Flechte ??? auf weißem Kalkstein

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 488 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (12. Mai 2023 um 09:53) ist von lulich.

  • Hallo Forum,

    auf einem Trockenrasen mit Orchideen habe ich kürzlich auf dem Boden einen handgroßen weißen Kalkstein mit feinen schwarzen Strukturen gefunden. Zunächst dachte ich an Apothecien einer endolithischen Flechte. Nach dem erfolglosen Studium der umfangreichen Literatur sowie dem Betrachten von allerlei Lichen-Webseiten bin ich aber unsicher, ob es sich überhaupt um eine Flechte oder vielleicht doch um etwas ganz anderes handelt? Die Breite des unteren Ausschnittfotos entspricht 1cm.

    Wer hat einen Tipp oder kann sogar bei der Bestimmung helfen ...

    Vielen Dank, lulich

  • Hallo Iulich,

    also eine Flechte vermute ich hier nicht, sondern etwas anorganisches.

    Vielleicht ein ausgefallenes schwerlösliches Salz, oder eingebettete, dunkle Kristalle.

    Vielleicht weiß jemand mehr dazu...

    Ich bin gespannt!

    LG Martin

  • Hallo Iulich,

    ich bin's nochmal.

    Ich habe das oben geschrieben, da ich davon ausgehe, du bist in Besitz einer kleinen Lupe und hast die Chose vor Ort schon genauer angeschaut, aber keine Apothecien oder andere Fruchkörperbildungen erkannt.

    Falls du das nicht hast, kommen schon auch Flechten, Bakterien oder sonst was in Betracht. Da hilft aber nur eine Lupe, besser das Mikroskop weiter. Diese Fotos sagen da leider zu wenig aus, fürchte ich.

    LG, Martin

  • Hallo KaMaMa,

    vielen Dank für deine Antworten.

    Nachdem ich im Internet nur Verrucaria attica gefunden hatte, die zwar eine gewisse Ähnlichkeit aufweist, hier aber nicht vorkommt, bin ich vor ein paar Tagen nochmals zum Fundort und habe ein kleines Bruchstück mitgenommen.

    Unter dem Bino reflektierten die schwarzen Strukturen, die nicht im Stein, sondern nur oberflächlich vorhanden sind, das Licht je nach Einfallswinkel, wie ich es von Graphitlagen einer Bleistiftmine her kenne.

    Eine Fruchtkörperbildung habe ich bisher nicht feststellen können. Da ich aber keine Ahnung habe von Fruchtkörpern endolithischer Flechten, bedeutet das auch nicht viel. Trotzdem haben sich meine Zweifel durch die Bino-Beobachtungen vergrößert und das war auch der Grund meiner Anfrage hier im Forum.

    Gruß, lulich

  • Hallo Iulich,

    die endolithischen Flechten leben mit dem Thallus zwar in den obersten, lichtdurchfluteten Schichten des Gesteins, müssen aber zur Vermehrung irgendwie an die Oberfläche treten.

    Immer verrät sich die Flechte durch auffällige, meist runde Fruchtkörper, auch wenn der Thallus selbst nicht sichtbar ist, weil im Substrat befindlich oder sehr dünn auf dem Substrat aufliegend.

    Zudem verraten sich die Flechten durch ihre Algen, die durch Kratzen an der Oberfläche als grünlicher oder ggf. oranger Strich sichtbar werden (Das gilt natürlich auch für im Substrat lebende corticole Flechten.)

    Die Kratzprobe z.B. mit einem Messer hilft die Algen freizulegen!

    Ein paar Beispiele, die mir einfallen:

    Häufig finde ich auf Kalkstein Bagliettoa cf. calciseda mit schwarzen, eingesenkten Perithecien, die hast du doch sicher schon irgendwo gesehen:.

    Häufig grenzen sich die einzelnen Lager durch kräftig schwarze Vorthalli voneinander ab.

    Bild 1 Mehrere Flechtenlager von Bagliettoa cf. calciseda mit schwarzem Vorthallus

    Bild 2 Perithecien von Bagliettoa cf. calciseda, eingesenkt in Kalkstein

    Auf Silikatgestein, aber auch auf Kalkstein gibt es Sarcogyne-Arten, mit ganz klassischen Apothecien, die auf dem Stein aufsitzen:

    Bild 3 Sarcogyne regularis in/auf kalkhaltigem Sandstein

    Bild 4 Apothecien von Sarcogyne regularis (trocken)

    Bild 5 Apothecien von Sarcogyne privigna auf (kalkfreiem) Kieselstein

    Bild 6 Nasse Apothecien von Sarcogyne privigna auf Kieselstein (s.o.), Kratzer grün durch Algenzellen im Substrat

    Und neulich entdeckt: Caeruleum heppii mit gallertigen Apothecien, die wie bräunliche Minivulkane aussehen:

    Bild 7 Caeruleum heppii unterhalb der Bildmitte in/auf Sandstein

    Bild 8 Apothecien von Caeruleum heppi

    LG, Martin

  • Hallo KaMaMa,

    vielen Dank für die Beispiele von Fruchtkörpern endolithischer Flechten, die ich alle bisher noch nicht gefunden habe.

    Allerdings bezog sich meine leider unpräzise Aussage, dass ich "keine Ahnung habe von Fruchtkörpern endolithischer Flechten" nur auf solche, deren Fruchtkörper nicht annähernd zirkular, sondern länglich oder unregelmäßig fleckförmig sind (WHS2013, Hauptschlüssel VI, S.97).

    Hier noch ein paar Beispiele von Flechten mit 'normalen' Apothecien/Perithecien an Steinen auf besagtem Trockenrasen:

    Bei den Fotos 1 und 2 sitzen die Perithecien meiner Meinung nach nicht tief genug im Stein, so dass ich sie nicht bei Bagliettoa einordnen möchte.

    Foto 1

    Foto 2

    Bei den Fotos 3 und 4 habe ich an Lecidella carpathica gedacht?

    Foto 5 könnte Verrucaria nigrescens sein. Einige Perithecien kann man erahnen.

    Nochmals vielen Dank für die fundierten Hinweise und hilfreichen Kommentare.

    Gruß, lulich