Welche Flechten auf riesigen Findling?

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 1.183 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (4. November 2022 um 21:04) ist von René T..

  • Hallo ans Forum,

    Hallo KaMaMa,

    Hallo Martin ,

    nun die zwei Flechten auf dem Findling, es waren nur winzige Proben von dem Findling zu lösen, sehr festsitzend auf dem Substrat.

    Foto A1 + A2 Randlappen hellgrünlich/graugrünlich, zur Mitte viele bräunliche + helle Apothecien mit helleren Rand, fest auf dem Substrat, Farbtest Lager P+ gelb, K-, C-. Die Proben haben leider das Testen nicht überlebt, keine Fotos.

    Könnte das Lecanora muralis ( Mauerflechte ) sein?

    Fotos 1 bis 9 mit graulich/bläulich/weißen aufgetrennten Lappen, Oberseite sorediös mit vielen weißen Punkten/Flecken, Unterseite weißlich/beige kaum Rhizinen, Farbtest Oberseite K+ gelb und Mark K+ gelb.

    Könnte es Physcia caesia ( Blaugraue Schwielenflechte ) sein?

    Hoffentlich liege ich nicht ganz daneben, bin auf deine Meinung gespannt?

    LG

    Bernd

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  • Hallo Bernd,

    die erste Flechte, die du vorstellst könnte eine P. caesia sein.

    Ich kenne sie allerdings nur mit blaugrauen, kugeligen Soralen!

    Schade, dass du keine gefunden hast, damit wäre es viel einfacher, eindeutiger.

    So kenne ich P. caesia:

    Physcia caesia auf Betoneinfassung mit flächenständigen, blaugrauen Soralen, mit zahlreichen Pseudocyphellen, ungestörter Thallus schön rosettig gewachsen.

    Läppchen sich überwachsend.

    In Bild 5 ist übrigens nichts sorediös.

    Die hellen Flecken sind kleine Öffnungen in der Oberrinde und ermöglichen einen bessern Gasaustausch mit der Atmosphäre (vgl. "Pseudocephyllen") und sind für P. caesia typisch, allerdings kein Alleistellungsmerkmal.

    Andere Physcien haben auch genau solche Pseudocyphellen (z.B. P. aipolia, auch Mark K+gelb, bildet Apothecien, keine Sorale; auf Rinde/Ästen, bes. Süddeutschland).

    P. dubia schließt du durch deinen Färbetest (K+ gelb im Mark) aus.

    Obwohl ich sie sehr häufig finde, gilt P. caesia bei Wirth nur als mäßig häufig, in Silikatgebieten sogar als relativ selten.

    Dein Findling besteht, wenn es ein Findling ist, verm. aus quarzreichen Tiefengesteinen Skandinaviens - bestimmt kein Kalkstein, Sandstein o.ä.

    P. caesia bevorzugt gedüngte, kalkhaltige Substrate, soll aber auch auf Silikaten zu finden sein.

    Auf Steinen und Mauern unter Bäumen finde ich aber öfters auch Flechten, die typischerweise eher auf den Baum gehören.

    Manchmal verirrt sich was davon nach unten und fasst erfolgreich Fuß.

    P. caesia wäre m.b.M.n. die einfachste und wahrscheinlich richtige Erklärung für deinen Fund.

    Flächiges Wachstum von vielen P. caesia-Thalli auf Quarzit (!), vergesellschaftet u.a. mit grünlicher L. muralis (linker Bildrand) - sehr viele Sorale, einige Apothecien.

    Die zweite Flechte (Bilder A) zeigen m.b.M.n ziemlich sicher die sehr häufige Protoparmeliopsis (oder Lecanora) muralis.

    Typisch dicht schließende, grünliche Läppchen und ocker-braune, rundliche, aufsitzende Apothecien.

    Die Flechte wächst schön rosettig, wenn sie darf:

    Prachtexemplar von L. muralis auf römischer Ruine

    L. muralis im Zeitlupen-Kampf mit X. parietina - wer wird die Oberhand behalten?

    LG, Martin


    PS, es macht Spaß mal wieder in den "alten" Aufnahmen zu wühlen!

  • Hallo Martin,

    da war ich ja gar nicht so schlecht mit meinen Vermutungen, das mit sorediös auf Bild 5 werde ich bei mir ändern in Pseudocephyllen!! Wieder etwas dazu gelernt. Danke!!

    Habe noch wieder einen interessanten Flechtenfund auf Ästen gefällter Bäumen entdeckt. Erst beim Betrachten mit der Stereolupe sind mir mehrere Flechten auf der Probe aufgefallen.

    War ganz schön spannend das einzuordnen.

    Foto 1 bis 2d gräuliche Lappen mit vielen Soralen ( Lippen oder Kopfsoralen?? ) ev. Physcia adcsendens oder tenella ? Mit Apothecien ( wäre neu ), Scheibe braun/dunkel, Rand lagerfarben + leicht bereift, Unterseite hell kaum Rhizine. Rinde K+ gelb.

    Foto 3 bis 3b nur mit Lupe zu erkennen ev. Lecidella elaeochroma, oder? Lager weiß/grau/oliv mit schwarzen Apothecien etwas glänzend. Lager K+ gelb + C+ orange ( Foto 3 b ).

    Dann auf Foto 4a +4b vermutlich noch ein wenig Xanthoria, K+ sofort rot. Auf Foto 1 rechts zu sehen.

    Auf Foto 5 noch ein Chemie-Versuch mit K+ auf Apothecien von 2a.

    Was meinst du zu meinen Vermutungen?

    Ein schlechtes Gewissen treibt mich weil ich so viel wissen möchte, es ist hoffentlich nicht lästig!!

    Gruß und vielen Dank

    Bernd

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  • Hallo Bernd!

    Ein schlechtes Gewissen brauchst du wegen mir nicht zu haben.

    Flechten machen auch mir Spaß.

    Und wenn ich ein wenig von dem, das ich mir erarbeitet habe, weitergeben darf, so ist das für mich schön und erfüllend.

    Außerdem lerne ich ja selbst viel durch die Konversation mit dir, da ich vieles nochmal oder auch neu durchdenken und prüfen muss.

    Deine Bilder schaue ich morgen an und gebe Nachricht.

    Heute saß ich schon den ganzen Tag am Mikroskop wegen meiner Pilze, das langt jetzt erst mal.

    LG, Martin

  • Hallo Bernd,

    auf Bild 1 sehe ich in der Bildmitte P. tenella mit Soralen an aufsteigenden Lappenenden. Zu dieser Flechte gehören, wie ich denke, auch die Apothecien.

    Von rechts ragt noch eine Physcia mit Helmsoralen herein (P. adscendens).

    Die beiden Physcien können Apothecien ausbilden.

    Die kleine Gelbe in Bild 1 ist kleine X. parietina, die über P. adscendens wächst. Flechten fangen ja auch gaaanz klein an!

    Bald wirst du unter der Lupe noch kleinere Flechtenthalli auf Ästchen erkennen.

    Da hast du wohl alles richtig erkannt, zumindest bin ich deiner Meinung

    Die Krustenflechte könnte L. eleachroma sein, aber es gibt makroskopische Verwechslungspartner (A. punctata und C. nigeoclavata). Zur Trennung braucht man wirklich (!) eine mikroskopische Sporenanalyse (Farbe? 1zellig/2zellig?).

    Glaube nicht, dass die Details auf den Fotos im Buch "Flechten einfach bestimmen" eindeutig zuordenbar de wären! Das hatte ich auch mal gehofft und gestaunt, als die vermeintlich erkannte Flechte eine andere war.

    Die Variationsbreite ist größer! Es stimmt so, wie es im Text erläutert wird.

    Krustenflechten ohne Mikroskop zu bestimmen, halte ich mittlerweile für quasi aussichtslos. Sie erfordern immer Arbeit mit den Bestimmungsschlüsseln, sicher eine Sporenanalyse, Angaben zu den Schläuchen, Paraphysen, Epihymenium, Involucrellum etc.etc., Längen, Dicken, Einfärbbarkeit derselben etc. p.p., usw. usf.

    Natürlich gibt es Ausnahmen, aber im Allgemeinen sind Krusten schwierig. Das wirst du spätesten merken, wenn du mit Schlüsseln arbeitest. ;)

    LG, Martin

    Einmal editiert, zuletzt von KaMaMa (2. November 2022 um 20:55)

  • Hallo Martin,

    wieder danke für deine Hilfe, dann haben wir ja beide Freude an unserer Flechten- Konversation!!!! Habe durch deine Hilfe schon viel über Flechten gelernt!

    Das mit den Krustenflechten habe ich mir, nachdem ich bei Wirth darüber gelesen habe, schon gedacht, aber nicht so tragisch. Das mit den Schlüsseln ist mir wohl noch eine Nummer zu Komplex.

    Erst muss das bisher Erlernte gefestigt werden.

    Werde diese Flechten erst mal allgemein als Krustenflechten archivieren ( mit entsprechender Vermutung ). Oder ist noch eine grobe Artenunterteilung innerhalb der Krustenflechten möglich??

    Habe noch zwei schöne Krustenflechten gefunden und untersucht, sende ich dir trotz der Probleme beim Zuordnen, mit meiner Vermutung. Sind auch farblich anders anzuschauen.

    Foto 1a bis 1f ev. Lecanora carpinea ( Hainbuchen Kuchenflechte ) habe alle Farbtests ( Wirth ) gemacht: Scheibe C+ gelborange, Apo.Rand K+ gelb, UV+ blassorange, Scheibe weiß gereift ocker/braun.

    Ich fand die Farbreaktionen, gesehen durch die Stereolupe, schon toll.

    Foto 2s bis 2e auf Grund der oliven Farbe des Lagers neige ich wieder zu L. eleachroma.

    Alles ohne Schlüssel halt nur zum Anschauen.

    In welche Richtung gehen deine Vermutungen?

    LG

    Bernd

    1a

    1b

    1c Scheibe C+ gelborange

    1d

    1e Rand K+ gelb

    1f mit UV+ leicht orange

    2a

    2b

    2c

    2d

  • Hallo Bernd,

    L.eleachroma könnte stimmen, oder auch nicht, mit viel Erfahrung geht die Zuordnug wahrscheinlich makroskopisch, ich kann das nicht. Da du eine Probe mitgenommen hast, mach dich bitte einen Färbetest am Lager mit C und K!

    Ohne Mikroskop könnte man auch versuchen über die Große der Apothecien weiter zu kommen. Die Farbreaktion hilft hier allerdings auch schon: A.p. ist R-, K+gelb / C+orange passt aber zu L.eleacheoma.

    Zu Dokumentationszwecken mache ich gerne ein Foto mit einem Lineal im Bild. Dann kann man die Durchmesser der Apo. abschätzen:

    L eleachroma besitzt bis 1mm große Apo., A.punctata kleinere, bis 0,6mm.

    Dein Fund hat übrigens ein schön weißes Vorlager. L.e. und A.p. sollen - Achtung: oft(!), also keineswegs immer! - ein schwarzes Vorlager haben.

    Die Sporenfarbe lässt sich u.U. schon mit der Stereolupe an einem Querschnitt durch ein Apo. prüfen, 40x gibt die Lupe her, das könnte vllt reichen. Sind die reifen Sporen dunkel gefärbt und nicht zu winzig, kann man sie in den Schläuchen als dunkle Pünktchen erkennen.

    Die Sporen könnten farblos sein (nicht eindeutig, vllt nur unreif) oder braun (Indiz für A.p.) sein.

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    das hast du mir gut beschrieben, mit dem Lineal ist ein super Tipp, werde ich dann mal in Angriff nehmen. Habe die Vorgehensweise für alle Versuche schön kopiert!!

    Ab morgen bin ich dann für eine Woche im südl. Teutoburgerwald ( Externsteine + Hermann ) mit meiner Frau am Wandern, vielleicht finden wir auch Flechten, eine Box ist immer dabei.

    Besonderheiten werde ich mal senden, alles Weitere dann anschließend.

    LG

    Bernd

  • Hallo Bernd,

    ich schaue mir gerade deine Färbetest an der Lecanora an und fasse zusammen:

    K: Thallus(Apo.rand) K+ gelblich, Apo.scheibe K-

    C: Thallus(Apo.rand) C-, Apo.scheibe C+ gelborange

    P: ?? / ??

    UV: Thallus(Apo.rand) UV-, Apo.scheibe: UV+ orange

    Wirth erwähnt auch Test mit Para-Phenyldiamin!

    Es ist nicht verkehrt, auch diesen Test zu machen - aber wahrscheinlich hast du nur vergessen, das Ergebnis anzugeben.

    Es gibt sehr viele Lecanoren, speziell auch einige mit beigen Apothecien.

    Wenn ich mal in den "Flechten Deutschlands" losschlüssle, unterstelle ich zwar einige Dinge - aber ich bin mir recht sicher, dass L.(sub)carpinea hier richtig ist:

    1* Nicht placoide Kruste (= ohne Randläppchen) => 2 keine Aspicilia (hier müsste man Paraphysen und Markhyphen prüfen, aber die Ap. wären meist, zumindest wenn jung, eingesenkt) => 3 keine Tephromela (prüfe Hypothallus und Hymenium, ob nicht rotviolett, Ap.scheiben hier schwarz!) => Lecanora! => auf Rinde => Teilschlüssel 2

    TS2: 1* auf Rinde => 5* keine Protoparmelia (Thallus ect. prüfen, Ap. wären glänzend braun bis schwarz!) => 6 * Th. nicht sorediös => 21 Scheibe C+ intensiv gelb bis orange, bereift. Th. C-, K+ gelb. Epihymenium mit dicker Auflage von br. Kristallen. Thallus weißlich => 22

    Es bleiben nur noch L. carpinea, L.subcarpinea und L. leptyrodes zur Auswahl!

    L. carpinea: Thallus http://Ap.rand/Thallus weißgrau, P- (fehlt!), Ap.scheibe C+ gelborange, etc.

    L. subcarpinea: Ap.rand: P+ gelb/orange (oder P-), Ap.scheibe C+ gelb, etc.

    L. leptyrodes: Ap.rand P+ gelb, K+ grün (?!)

    Ich würde auch jeden Fall noch P testen; wenn der Thallus gelb wird und Apo. bis 2mm groß, ist's L. subcarpinea, wenn nicht sehr wahrscheinlich L. carpinea - würde ich zumindest meinen.

    Da liegst du also vermutlich richtig! :agree:

    LG, Martin

  • Guten Abend zusammen,

    L. Elaeochroma, würde ich in diesem Fall ausschließen. Die Apos sind doch alle deutlich unberandet und hocken auch ziemlich dicht aufeinander. Ich würde hier eher in Richtung Scoliciosporum oder Lecania gehen, mich aber ohne Sporenmerkmale auch nicht festlegen wollen.

    LG René