Völlig verwirrt – und dann doch so klar?

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 8.280 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (15. März 2018 um 12:19) ist von weisheit.

  • Hallo Pilzfreunde!



    Der Pilz den ich vorstellen möchte, wird den meisten von Euch sicherlich bekannt sein. Zumindest gilt er als sehr häufig!

    Mir war er bis dato unbekannt, da ich mich erst relativ kurz mit dem neuen Bereich der Rinden und Holz bewohnenden Pilze intensiver beschäftige! Also ein Erstfund, wenn man so will.

    Da ich noch keine Ahnung hatte, was da vor mir ist – und ich vor Ort auch keine Online- oder Appbestimmungen mache, begann die Detektivarbeit…


    Alleine die Bestimmung der Baumart war nicht leicht und ehrlich gesagt vor Ort für mich nicht machbar!

    Der Stumpf war komplett ohne Rinde das Holz außen ziemlich zersetzt und auch die Form hätte sowohl für eine große Fichte, wie für einen größeren Laubbaum gepasst. Auch ein Schnitzen bis zu erhaltenen Holzschichten und der Test, ob da was harziges zu riechen ist verlief erfolglos.

    So kam mir die Idee nach anderen Pilzen auf dem Stumpf zuSuchen, die ich vielleicht kenne und dann eine Holzbestimmung vornehmen zu können.

    Schon spannend, was man da so alles finden kann, wenn man genau hinschaut!


    Es waren mindestens drei anderen Pilzarten darauf vertreten:

    Neben zwei verschiedenen büschelig wachsenden Pilzen, die in dem komplett verfallenen Zustand genau so gut Hallimasch, oder Stockschwämmchen o.ä. sein könnten, war auch noch eine Stelle mit einem Weißfäule auslösenden Pilz dabei, der sich selber aber nicht gezeigt hat.


    Und schließlich war noch dieser hier zu finden:

    Ein kleiner Pilz mit max. 2cm Breite und einer glatten Unterseite. Er erinnerte mich sehr an den Samtigen Schichtpilz, bei dem Ihr mir schon mal bei der Bestimmung geholfen habt. Allerdings war die Oberseite etwas zu striegelig und auch die Farbe der Unterseite fleischfarben/orange und eben nicht gelblich braun. Somit wahrscheinlich was verwandtes, aber für mich vor Ort nicht näher bestimmbar. Eine Gelbfärbung durch Reibung konnte nicht festgestellt werden. War auch nicht zu erwarten…


    Zu Hause kam bei der Bestimmung der Striegelige Schichtpilz- STEREUM HIRSUTUM in einem jungen Stadium heraus. Also war das ein Laubbaum und konnte nicht nach Harz riechen.


    Hier aber endlich die Bilder, die ich vom „eigentlichen“ Pilz gemacht habe:


    Die einzelnen Hüte waren zw 10-20cm breit, uneben gebuckelt,gezont. Die Fruchtschicht ein Zwischending aus Poren und labyrinthartigen Lamellen. Sporenpulver konnte ich leider keines gewinnen.


    Rein von der Farbe des Hutes her und wegen dem Fehlen einer violetten Farbe beim Stiel. Dachte ich zunächst an den sehr seltenen Auen-Blättling - LENZITES WARNIERI, die Farbe passt genau zu dem Bild auf 123! Es war auch ein Bächlein davor und er ist Weißfäuleauslösesr, einen Stiel hatte meiner auch nicht wirklich. Da passte also vieles!


    Dennoch bin ich dann beim viel häufigeren Eichenwirrling -DAEDALEA QUERCINA gelandet, auch wenn die Hutfarbe für mich zu dunkel war.


    Wie heißt es so schön: Wenn man in unseren Breiten Hufgetrappel hört, dann sollte man zuerst an ein Pferd denken und nicht an ein Zebra! :wink:


    Als ich dann am nächsten Tag das Stück zum Sporen gewinnen gesehen habe, passte plötzlich auch die Farbe! Die Bilder die mir zur Verfügung standen zeigten immer nur einen trockenen Hut.


    Man muß bei Bestimmungen offenbar sehr vorsichtig sein: die Beschreibung und die Bilder zeigen oft nur einen kleinen Teil des möglichen Spektrums.


    Ein Beitrag mit weniger Bildern und viel Text! Ich fand die Wege zum Ziel einfach nur spannend und vielleicht geht es dem einen oder anderen ja auch so!



    Liebe Grüße!

    Alex



    PS: Es beginnt zu tauen!!! :wink:
    PPS: Berichtigungen sind natürlich immer willkommen!

    Wie bei den Pilzen generell, so sind auch meine Angaben grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen!

    Ich bin kein Pilzexperte, nur ein mykologisch interessierter Laie!

    Offizielle Freigaben kann es nur beim Pilzsachverständigen vor Ort geben!

    Einmal editiert, zuletzt von Der Biologe (11. März 2018 um 08:24)

  • Hallo Alex,

    genau so ist es, bei manchen Pilzen dauert es lange, bis sie ihren Namen preis geben und wenn man ihn dann gefunden hat, kommt ein anderer daher und sagt, oh nein, der heißt Emil nicht Fritz.

    Mit den Bestimmungen deiner Pilze gehe ich mit.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hallo Alex,

    endlich kann ich hier auch mal mitreden :) , weil ich sowohl den Eichenwirrling kenne, als auch mit solchen pilzlichen Detektivgeschichten sehr vertraut bin. Tagelanges Bestimmen, die Suche nach Zusammenhängen, kombinieren von Merkmalen und dann, wie bei einem Blitzschlag, die plötzliche Klarheit! Das ist spannender als jeder Krimi und macht wohl im wesentlichen den Reiz unseres Hobbies aus.

    Gratuliere dir zu diesem Erlebnis. Auf dass es nicht das letzte Mal war!

    Viele Grüße
    Wolfgang

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!

    Auenblättlinge (Lenzites warnieri) haben ein anders strukturiertes Hymenophor: Die "Lamellen" sind da regelmäßig ausgeprägt, deutlich dünner und nicht so kompakt, nicht sinuos oder daedaloid (also miteinander verbunden oder unterbrochen) und relativ regelmäßig zum Hutrand hin gegabelt. Also viel eher so wie die des Birkenblättlings (Lenzites betunlinum), nur eben gegabelt statt untermischt.

    Lenzites warnieri:


    LG, Pablo.

  • Hallo Alex,

    beeindruckende und sicherlich sehr befriedigende Detektivarbeit!:agree:

    Es taut nicht nur, es wächst (zumindest schon mal die Krokusse). Endlich!!!

    Jetzt kommen die Morcheln...:)

    LG Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Beachwolle (11. März 2018 um 13:57)

  • Servus Alex,

    genau so geht eine saubere Detektiv-Arbeit, hast du bestens hinbekommen, :)

    @ Griaß di Pablo,

    danke für deine Aufnahmen von Lenzites warnieri. Diesem sehr seltenen Pilz werde ich in Kärnten mit Sicherheit nie begegnen. Gratuliere dir zu diesem Fund,

    LG
    Peter

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Peter!

    Danke. Aber man soll nie nie sagen. erst recht nicht bei Pilzen. Man weiß ja nie, was die als nächstes für eine Überraschung auf Lager haben.


    LG; Pablo.

  • Hallo Pilzfreunde!

    Ich freue mich sehr über alle Eure Antworten! Ihr seid spitze! :agree:

    @ Veronika: Vielen Dank für Deine Bestätigung! Das freut! Aber es würde mich genauso freuen, wenn er Emil heißen würde! :wink:

    Wolfgang: Danke Dir! Ja es ist toll,wenn sich schlussendlich alles aufklärt! Im Übrigen nur nicht so bescheiden! Die Bandbreite der von Dir gezeigten Bilder zeigen, dass Du sehr breit aufgestellt bist. Bin gespannt was als nächstes kommt!
    Vielleicht schaffe ich es dann auch, mich mit den Bestimmungen etwas zurück zu halten - aber garantieren kann ich für nichts! :wink: macht einfach zu viel Spaß!

    @Pablo: Toll, dass Du uns Deine Bilder vom [font="Verdana, Arial, sans-serif"]Auenblättling zeigst! So schnell werde ich den nicht mehr sehen! Die Y-förmige Gabelung und die dünneren Lamellen werde ich mir merken! [/font]


    [font="Verdana, Arial, sans-serif"] Thomas: Schöne Frühlingsboten! Habe heute in einer mir unbekannten Au nach Morcheln ausschau gehalten. zu früh, oder ich zu blind...[/font]


    [font="Verdana, Arial, sans-serif"]@ Peter: Sherlock Homes bedankt sich! [/font]
    [font="Verdana, Arial, sans-serif"]Wäre übrigens eine schräge Situation, wenn mich der Förster fragt, warum ich kniend an dem Baumstumpf rieche und antworte: Ich untersuche Emil! [/font]


    [font="Verdana, Arial, sans-serif"]Liebe Grüße und einen schönen Abend![/font]
    [font="Verdana, Arial, sans-serif"]Alex[/font]

    Wie bei den Pilzen generell, so sind auch meine Angaben grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen!

    Ich bin kein Pilzexperte, nur ein mykologisch interessierter Laie!

    Offizielle Freigaben kann es nur beim Pilzsachverständigen vor Ort geben!

  • Hallo,

    wow,
    Emil und Detektivarbeit - ohne Frage interessant, aber gleich einen Roman darüber? Und dann als Ghostwriter auch noch gleich E. Kästner, HAMMER..:laugh1:

    LG Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Beachwolle (14. März 2018 um 22:29)

  • Hallo Thomas,

    ich freue mich immer wieder über deinen angenehmen Humor - an Emil und die Detektive habe ich gar nicht gedacht.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.