Liebe Pilzfreunde,
wie in jedem Jahr stattete ich dem Altdorfer Riesensandkasten (Teil des Lorenzer Reichswaldes ca. 15 km östlich von Nürnberg, zu erreichen über die BAB A6, Ausfahrt Altdorf/Leinburg) einen Besuch ab. Hierbei handelt es sich um einige Hektar nährstoffarmen Flechtenkiefernwald über lockerem Sandboden. Der Sandboden ist dort an vielen Stellen nackt, ähnlich wie in einem Kindersandkasten, und die Pilze schauen nur mit den Hutspitzen aus dem Sand heraus und sind ansonsten "vergraben", also ein richtiger Extremstandort, den man in dieser Art im Umkreis von mehreren hundert Kilometern meist vergeblich sucht.
Bevölkert wird der Riesensandkasten von eher trivialen Arten mit Mykorrhizabindung an Kiefer, dazu kommen allerdings etliche Stachelinge (Kork-, Duft- oder Braunsporstachelinge) und die so selten anzutreffende "Ritterlingsflöte" des Flechtenkiefernwaldes, z. B. der Grünling, der Weißbraune Ritterling, der Getropfte Ritterling, der Halsbandritterling usw., also Pilzen, die es in den meisten Gegenden Deutschlands gar nicht gibt, und die die weite Fahrt normalerweise lohnen.
Es zeigte sich wieder, wie seltsam dieses Jahr die Erscheinungszeiten der Pilze sind. Obwohl ich den Spätherbstaspekt dieses Waldes wieder gut getroffen zu haben glaube, hatten die meisten Grünlinge ihre gute Zeit schon hinter sich und gammelten herum. Weißbraune Ritterlinge, eines meiner Hauptforschungsobjekte, waren fast gar nicht zu sehen und wenn, dann nur in einer sehr unansehnlichen Qualität, die diesmal keine Erforschung erlaubte. Schwarzfaserige Ritterlinge, Seifenritterlinge, Halsbandritterlinge oder Frostschnecklinge gab es auch nur in recht homöopathischen Dosen. Dennoch musste ich nicht enttäuscht die Heimreise antreten, denn schöne Arten findet man dort trotzdem.
Hier z. B. Tricholoma avernense, der Kiefernwald-Doppelgänger des Gelbgrünen Ritterlings (Tricholoma sejunctum), welcher ein Pilz mit Mykorrhizabindung an Buche ist. Zwei noch sehr frische Exemplare:
und zwei schon etwas ältere Exemplare, die ihre leuchtenden Farben schon verloren haben.
Der Pilz hat typischerweise einen auffallenden Hutbuckel und einen weißen Stiel ohne Schuppen, Pseudoringzone, Farbübergang oder dergleichen. Er schmeckt mild und riecht mehlig. Im Alter werden die Lamellen offenbar grau, wodurch die super-seltene Art Tricholoma luridum vorgetäuscht wird. Ich selber bin darauf auch schon hereingefallen.
Am meisten habe ich mich über den Wiederfund des Königs-Stachelings (Sarcodon regalis) gefreut, den ich dort trotz alljährlicher Besuche vor elf Jahren das letzte Mal gesehen habe (außerhalb dieses Standortes übrigens noch nie!).
Das rechte, voll ausgewachsene Exemplar hatte einen Hutdurchmesser von ca. 25 cm, also etwa so groß wie ein riesiger Habichtspilz-Schlappen. Sarcodon regalis, wie man hier sieht, hat eine blaugrüne Stielbasis. Laut Literatur gibt es keinen anderen blaufüßigen Sarcodon, der so groß werden kann. Die Hutoberfläche ist im Vergleich zum Fichten-Habichtspilz (Sarcodon imbricatus) recht feinschuppig und erinnert eher an den Kiefern-Habichtspilz (Sarcodon squamosus). Sarcodon regalis schmeckt aber im Gegensatz zum völlig milden Sarcodon squamosus arg bitterlich und hat wie schon gesagt eine blaugrüne Stielbasis, wie man hier noch einmal sieht.
Immer wieder schick ist der Rosenrote Schmierling (Gomphidius roseus), der mit dem Kuhröhrling vergesellschaftet ist.
Außerdem fand ich noch eine Trüffel, von der ich glaube, dass es eine Rhizopogon-Art ist. Da ich von Trüffeln nicht so viel verstehe, überlasse ich die Artdiskussion anderen mit mehr Fachwissen. Auffallend ist mMn die schon bei Jungexemplaren graugrüne Gleba, das Entwickeln rötlicher Flecken nach Luftkontakt sowie das offensichtliche Fehlen von Rhizomorphen.
Also hat sich die Fahrt nach Altdorf wieder mal gelohnt.
FG
StephanW