Schwierige Flechte auf alter Kastanie.

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 692 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (4. Mai 2023 um 19:36) ist von KaMaMa.

  • Hallo ans Forum,

    Hallo KaMaMa.

    Hallo Martin,

    eine für mich schwierig zu bestimmende Flechte auf alter sehr großborkiger Kastanie vor Bauerngehöft. Habe viele Tests durchgeführt.

    Oberseite warzig graugrün bläulich olivgrün, feucht grün mit sehr vielen schwarzen Pyknidien. Unterseite im Zentrum schwärzlich mit Rhizinen zum Rand bräunlich ohne Rhizinen.

    Flechte im Zentrum sehr knubbelig.

    Farbtest: C-, Rinde K+ Gelb bis Braun, Mark K+ Gelb sofort Rot, P+ dunkel Gelb bis zu leicht Orange ( mehrere Tests immer gleiches Ergebnis ) Fotos.

    Meine Vermutung: Ev. Pleurosticta acetabulum - Essigflechte.:hmmm:

    Martin, was sagst du zu der Flechte??:shy: Bin gespannt!

    Hoffentlich klappt das Hochladen.

    LG

    Bernd

    0 alte Kastanie

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  • Hallo Bernd,

    na, dein Wanderurlaub hat sich scheinbar gelohnt!

    Pleurosticta acetabulum ist eine sehr schöne Blattflechte, die schon gut makroskopisch anzusprechen ist.

    Die Flechte, die du zeigst, halte ich - wie du ja auch - sehr sicher für ein, wenn auch steriles, Exemplar der Essignapfflechte. :thumbup:

    Die olivegrüne, ins Graubläuliche spielende Farbe mit den schwarzen Pünktchen in der Oberrinde (übrigens Pyknidien), der runzelige Thallus und die riesigen, verdellten Apothecien sind typisch für diese Flechtenart.

    Ich glaube, es ist schwer, sie mit anderen Flechten zu verwechseln.

    Die Essignapfflechte selbst und die Apothecien darauf können beträchtliche Größe entwickeln!

    Pleurosticta acetabulum

    P. acetabulum (neugierig belinst)

    Gleiche Flechte nochmal nach Regen


    In einen Bildern 1b und 1d sind zusätzlich Lappen von der sehr hübschen, typisch weißgrauen Lindenschüsselflechte, Parmelina tiliacea, zu erkennen.

    Das weißt du natürlich.

    Diese Flechten sind oft schon von Weitem aufgrund ihrer Farbe an den Bäumen erkennbar.

    Auch eine sehr schöne Blattflechte!

    Gruppe von Parmelina tiliacea auf einem Ahornast

    Es gibt zwar noch andere Parmelinen (P. pastillifera, quercina), die sind allerdings hier bei mir kaum zu finden.

    Die Apothecien sind in dieser Gattung hübsch hellbraun, bei P. tiliacea aber leider selten anzutreffen.

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    super das meine Bestimmung bestätigst!! Die Pleurosticta acetabulum mit Apothecien ( Deine Fotos ) habe ich bisher noch nicht gefunden, sehen ja klasse aus.

    Die Lindenschüsselflechte, Parmelina tiliacea, habe ich auch erkannt und untersucht, eine leuchtend weiße Flechte mit den vielen Isidien, die zwischen der Essignapfflechte gut zu sehen war.

    Meine Fotos werden mit gesendet.

    War heute in einer Mergelkuhle und habe an der Mergelwand eine weiße, vermutlich Krustenflechte entdeckt, bin gespannt welche Art.

    LG

    Bernd

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  • Hallo Martin,

    sende nun mal die Flechte von den Wänden der Mergelkuhle, ein Gemisch aus Mergel und Erde. Habe einige Untersuchungen gemacht, die haben aber zu keinem Ergebnis geführt. Die Flechte hat eine poröse Struktur mit eigenartiger Randzone und zerbröselt sofort beim Versuch eine Probe zu nehmen.

    Die Oberseite ist hell Grau/weiß unter der Lupe flockig, die Unterseite weiß wattig in Mergel, kann sonst nichts erkennen bis auf ein paar Auswüchse

    ev. Fasern vom Moos ;).

    Der Farbtest war P+ Gelb und K+ Gelb, C-.

    Habe dann mal bei P. clementei und Lepraria-Art geschaut, aber gefällt mir alles nicht so recht.

    Kommt wohl zu den ungeklärten FällenX/. Oder hast du eventuell eine vorsichtige Vermutung??

    LG

    Bernd

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  • Hallo Bernd!

    Na, das sieht mir schon nach einer Lepraria-Flechte aus!

    Physcia clementei sollte zumindest am Rand berindet sein, da sie nur mittig isidiös ist und zu (flächigen) Soralen aufbrechen kann; aber immer mit richtigen physcia-artigen Lappen, Rhizinien etc.

    Eine Physcia würde ich hier keinesfalls vermuten!

    P. clementei kenne ich aber nicht aus eigener Anschauung, habe ich noch nie gefunden.

    Lepraria gibt es ja auch dick, rosettig-rund, mit abruptem, lappigem Rand und Radialfalten, wie hier bei deinem Fund.

    Wenn sie sich auch noch mittig vom Substrat löst und mittig ein-/abfällt, kraterartige Löcher hinterlassend, könnte das eventuell Lepraria nivalis sein.

    So etwas habe ich auch schon gefunden, aber keine Proben mitgenommen und auch keine Tüpfeltest gemacht.

    Am ehesten hätte ich bei dem Fund, der äußerlich dem deinem sehr gleicht, an Lepraria nivalis gedacht.

    Bild 1 Lepraria cf. nivalis

    Bild 2 Lepraria cf. nivalis

    Bild 3 Fundstelle: schattig-sickerfeuchte, zerklüftete Kalksteinwand

    Eigentlich müsste für L. nivalis K+ gelb, P+ rot, UV- resultieren.

    K+ gelb, P+ gelb sollte für habituell ähnliche Lecanora rouxii stimmen (aber UV+ violett) - kenne ich aber nicht...

    Wenn du dir mit dem Substrat Mergel (Ton, Schluff + Kalk) sicher bist, käme zu den beiden genannten Kandidaten noch ganz eventuell Lepraria finkii hinzu.

    Ansonsten gibt es noch eine Handvoll anderer Leprarien, die abrupte Ränder, radiale Falten und rosettig gelappt sein können, aber saures Gestein bevorzugen.

    Aber, was weiß ich schon, ich schlage nur im Buch nach! :wink:

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    gut das ich die Flechte noch hatte, jetzt habe ich wieder viel Neues erfahren, einen UV Test habe ich schnell noch gemacht, der war UV+ violett würde ich erkennen. ( Fotos )

    Da ich über deine genannten Flechten nichts hatte habe ich gesucht und unter ITALIC 7.0 - the information system on Italian lichens eine Beschreibung von Lecanora rouxii gefunden. Auch mein Fundort ist typisch für Lecanora rouxii, nehme ich das mal als Vermutung so an.

    Was sagst du, kann ich das unter Vorbehalt so übernehmen?:blush:

    Für L. nivalis würden meine Tests nicht passen, schließe ich mal aus.

    Lecanora rouxii S. Ekman & Tønsberg

    Weiter geht's zur Flechten-Warteschleife.

    LG

    Bernd