Flechten auf Lärchen

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 1.115 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (7. November 2022 um 21:44) ist von Miesmuschel.

  • Hallo an die Flechtenkenner!

    Heute bei Lärchen habe ich einige Flechten gefunden. Alle an Ästen in der Luft hängend, feucht.

    1 buntes Wirrwar, wahrscheinlich mehrere Arten beisammen

    2 ca 5cm große Ballen

    3 ich nehme an gleiche Art, an der Unterseite weißlich

    4 Baumbart😁

    5

    6 mit kleiner roter Blüte rechts außen, ca 2cm

    7

    8 buntes Wirrwar Teil 2

    Mit den wenigen Angaben wird sich nicht viel machen lassen, es war halt mal ein erster Schritt in eine neue Welt für mich.

    Sollte sich der ein oder andere Name ergeben würde es mich freuen.

    lg Joe

  • Hallo Joe,

    schöne Funde!

    Ja, man muss sich nur Zeit nehmen und diese kleine Welt betreten, dann wird man gleich von ihr verzaubert! Am besten mit einer Lupe bewaffnet.

    Allerdings sind nicht nur Flechten gezeigt. Die rosa-roten Objekte sind tatsächlich keine Flechten, sondern flechtenbewohnende Pilze: Illosporiopsis christianensii auf Bild 1 bildet die dicken altrosa Kissen, Erythricium aurantiacum die hellrosa Überzüge im ersten und in letzten Bild 8.

    Beides sind echte Flechtenfresser und häufig bei feuchter Witterung besonders auf Physcien aber auch auf anderen Flechten zu finden.

    Im ersten Bild 1 sehe ich zentral eine befallene und dadurch verfärbte Physcia aipolia mit den dunklen Apothecien und den hellen Pünktchen auf der Oberfläche. Darüber ein noch gesundes Exemplar. Darunter eine befallene, verfärbte P. tenella oder P. adscendens oder beide.

    Bild 2+3 zeigen vetm. Evernia prunastri mit heller Unterseite

    Bild 4+5 verm. Usnea dasypoga (Baumbart)

    Bild 6: Eine Punktflechte der Gattung Punctelia. Du kannst hier mal mit P. jeckeri vergleichen. Das rote Objekt ist unscharf und verdeckt, da kann ich leider nichts dazu sagen, keine Idee....

    Bild 7 zeigt i.w. Hypogymnia physodes, eine Blasenflechte, die sich über eine Pseudevernia furfuracea (linker Vordergrund) mit ihren stiftförmigen Isidien schiebt, rechts dahinter wieder eine kleine Usnea dasypoga, der Gewöhnliche Baumbart.

    Im letzten Bild 8 (leider unscharf) von rosa E. aurantiacum befallene P. aipolia (mit Apothecien) und P. adscendens mit röhrenartig aufsteigenden Läppchen.

    Die orangene Flechte ist nicht auflösbar, aber aufgrund vom Farbe und Häufigkeit verm. Xanthoria parietina, die Gelbe Wandflechte.

    LG, Martin

  • Guten Abend Joe,

    Lärchenschonungen beherbergen regelmäßig eine Fülle an "Bärtigen". Da mache ich auch immer gerne mal nen Abstecher hin. Eine schöne Kollektion, die du da aufgenommen hast.

    Was die Einstufung zu Usnea dasypoga angeht, wäre ich vorsichtig, die Gattung hat weit mehr in sich als diese Art und U. hirta. Auch wenn man hier ohne Chemie ziemlich weit kommt, reicht für viele Merkmale ein Foto nicht aus, da man bei der Gattung schon genau hin schauen sollte. So lässt sich auf keinem der Bilder eine etwaig vorhandene schwarze Basis ableiten.

    Zumindest Bild 4 zeigt mit Sicherheit etwas Anderes. Hier sind (trotz Foto) an den zentralen Hauptästen deutliche Verdickungen erkennbar, die auf zahlreiche Isidiomorphe hindeuten. Dasypoga hat lediglich wenige flache Sorale und zeigt ansonsten ein typisches Fisch- Grätenmuster. Das wäre am ehesten noch bei Bild 5 der Fall. Die letzte Usnea ist noch recht klein und kann eigentlich alles sein. Viele artspezifische Merkmale bilden sich bei dieser Gattung erst mit entsprechendem Alter aus.

    Wenn man sich für Usneenbestimmung interessiert kann ich den Gattungsschlüssel von Randlane et al empfehlen (der ist allerdings auf englisch). Den gibt es frei im Internet abzurufen und hat auch eine gute Bebilderung dazu. Er behandelt alle europäischen Arten. Diese Aufschlüsselung sollte aber auch weitgehend im aktuellen Wirth übernommen worden sein.


    Zu einer sicheren Artansprache würde ich mich hier leider nicht hinreißen lassen 😅

    Beste Grüße

    René

  • Quatsch, alles gut. Bei uns im damals braunkohlveräucherten Osten (ausgenommen vom Harz vlt.) gab es es bei Unsea auch nur die Entscheidung: alles was klein und buschig war = U. Hirta, was ein wenig herabhing U. filipendula (nun dasypoga) 🙃. Das Wissen hat bei dieser Gattung auch einfach in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

    Und ganz davon abgesehen hast du deine Flechtenkenntnis in den vergangenen Monaten ganz massiv erweitert 👌. Ich wüsste nicht, dass ich selbst da so schnell war...

    LG René

  • Und ausserdem haben wir noch einen ganz erheblichen Vorteil gegenüber den - echten - Pilzleuten. Bei ihnen führt eine Fehlbestimmung unter Umständen zu einer Vergiftung. Bei uns maximal zu nem falschen Etikett an einem Herbarbeleg oder Foto...

  • Hallo Martin, hallo Rene,

    danke für eure Beiträge! Mal schaun inwieweit ich mich in die Flechten reinarbeite/es ist ja anscheinend auch eine "wilde" Marterie. Momentan schau ich mir sie noch gerne an (wie es Miesmuschel geschrieben hat/abtauchen ins Korallenriff).

    Aber danke jedenfalls, ihr habt mir schon weiter geholfen!

    Die nächste Anfrage wird mit besseren Fotos sein.

    LG Joe