Radioaktive Belastung von Waldprodukten

Es gibt 62 Antworten in diesem Thema, welches 41.078 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (3. Dezember 2016 um 17:14) ist von heisystec.

  • Bei der Glucke messe ich weder erhöhte Beta-Aktivität, noch über der Nullrate Gamma-strahlung.
    Die Glucke lebt vom Holz.
    Daher denke ich, dass ich nichts verkehrtes sage, wenn ich der Meinung bin, auch nach meinen Messungen, dass die Glucke eher unbedenklich hinsichtlich Tschernobyl-Rückständen ist.

    Joern

  • ... weiter rein nach Österreich aber noch düsterer...
    oder sollte man positiv formulieren: "ganz schön strahlend"?

    Österreich hat gleich nach der Ukraine seinerzeit die höchste Flächenkontamination mit 137Cs erlitten.

    Joern

  • ich hab jetzt grad gesehen, dass es eine "neue" - von der Usability supernervige Karte gibt - und ja - Österreich hat viel abgekriegt. Ist so. Ein Detail am Rande. Bio-Milch eines bestimmten Konzerns wird mit den Hohen Tauern beworben, ein Gebiet, welches am meisten abbekommen hat. Prost, Mahlzeit.

    Aber ich diesen offiziellen Karten, die sich noch dazu ständig iwie verändern, sowieso immer weniger.

    Weniger bekannt: Korsika hat es damals voll erwischt. Überhaupt ist "die Wolke" ja komischerweise zuerst in Frankreich angekommen :wink:

    lgK

    langsam fange ich an wie ein Pilz zu denken...

  • So, liebe Pilzfreunde und -freundinnen,

    ich habe meine 6 kg Maronen aus dem Tchernobyl-Hotspot bei Rathenow schonend getrocknet bekommen, dabei ließen sie 93% ihres Gewichtes. Die Messung mit dem Gammaspektrometer-Dosimeter ergibt eine spezifische Aktivität von 475 Bq / kg. (Bezugsgröße: Kaliumiodid-Standard)

    Das ist noch unter dem EU-Grenzwert für Cs-Aktivität von 600 Bq/kg, aber bereits weit über der Empfehlung unabhängiger Experten (laut Umweltinstitut München max 50 Bq / kg für Lebensmittel). Meine Messung an den getrockneten Pilzen (68 g trocken = 1050 g Frischpilz) lässt sich jetzt sehr gut mit den Ergebnissen des Umweltinstituts München vergleichen, die für Maronen aus dem Arber-Gebiet 900 Bq/kg in 2015 gemessen haben, also rund doppelt so viel.
    Das Arber-Gebiet erhielt rund doppelt so viel Fallout (um 80 kBq/m²) wie der Hotspot bei Rathenow (um 40 kBq/m²).

    Details zur Messung finden sich hier:
    http://forum.gammacounters.com/viewtopic.php?f=12&t=27

    Damit ist also die viel weiter oben von mir letzten Herbst getroffene Aussage, die Rathenow-Maronen seien in viel höherem Ausmaß verstrahlt, revidiert. Dadurch, dass ich jetzt die Probe nicht verascht sondern nur getrocknet habe, in einer guten Abschirmung messe und einen dosimetrischen Standard mit sehr genau definierter Aktivität im gleichen Volumen verwende, entfällt die fehlerträchtige Geometrieabschätzung und Abschätzung des Veraschungsverlustes. Diese führten letzten Herbst zu einem fehlerhaften Ergebniss.
    Andererseits habe ich jetzt genug homogenisiertes Material, um es auch dem Umweltinstitut München zu einer Messung zuzusenden.

    Einmal editiert, zuletzt von heisystec (18. Oktober 2016 um 13:03)

  • Das Münchner Institut scheint überhaupt in Ordnung zu sein. Ich trau den Östereichern nicht so ganz. Das ist bei schon ein pauschales Vorurteil. Erfahrungswerte :( .
    Jedenfalls tolle Ergebnisse von dir. :agree: lgK

    langsam fange ich an wie ein Pilz zu denken...

  • jo, danke für die Blumen.
    Ich bin auch selber begeistert, dass das so funktioniert. :shy:

    Und vor allem:
    Wenn man das mit den Messungen vom Umweltinstitut vergleicht, beispielsweise aus dem Jahr 2014, und dann solche Orte wählt, die (deren umliegende Wälder) gemäß der BfS-Radiocäsiumkarte ähnliche Kontaminationen erlitten wie der Hotspot bei Rathenow, findet man sehr ähnliche Werte, die liegen alle bei 400 bis 500 Bq/kg. (Landau, Windorf, Haimhausen, Vilgertshofen, Dietmannsried...)
    Das bestätigt auch wiederum, dass meine Messung plausibel und mit Sicherheit in den Größenordnungen diesmal richtig ist.
    Auch ist von Vorteil, dass ich so viel gefunden habe, das mittelt individuelle Unterschiede der Exemplare aus - sowohl was Wasser- als auch Cäsiumgehalt angeht.

    Was das österreichische Umweltministerium und seine interaktive Karte angeht:
    Denke eher, dass die genauer ist als BfS-Daten. Es wurde sehr viel Aufwand betrieben, kleinräumig zu messen. Eine viel höhere Messpunktdichte als in D, beispielsweise.
    Hast in D mal eine aktuelle Karte gesehen? Ich nicht. Kenne nur die Grobe von 1986.

  • Liebe Leuts,

    auf Wunsch eines Users dieses Forums verlinke ich hier eine detaillierte 137Cs-Falloutkarte der Region Arber / Regen. Es ist interessant, dass zwar der hohe Arber selber 1986 bis zu 100kBq/m² 137Cs abbekomen hat
    (Blau in der Karte markierte Region, heute noch bis zu 50kBq/m² produzierend 900 Bq/kg in Marone),
    aber gleich nebenan liegende Gegenden fast kontaminationsfrei sind (weiß umrandete Bereiche).

    http://forum.gammacounters.com/download/file.php?id=177&mode=view

    Dorthin sollte man - falls in jener Region ansässig - seine Piltztrips verlagern, besonders wenn man jung und weiblich ist, und weder auf 239Pu noch auf 90Sr noch auf 137Cs oder 154Eu steht.
    Was bisher nicht eindeutig geklärt ist, ist der weit gefährlichere Gehalt an 90Sr in den Pilzen, welches Beta-Strahler ist und in die Knochen eingelagert wird, und nicht wie 137 Cs nach 3 - 6 Monaten aus dem Körper wieder ausgewaschen ist. 90Sr ist leider mit Gammaspektroskopie nicht detektierbar.
    Heutezutage können wir noch mit Hilfe der 137Cs-Belastung der Marone zurückschließen auf die Gesamtkontamination, was in 100 Jahren dann nicht mehr so einfach möglich sein wird, weil das 137Cs als leicht erkennbarer Gamma-Marker dann sich verdünnisiert hat, aber der giftig-strahlende Rest dann immer noch da ist.

    Viele Grüße

    Joern

    Achja, da war noch der Krempentrichterling aus dem Rathenow - Hotspot:
    660 g frisch, getrocknet 70 g, Aktivität: 290 Bq/kg Frischpilz.
    Also nicht nur die Marone sammelt Cäsium.
    Der Rathenow-Hotspot weist heute durchschnittlich noch 20 kBq/m² 137Cs-Aktivität auf (1986: 40kBq/m².

    Und die krause Glucke, aus dem gleichen Gebiet, die war weder im Beta-, noch im Gamma-counter auffällig. Heute kam sie in die Pfanne und war super-lecker!

    Einmal editiert, zuletzt von heisystec (22. Oktober 2016 um 20:55)

  • Ich hab eine Messung vom Umweltinstitut München von der getrockneten, homogenisierten Maronenprobe in Rathenow. Von diesem Herbst.

    Die Mail will ich hier veröffentlichen, denn sie zeigt, dass meine mit einfachsten "Hausmitteln" durchgeführten Messungen erstaunlich genau sind.

    Nochmal zur Erinnernung: Weiter oben in diesem Thread habe ich die Maronen aus dem Hotspot von Rathenow mit ca 470 Bq/kg Frischmasse vermessen. Trocknung zu Frischmasse war Faktor 15,6

    Jetzt die Mail vom Umweltinstitut München:

    Sehr geehrter Herr Dr. Heinrich,

    für den Nachweis von Radioaktivität in Lebensmitteln verwenden wir ein Gammaspektrometer mit Germanium-Reinstkristall-Detektor. Damit können alle künstlichen und natürlichen Radionuklide, die Gammastrahlung aussenden, bestimmt werden.
    Beta-Strahler, wie Sr-90, oder auch alpha-Strahler können damit nicht detektiert werden.

    Bei der untersuchten Probe, pulvrig getrocknete Maronenröhrlinge, Herkunft: bei Rathenow, konnte eine Belastung durch künstliche Radioaktivität, hier Cäsium-137, in Höhe von 7225 Bq/kg festgestellt werden, bei einem Standardfehler von 2,1%. An weiteren Isotopen konnte natürliche Radiaktivität, hier Kalium-40, mit 1315 Bq/kg detektiert werden, bei einem Standardfehler von 9,7 %. Das Spektrum weist weiterhin das natürliche Nuklid Wismut-214 aus, allerdings knapp an der Nachweisgrenze. Ausgewiesen sind 45 Bq/kg Bi-214, mit einem Standardfehler von 30,6 %, bei einer Erkennungsgrenze von 37,6 Bq/kg und einer Nachweisgrenze von 58,3 Bq/kg.

    Der Umrechnungsfaktor 10 bei einer Cäsium-Belastung von getrockneten Pilzen zur Frischmasse ist selbstverständlich nur ein Näherungswert, ist aber hilfreich für Pilzesucher, die Frischmassen-Belastung in etwa einzuschätzen.

    Auf unserer homepage finden Sie in unserer Broschüre "Pilze und Wild - Tschernobyl noch nicht gegessen" weiterführende Informationen zu Radioaktivität in Waldprodukten:
    http://www.umweltinstitut.org/themen/radioak…bensmittel.html

    Mit freundlichen Grüßen

    Christina Hacker

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    ganz herzlichen Dank ans Umweltinstitut München erstmal, von hier aus,

    und nun wolln wir mal zurückrechnen:
    Das Institut mit dem super pure Ge-Li-Detektor und vorhandenen Eichmitteln findet in meinen Trockenmaronen 7225 Bq/kg Cs137 - Aktivität.
    Geteilt durch 15.6 (Frisch zu Trockenmasse) ergibt:
    7725 / 15.6 = 495 Bq/kg Cs-Aktivität im Frischpilz.
    Was hatte ich noch nochmal berechnet?
    470 Bq/kg.

    Wow. passt.
    Meine Apparaturen und Rechnungen stimmen.

    q.e.d.

    Joern

    Einmal editiert, zuletzt von heisystec (18. November 2016 um 22:06)