Marine Flechten

Es gibt 1 Antwort in diesem Thema, welches 390 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (11. Juni 2023 um 19:12) ist von Bemoeh.

  • Hallo Flechtenfreude,

    Hallo Bernd Bemoeh

    ich bin wieder zurück aus der Bretagne und habe die Fotos schon grob sortiert.

    Die Flechtenproben werden mich noch monatelang beschäftigen, uiui...

    Ein Hauptaugenmerk lag auf den marinen Flechten - das ist etwas ganz anderes als ich Landratte kenne.

    Die marinen Flechten übrigens haben einen eignen, bretonischen (!) Internetauftritt "Lichens marins", den es lohnt, zu besuchen.

    Auf dem folgenden Foto mit Küstenfelsen sind unterschiedlich gefärbte Oberflächenbereiche zu erkennen, die sich in der Intensität des Kontaktes mit Meerwasser und damit in den dort vorkommenden Flechtenarten unterscheiden.

    Bild 1 Blick auf durch Flechten gefärbte Küstenfelsen.

    In der Färbung der Felsen fällt eine Zonierung auf:

    Mit geringer werdendem Meerwasserkontakt von grau (Collemopsidium auf Schalen) über schwarz (Lichina, Hydropunctaria, Verrucaria), orange (Caloplaca), gelb (Xanthoria), über grün (Ramalina) nach weiß (Tephromela, Ochrolechia, Lecanora u.a.)

    Die schwarze Zone ist regelmäßig bei Flut unter Wasser, der orangene Bereich wird bei kräftiger Brandung gelegentlich bespritzt, der weiße Bereich ist nur der feuchten, salzhaltigen Seeluft ausgesetzt.

    Zuunterst, in der sublitoralen, grauen Zone, lassen sich endolithische Flechten in den Schalen von Seepocken, Napfschnecken und anderen Küstenbewhnern entdecken.

    Ich habe sie tatsächlich entdeckt, allerdings erst nachträglich auf Fotos. Das war mir zu nass, bei Ebbe mit der Lupe vor der Nase im Spühlsaum zu suchen.

    Bild 2 Im vergrößerten Bild (anklicken!) sind die Löchlein mit den Perithecien der kalkbewohnenden Flechte Collemopsidium foveolatum in den Seepockengehäusen zu erkennen

    Etwas weiter oben, bereits in der "Schwarzen Zone" kommen zuunterst, noch auf den Seepocken algenartig wirkende Flechten vor:

    Bild 3 Lichina pygmea (schwarz) über den Seepocken aufsitzend

    Bild 4 Hydropunctaria (Verrucaria) maura in der eulitoralen Zone (regelmäßig überspült)

    Bild 5 Flechten des orange-gelben Übergangsbereiches der supralitoralen Zone, die von der Brandung bespritzt werden

    Noch weiter oben, bestenfalls von Tröpfchen umweht, die Grüne Zone mit Ramalinen:

    Bild 6 Ramalina siliquosa auf Küstenfelsen


    Bild 7 Schlanke Ramalina cuspidata, im Übergangsbereich zwischen grüner und weißer Zone


    Bild 8 Flechtenmosaik auf Küstenfels

    Bild 9 Ramalina siliquosa und Krustenflechten zuoberst auf Küstenfelsen


    Etwas vom Meer entfernt, werden die Felsen bunter.

    Aber auch hier fallen unterschiedlich gefärbte Bereiche auf den Felsen auf.

    Die schattige Nordseiten werden (oben) von grünen Ramalina-Strauchflechten und (unten) von violetten Roccella-Strauchflechten - bewohnt, die sonnige Südseite eher von diversen Krustenflechten

    Bild 10 Blick auf Nordseite von Granitblöcken mit grünen Ramalien in 2 - 4 Meter Höhe

    Bild 11 Westseite mit buntem Flechtenmosaik

    Bild 12 Ostseite u.a. mit brauner Anaptychia runcinata

    Bild 13 An Überhängen und Vertikalwänden (auch an Gebäuden) lassen sich im Schatten Roccella-Flechten entdecken.

    Aus Flechten dieser Gattung wird Lackmus und früher der begehrte Farbstoff Orseille zum Färben von Textilien gewonnen!

    Bild 14 Zur Weißen Zone gehörig und häufig anzutreffen ist Ochrolechia parella mit wulstigen Apothecienrändern; hier mit einer tiefroten Caloplaca (cf. fuscoatroides)

    Bild 15 Felsnische

    Bild 16 Auch Blattflechten wie Parmelia saxatilis, Flavoparmelia soredians und Hypotrachyna sind oft anzutreffen


    Bild 17 Flechtenüberwachsener Stein in Trockenmauer eines Gartens

    Bild 18 Tiefrot fruchtende Caloplaca spec. auf Hafenmauer


    Auch die Bäume sind mit Epiphyten bewachsen:

    Bild 19 Physcia leptalea hat lange Zilien, häufig Apothecien, aber keine Sorale

    Bild 20 Sehr häufig sind Ramalinen in den Bäumen zu finden. Hier vermutlich Ramalina lacera (Zerschlizte Astflechte)

    Bild 21


    Bild 22 Teloschistes chrysophthalmus, die Goldaugenflechte - hier ein kleineres Exemplar, da es noch gut in den Tiefenschärfeberich meiner Kamera passt, das aber bereits schöne golden Wimpern um die Apothecien herum besitzt. Die Flechte war auch in Süddeutschland heimisch, ist aber seit der Industriellen Revolution bei uns ausgestorben.

    Noch ein Hinkelstein zum Abschluss, das muss einfach sein:

    Bild 23 Menhir de Lanvar

    Ein wirklich schöner Urlaub war dies.

    Ich hoffe, ihr konntet durch meinen Bericht etwas an meiner Freude teilhaben.

    LG, Martin


    So, jetzt hoffe ich, dass die Fotos nicht verschwunden sind...

    Edit: Natürlich waren sie weg!

    Neu hochgeladen und erneut eingebunden.

    Vielleicht jetzt?

    Einmal editiert, zuletzt von KaMaMa (10. Juni 2023 um 20:41)

  • Hallo Martin,

    das ist ja schon eine vielfältige Flechtengalerie die du uns da zeigst, eine Freude die genauer anzusehen.:claps:

    Toll auch dein Tipp zu Lichens marins über die bretonischen Flechten, da hast du ja beste Vergleichsmöglichkeiten, passt zu deinen Funden.

    LG

    Bernd