Rechtliche Risiken bei Pilzberatung als PSV

Es gibt 77 Antworten in diesem Thema, welches 9.568 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (5. Februar 2023 um 12:59) ist von Fuddler.

  • Zu Argument Nr. 1: daraus, dass Sie nicht nachvollziehen können, dass es zu Verwechslungen zwischen Perlpilz und Pantherpilz kommen kann, dürfen Sie nicht ableiten, dass es in der Praxis nicht dazu kommt. Leider beweist die Empirie das Gegenteil, und genau das ergibt das Aufgabenfeld des Pilzberaters. Von einer etwa vorhandenen "intuitiven Klugheit" von Pilzsammlern auszugehen, ist sicherlich nicht angezeigt. Speziell in diesem Jahr haben etliche Pilzsammler und Pilzverkoster mir gegenüber ein wahrhaft erstaunliches Maß an Dummheit offenbart.

    Ich teile deine Meinung komplett, ich kann es aber trotzdem weiterhin nicht verstehen. Du offenbarst mir da aber auch ein bisschen meine eigene Dummheit, ich vergesse manchmal gerne, dass Menschen sehr unterschiedlich in dieses Thema eingeführt werden und sich Gelerntes halt auch hartnäckig hält.

    Zu Argument Nr. 2: noch besser und sicherer ist es, wenn Pilzsammler die schlimmsten Giftpilze kennen würden. So lange das nicht der Fall ist, ist die Nicht-Vergiftung eigentlich Zufall. Wer Perlpilze zum Essen sammelt, muss selbstverständlich wissen, was ein Pantherpilz ist und wie der aussieht. Bei reinen Steinpilzsammlern mag das anders aussehen, da sich hier eine Verwechslung mit Bitterröhrlingen durch stark abweichenden Geschmack des Pilzgerichts offenbart.

    Damit hast du Recht, das habe ich gegengelesen einfach dämlich formuliert. Eigentlich predige ich auch immer, dass es viel sinnvoller ist sich erst mit Giftpilzen zu beschäftigen, denn wer diese kennt, der sammelt sie dann ja auch nicht. Für mein Empfinden ist der Perlpilz halt ein extrem markanter Pilz, alleine schon der Schritt auf die Wulstlinge als Speisepilze, wo es so viele tödlich giftige Arten gibt, für mein Empfinden einen sehr bewusst überlegten Sprung darstellt. Aber wie gesagt, ich vergesse wohl, dass Menschen hier unterschiedlich herangehen und herangeführt worden sind.

    Diese Meinung kann ich nicht so ohne Bemerkung stehen lassen. Die Beweispflicht im Falle einer Vergiftung hat nicht der Rat suchende, sondern der Pilzberater. Deshalb muss er ja ein Protokoll führen, welches die vorgelegten Pilze benennt und die Kontaktdaten der Person. Was derjenige nicht vorlegt, ist nicht relevant für den Pilzberater, nur das, was er tatsächlich gesehen hat. Jemandem Pilze mit Gewalt einzuverbleiben, gehört ja wohl zu kriminellen Handlungen und verstehe ich hier nur hypothetisch.

    Hallo zurück weisheit. Ich habe schon damit gerechnet, dass ein Post in diese Richtung kommt. Ich finde es Schade, dass mir der Beitrag darauf runterreduziert wird, weil ich eigentlich doch deutlich mehr als nur das geschrieben habe, vielleicht hab ich mich gestern aber auch etwas provokant ausgedrückt. Der Eingangspost behandelt eine juristische Frage und das schöne am deutschen Recht ist, dass es schön pingelig und detailliert niedergeschrieben ist. Du findest das gesamte deutsche Recht zum Nachlesen hier: Gesetze im Internet

    Da gibt es keinen Spielraum für hypothetische Einschätzungen von Laien und das was ich da geschrieben habe, bezieht sich eben auf die juristische Frage aus dem Eingangspost. Im Deutschen Recht gibt es keine Unterscheidung zwischen einem PSV und dem "pilzkundigen" Nachbarn. Daraus ergibt sich eben auch, dass du als PSV keine erweiterten Pflichte vor dem Gesetz hast. Eine Pilzfreigabe durch einen PSV ist juristisch nicht abgedeckt. Heißt konkret: Wer Pilze isst, ist vorm Deutschen Recht dafür selbst verantwortlich. Du als PSV kannst erst dafür belangt werden, wenn du selbst eine Straftat, wie etwa das gewaltsame Einverleiben von Fruchkörpern gegenüber einer anderen Person vollziehst. Das wäre in diesem Beispiel dann eine Form der Körperverletzung. Gegen etwaige rechtliche Konsequenzen durch eventuell anfallende Zivilklagen oder durch die Staatsanwaltschaft durch grob fahrlässiges Handeln (wie auch immer das hier genau aussehen soll) seid ihr als PSV durch die DGfM finanziell abgesichert. Es würde mich wie gesagt sehr interessieren, wie oft das in den letzten 40 Jahren überhaupt zu einem Rechtsstreit gekommen ist. Rein aus dem Bauch heraus würde ich ja sagen, dass dort nie etwas passiert ist. Aber sag halt niemals nie.

    Ansonsten lese ich aus deinem Beitrag, dass jeder andere Menschen in Sachen Pilze beraten darf, wenn er über Pilze Kenntnisse hat, egal in welchem Umfang. Das schließt ein, dass auch jeder anderen das Auto fahren beibringen kann ohne Fahrlehrer zu sein, wenn es der jenige nur möchte. Er muss dir nur unterschreiben, dass du aus der Haftung bei einem Unfall raus bist.

    Diese Vereinfachung ist schlicht und ergreifend realitätsfremd.

    Wissen vermitteln darf jeder - ja. Da werde ich auch immer hartnäckig bleiben. Was das Autofahren betrifft, so gibt es hierzu einen ganzen Katalog an Gesetzen im explizit dafür formulierten Fahrlehrergesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/fahrlg_2018/BJNR216210017.html

    Ein Fahrlehrer übernimmt ja auch zB die Haftung für seine Fahrschüler, außerdem steht am Ende einer Fahrausbildung ein Führerschein, also einem rechtsbindenden Dokument, welches dich zum Führen eines KFZ auf einer Kraftfahrstraße legitimiert. In den Wald gehen und sich irgendwas in den Mund stecken, das darfst du ab deiner Geburt. Ob das so schlau ist - das ist eine andere Sache.

    Bezogen auf Pilze gibt es abseits von den Sammelbestimmungen, natürlich auch dem Waldrecht und dem Naturschutz keine rechtsbindenden Texte. Das bedeutet zB auch, dass jeder Jeck, der eine Wanderung durch den Wald für etwas Geld anbietet, deutlich mehr Juristerei beachten muss, als ein PSV. Der PSV gibt vor allem eines: nämlich Vertrauen, bedingt durch eine Institution gefüllt von Wissen, Hingabe und harter Arbeit. Auf juristischer Ebene gibt es den PSV gar nicht. Meinen Dr. phil. hingegen darf ich mir sogar in den Ausweis drucken lassen, da gibt es sogar Gesetze für. Heißt du bist genau so wenig haftbar oder zu etwas verpflichtet wie jeder andere Mensch, falls du mal Unsinn erzählen solltest. Nur falls ein Gericht das gegen dich auslegt, dann wird dir die DGfM die entstandenen Kosten zahlen und das finde ich zB auch sehr gut. Gibt nen Haufen Bekloppter da draußen, die es wirklich auf solche Streitfälle anlegen.

    Ich finde den Vergleich mit dem Führerschein übrigens nicht schön, denn das impliziert nach meinem empfinden, dass man für die Natur und den Wald einen Führerschein braucht und sich da ein Kreis an Experten die Herausgabe pachten möchte. Bitte nicht falsch verstehen, wie im Post davor auch schätze ich euch PSV sehr - ich plane nächstes Jahr ja auch die Prüfung zum PSV, aber ich empfinde manche Haltung als echt schwierig und verkopft. Vielleicht seh ich da ein paar Sachen aber auch falsch - ihr habt alle viel mehr Felderfahrung als ich, viel mehr Erfahrung mit bestimmt sehr beratungsresistenten Menschen in diesem Thema, das beeinflusst bestimmt auch die Sichtweise. Trotzdem behaupte ich auch weiterhin frech, dass ich im Stande bin Leuten zeigen zu können, wie sie sich in die Welt der Pilze herantasten können um auf eigene Verantwortung heraus ihre umgebende Lebenswelt besser erleben und verstehen zu können. Wenn ich dir eine persönliche Frage stellen darf: wer hat dich denn damals an diese Thematik herangeführt?

    2 Mal editiert, zuletzt von Reisegewohnheit (27. November 2022 um 22:21)

  • Hallo Reisegewohnheit,

    Ich kann deine Meinung akzeptieren, obgleich mir deine Argumentation unklar erscheint, aber das zu begründen, brauchte es ein persönliches Gespräch. Vielleicht lernen wir uns ja mal auf einer entsprechenden Pilztagung kennen. Zu deiner Frage, wer mich auf diese Thematik gebracht hat, muss ich fragen, welche. Die Beschäftigung mit Pilzen oder die Tätigkeit als Pilzberaterin.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hallo,

    Trotzdem behaupte ich auch weiterhin frech, dass ich im Stande bin Leuten zeigen zu können, wie sie sich in die Welt der Pilze herantasten können um auf eigene Verantwortung heraus ihre umgebende Lebenswelt besser erleben und verstehen zu können.

    hier stimme ich dir zu..

    Ich denke, die meisten von uns wissen, dass es jede Menge Pilzbegeisterte gibt, die viel Wissen haben, das sie weitergeben oder das zumindest tun könnten, ohne PSV oder etwas Vergleichbares zu sein.

    Meines Erachtens geht es tatsächlich um das, was du sagst: Dass PSV-Zertifikate dem Sicherstellen eines Mindeststandards zum Aufbau von Vertrauen geht, wenn man die Person nicht kennt.

    Mit Freunden von mir war ich natürlich auch vor meiner PSV-Prüfung im Wald, und sie haben mir vertraut, dass ich keinen Quatsch erzähle.

    Beste Grüße

    Sabine

  • Ich kann deine Meinung akzeptieren, obgleich mir deine Argumentation unklar erscheint, aber das zu begründen, brauchte es ein persönliches Gespräch. Vielleicht lernen wir uns ja mal auf einer entsprechenden Pilztagung kennen.

    Schön, dass wir doch irgendwie zu einem Konsens finden, ich hatte schon Sorge, dass das aus dem Ruder läuft. Hab mich gestern aber auch etwas dämlich ausgedrückt, da kann viel falsch verstanden werden. Für nächstes Jahr plane ich ja eh mich mehr in die Pilze einzubinden, hab da endlich Zeit und Kopf für, vielleicht laufen wir uns ja mal über den Weg :)


    Zu deiner Frage, wer mich auf diese Thematik gebracht hat, muss ich fragen, welche. Die Beschäftigung mit Pilzen oder die Tätigkeit als Pilzberaterin.

    Mir geht es da um die Beschäftigung mit den Pilzen an sich, besonders aber auch durch wen du deinen ersten Wildpilz dann selbst verzehrt hast.

  • Hallo, ich würde dich gern mit einem persönlichen Namen ansprechen, aber Reisegewohnheit ist auch nicht schlecht 😊. Meine ersten Pilzkenntnisse d

    erhielt ich von meinem Vater. Als ich dann mitbekam, dass bei verschiedenen Arten seine Kenntnisse nicht ausreichend, habe ich in sehr junge Jahren weiter mich orientiert und das war nicht so einfach wie heute. Seit gut 30 Jahren bin ich als Pilzberaterin in MV unterwegs. Und noch nie ist mir ein Fehler unterlaufen.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hallo

    Das ist total falsch. Es ist kein Speisepilz. Ungenießbar ist er auch nicht. Ein Giftpilz ist er auch nicht. Er wird bei der DGfM als unterschiedlich beurteilt.

    Lieber Uwe,

    na was ist denn die Nebelkappe jetzt, wenn nicht essbar/ungenießbar/giftig, "divers" oder vielleicht ein Pilz den man saufen kann, wie die Bierhefe?

    Nebelkappe

    Ich bin echt gespannt, welche Studien irgendwann mal belegen, welche Pilze (evtl. später) tatsächlich zu schweren Krankheiten führten.

    Grüße

    Porli

  • Guten Tag Porli

    Es ist ja nicht ausschlaggebend ob Uwe den Segen gibt, ESSBAR, UNGENISSBAR, oder GIFTIG.

    Es is nun einmal eine Tatsache, dass Pilze über Jahre hinweg von der Kategorie Speise Pilz in die Kategorie der schädlichen Pilze zugeteilt werden.

    Dazu führen immer mehr neue Erkenntnisse von Giften, Schwermetelle, Toxine und vieles Anderes mehr welche Pilze in sich aufnehmen.

    Nur um zwei Pilze zu benennen, welche früher auch auf der Liste der Speisepilze, ja sogar Marktpilze waren: GYROMITRA ESCULENTA und PAXILLUS INVOLUTUS,

    konnten deren Gifte nachgewiesen werden. Glaube mir, es werden über die Zeit hinweg noch weitere Pilze folgen.

    Schlussendlich geht es doch um die Prävention unserer Gesundheit.

    Wenn du Lust und Zeit hast ein ausführliches Plädoyer über die Studien der Nebelkappe zu lesen, hier gehts los:

    Plädoyer für die Giftigkeit der Nebelkappe (pharmazeutische-zeitung.de)

    Mit besten Grüssen, Markus

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrs Freigaben.

    Eine zuverlässige Bestimmung sowie die Freigabe zu Speisezwecken kann nur durch geprüfte Pilzsachverständige / Kontrollstelle freigegeben werden. Danke

    Einmal editiert, zuletzt von Markus CH (28. November 2022 um 07:01)

  • Nochmal Hallo,

    hierzu:

    Hallo zurück weisheit. Ich habe schon damit gerechnet, dass ein Post in diese Richtung kommt. Ich finde es Schade, dass mir der Beitrag darauf runterreduziert wird, weil ich eigentlich doch deutlich mehr als nur das geschrieben habe, vielleicht hab ich mich gestern aber auch etwas provokant ausgedrückt. Der Eingangspost behandelt eine juristische Frage und das schöne am deutschen Recht ist, dass es schön pingelig und detailliert niedergeschrieben ist. Du findest das gesamte deutsche Recht zum Nachlesen hier: Gesetze im Internet

    Da gibt es keinen Spielraum für hypothetische Einschätzungen von Laien und das was ich da geschrieben habe, bezieht sich eben auf die juristische Frage aus dem Eingangspost. Im Deutschen Recht gibt es keine Unterscheidung zwischen einem PSV und dem "pilzkundigen" Nachbarn. Daraus ergibt sich eben auch, dass du als PSV keine erweiterten Pflichte vor dem Gesetz hast. Eine Pilzfreigabe durch einen PSV ist juristisch nicht abgedeckt. Heißt konkret: Wer Pilze isst, ist vorm Deutschen Recht dafür selbst verantwortlich. Du als PSV kannst erst dafür belangt werden, wenn du selbst eine Straftat, wie etwa das gewaltsame Einverleiben von Fruchkörpern gegenüber einer anderen Person vollziehst.

    wollte ich noch was schreiben, denn ich sehe das anders.

    Meine Ausbildung bzgl. BGB war zwar nicht sonderlich umfangreich, und ich war auch nicht sonderlich gut.

    Aber ich halte sowohl für Freundschaftsdienste als auch für (unentgeltliche) Beratung durch PSV §823 BGB für anwendbar, der die Schadensersatzpflicht betrifft:

    "Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet."

    Fahrlässigkeit heißt, die im Verkehr übliche Sorgfalt außer Acht zu lassen, oder kann wohl - anscheinend die herrschende Meinung - beispielsweise dann, wenn die Person, die die Gefälligkeit leistet, auch im eigenen Interesse handelt (darunter stelle ich mir beispielsweise gemeinsames Pilzesammeln vor) - dahingehend abgemildert sein, dass es reicht, die eigenübliche Sorgfalt walten zu lassen.

    Ich denke nicht, dass sich in Deutschland eine Person, die als vermeintlich fachkundig von jemandem mit klarer Verzehrabsicht um Rat gefragt wird, einfach mit "was wollt ihr denn von mir - was die Person sich in den Mund stopft, liegt doch nicht in meiner Verantwortung" aus der Affäre ziehen kann, sondern nach §823 unter Umständen schadensersatzpflichtig ist, selbst wenn die Beratung nur eine Gefälligkeit ist.

    Und dass bei der Frage, ob Fahrlässigkeit vorliegt oder nicht, der sachbezogene Kenntnisstand eine Rolle spielt.

    Wenn ein*e PSV einen Korb voller vermeintlicher Stockschwämmchenhüte ohne Stiele zum Verzehr freigibt, dürfte das wohl nicht unter "verkehrsübliche Sorgfalt" fallen.

    Wenn jemand die 80jährige Nachbarin um Rat fragt, die schon seit Kindertagen Stockschwämmchen sammelt, aber noch nie etwas vom Gifthäubling gehört hat, und diese die Hüte freigibt, wäre das nach meinem Verständnis zwar immer noch nicht die "verkehrsübliche Sorgfalt", aber vielleicht könnte man ihr zugute halten, dass es vielleicht die "eigenübliche Sorgfalt" sein könnte (je nachdem, ob das in so einem Fall relevant wäre).

    Auf jeden Fall denke ich, dass - meines Erachtens zu Recht - das erwartbare Level an Expertise bei einer Bewertung, ob Fahrlässigkeit vorliegt und in welcher Schwere, eine Rolle spielen würde.

    Bei entgeltlicher Beratung, wo ein Rechtsgeschäft zustande kommt, würden noch mal andere Normen zum Tragen kommen, die habe ich nicht angeschaut, aber da ist die/der Beratende sicherlich nochmal schneller in der Haftung drin (möglich, dass diese bzgl. Verzehr von vornherein ausgeschlossen werden kann, so wie du es tust).

    Beste Grüße

    Sabine

  • "Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet."

    Die Sache ist in dem Fall dann eben nur, inwiefern hier widerrechtlich gehandelt wird, da es bezogen auf eine unentgeltliche Beratertätigkeit keine konkrete Rechtsprechung gibt. Im Falle einer Zivilklage würde ein Gericht den Einzelfall entscheiden müssen und für diesen Ernstfall greift dann die DGfM beim PSV. ein Präzedenzfall wäre hier interessant.

    Der Begriff es Experten ist ja zB auch nicht geschützt. Experte darf sich jeder einfach so schimpfen. Bezogen auf den PSV ist das ja zB auch so. Die Kriterien hierzu stammen von einer nicht staatlichen Organisation. Theoretisch könnte ja jeder eine andere Organisation eröffnen und einfach irgendwem einen "Titel" als Pilzexperten verleihen. Gewicht hat der "Titel" des PSV ja eben nur durch geschaffenes Vertrauen, eine rechtliche Grundlage gibt es da nicht. Anders sieht das dann aus, wenn jemand bezogen auf Mykologie ein Diplom, einen rer nat oder ähnlich vergleichbare Abschlüsse hat. Bitte nicht falsch verstehen, ich möchte niemandem die Expertise absprechen, mir geht es da rein um die gesetzliche Grundlage.

    Auf jeden Fall denke ich, dass - meines Erachtens zu Recht - das erwartbare Level an Expertise bei einer Bewertung, ob Fahrlässigkeit vorliegt und in welcher Schwere, eine Rolle spielen würde.

    Das denke ich definitiv auch. Trotzdem halt ein komplizierter Streitfall. Um dich im Falle einer Fehlberatung zu belangen, müsste nach meinem Verständnis zB aber auch erst einmal ganz klar geklärt werden, dass die Schäden durch eine Verwechslung von den Fruchtkörpern stammen, die du dann als PSV freigegeben hast. Und genau an dem Punkt sehe ich da eben die große Lücke, denn da konkret Beweise für oder gegen jemanden zu finden, stelle ich mir quasi als Ding der Unmöglichkeit vor.

    Bei entgeltlicher Beratung, wo ein Rechtsgeschäft zustande kommt, würden noch mal andere Normen zum Tragen kommen, die habe ich nicht angeschaut, aber da ist die/der Beratende sicherlich nochmal schneller in der Haftung drin (möglich, dass diese bzgl. Verzehr von vornherein ausgeschlossen werden kann, so wie du es tust).

    Sobald Geld im Spiel ist und dadurch ein wirksamer Vertrag zustande kommt, ist das greifbarer, ja. Das fängt zB schon damit an, wer im Fall eines Sturzes im Wald die Verantwortung und daraus entstandene Folgekosten übernimmt. Alleine schon deswegen kann ich jedem, der Touren gegen Geld anbietet, das nur wärmstens empfehlen, sich da abzusichern. Seitens einer konkreten Beratung hat mir der Steuerberater aber ebenfalls versichert, dass es da wenig greifbare Handhabung gibt. Ich gebe ja auch keine Pilze frei, das würd ich mir gar nicht anmaßen wollen. Also ich laufe nicht mit den Leuten durch die Gegend und sag: hier das kannste essen, das nicht. Ich zeig den Leuten wie sie ein Buch zur Bestimmung nutzen können und dann selbst abschätzen, ob sie sich das zutrauen. Zumindest hier in der Gegend haben viele Leute nämlich sehr große Angst und Unwissen vor der Natur. Mehr als die Angst in Respekt zu wandeln mache ich nicht. Bei Unsicherheiten verweise ich sowieso direkt an einen PSV - nur leider ist die nächste über 35km entfernt und wohl auch schlecht telefonisch erreichbar.

    Hallo, ich würde dich gern mit einem persönlichen Namen ansprechen, aber Reisegewohnheit ist auch nicht schlecht 😊. Meine ersten Pilzkenntnisse d

    erhielt ich von meinem Vater. Als ich dann mitbekam, dass bei verschiedenen Arten seine Kenntnisse nicht ausreichend, habe ich in sehr junge Jahren weiter mich orientiert und das war nicht so einfach wie heute. Seit gut 30 Jahren bin ich als Pilzberaterin in MV unterwegs. Und noch nie ist mir ein Fehler unterlaufen.

    Da muss ich leider passen, ich verwende das Pseudonym auch auf ein paar anderen Plattformen und besonders bei meiner Arbeit auf einer ganz konkreten Plattform ist es besser, wenn die nicht mit meiner echten Person in Verbindung gebracht werden kann, außerdem findet man mich wegen ein paar Publikationen dann über den Namen doch sehr schnell und ich hatte da vor einigen Jahren einmal ein unschönes Erlebnis, da wird man vorsichtig. Daher gibt es mich leider nur noch anonym, tut mir leid :)

    Und danke für die Antwort, eben darauf wollte ich hinaus, ich denke die wenigsten wurden durch einen PSV an das Thema herangeführt. Mir ist einmal ein Fehler unterlaufen: Ich habe mit meiner damaligen Freundin Pfirsichtäublinge gesammelt, abends daraus eine Lasagne zubereitet. Weil wir was edles machen wollten, haben wir dazu auch teuren Käse geholt. Später am Abend ging es dann bei mir los mit starken Bauchschmerzen - sie hatte keine Beschwerden. Ich dann sofort ein Erbrechen erzwungen, alles in eine Tuppadose gepackt und ins KH gegangen, da hat man mich dann wieder weggeschickt und mir gesagt ich soll morgen zum Hausarzt, der soll das bei Pilzen entscheiden, nicht eine Notaufnahme. Habe mich ordentlich verarscht gefühlt und mein Kopf hat angefangen zu spinnen - was wenn du da ggf. doch zB einen grünen Knolli erwischt hast, von der Hutfarbe sind sie ja doch irgendwo entfernt ähnlich und jetzt nimmt hier niemand in der Gegend das ernst, in ein paar Tagen bist du tot. Hab mich dann Mitten in der Nacht noch mal zu der Stelle geschleppt und bestimmt über 3 Stunden alles auf Knollis oder anders ähnlich aussehende Pilze abgesucht und nichts gefunden, beruhigt hat mich das natürlich aber trotzdem nicht. Am nächsten Morgen dann zum Arzt, mittlerweile auch beschwerdefrei - wobei das natürlich nix heißt, aus eigener Tasche ein sehr umfangreiches Blutbild machen lassen. Alles in bester Ordnung, bezüglich der Pilze Entwarnung, nur kam dann raus, dass ich Lactose-Intolerant bin.

    Und das war dann meine Motivation irgendwann auch mal PSV zu werden, einfach damit hier in der Gegend niemand im Fall der Fälle auch so eine Erfahrung machen muss.

  • Liebe Diskutanten,

    zu den hier aufgeworfenen Fragen rund um die Haftung eines PSV möchte ich meine - unmaßgebliche - Einschätzung beisteuern. Dabei gehe ich jetzt mal selbstverständlich davon aus, dass der PSV nicht vorsätzlich schädigt, volljährig und nicht geisteskrank ist (vgl. §§ 827, 828 BGB).

    1. Macht es einen Unterschied, ob der PSV für seine Auskunft ein Entgelt nimmt oder nicht?

    In vielen Fällen, ja.

    huehnchen69 hat schon § 823 BGB angeführt. Hier nochmal der relevante Abs. 1: "Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet." Für den PSV sind hier die Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit primär relevant.

    Diese Vorschrift gilt immer und für jeden, egal ob man sich kennt oder nicht, egal ob man einen Vertrag hat oder nicht, egal ob...

    Sie besagt schlicht:

    Wenn Du

    (1) durch ein Tun oder ein pflichtwidriges Unterlassen kausal und zurechenbar Leben, den Körper, die Gesundheit... eines anderen Menschen schädigst (Tatbestand),

    (2) du keinen Rechtfertigungsgrund dafür hast (Rechtswidrigkeit) und

    (3) dabei zumindest die die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, also im Sinne von § 276 Abs. 2 BGB fahrlässig handelst (Vertreten müssen),

    MUSST du den unter (1) genannten Schaden ersetzen (Rechtsfolge).

    Wenn jemand einen Schadensersatzanspruch gegen Dich auf § 823 Abs. 1 BGB stützen will, muss er das Vorliegen der Voraussetzungen (1) bis (3) vor Gericht darlegen und - wenn Du es wirksam bestreitest - beweisen.

    Wenn der PSV einen "Pilzberatungsvertrag" mit dem Pilzsammler abschließt, z.B. weil er die Pilzberatung nur gegen Geld anbietet, springt dem Pilzsammler zusätzlich § 280 Abs. 1 BGB zur Seite: "Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat."

    Diese Vorschrift besagt:

    Wenn

    (1) zwischen Euch ein Schuldverhältnis, z.B. ein Pilzberatungsvertrag (mündlich, schriftlich, durch schüssiges Handeln geschlossen), besteht,

    (2) Du eine Pflicht aus dem Vertrag verletzt hast (Pflichtverletzung)

    (3) die Pflichtverletzung kausal für einen Schaden des Anderen war (Schaden und Kausalität) und

    (4) dabei zumindest die die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, also im Sinne von § 276 Abs. 2 BGB fahrlässig handelst (Vertreten müssen),

    MUSST du den Schaden unter (3) ersetzen (Rechtsfolge).

    Und jetzt der springende Punkt: Wenn jemand einen Schadensersatzanspruch auf § 280 Abs. 1 BGB stützen will, muss er das Vorliegen von (4), was (3) im ersten Fall entspricht, nicht beweisen, sondern derjenige, der die Pflichtverletzung begangen hat, muss beweisen, dass er nicht fahrlässig gehandelt hat.

    Und jetzt die Preisfrage: Was ist für denjenigen, der den PSV auf Schadensersatz in Anspruch nehmen will, einfacher? Sich auf das "Jedermannsrecht" § 823 Abs.1 BGB zu berufen und ggf. das Verschulden des PSV nachzuweisen oder sich auf das "Spezialrecht für Leute, zwischen denen ein Vertrag besteht" § 280 Abs. 1 BGB zu berufen, wo der PSV die Beweislast für sein nicht fahrlässiges Verhalten trägt? Natürlich letzteres, zumal er in diesem Fall auch mehr Schadenspositionen geltend machen kann (das wird dann hier zu kompliziert).

    Nur zur Vollständigkeit: Wenn Pilzberatung gegen Geld oder im Rahmen bezahlter Veranstaltungen angeboten wird, erscheint es mir sehr schwierig dadegen zu argumentieren, dass keine vertragliche Bindung besteht. Ein PSV der seine Kenntnisse aus bloßer Philanthropie der Allgemeinheit bereitstellt, wird besser argumentieren können, dass er keine Pilzberatungsverträge abschließt, sondern aus bloßer Gefälligkeit handelt (vgl. auch § 675 Abs. 2 BGB).

    2. Macht es einen Unterschied, ob man PSV ist oder nicht?

    Dies wird beim Punkt der Fahrlässigkeit [(3) im ersten Fall, (4) im zweiten Fall] interessant. Es kommt nämlich darauf an, was ein "Durchschnittsmensch" im Alltag objektiv von jemandem erwarten darf, der sich als PSV ausgibt und dies ggf. auch noch mit dem Verweis auf eine vor einem Verband (DGfM, BMG, ThAM, BUND...) abgelegte Prüfung unterstreicht. Und das ist sicherlich mehr als von einer Nachbarin oder irgendeinem anderen Laien. Das heißt natürlich nicht, dass die Nachbarin, die im Korb diverse ihr unbekannte Pilze sieht, ins Blaue sagen darf: "Kannst Du essen." Denn das ist auch unter Laien völlig sorgfaltswidrig und sie haftet ggf. nach § 823 Abs. 1 BGB.

    Es kommt dabei auch nicht darauf an, ob es irgendeine eine gesetzliche Anerkennung der Qualifikation als PSV gibt. Entscheidend ist nur, was ein verständiger "Durchschnittsmensch" im Alltag erwarten darf, wenn sich jemand ihm gegenüber als Pilzsachverständiger, Pilzberater, Pilzexperte, Pilzguru etc. geriert. Und diese sog. Verkehrsauffassung wird wohl auch dadurch geprägt, dass die o.g. Verbände mit ihrem PSV-Wesen entsprechende Öffentlichkeitsarbeit betreiben oder dass es vielleicht allgemein bekannt ist, dass es so etwas wie Pilzberatungsstellen gibt.

    Und dementsprechend ist für den Sorgfaltsmaßstab auch zu prüfen, was der "Durchschnittsmensch" objektiv von einem Dr. rer. nat. der Biologie oder von einem Waldführer, der das Thema "Pilze" bei seinen Führungen bearbeitet, erwarten darf. Das wird jedenfalls auch mehr sein, als man von seiner Nachbarin erwarten darf.

    3. Bringt es etwas, sich vorher einen Haftungsausschluss unterscheiben zu lassen?

    Zumindest, wenn da drin steht "Der PSV haftet nicht für Schäden, die durch eine fehlerhafte Identifikation der vorgelegten Pilze entstehen" oder Ähnliches, war es bloß schade um das Papier. Denn ein solcher routinemäßig vom PSV vorgelegter Disclaimer ist eine AGB. Und solche sind stets unwirksam, wenn sie die Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders beruhen, oder die Haftung wegen grober Fahrlässigkeit beschränken oder ausschließen (§ 309 Nr. 7 BGB). Beides tut der o.g. Disclaimer.

    Grüße

    Jan

    P.S. Diese Ausführungen sind nur ein rechtswissenschaftlicher Diskussionbeitrag und keine Rechtsberatung für irgendwen.

  • Lieber Jan,

    ganz herzlichen Dank, dass du das so sorgfältig aufgedröselt hast.

    Ich bin ganz erfreut, dass mein Schmalspur-BGB doch nicht ganz vergeblich war, aber das mit der unterschiedlichen Beweislast und der unwirksamen AGB hatte ich schon wieder vergessen - danke fürs Erinnern!

    Beste Grüße

    Sabine

  • Vielen Dank für den fachlichen Beitrag Collybiopsis

    So wie ich das verstehe, liegt die Beweislast bei einer unentgeltlichen Pilzberatung weiterhin beim Geschädigten und wird damit in der Praxis zu einem Ding der Unmöglichkeit. Die Annahme, dass gewisse Titel und Bezeichnungen außerhalb einer gesetzlichen Regelung kein Gewicht haben, erscheint mir jetzt nach ein wenig Nachdenkerei auch ziemlich unsinnig. Wer irgendwo als Experte auftritt und Unsinn verbreitet, ist dafür natürlich zu belangen, die Verantwortung liegt da nicht alleine beim Geschädigten.

    Einmal editiert, zuletzt von Reisegewohnheit (1. Dezember 2022 um 10:49)

  • Bezüglich der Haftpflichtversicherung durch die DGfM würde ich gern mal die genauen Versicherungsbedingungen sehen. Würde mich nicht wundern, wenn grobe Fahrlässigkeit da nicht mitversichert ist. Das wäre dann wohl fast immer der Fall, dass die nix zahlen, wenn ein tatsächlich gefährlicher Giftpilz freigegeben wird, und nur dann wird es wahrscheinlich überhaupt richtig teuer.

    Will hier nichts unterstellen, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass das bei genauerem Hinsehen eine kleine Mogelpackung ist. Da müsste man wie gesagt mal genau reinschauen.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Hallo MisterX,

    Bezüglich der Haftpflichtversicherung durch die DGfM würde ich gern mal die genauen Versicherungsbedingungen sehen. Würde mich nicht wundern, wenn grobe Fahrlässigkeit da nicht mitversichert ist. Das wäre dann wohl fast immer der Fall, dass die nix zahlen, wenn ein tatsächlich gefährlicher Giftpilz freigegeben wird, und nur dann wird es wahrscheinlich überhaupt richtig teuer.


    Will hier nichts unterstellen, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass das bei genauerem Hinsehen eine kleine Mogelpackung ist. Da müsste man wie gesagt mal genau reinschauen.

    Da dich das interessiert würde ich empfehlen hier -> Forum der Deutschen Gesellschaft für Mykologie e.V. einfach mal nachzufragen. Dort liest der DGfM-Vorstand mit und wird das sicher beantworten können.

    LG Thiemo

    Bestimmungsvorschläge anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Eine Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben! -> Pilzsachverständige finden

  • Hallo MisterX,

    Warum sollte die DGfM grobe Fahrlässigkeit versichern? Grobe Fahrlässigkeit ist in meinen Augen dem Ratsuchenden bewusst Giftpilze frei zu geben oder einem Kind den Giftpilze zu überlassen oder gammelige Pilze.

    Es gibt sicher noch andere Beispiele. Wenn ich als Pilzberater grob fahrlässig handle und jemand wird geschädigt, dann muss ich auch die Konsequenzen tragen.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hallo MisterX,

    Warum sollte die DGfM grobe Fahrlässigkeit versichern? Grobe Fahrlässigkeit ist in meinen Augen dem Ratsuchenden bewusst Giftpilze frei zu geben oder einem Kind den Giftpilze zu überlassen oder gammelige Pilze.

    Es gibt sicher noch andere Beispiele. Wenn ich als Pilzberater grob fahrlässig handle und jemand wird geschädigt, dann muss ich auch die Konsequenzen tragen.

    Also der erste von die geschilderte Fall wäre mutwilliges Handeln und nicht mehr grob fahrlässig sondern absichtlich. Sowas ist nie versichert. Der zweite Fall bezieht sich so wie geschildert nach meinem Verständnis nicht auf eine Pilzberatung.

    Ich dachte eher an etwas anderes, nämlich, dass die Versicherung folgendermaßen argumentieren wird: Wer versehentlich einen gefährlich giftigen Pilz freigibt handelt automatisch nicht mehr fahrlässig, sondern in jedem Fall grob fahrlässig, da bei diesen (wenigen) Pilzen mit entsprechender Sorgfalt einen Verwechslung ausgeschlossen werden kann. Daher ist die Freigabe eines gefährlichen Giftpilzes immer grob fahrlässig und deshalb zahlen wir nix.

    Wie gesagt, will nix unterstellen, da müsste man genauer ins Detail gehen, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass die nur bei weniger gefährlichen Pilzen zahlen, z.B. wenn der Grünblätrige mit den Rauchblättrigen Schwefelkopf verwechselt wird (was ja durchaus mal denkbar wäre). Der entstehende Schaden wäre hier aber wohl meist begrenzt. Dagegen müsste man sich nicht unbedingt versichern.

    Versichernswert wäre dagegen sicherlich der Schaden aus einer Vergiftung mit einem leber- oder nierenschädlichen Pilz. Falls irgendein Gericht hier den PSV für Schadenersatz- bzw. Schmerzensgeld und Verdienstausfall haftbar machen würde, würde das wohl sehr teuer werden. Aber würde die Versicherung das dann auch wirklich übernehmen? Oder würden die sagen, "so eine Verwechslung darf nie passieren, das ist grob fahrlässig, wir sind raus."

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Hallo zusammen,

    das grob fahrlässige Handeln bezieht sich mMn auf grundsätzliche methodische Fehler. Einen Giftpilz zu verkennen und ihn freizugeben, würde ich als normale Fahrlässigkeit ansehen, sofern grundsätzlich sorgfältig vorgegangen wurde. Für genau solche Fälle gibt es die Versicherung, ansonsten wäre sie ja komplett sinnlos und der Versicherungsbeitrag verschenkt. Grob fahrlässig wäre es z. B.,

    - im Zustand der Trunkenheit Pilze freizugeben

    - Pilze übers Telefon oder übers Internet oder übers Handy freizugeben (z. B. hier im Forum aufgrund vorliegender Fotos)

    - nicht zur vorgeschriebenen Auffrischung/Weiterbildung zu gehen

    - einen Pilzkorb in Bausch und Bogen freizugeben, wenn oben die Maronen liegen, ohne die weiter unten enthaltenen Pilze herauszunehmen und einzeln auf einen Tisch zu legen

    - bei einer vorgelegten Pilzmenge von 15 kg nur die ersten 2 kg zu kontrollieren und den Rest aus Faulheit einfach "durchzuwinken" (hier wäre sowieso die richtige Handlungsweise, zum Anfrager zu sagen: "solche Mengen kontrolliere ich nicht, und überhaupt darf man Pilze in diesen Mengen gar nicht sammeln")

    - grundsätzlich Pilze freizugeben, die man als PSV nur "vermutlich", aber nicht zu 100% sicher kennt

    - Pilze freizugeben, nach denen man im Pilzbuch erst hat suchen müssen

    Grob fahrlässig im rechtlichen Sinn ist ein Handeln, bei dem fachkundige Leute sich vor die Stirn schlagen und sagen, "wie kann man denn nur!" Normale Fahrlässigkeit ist ein Handeln der Art "sollte eigentlich nicht passieren, ist nun aber passiert".

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • Hallo Pilzfreunde,

    ich hatte jetzt Gelegenheit, mich mit einer Volljuristin über das Thema zu unterhalten (Freundin meines Bruders).

    Sie meint, dass ein Pilzberater vollumfänglich für die Beratung haftet, auch wenn die Beratung ehrenamtlich und unentgeltlich erfolgt und - jetzt kommts - selbst wenn er oder sie nicht PSV ist. Sie hat dann Urteile zitiert, wo ein Nachbar den anderen gebeten hatte die Blumen zu gießen und dieser das ganze Haus unter Wasser gesetzt hat. Der hätte voll haften müssen, obwohl es unentgeltlich war und niemand irgendwas unterschrieben hatte. Da käme dann ein vertragsähnliches Verhältnis zustand, auch nur bei sog. "Freundschaftsdiensten."

    Sie meinte außerdem, dass da sogar schnell das Strafrecht relevant werden könnte. Dies gelte nämlich auch wenn jemand sich eine Handlung ausdrücklich wünscht oder darum ersucht. Hier hat sie einen Fall zitiert, in dem jemand einen Freund um eine "Mitfahrgelegenheit" in der Schaufel eines Baggers gebeten hatte und dabei tragischerweise zu Tode kam. Das war dann fahrlässige Tötung.

    Die unterzeichneten Protokolle seien juristisch wertlos, da sie nur die Pilze auflisten, die der Pilzberater glaubt erkannt zu haben und kein Beweis dafür sind, welche Pilze tatsächlich vorgelegt wurden. Im Zweifel könnte ein solches Protokoll den PSV sogar belasten, wenn z.B. im Protokoll ein essbarer Verwechslungspartner eines Giftpilzes aufgelistet wird und dann entsprechende Pilzgifte nachgewiesen werden. Bsp. dem Berater werden Grasgrüne Täublinge vorgelegt und diese freigegeben, Sammler findet zu Hause dann im Kofferraum noch einen Pilz, der nicht vorgelegt wurde und das war dann der grüne Knollenblätterpilz. Hier belegt das Protokoll, dass Pilze mit grünem Hut vorgelegt wurden und erschwert potenziell die Verteidigung vor Gericht.

    Sicherheit bring ihrer Meinung nach nur Bildmaterial (ist heute ja relativ problemlos möglich), am besten ein Video auf dem alle Pilze von oben und unten sowie der/die Ratsuchende zu sehen sind und das Datum der Pilzberatung genannt wird.

    Die Idee, ins Protokoll zu schreiben, dass die Beratung nur als Bestimmungshilfe und nicht als Essensfreigabe zu verstehen ist, fand sie gut. Wenn das juristisch einwandfrei formuliert würde, wäre das ein wirksamer Haftungsausschluss.

    Das ist wie gesagt nur ihre persönliche Einschätzung. Sie ist auch nicht spezialisiert z.B. auf Gutachterhaftung oder ähnliches. Es gibt da sicher auch andere Ansichten. Man weiß ja, fragt man drei Juristen haben sie vier Meinungen. Aber es scheint auf jeden Fall nicht so zu sein, dass eine Haftung klar ausgeschlossen wäre.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Hallo MisterX,

    deine Informationen sind sehr interessant, aber nicht hilfreich in Bezug auf Pilzberatertätigkeit. Wenn man das alles beachten soll, wird es niemanden mehr geben, der Pilzberatung en durchführen will. Ich habe seit 2000 eine Pilzberatung und mir ist noch kein tragischer Fehler unterlaufen. Wichtig ist doch das eigene Verantwortungsbewußtsein und entsprechende geprüfte Kenntnisse. Ohne Pilzberatung gäbe es mit Sicherheit mehr Vergiftungen oder die Leute würden um Pilze einen großen Bogen machen.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hallo MisterX,

    deine Informationen sind sehr interessant, aber nicht hilfreich in Bezug auf Pilzberatertätigkeit.

    Liebe Veronika,

    ich wollte nur die Meinung meiner Bekannten darstellen, die wie gesagt juristischen Sachverstand hat. Hier im Thread gab es ja unterschiedlichste Ansichten, die meisten sind offensichtlich davon ausgegangen, dass man eher nicht haftet (ich selbst auch). Die Juristin (diese eine) ist anderer Meinung. Ich dachte, das wäre vielleicht für die Diskussion interessant und habe es deshalb hier geteilt.

    Damit wollte ich in keiner Weise andeuten, dass du an deiner seit Jahrzehnten erfolgreichen Beratungspraxis etwas ändern musst oder sollst.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Hallo MisterX,

    Ich kann dich beruhigen, die Darlegungen deiner Bekannten habe ich nicht auf mich bezogen.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hallo,

    jetzt sehen wir das Ganze mal andersrum: Der Kläger wird erst einmal zweifelsfrei nachweisen müssen, dass er bei der Pilzberatung war und die verzehrten Pilze auch vorgelegt hatte. Ohne Beweis bleibt es bei der Behauptung, sonst könnte man ja jedem ein Vergehen andichten. Das stelle ich mir nicht so einfach vor, daher halte ich das Klageszenario weiterhin für hypothetisch. Erst recht weil sich höchstwahrscheinlich zuvor die Haftpflichversicherung der DGfM auf einen Vergleich einigen wird.

    LG Thiemo

    Bestimmungsvorschläge anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Eine Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben! -> Pilzsachverständige finden

  • Der Kläger wird erst einmal zweifelsfrei nachweisen müssen, dass er bei der Pilzberatung war und die verzehrten Pilze auch vorgelegt hatte. Ohne Beweis bleibt es bei der Behauptung, sonst könnte man ja jedem ein Vergehen andichten. Das stelle ich mir nicht so einfach vor.

    Dafür hat er ja das Beratungsprotokoll...

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Hallo!

    Dafür hat er ja das Beratungsprotokoll...

    Das wurde wohl missverstanden, das Beratungsprotokoll (falls es denn überhaupt geschrieben wird) bekommt nicht der Ratsuchende mit. (Und das wollte auch noch nie jemand haben).

    LG Thiemo

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