Flechten auf dem Michaelsberg

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 427 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (30. April 2023 um 08:21) ist von KaMaMa.

  • Hallo!

    Auf zwei Jahre alten Fotos fand ich Caloplacen mit seltsamer Wuchsform, die ich nicht zuordnen konnte.

    Aus diesem Grund habe ich diese Woche, da der Fundort quasi auf meiner Fahrtstrecke lag, dort nochmals eine Stopp eingelegt, um einige Proben zu nehmen.

    Die Flechten ware leicht wiederzufinden, denn:

    Oberhalb des Neckars liegt auf dem Michaelsberg ein kleiner Friedhof mit einer kleine Mauer.

    Bild 1 Friedhofsmauer mit kalk-affinen Krustenflechten

    Die Vertikalflächen der Mauersteine sind hier hauptsächlich von mehreren weißlichen Kucheflechten-Arten und gelb-orangenen Schönfleck-Arten bewachsen.

    Bild 2 Flechten-überzogener Mauerabschnitt

    Bild 3 Weiterer überkrusteter Mauerstein

    Bild 4 Rötlich gefärbter Mauerabschnitt - sicher einen weiteren Besuch wert

    Bild 5 Fast kugelige Flechtenthalli - seltsame Gebilde...

    Bild 6 Andere Stelle sich türmende, knallige Apothecien von zusammengewachsenen Flechtenlagern

    Die orangenen, kleinen Rosetten färben sich in KOH sofort purpurn, damit natürlich Caloplacen (im weiteren Sinne).

    Bei genauer Betrachtung lassen sich manchmal unter den Apothecienhaufen kleine Randlappen erkennen, die unmittelbar in Apothecien übergehen.

    Die Apothecien wirken hierdurch gestielt und ragen hoch auf, bedecken den Thallus fast völlig.

    Die Flechten sind kaum bereift, obwohl sie an der Mauer hier der prallen Sonne ausgesetzt sind.

    Die Sporen sind caloplaca-typisch zweizellig, aber mit einem nur sehr schmalen Septum.

    Die Eigenschaften passen gut zu Calogaya saxicola.

    Allerdings gibt es wohl optisch und mikroskopisch sehr ähnliche Arten, die nur schwer trennbar sind...

    Bild 7 Kuchenflechten und kleine Calogaya-Rosetten mit nur angedeuteten Randläppchen - offenbar Calogaya cf. saxicola

    Bild 8 Andere Stelle

    Bild 9 Gelb-sorediöse Flavoplaca spec. (cf. flavocitrina?) zusammen mit Calogaya saxicola

    Bild 10 Wildes Wuchern


    Auch an den freistehenden Bäumen finden sich hübsche Flechten:

    Bild 11 Kastanienborke mit Flechtenmosaik

    Bild 12 Am Nachbarbaum

    Bild 13 Die kleine, grünliche Blattflechte am Walnussbaum wirkt ungewöhnlich! Was ist das wohl?

    Auf der anderen Seite des Berges über den Weinbergen ist der Blick frei auf Gundelsheim und den Neckar

    Bild 14 Blick nach unten

    Kalte Fallböen aus tiefhängenden Regenwolken vertreiben mich...

    Bild 15 Dunkle Wolken ballen sich

    .. bis zum nächsten Besuch!

    LG, Martin


    Ach ja:

    Bild 16 Diese Gelbflechte lebt an spannender Stelle!

  • Hallo Martin,

    deine Krustenflechte Foto 13 auf Wallnussbaum könnte das eine Variante von Tephromela atra ( Schwarze Kuchenflechte ) sein? Kommt ihr sehr ähnlich und gibt es auch auf Rinde, aber wirst du sicher geprüft haben.

    LG

    Bernd

  • Hallo Bernd,

    die schwarzfrüchtige Krustenflechte mit dem grauen, rissigen Lager in Bild 13 geht wohl eher in Richtung Amandinea punctata (und Verwechslungspartner).

    Der Thallus ist sehr bröselig, weshalb an manchen Stellen des Thallus man glauben könnte, die Apothecien hätten einen Thallusrand.

    Tephromela atra hat tiefschwarze, glänzende, leconorine und unförmige Apothecien, die sehr dicht sitzen auf weißgrauem, dickem Thallus.

    Die Apothecien von T. atra haben einen häufig welligen Thallusrand.

    Wenn man diese Flechte einmal gesehen hat, ist sie fast unverwechselbar.

    Auf Rinde soll sie als Variation T. atra var. torulosa zwar vorkommen können, aber sehr selten sein - ich habe sie noch nie gefunden. Bisher immer auf Gestein!

    Tephromela atra auf Friedhofsmauer (Vertikalfläche, Ostausrichtung)

    Tephromela atra

  • Hallo,

    weil Bernd auf Bild 13 Bezug nahm, ist mir die grüne Blattflechte wieder aufgefallen.

    Bei ihr sollte es sich vermutlich um Phyciella chloantha handeln:

    Eine physcienartige, rosettig wachsende Flechte mit Soralen an den Lappenrändern, aber ohne Cilien, die ich hier im Neckarbecken gar nicht so selten, wenn auch immer steril, finde.

    Wenn sie zwischen den häufig auftretenden Physcien am Baumstamm wächst, übersieht man sie ganz leicht!

    LG, Martin