Bilder sind tatsächlich irgendwie abhanden gekommen.

    Ich habe sie neu hochgeladen und eingebunden.

    Ich hoffe sehr, sie sind jetzt für alle zu sehen - falls nicht, bitte melden!

    Eigentlich hatte ich mir angewöhnt, nach dem Speichern nochmal auf Beitrag editieren zu gehen und zu prüfen, ob die Dateianhänge (neben den Smilies) noch aufgelistet sind und ggf. dann das Editieren abzubrechen oder eben zu korrigieren. Wenn die Dateianhänge in der Liste vorhanden sind, ist alles gut.

    Das war gestern nicht der Fall - und ich hatte vergessen zu prüfen. :(

    Tut mir leid.

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    da hast du wieder was einmaliges entdeckt, und dir viel Arbeit beim Bestimmen gemacht, super. ist ja auch eine spannende Sache. Habe daraufhin auch ein wenig geschaut und bin dabei auf deinen Link gestoßen, ist wohl typisch für deine Heimat.

    Mein Flechtenwissen ist ja noch sehr begrenzt, Rötliche Stäbchenflechte - Bacidia rubella halt ich auch für richtig.

    Bei mir sind alle Bilder zu sehen!

    Habe auch wieder einige Flechten in Arbeit, mehr später.

    LG

    Bernd

  • Hallo Bernd,

    danke für deine "Anteilnahme". Es freut mich, dass auch du dich für Flechten begeisterst und aktiv bist.

    Du weist ja selbst, die Reaktionen auf Flechtenanfragen und -funde fallen meist sehr leise aus, wenn es sie denn überhaupt gibt. Um so erfreulicher, wenn es mal eine Reaktion gibt!

    Bin schon gespannt, was du vorstellen wirst.

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    es ist schon richtig, dass auf Flechtenbeiträge nicht so richtig was "kommt".

    Schade auch deshalb, da Flechten hochinteressante Organismen sind.

    Ich wollte mich vor einiger Zeit auch mal einarbeiten, aber da hatte ich schon Einiges mit den übrigen Pilzen gemacht und es ist schwierig, sich mit allem zu beschäftigen.

    Aber auch das hätte ich in Kauf genommen, nur war ich da leider schon in einem Alter, wo es noch schwieriger wird, sich in ein neues Gebiet einzuarbeiten.

    Aber ich kann jeder/m empfehlen, der solche Hinderungsgründe nicht hat, es zumindest mal zu versuchen.

    Ist wirklich hochinteressant.

    Übrigens denke ich, dass Beiträge öfters gelesen werden, als Antworten geschrieben.

    Es gibt eben nicht so viele, die sich mit Flechten auskennen.

    Aber ich merke es daran, dass immer wieder ein

    "Gefällt mir"

    an die Beiträge gemacht wird, von denen, die dann wahrscheinlich aus obigen Grund, nichts weiter dazu schreiben.

    Vielleicht werden sich in Zukunft doch einige mehr mit den Flechten auseinandersetzen.

    Zumindest wäre dies wünschenswert.

    Literatur gibt es Gott sei Dank auch sehr gute.

    Viele Grüße

    Thomas

    Auch von mir selbstverständlich keine Essensfreigabe. Sämtliche Darlegungen und Aussagen sind subjektiv und unverbindlich.

  • Hallo Thomas,

    du hast natürlich völlig Recht: Beiträge werden viel häufiger gelesen, als dass darauf geantwortet oder auch nur reagiert wird.

    Jeder fängt ja mal mit einem Thema an, wie auch ich vor nicht all zu langem, und versucht Rückkopplung zu bekommen, ob das was er tut, richtig ist, vielleicht auch, was z.B. verbesserbar ist. Ich bin noch Anfänger, wenn auch vielleicht kein blutiger mehr - wobei ich mir bei der Rötlichen Stäbchenflechte ausnahmsweise sehr recht mit der Bestimmung bin.

    Ein Lob, in Form eines "Gefällt mir" ist natürlich immer schön und auch ich freue mich immer darüber - bitte nicht falsch verstehen!

    Andererseits weiß man halt leider nie, warum das "Gefällt mir" erteilt wird.

    Ich merke es ja auch bei mir. Es gibt alle möglichen Gründe dafür, eines zu erteilen:

    Ist man der gleichen, vagen Ansicht; heißt es, man weiß, die Bestimmung stimmt; oder freut man sich nur, mal was anderes zu sehen, anstatt der zehnten Lungenseitlings-Anfrage; oder auch als Danke für eine Antwort: oder liest es sich für den anderen nett, kann aber trotzdem völliger Blödsinn sein, oder, oder, oder...

    Die lichenisierten Pilze haben gegenüber den unlichenisierten den entscheidenten Nachteil, dass nichts davon essbar ist. Da ist das Interesse bei den meisten Leute eben nur gering. Zudem sind sie meistens ziemlich klein und werden meist übersehen. ;)

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    das sehe ich auch wie du.

    Am Wichtigsten ist aus meiner Sicht, dass man selbst Freude an dem was man macht (z.B. Flechten) hat und Erkenntnisse weitergeben kann.

    Natürlich freut man sich ebenso über entsprechendes Feedback.

    Ich bin auch überzeugt, dass manche über Beiträge erst angeregt werden, sich mit bestimmten Materien intensiver zu beschäftigen.

    Auch das ist es schon wert, die Sachen zu posten.

    Dir und allen Anderen ein schönes Wochenende.

    LG

    Thomas

    Auch von mir selbstverständlich keine Essensfreigabe. Sämtliche Darlegungen und Aussagen sind subjektiv und unverbindlich.

  • Übrigens denke ich, dass Beiträge öfters gelesen werden, als Antworten geschrieben.

    Das ist auch bei mir der Fall.... Seht es mal als Saatgut an, das braucht optimale Bedingungen, um überhaupt zu keimen. Die Möhre z.B. braucht ewig lang bis zur Keimung, und bis zur Reife geht es noch vieeeel länger. Vergesst bitte nicht: was gelesen wird, bleibt meist in irgendeiner Form hängen und bereitet den Boden... Liebe Grüsse von der Miesmuschel

  • KaMaMa 18. Januar 2023 um 19:23

    Hat den Titel des Themas von „Rötliche Stäbchenflechte - Bacidia rubella“ zu „Rötliche Stäbchenflechte (Bacidia rubella) an Feldahorn“ geändert.