Hallo,
nach längerer Zeit mal wieder ein Thread von mir. Und natürlich geht es um einen Täubling.
Der Täubling ist mittelgroß bis eher klein. Der Hut ist dabei ziemlich vielfarbig, im Jungzustand eher rötlichviolett, später schmutzig braunviolett und entfärbt. Die Huthaut hat immer einen gewissen Glanz und der Hutrand ist deutlich gerieft. Der Stiel ist etwas rosa getönt und die Lamellen erscheinen cremefarben. Generell sind die Fruchtkörper ziemlich zerbrechlich und der Stiel nicht fest und voll. Auffälligkeiten, die die Bestimmung erleichtern können, wie einen besonderen Geruch oder Fleischverfärbungen gibt es nicht. Der Fundort besitzt einen sauren, mit Heidelbeeren und Torfmoos bewachsenen Boden direkt unter Birke, in der Nähe auch Eiche und Kiefer.
Ein Stück weiter etwas farbenfreudiger
Damit man den Täubling einordnen kann, muss eine Geschmacksprobe gemacht werden. Diese fällt mild aus. Bei einem zweiten, jüngerem Fruchtkörper sind die Lamellen leicht schärflich, das ist jedoch im Jungzustand auch bei sonst milden Täublingen nicht unüblich.
Desweiteren braucht es die Farbe des Sporenpulvers. Anhand der Lamellen kann man die Farbe grob abschätzen: Creme oder Ocker. Der Sporenabwurf bestätigt später die Annahme mit knapp IIIa (hellocker).
Bei den milden (hell) Ockersporern gibt es ein paar Sektionen, die man schnell ausschließen kann (hier der Vollständigkeit halber noch mal erwähnt):
- Heringstäublinge: Können es aufgrund des fehlenden Geruches und ausbleibender Braunverfärbung nicht sein. Zudem würde man diese leicht an ihrer grünen Eisen(II)sulfat Reaktion indentifizieren können.
- Grautäublinge: Kommen nie mit rötlichen Farben auf dem Hut vor. Außerdem wären deren Fruchtkörper nicht so weich und zerbrechlich und bei den meisten Arten das Sporenpulver nur cremefarben, wenn es auch Außnahmen gibt.
- Graustieltäublinge: Wären habituell größer und besitzen grau verfärbendes Fleisch.
Bleiben noch die Zwerg-Täublinge, und der kleine Verwandte des Apfel-Täublings, der Ziegelrote Täubling in der engeren Auswahl.
Aufgrund des ausbleibenden Gilbens, fällt ein Doppelgänger dieser Art, namentlich der Vielfarbige Birkentäubling Russula versicolor weg. Dieser ist im Geschmack auch oft etwas schärfer und riecht zumeist etwas fruchtig.
Übrig sind noch der Ziegelrote Täubling Russula velenovskyi, der Milde Torfmoostäubling Russula fusconigra (=robertii, sphagnophila) und der Milde Glanztäubling Russula nitida - alles mögliche Birkenbegleiter. Übrigens reagieren diese mit allen gängigen Täublings-Reagenzien gleich, die Chemie ist hier also keine Lösung und kann man sich eigentlich schenken.
Nimmt man sich zunächt den Ziegelroten Täubling vor, so sieht man dass dieser meist reiner rot gefärbt und der Hut weniger glänzend und gerieft ist. Mikroskopisch besitzt er als einziger der drei Inkrustationen an der Basis seiner Dermatozystiden. Diese sind jedoch schwer nachweisbar und können übersehen werden bzw. bei der Färbeprozedur verloren gehen (-> hier zu sehen Täublinge - Mikromerkmale (Dermatozystiden & Inkrustierte Primordialhyphen)).
So bleibt das Paar Milder Torfmoostäubling Russula fusconigra & Milder Glanztäubling Russula nitida. Diese sind sich sehr ähnlich und machen eine Unterscheidung schwer. Der viel seltenere Milde Torfmoostäubling wächst vorwiegend an feuchten Stellen direkt im Torfmoos, hat tendenziell einen stärker bräunlich/schmutzig entfärbten Hut und etwas helleres Sporenpulver IIc-d als seine Schwesterart. R.nitida wächst eher an weniger nassen Standtorten (nicht direkt im Moos), ist kräftiger gefärbt und sport auch etwas dunkler ab IIIb-c.
Makroskopisch steht es unentschieden zwischen den beiden. Der Standort spricht eher für R.fusconigra , die Färbung für R.nitida und das Sporenpulver liegt mittig.
Mikroskopisch unterscheiden sich beide auch nur geringfügig. Der Milde Torfmoostäubling Russula fusconigra hat ein stärker gratig-teilnetzig verbundenes Sporenornament als der Milde Glanztäubling Russula nitida (isoliert bis wenige Verbindungen). Das Bild zeigt doch einige, feine Verbindungslinien (im original durchs Okular noch mehr als auf dem Bild zu erkennen sind), das Ornament ist also keinesfalls isoliert stehend.
Auch der Grad der Untergliederung von Haarendzellen bzw. Dermatozystiden ist einem großen Überschneidungsbereich unterworfen und lässt kaum eine sichere Trennung zu.
In diesem Fall muss man sich einfach mit der Unsicherheit abfinden und sich auf die wahrscheinlichste Möglichkeit festlegen oder aber eine Probe zur Sequenzierung schicken. Hier bin ich nach letzerem gegangen und habe 7 Wochen später ein Ergebnis erhalten. Nach Abgleich handelt es sich bei dem Fund um den Milden Glanztäubling Russula nitida. Hier mit Sporen, die ziemlich viele Verbindungen im Ornament haben (in mancher Literatur als isoliert beschrieben!) und an einem eher untypischen Standort.
Ich hoffe mein kleiner "Täublingskrimi" hat euch gefallen und nicht erschlagen.
LG Thiemo