Krustenflechte auf historischen Grenzstein.

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 306 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (18. Dezember 2024 um 19:09) ist von Bemoeh.

  • Hallo ans Forum,

    KaMaMa

    Hallo Martin,

    mit dieser interessanten Krustenflechte habe ich mich nun Tage/Stunden und mehreren Testversuchen beschäftigt. Sehr schwierig, habe viele Infos (8.0) angeschaut + vieles probiert, Dünnschnitt, Querschnitt, Farbtest, Lupe, Mikro, werde meine Erkenntnisse mal versuchen aufzuschreiben:

    Fundort: Sauerland Usseln, Wegesrand am Upplandsteig, historischer Grenzstein (550m). Großflächige graue Rosette mit areolaten Mittelteil voller winziger Apothecien eingesenkt in einem lagerfarbigen Rand, Scheibe schwarz/braun. Rosette mit deutlichen Randlappen weiß/grau, flach anliegend teils geteilt. Vermutlich Pyknidien auf Lappenrand. Bei einem waagerechten Schnitt der Areolen weiße Medulla (Foto), auffällig in allen Areolen rote Stippen zu finden(!? Foto). Farbtest (Fotos): Lager/Areolen P+ gelb zu orange, Medulla K+ gelb zu orange.

    Unterm Mikro waren bürstige und würfelige Gebilde (Fotos) zu sehen, kann ich nicht einordnen!?

    Trotz aller Schwierigkeiten meine Vermutung Labothallia radiosa??:hmmm: Martin, was sagst du zur Flechte, war ich zu mutig? Ich habe reichlich Fotos meiner Tests gespeichert.

    LG Bernd

    Fotos vom Mikro kommen später, sind zu viel!!

    1a-Historischer Grenzstein

    1b

    2

    3

    4

    5

    6-ev.Pyknidien auf Lappenrand

    7a-Areolen mit Apothecien

    7b-Flechtenunterseite

    8a-Areolen mit Apothecien

    8b

    9a-winzige Apothecien

    9b

    10a

    10b

    11-Lager P+ gelb zu orangerot

    12a

    12b-Medulla K+ gelb zu orangerot

    12c-Medulla K+ gelb zu orangerot

    13a-Querschnitt Lager

    13b-Querschnitt Apothecien

    14-Rote Stippen im gesamten Lager

  • Hallo Bernd,

    die Flechte sieht wirlich interessant aus!

    Essentiell beim Bestimmen von Krustenflechten - derer gibt es bekanntlich nicht wenige - sind neben den Farbreaktionen die Sporen! Leider fehlen die Angaben hierzu. Das Substrat (kalk, kalkhaltig, kalkfrei) zu kennen hilft anschließend auch weiter. Ohne Sporen kommt man im Bestimmungsschlüssel nicht voran! Offenbar liegt das Upland im Sauerland und: "Der Boden des Uplandes wird durchzogen von oberdevonischem Mergel, Tonschiefer und Kalksandstein." (Wikipedia). Das klingt für mich nach kalkhaltigen Substraten. Andererseits finde ich auch einen "Lavabrocken-Labyrinth" erwähnt (silikatisch/sauer).

    Lobothallia radiosa ist das meiner Meinung nach sicher nicht, die sieht schon anders aus. Eine graue Kruste mit Randlappen, und großen, dunklen, weit geöffneten Apothecien, die Scheibe schwärzlich braun bis schwärzlich olivgrün gefärbt.

    Bei deinem Fund muss ich spontan an Pertusaria-Arten denken. Diese Flechten haben häufig dicke, warzige Thalli und verengt geöffnete Apothecien, aber keine Randloben. Aber was das wirklich ist, dazu müsste man die Gattung wissen, hierfür werden normalerweise die Sporen benötigt.

    Die Randloben schränken die Auswahl erheblich ein. Ihretwegen lande ich ohne weiteres Vorwissen erstmal bei Lecanora. Die C-Reaktion (Thallus und Ap.scheibe) wird abgefragt. Allerdings schließt, wenn ich das richtig interpretiere, P+ aus.

    Deine Probe ist doch recht umfangreich - hast du keine Asci und Ascosporen entdeckt? Sind sie einzellig, mehrzellig, gemauert (hier wohl nicht der Fall) zu wie vielen im Ascus, gefärbt, farblos, wie groß? Sind die Strukturen in den Thalluswarzen Pyknidien? Auch bei sterilen Flechten ist die C-Reaktion des Thallus für die Bestimmung wichtig!

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    es sind noch Proben vorhanden, ich werde nochmal einen Versuch starten um die Asci und Sporen zu finden, hat bisher bei keinem Versuch geklappt. Ja, die P Reaktion auf dem Lager war P+ gelb dann zu orangerot und Medulla K+ gelb zu orange, die C reaktion auf Lager und Apoth. sehe ich als C- negativ?:hmmm: Fotos sende ich mit. Foto A,B,C Lager C-negativ, Foto D1+2 C- auf Apoth.??

    Pertusaria-Arten habe ich ausgeschlossen, sollen doch nur auf Bäumen vorkommen, oder? Obwohl die meiner Flechte sehr ähnlich sind. Dann fand ich ein sehr ähnliches Foto bei Italic 8.0 und die Farbtests passten,bin dann in die Richtung gegangen.

    Auf einen neuen Versuch nach Asci + Sporen

    Gruß Bernd

    A- ohne Chemie

    B- C- negativ?

    D- C- negativ?

    D1- Apothecie ohne Chemie

    D2- Apothecie C- negativ

  • Hallo Bernd,.

    Sind das wirklich Apothecien? Oder nicht doch Pyknidien? Die Pyknosporenmaße können auch bei der Bestimmung helfen.

    Wenn das Quetschen nicht gut funktioniert, kannst du verdünnte KOH zusetzen (3%). Zur Not gehen auch 20%, man verdünnt ja mit Wasser. Oder du kannst mit einer Präpariernadel den weichen Inhalt herauskratzen und unter das Mikroskop bringen.

    Pertusaria kommt durchaus auf Stein vor, z.B. P./Lepra corallina, L. amara, ... Aber Pertusaria gibt es meines Wissens nicht mit Randloben, Pertusaria scheidet wohl damit aus.

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    ich bekenne mich schuldig, habe bei der Flechte geschludert und einige Teste nicht gemacht. Meine erste Vermutung, wie du schon sagtest, passt nicht. Ich würde auch sagen der ganze Thallus besteht aus Isidien/Pyknidien? Isidien Ø ca. 0,5-1,5 mm (Foto). Nun die neuen Tests (Fotos): Cortex K+ sofort kräftig rot, KC wie K keine Veränderung, P+ gelborange, C- negativ. Thallusdicke ca. 0,5-3mm (Fotos). Äußerer Lappenrand ev. mit feinem dunklen Rand (stark vergrößert). Habe dann deine Vermutung, Lepra corallina usw., angeschaut und bin dann noch bei Wirth + 8.0 auf Pertusaria pseudocorallina gekommen. Was sagst zu der Möglichkeit, würde auch gut zu meinen Tests passen? Leider konnte ich unterm Mikro nichts Entscheidendes erkennen. Was habe ich gesehen: mit 100er Okular Oel, Unmengen Bürsten/Igelartige- Gebilde (bisher nie gesehen) aus denen hunderte winzige Zellen frei gespült wurden und durchs Bild schwammen (Messen nicht möglich habe es versucht), keine Ahnung was das sein könnte! Ev. Schläuche die Sporen freisetzen?:hmmm:

    Martin, ich bin mit meinen Möglichkeiten am Ende, wo könnte man nun die Flechte einordnen ich kann es nicht, ev. doch Pertusaria pseudocorallina , hast du noch eine Idee?

    Nun genug geschrieben hoffentlich nicht ganz verfehlt.

    LG Bernd

    0

    1a Cortex K+ sofort kräftig rot

    1b Cortex KC wie K+rot keine Änderung

    2 Cortex P+ gelborange

    3 Cortex C- negativ

    4

    5

    6

    7 Handy/Mikro 400fach

    8 Mikro 400fach Bürsten/Igelartig

    9 Mikro 400fach Bürsten/Igelartig

    10 Mikro Oel Bürsten/Igelartig

    11Mikro Oel Bürsten/Igelartig

    12 Mikro Oel ?????

    13 Mikro Oel ?????

    14 Mikro Oel ?????

    15 von Blase umschlossen

  • Hallo Bernd,

    da hast du mich etwas missverstanden. Ich vermute nicht Pertusaria, ich erwähnte nur eine gewisse Ähnlichkeit, schloss die Gattung aber wegen der Randloben aus. Später erklärte ich, dass Pertusaria entgegen deiner Meinung auch auch Gestein vorkommt, wollte damit aber keinesfalls sagen, dass hier Pertusaria vorliegt Das glaube ich nicht. Auch P. pseudocorallina hat doch keine Randloben.

    Du hast sicher Pyknidien gefunden und aus ihnen hunderte Pyknosporen gequetscht. Diese asexuellen Vermehrungseinheiten sind immer sehr klein und es sind derer immer sehr viele. Das Gel im Querschnitt ist der Inhalt der Pyknidien. Da du keine Ascosporen findest, könnte eventuell eine sterile Flechte vorliegen. Oder du hast die Fruchtkörper nur noch nicht gefunden.

    Ich finde in den Flechtenschlüsseln nichts Passendes zu den Daten, sorry.

    Vielleicht handelt es sich um eine parasitierende Flechte oder einen lichenicolen Pilz mit Pyknidien über (!) einer flachen Kruste mit Randloben? Gibt es so etwas überhaupt? Das Bild 13 sieht so aus, als ob es mehrere Etagen gäbe. Auf einem der Fotos meine ich zu sehen, dass die warzigen Strukturen über die Randloben hinaus reichen. Andere Bereiche wirken eigentümlich flach, dann kommen abrupt diese hohe Warzen. Vielleicht, vielleicht, womöglich, dass etwas über einer Lobothallia radiosa o.ä. wächst???

    Da müssen wir weiter nachdenken. Interessant allemal!

    LG, Martin

  • ... die Konidien-Abmessungen (Pyknosporen) kannst du zu zumindest im Vorbeischwimmen schätzen; oder die Wassermenge reduzieren, dann schwimmen sie nicht mehr so herum - oder besser noch warten, bis sie fast eingetrocknet sind. Denn wenn du das Wasser absaugst, saugst du die meisten Konidien mit ab - dann sind sie weg. Die Messwerte im (fast) trockenen Zustand sind dann allemal besser als gar keine!

    Martin

    PS: Einer der besten Schlüssel für die lichenicolen Pilze ist von Hawksworth. Vielleicht findest du dort etwas passendes. (Achtung: Key 1 kommt hinter Key 2, warum auch immer).

    Heb die Probe auf jeden Fall auf, bestimmt kommst du darauf zurück, wenn du noch versierter geworden bist.

  • Hallo Martin,

    erstmal danke für dein Erklärungen, so habe ich erstmals das Gel der Pyknidien im Querschnitt erkannt und die freigequetschten Pyknosporen schwimmen sehen. Ansonsten gehe ich mitlerweile nach so vielen getesteten Proben von einer sterilen Flechte aus. Es gibt noch genügend restliche Proben dieser Flechte, werde ich für später sicherstellen. Diese Flechte muß erstmal aus meinen Kopf.:evil: um Platz für andere Arten zu machen.

    Ich kämpfe aber immer noch mit Lobothallia radiosa ;).

    LG Bernd