Ziegenlippe oder doch Rotfussröhrling?

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 26.470 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (21. Oktober 2016 um 21:52) ist von Beorn.

  • Hallo Pilzfreunde
    Ich möchte hier einen weiteren Pilz vorstellen, der mir Kopfschmerzen (keine Magenschmerzen!) bereitet. Fundort heute im mehr Buchen- als Fichtenwald...
    Gelbe Röhren, Geruch etwas fruchtig, Hut lehmfarben samtig....
    Für mich eigentlich eine Ziegenlippe, wenn da nicht die Blauverfärbung an Druckstellen wäre ;)
    Was unterscheidet Ziegenlippe von Rotfussröhrling eigentlich am besten?

    Liebe Grüsse
    Matyves

    Einmal editiert, zuletzt von matyves (20. Oktober 2016 um 18:17)

  • Hallo !
    Rotfuß Röhrling zeigt Rotfärbung zwischen der Huthaut
    Ziegenlippe ...hier ist die Stielbasis von Bedeutung ( Gelb ) sieht man auf Deinen Bildern nicht
    vom Bauchgefühl würde ich bei Deinem Pilz ohne Ansicht von oben nicht auf Ziegenlippe tippen evtl. Falscher Rotfußröhrling oder ganz was anderes ....
    Gruß Harry

    Essensfreigaben gibts nur beim Pilzberater vor Ort , Bestimmungsvorschläge meinerseits sind keine Essensfreigaben

    Einmal editiert, zuletzt von Harry (20. Oktober 2016 um 18:27)

  • hallo Matyves, der Rotfußröhrling hat einen markanten roten Fuß, der nach oben hin eher gelb ausläuft. Ansonsten sieht er von oben fast wie eine heller als ein Marone ähnlich wie Ziegenlippe aus, und hat gerne so Risse im Hut.

    Anbei zwei Bilder von oben und unten. Sie stellen zur Zeit in meinem Suchgebiet ein Massenphänomen dar und gesellen sich zwischen die Maronen. Ziegenlippe ist bei mir selten. Ich habe wenig Mischwald. Ich erkenne Rotfußröhrlinge von weitem durch den helleren, meist trockenen Hut. Und dann beim Anfassen: Rotfüßröhrlinge sind viel weicher und schwammiger. Ich lass dann gleich los. Und der Geruch ist extrem fad - geht in die mehlige Richtung.
    Was die Röhrenfarbe betrifft kann man schwer was sagen. Das hängt vom Alter ab. Aber die Ziegenlippe ist schon sehr intensiv gelb.

    LgK

    langsam fange ich an wie ein Pilz zu denken...

    Einmal editiert, zuletzt von Kowalski (20. Oktober 2016 um 18:30)

  • Hallo Matyves,

    schade,dass man die Huthaut nicht sieht. Bei der Ziegenlippe ist die Huthaut fein samtig ohne eine Spur von rot unter der Huthaut. Die Röhren sind leuchtend gelb und relativ weitporig. Der Stiel ist auf gelblichem Untergrund rotbräunlich marmoriert und manchmal mit unvollständigem Netz bis zur Spitze. Das Fleisch gelblich und im Schnitt oder auf Druck meistens nicht blauend.
    Nun mach dir einen Reim drauf. Für einen Rotfuß halte ich den Pilz nicht.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • ah, jetzt deinen Bilder da. Das müsste ein Rotfuß sein. Auch der typische Schimmel hat sich schon eingestellt. Es kommt vor, dass das Rot nicht so ausgeprägt ist. Ich hab auch manchmal die Abweichung, dass der Fuß so gequetscht wirkt, also mehr breit. Das kenn ich sonst auch von keinem anderen Pilz.

    langsam fange ich an wie ein Pilz zu denken...

  • Hi,

    ich halte ihn nicht für einen Rotfussröhrling. Eher für einen falschen Rotfussröhrling (Düsteren). Der kann auch schon mal richtig Rot an der Stielbasis aussehen. Ebenso kann er auch die Rote Linie zwischen Huthaut und Hutfleisch, allerdings in abgeschwächter Form aufweisen. Na Ja, sind halt meine Gedanken dazu.

    LG Heinz

  • @Heinz: die Rote Linie habe ich auch gesehen. Aber ist der FK für einen düsteren Rotfuß nicht viel zu hell?

    mein Resümee: es wird sich um eine Anomalie handeln. Untypischer FK von irgendwas.

    langsam fange ich an wie ein Pilz zu denken...

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!

    Ich frage jetzt lieber nochmal nach:
    Wollt ihr wissen, wie man diese ganzen Filzröhrlinge wirklich auseinanderhält, oder lieber beim hier diskutierten Status quo bleiben?

    Weil wenn ich dazu jetzt schreibe, wie es tatsächlich funktioniert, dann stehen da erstens botanische namen mit drin, und zweitens wird die Sache etwas komplizierter, so daß es halt ganz grob und wenigstens bis zu einzelnen Artengruppen den aktuellen Stand der Wissenschaft wiedergibt.

    Ansonsten würde ich nämlich dazu raten, sich die Unterscheidungen komplett zu schenken und bei allen Filzröhrlingen wie früher nur noch zwei Arten zu trennen:

    a) Xerocomus esculentus (Essbarer Frilzröhrling): Fest, knackig, unverschimmelt
    b) Xerocomus venenatus (Ungenießbarer Filzröhrling): Weich, wabbelig, madig, zumindest ansatzweise mit Goldschimmelbefall.

    :wink:

    PS.: Die Pilze im Startbeitrag sind Xerocomellus pruinatus = Bereifter Rotfußröhrling. Die im Folgebeitrag sind nicht bestimmbar, da da kein Schnittbild dabei ist.


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,

    echt Spitze, ich krieg´ mich nicht mehr! :)

    a) ab in die Pfanne und b) die Lebewesen im Kompost freuen sich über Abwechslung, falls doch mal versehentlich einer im Korb gelandet ist....

    Vielleicht wäre mal eine Fotostrecke mit den vielen verschiedenen Filzröhrlingen/Rotfüßen echt interessant, zumindest für mich...

    LG

    PilzHex`

    _________________________________________

    rolleyes.gif Lieber in die Pilze als ins Fitness-Studio! ;)

  • :graduate:

    eine Bitte hätte ich noch, Pablo. Könntest du bitte schwarz auf Beige schreiben! Das kann ma sonst so schleecht lesen.
    lg Kowalski

    langsam fange ich an wie ein Pilz zu denken...

    Einmal editiert, zuletzt von Kowalski (21. Oktober 2016 um 16:58)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!

    Also gut. Aber vorsicht (it's cool män?) das was jetzt kommt, ist nur ein absolutes Provisorium, das ich spaßeshalber mal vor ein paar Monaten zusammengebastelt habe. Berücksichtigt sind auch nur Arten, die bisher in Deutschland nachgewiesen wurden und irgendwie mal längere Zeit in der Gattung "Xerocomus" standen. Da gäbe es noch mehr, die eigentlich zu erwarten wären.
    Der Schlüssel funktioniert so nur mit frischen Pilzen, die nicht zu alt sind, aber auch nicht allzu jung.
    Natürlich spielen immer noch weitere Merkmale eine Rolle, die sich zu einem Gesamtbild vervollständigen. Allerdings wird sicher auffallen, daß in dem Schlüssel die äußeren Hut- und Stielfarben so gut wie gar nicht vorkommen. Das hat schliechtweg einen einfachen Grund: Die sind bei allen Arten der Gattung (im weiteren Sinne) so variabel, daß sie zur bestimmung weitestgehend irrelevant sind. ich habe versucht, zu jedem Schlüsselpunkt die härtesten Merkmale zu benutzen, was in einer Gattung mit so wenig harten Merkmalen nicht so einfach ist.

    Und würde man es richtig machen, müsste man in dem Schlüssel schon sehr viel früher mit Kriterien wie Sporenmerkmale und Aufbau der Huthautzellen arbeiten. Aber das ist hier nicht Sinn der Sache, es klappt nicht immer makroskopisch, aber man kann sich schon versuchen ranzutasten.


    Und los (Hoffentlich übernimmt der die Textformatierung):

    1a) Sporenpulver im Abwurf gelblich, ockergelb, gelbbraun ==> 2 (Aureoboletus)
    1b) Sporenpulver im Abwurf olivbraun ==>3

    2a) Fruchtkörper meist groß, stämmig; Stiel oft gerippt oder mit langgezogener rippiger Netzstruktur; Huthaut filzig, matt, beim Ablecken nicht salzig schmeckend; Hutfleisch unter der Huthaut bräunlich getönt ==> Aureoboletus moravicus / Mährischer Goldporröhrling
    2b) Fruchtkörper eher klein, zierlich; Stieloberfläche glatt; Hutoberfläche glatt bis fein samtig, mit salzigem Geschmack beim Ablecken; Hutfleisch unter der Huthaut rosa oder rosabräunlich ==>Aureoboletus gentilis / Goldporiger Röhrling

    3a) Stielbasis im unteren Teil im Schnitt mit kleinen, rötlichen Punkten ==> 4
    3b) Stielbasis nicht so ==> 5

    4a) Hut und Stiel mehrheitlich mit roten Farben ==> Hortiboletus rubellus / Blutroter Filzröhrling
    4b) Hut und Stiel mehrheitlich mit gelben, ockerlichen oder braunen Farben ==> Hortiboletus engelii /Eichenfilzröhrling

    5a) Stielfleisch im Längsschnitt wenigstens im unteren Stieldrittel orange, Hutfleisch über den Röhren blauend (teils auch im oberen Stieldrittel) ==> 6 (Rheubarbariboletus)
    5b) Nicht mit diesem Farbmuster im Längsschnitt ==> 7

    6a) Stielfleisch getrocknet lebhaft orange ==>Rheubarbariboletus persicolor / ???
    6b) Stielfleisch getrocknet trübe gefärbt ==>Rheubarbariboletus armeniacus / Aprikosenfarbener Röhrling

    7a) Stielfleisch im Längsschnitt mit deutlichen Rotanteilen; entwederStielbasis oder unteres Stieldrittel (ev. Bis ins obere Stieldrittel) rotfleischig oder Stielfleisch irgendwo mit deutlich roten Fasern ==> 8
    7b) Stielfleisch ohne deutlich rote Farben irgendwo; also gelblich, weißlich, braun, bräunlich, rosa etc. (Fraßgänge von Würmchen können abweichen) ==> 13

    8a)Fruchtkörper gar nicht blauend oder nur gelegentlich sehr schwach an den Poren / Röhren (mehr dunkelnd als blauend) ==>Xerocomellus chrysenteron / Gemeiner Rotfußröhrling
    8b) Fruchtkörper stärker und deutlich blauend ==> 9

    9a) Hutfleisch im Schnitt unter der Huthaut rosa durchfärbt und darunter (oberhalb der Röhren) blauend ==>Hortiboletus bubalinus / Blassgelbbrauner Filzröhrling
    9b) Hutfleisch nicht mit diesem Farbmuster ==>10

    10a) Huthaut kaum jemals mit roten Farben, schon recht früh grob feldrig aufreißend; Standort in Wäldern auch auf trockeneren Böden; häufige Arten ==> 11
    10b) Huthaut oft mit roten Farben, nur allmählich vom Hutrand her unregelmäßig radialrissig bis kleinfeldrig aufbrechend; Standort in +/- offenem Gelände auf feuchten Böden in Gewässernähe; +/- seltene Arten ==> 12

    11a) Stielfleisch von der Basis her recht weit und deutlich gefärbt (meist komplettes unteres Stieldrittel bis untere Stielhälfte rötlich bis rotbraun oder braun bis graubraun) ==> Xerocomus porosporus / FalscherRotfußröhrling
    11b) Stielfleisch überwiegend blass gelblich bis matt weißlich; höchstens mit wenig roten (oder bräunlichen) Farben, zB nur in der unteren Stielbasis oder in Form von kleinen, unauffälligen roten Fasern ==> Xerocomus cisalpinus / Starkblauender Rotfußröhrlich

    12a) Sporen truncat ==> Xerocomellusfennicus / Teichrand - Filzröhrling
    12b) Sporen nicht truncat ==>Xerocomellus ripariellus / Ufer - Filzröhrling
    Sowie ein paar weitere Arten, diemeines Wissens in Deutschland bisher nicht nachgewiesen sind, theoretisch aber zu erwarten wären. Die sind hier der Einfachheit halber dennoch vorerst ausgeklammert.

    13a) Stielrinde bei Verletzung (nach kräftigem Druck oder im Anschnitt) blauend; Reaktion läuft bisweilen langsam ab, braucht eventuell >20Minuten Zeit ==> 14
    13b) Stielrinde unveränderlich, niemals blauend ==> 18

    14a) im Längsschnitt nur Stielrinde und ev. Stielfleisch blauend (langsam aber oft kräftig), Hutfleisch unveränderlich; Poren und Röhren gar nicht oder nur sehr undeutlich blauend; Fleisch im Schnitt in Hut und Stiel einheitlich satt gelb ==> Xerocomellus pruinatus /Bereifter Rotfußröhrling
    14b) nicht mit der Merkmalskombination ==>15

    15a) Stielfleisch mit bräunlichen Farben; mindestens teilweise (meist von Stielbasis aus) dunkel graubraun bis diffus ockerbraun ==> 16
    15b) Stielfleisch gelblich, blassgelb, weißlich; ohne bräunliche Farben ==> 17

    16) Huthaut oft ziemlich glatt, fein filzig, kaum feldrig aufreißend, Hutfleisch unter der Huthaut meist rosalich durchfärbt & über den Röhren blauend ==> Hortiboletus bubalinus /Blassgelbbrauner Filzröhrling
    16b) Hut bald grob feldrig aufreißend; Hutfleisch im Schnitt nicht mit diesem Farbspiel ==> 11

    17a) Huthaut kaum jemals mit roten Farben, schon recht früh grob feldrig aufreißend; Standort in Wäldern auch auf trockeneren Böden; häufige Art ==> Xerocomellus cisalpinus /Starkblauender Rotfußröhrling
    17b) Huthaut oft mit roten Farben, nur allmählich vom Hutrand her unregelmäßig radialrissig bis kleinfeldrig aufbrechend; Standort in +/- offenem Gelände auf feuchten Böden in Gewässernähe; +/- seltene Arten ==> 12

    18a) Basismycel leuchtend gelb; Fleisch im Längsschnitt durchgehendweißlich bis blass gelblich; Fruchtkörper niemals blauend ==> Xerocomus ferrugineus / Brauner Filzröhrling
    18b) Basismycel weißlich bis blassgelb; Fleisch weißlich, gelblich bis rosabräunlich im Stiel; Fruchtkörper oft in Hutfleisch und Poren / Röhren blauend ==> 19

    19a) Röhren und Poren bei jungen Pilzen sehr blass und fein; Fleisch im Schnitt blassgelb bis weißlich im Hut, im Stiel weißlich bis bräunlich; Hutoberfläche zunehmend verkahlend und dann im Alter bei feuchter Witterung deutilch schmierig ==> Imleria badia /Maronenröhrling
    19b) Röhren und Poren schon bei jungen fruchtkörpern satt gelb, weniger fein; Hutfleisch im Schnitt weißlich bis gelblich, Stielfleisch gelblich bis rosabraun; Hutoberfläche kaum verkahlend, auch im Alter noch samtig / filzig, auch bei Nässe nicht deutlich schmierig ==>Xerocomus subtomentosus / Ziegenlippe


    LG, Pablo.