Weiße Kruste - unbestimmt

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 726 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (19. März 2023 um 15:20) ist von Bemoeh.

  • Hallo Forum,

    Hallo Iulich und Bernd!

    Da scheinbar nicht nur mein Interesse an der schönen weißen Kruste vom Helfenberg (Bild 10) geweckt wurde, stelle ich mal zusammen, was ich bisher weiß.

    Es handelt sich um eine weiße, stark bereifte, discocarpe (?) Krustenflechte an einer stark besonnten Vertikalfläche einer Sandsteinmauer, knapp über Bodenniveau auf (!) einem Weinberg.

    Um 8 cm im Durchmesser.

    Algenpartner sind coccoide Grünalgen.

    Die Unterseite des abgelösten Thallus wirkt hell.

    Zuerst einige Bilder zur Flechte:

    Bild 1

    Bild 2 Randlappen deutlich ausgeprägt, ansonsten stark und tief gefeldert (areoliert)

    Bild 3 In jeder Areole sitzt mindestens eine Fruchtkörperbildung

    Bild 4 Hier steht die Flechte von Substrat hoch und ich habe einige Krümel entnommen

    Bild 5

    Bild 6 (Jüngere?) Apothecien sind in den Thallus eingesenkt bzw. überwallt

    Bild 7 Andere (ältere?) Apothecien sitzen auf dem Thallus auf

    Bisher habe ich nur einen Apothecienquerschnitt gemacht, ...

    Bild 8 Querschnitt durch Thallus und eingesenkten Fruchtkörper

    Bild 9 Ausschnitt vom gequetschen Hymenium, könnten Konidienträger sein (?)

    Die gefundenen Sporen sind sehr klein und erinnern an Konidien.

    Abmessung um 4,5 x 1,2 µm.

    Bild 10 Stelle mit ortsfesten Konidiosporen, offenbar noch auf buschigem Koniophor

    ...aber leider nichts Hilfreiches wie Schläuche oder Sporen im Quetschpräparat entdeckt.

    Die Konidien stören mich - eventuell liegt hier ein Befall der Fruchtschicht vor?! Oder gibt es so große Pycnidien?

    Sporen-Abmessung um 4,5 x 1,2 µm, für Ascosporen sehr klein!

    Der Thallus ist dick weiß bereift.

    Die Farbreaktionen auf der Thallusoberfläche sind K-, C- KC-, P-

    Hymenium weiß, K-, IKI- (Lugol); Epihymenium bräunlich.

    Die Kristalle der Bereifung scheinen nicht in KOH löslich.

    Was bleibt: Weitere Apothecienschnitte herstellen und weitersuchen nach Schläuchen und Ascosporen!

    Ohne Sporen bleibt das Unterfangen kaum lösbar.

    Auch ich würde, wie du Iulich, im Moment in Richtung Aspicilla / Circinaria denken, aber ob das stimmt ist offen, da ich im Gattungsschlüssel für diskokarpe Krusten (S.101) ohne Sporen nicht vorankomme.

    Da habe ich mir vielleicht etwas zu schwieriges ausgesucht!

    Falls jemand eine Idee hat - ich bin dankbar für Tipps!

    Ansonsten wende ich mich jetzt erstmal den Flechten aus Bad Dürrheim zu.

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    das aufzuschlüsseln ist nun schon ein schwieriger Bereich, da bin ich völlig raus soweit reicht mein Wissen und meine Möglichkeiten noch lange nicht.

    Aber es ist absolut spannend soviel zu erfahren.

    Habe mir in der Richtung Aspicilla / Circinaria einige Fotos angesehen, könnte in die Richtung gehen.

    Hoffentlich kommen noch ein paar Tipps.

    LG

    Bernd

  • Hallo KaMaMa,

    danke für die Schilderung deiner bisherigen Untersuchungen. Ich versuche gerade, einige Aussagen besser zu verstehen und habe folgende Fragen:

    Zitat

    Die Farbreaktionen auf der Thallusoberfläche sind K-, C- KC-, P-

    1) Bezieht sich diese Aussage auch auf das Mark, da Krustenflechten zumindest auf der Oberseite berindet sind?

    2) Entwickeln sich die Ascosporen erst im Laufe der Zeit, so dass diese nur in älteren Apothecien zu finden sind?

    3) Ist es üblich, dass neben den im Hymenium der Apothecien befindlichen Asci auch Konidien vorkommen?

    Danke für deine Mühen,

    Gruß, lulich

  • Hallo Iulich

    ad 1) Wenn es nicht anders verlangt wird und explizit die Farbreaktionen des Marks oder der Apothecienscheibe etc im Schlüssel abgegeben ist, teste ich die Oberfläche (Rinde) der Flechte mit dem Reagenz, kratze dabei manchmal die Oberfläche ein wenig auf. Normalerweise reicht es, die Flüssigkeit auf die Oberfläche zu geben, um die Farbreaktionen auszulösen. Die Reagenzien sind stark und lösen auch durch die Rinde hindurch eine Reaktion aus, falls nicht ohnehin die Reaktion in der Rinde oder der feinkristallinen Bereifung stattfindet; falls man gezielt das Mark prüfen soll, so wird das normalerweise im Schlüssel angegeben.

    ad 2) Tatsächlich entwickeln sich die Schläuche und die Sporen sukzessive in den Apothecien - die Schläuche werden also nicht alle gleichzeitig reif! Man kann reife Fruchtkörper, also FK mit reifen Schläuchen, finden und/oder Pech haben und (trotzdem) leer ausgehen, speziell bei einem Dünnschnitt. Quetscht man ein ganzes Apothecium flach, findet man eventuell mehr, aber alles ist durcheinander und man muss mehr Kraft aufwenden, mit dem Risiko, dass das Deckblättchen bricht.

    ad 3) Die Konidien bei Flechten werden in Pyknidien abseits der Apothecien gebildet.

    Mir fällt keine Flechte / kein Pilz ein, der zwischen den Schläuchen Konidien bildet. Aber ich bin kein Mykologe und auch kein Lichenologe. Das wissen andere sicher besser als ein Dilettant wie ich.

    LG, Martin

    Einmal editiert, zuletzt von KaMaMa (14. März 2023 um 17:11) aus folgendem Grund: Rechtschreibe & Ergänzungen

  • Hallo KaMaMa,

    vielen Dank für die ausführlichen Antworten.

    ad 1) mir ist klar, dass es ohne Kenntnis der Ascosporen nicht wirklich weitergeht.

    Die Farbe des Marks wird zur Unterscheidung erst dann interessant, wenn sich die Vermutung Aspicilia / Circinaria bestätigen sollte.

    ad 3) Könnte es sich bei den in Foto 9 gezeigten Strukturen vielleicht um Paraphysen handeln oder passen da die Abmessungen nicht?


    Ich möchte noch lernen, die mikroskopischen Schnitte besser zu verstehen, wie sie bei Italic 7.0 z.B. für Aspicilia cinerea

    index.php?procedure=ext_taxon_page_1&id=910

    oder für Circinaria caesiocinerea

    index.php?procedure=ext_taxon_page_1&id=1710

    gezeigt werden.

    Nochmals Danke und Gruß,

    lulich

  • Hallo Iulich,

    die Strukturen in Bild 9 gleichen tatsächlich denen in deinem ersten Link bzgl. Aspicilia cinerea - siehe untere Hälfte der verlinkten Seite, dort aber vermutlich mit Baumwollblau gefäbt.

    Könnte schon sein, aber ein Könntesein ist leider noch kein Nachweis.

    Die Kruste hatte ich vor genau 2 Jharen schon einmal besucht, noch mit meiner alten Kamera.

    Eine wirkliche große Veränderung (Große etc.) seitdem kann nicht festzustellen.

    Bild N1 Weiße Kruste vor exakt 2 Jahren (8.3.2021)

    Ich werde demnächst sicher nochmal d'ran arbeiten, aber im Moment sind mir die Flechten aus Bad Dürrheim wichtiger.

    Aber:

    Dort, wo früher noch dunkle FK saßen - ich unterstelle mal, sie gehören zur Flechte und sind nicht von einer aufsitzenden zweiten Flechte - sind heute selbige nicht mehr vorhanden.

    Neue derartige FK sind nicht dazugekommen.

    Ist die Felchte vielleicht am Absterben?

    Bild N2 Oberer Thallusbereich vor 2 a

    Bild N3 Oberer Thallusbereich - gleiche Stelle - heute

    LG, Martin

  • Hallo Iulich,

    die Strukturen in Bild 9 gleichen tatsächlich denen in deinem ersten Link bzgl. Aspicilia cinerea - siehe untere Hälfte der verlinkten Seite, dort aber vermutlich mit Baumwollblau gefäbt.

    Könnte schon sein, aber ein Könntesein ist leider noch kein Nachweis.

    Die Kruste hatte ich vor genau 2 Jharen schon einmal besucht, noch mit meiner alten Kamera.

    Eine wirkliche große Veränderung (Große etc.) seitdem kann nicht festzustellen.

    Bild N1 Weiße Kruste vor exakt 2 Jahren (8.3.2021)

    Ich werde demnächst sicher nochmal d'ran arbeiten, aber im Moment sind mir die Flechten aus Bad Dürrheim wichtiger.

    Aber:

    Dort, wo früher noch dunkle FK saßen - ich unterstelle mal, sie gehören zur Flechte und sind nicht von einer aufsitzenden zweiten Flechte - sind heute selbige nicht mehr vorhanden.

    Neue derartige FK sind nicht dazugekommen.

    Ist die Felchte vielleicht am Absterben?

    Bild N2 Oberer Thallusbereich vor 2 a

    Bild N3 Oberer Thallusbereich - gleiche Stelle - heute

    LG, Martin

  • Nachtrag:

    Den Bestimmungsversuch habe ich mitlerweile abgehakt und die Flechtenprobe entsorgt, da sie massiv von Hornmilben befallen ist.

    Praktisch alle Apothecien sind nur leere, tote Höhlungen, was man schon auf den Eingangsbildern an der Mauer erahnen kann.

    Das erklärt auch, wo die Apothecien in Bild N3 im Vergleich zu N2 abgeblieben sind: vermutlich aufgefressen!

    Kaum bildet die Flechte Apothecien, werden sie weggefressen...

    Ohne Sporen und Hymenium allerdings ist das Unterfangen (zumindest für mich) aussichtslos.

    Bild N4: Leere Apothecienränder

    Bild N5 Ausgefressen und zerfressen

    Bild N6 Wie man so guckt, kommt er schon vorbeigekrabbelt, der Flechtenmörder (ggl. ganz oben Bild 6)! Ihrer sind Legion

    Bild N7

    Trotz allem ist die Flechte - wie würde der Wiener sagen? - a schöne Leich'!

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    den Flechtenmörder hast du ja perfekt erwischt, klasse, denn die sind ja immer sehr flink und wenn man auslöst sind sie verschwunden.

    Habe an einer alten Kalksandsteinmauer ( wurde früher im Lipperland oft verbaut ) auch so eine weiße Krustenflechte entdeckt die ich mir mal genauer anschauen muss, bin gespannt was ich erreiche.

    LG

    Bernd