Fünf Unsichere

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 10.555 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (5. April 2018 um 18:38) ist von Beorn.

  • Hallo Pilzfreunde,

    die Liste der unbestimmten Pilze in meinem Archiv nimmt zwar stetig ab, seit ich Mitglied im 123-Pilzforum bin, aber ein paar gibt es schon noch. Fünf davon würde ich gerne zur Diskussion stellen, verbunden mit der Bitte um viele Hinweise zur Bestimmung. Leider stehen wieder mal außer den Fotos kaum Merkmale zur Verfügung :(

    Nr. 1a:
    Fotografiert am 06.11.11 im moosigen Fichtenwald neben einem Fichtenstumpf, Hutbreite fast 15 cm, Landkreis Rottal-Inn/Niederbayern. Ich hab den Pilz als Sparrigen Schüppling bestimmt, bin aber nicht ganz sicher, ob es da nicht noch was anderes gibt.

    Nr. 1b:
    Fotografiert am 21.10.12 im Nadelwald, am Fuß einer lebenden Kiefer am Waldrand, Hutbreite über 15 cm, Landkreis Passau/Niederbayern. Den hatte ich auch als Sparrigen Schüppling bestimmt. Blöderweise sieht er von oben einem Hallimasch ziemlich ähnlich, was ich aber nicht so recht glauben mag ...

    Nr. 2a:
    Fotografiert am 16.05.11 zwischen Torfmoos in einer nassen Sumpfwiese (Naturschutzgebiet) im Schwarzwald/Baden-Württemberg, Hutbreite ca. 2cm

    Nr. 2b:
    Fotografiert am 17.05.11 in einem bewaldeten Hang-Quellmoor (Naturschutzgebiet) im Schwarzwald/Baden-Württemberg, Hutbreite ca. 2 cm. Der Standort ist nicht der gleiche wie bei 2a. Ich würde aber trotzdem davon ausgehen, dass 2a und 2b die gleiche Pilzart ist, evtl. ein Häubling, aber so richtig sicher bin ich mir nicht.

    Nr. 3:
    Fotografiert am 16.05.12 an Buchen-Totholz im Nationalpark Hainich/Thüringen, Größe ca. 10 cm. Der Rotrandige Baumschwamm wäre mir irgendwie zu einfach, außerdem gibt es hier weit und breit keine Nadelbäume.

    Nr. 4:
    Fotografiert am 06.11.11 im Mischwald, auf einem Laubholzstumpf, Breite 15 cm, Höhe 4-5 cm, im Landkreis Rottal-Inn/Niederbayern. Dieses dreidimensional sehr interessante Gebilde sollte vermutlich ein Schichtpilz sein, aber in meinen Büchern konnte ich nichts finden, was hier eindeutig passen würde.

    Nr. 5:
    Fotografiert am 10.09.11 am sonnigen Rand eines Kiefernwaldes, auf trockenem Kiefern-Totholz, Breite ca. 10 cm, Landkreis Rottal-Inn/Niederbayern. Bei diesem Pilz nur aufgrund dieses einen Fotos auf eine genaue Bestimmung zu hoffen, wäre wohl ziemlich optimistisch. Aber wer weiß - wir haben ja viele Profis im Forum :)

    Wie immer würde ich mich über jede Art von Tipps, Hinweisen und Vorschlägen zur Bestimmung sehr freuen.

    Im voraus vielen Dank und mit herzlichen Grüßen
    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,

    interessante Arten zeigst du. Die Nr. 1a ist ein Schüppling und ich glaube hier an den Hochthronenden- bzw. Goldfellschüppling.

    https://www.123pilze.de/DreamHC/Downlo…Schueppling.htm

    Die Nr. 3 sieht sehr nach Zunderschwamm aus. Der Rotrandige Baumschwamm wächst übrigens nicht nur an Nadelholz, der liebt genau so gern die Buche.

    Die Nr. 4 ist sehr interessant. An einen Schichtpilz glaube ich hier nicht. Wenn man das Bild vergrößert, sieht man am unteren Bildrand Poren. Der Angebrannte Rauchporling (Bjerkandera adusta) nimmt gern solche Formen an. Zu allen übrigen kann ich dir leider nicht weiter helfen. Beim letzten Bild sieht der Pilz einem Warzenpilz/ Thelephora ähnlich.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • hallo wolfgang,
    da geh ich mal wieder mit veronika mit.
    1 schüppling, allerdings nicht der sparrige
    3 Zunderschwamm
    4 bin ich auch beim angebrannten rauchporling
    zum rest hüll ich mich auch lieber in schweigen.
    lg joe

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!

    Die Vorschläge von Veronika und Joe zu 3 (FomFom) und 4 (Bjerkandera adusta) unterschreibe ich sofort. :agree:
    1a: Wenn auch ungewöhnlich groß, wäre mein erster Gedanke da Pholiota jahnii (Pinselschüppling). Die Arten um Pholiota adiposa (Hochthronender Schüppling = Goldfellschüppling) sitzen normalerweise direkt an Holz, das auch nicht vergraben sein sollte. Form der Schuppen an Hut und Stiel sind noch etwass anders.
    1b: Würde ich dann durchaus für einen Sparrigen (Pholiota squarrosa s.l.) halten.
    Wenn man da mal bei der Unterscheidung zum Hallimasch zweifelt: Sporenabwurf machen, dann ist es eindeutig.
    1a und 1b: Da werden wir zu keinem Ergebnis kommen. Noch nicht einmal auf Gattungsebene, fürchte ich. In Frage kommen neben Entoloma (Rötlinge) und Lyophyllum / Tephrocybe (Graublatt) noch ein paar Angehörige von kleineren, weniger bekannten Gattungen wie Hydropus (Wasserfuß) oder Rhodocybe (Tellerling).
    Das Schwärzen an den lamellenschneiden ist interessant, kann natürlich auch ein Artefakt sein. Sieht aber recht regelmäßig ausgeprägt aus. Das wäre schon ein Hinweis, daß beide Kollektionen zur gleichen Art gehören könnten.


    LG, Pablo.

  • Hallo Veronika, Joe und Pablo,

    vielen Dank für eure hilfreichen Hinweise, insbesondere die zu Nr. 3 und 4. Das mit dem rotbraunen Farbanteil beim jungen Zunderschwamm wußte ich bisher nicht, es ist auch in meinen Büchern nicht abgebildet. Und der Angebrannte Rauchporling sieht in meinen Pilzbüchern sowas von anders aus (eher wie eine Borstenscheibe), da wäre ich in 100 Jahren nicht draufgekommen!
    Tja, altes Thema: Pilzbestimmung mit Buch hat ihre Grenzen. Andererseits - womit hätte man sonst anfangen sollen, um in die Materie einzusteigen? Früher war es nicht üblich, mit Internet in den Wald zu gehen. Trotz aller Begrenztheit werde ich wohl immer ein Bücher-Fan bleiben.
    Noch ein Vorschlag zu den Schüpplingen: Wenn Goldfell- und Hochthronender Schüppling dasselbe ist, dann sollten wir das eventuell in unsere Suchmaschine einfließen lassen. Dort werden sie als zwei Arten geführt.

    Nochmals herzlichen Dank und schönen Abend
    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,

    diese Unterscheidung ist in meinen Augen minimal, der eine wächst an Laubholz (Goldfellschüppling) der ander an Nadelholz (Hochthronender). Wobei die Grenzen fließend sind und die Unterscheidung beider Arten auch nicht immer sofort gelingt.
    Ich bin auf ein Verfechter des guten alten Buches, aber die Entwicklung geht weiter und ich arbeite gern auch mit dem Internet.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hallo Pilzfreunde,

    ich habe mir erlaubt, mich aufgrund der Hinweise von Veronika und Pablo auf einige Bestimmungen meiner fünf Unsicheren festzulegen:


    Nr. 1a: Hochthronender Schüppling (Pholiota limonella/aurivella/aurivellus); hier scheint taxonomisch völliges Chaos zu herrschen! Er ist der einzige, der sich irgendwie mit Nadelwald verbinden lässt. Dass er auch auf dem Boden wachsen kann, wusste ich vorher auch nicht.
    Nr. 1b: Sparriger Schüppling (Pholiota squarrosa)
    Nr. 2a+b: Sumpfgraublatt (Tephrocybe palustris)

    Wie schon erwähnt, bereiten mir Wahrscheinlichkeiten von vielleicht 90% keine schlaflosen Nächte. Bei Nr. 5 hoffe ich noch auf Hinweise, was es sein könnte. Der Weiße Warzenpilz geht zwar schon in diese Richtung, aber ganz glücklich bin ich damit noch nicht.

    Mit herzlichen Grüßen
    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang!

    der 5te stellt schon eine Herausforderung dar! und das nicht nur wegen seinem schon recht verfallenen Zustand! Da kann dann nochmal viel mehr interpretiert werden.

    Dennoch muss ich sagen, wenn ich mir Deinen Fund so ansehe, halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass man an der Unterseite Poren finden würde! Daher würde ich für mich in diese Richtung suchen, auch wenn eine genaue Bestimmung mehr als unwahrscheinlich sein wird.

    Ich gehe aufgrund der Farbe des verfallenen Pilzkörpers von einer bräunlichen/beigeweißlichen Ursprungsfarbe aus.

    Rein optisch würden mir da folgende hellhütigen Porlinge passen, natürlich ohne jeden Anspruch auf Präzision!

    Bergporling, Bitterer Saftporling, getropfter Porling oder auch der Nadelholzschwefelporling( alle auf 123 zu finden). Die könnten meiner Ansicht nach durchaus im Pensionsalter dieses Aussehen entwickeln!

    Liebe Grüße!
    Alex

    Wie bei den Pilzen generell, so sind auch meine Angaben grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen!

    Ich bin kein Pilzexperte, nur ein mykologisch interessierter Laie!

    Offizielle Freigaben kann es nur beim Pilzsachverständigen vor Ort geben!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.

    Das "Chaos" bei den Schüpplingen liegt aber vor allem daran, daß man sich vor allem in der Trivialliteratur nicht wirklich mit der Thematik beschäftigt hat.
    Persönlich richte ich mich nach Jan Holec (Pholiota - Monografie von 2001), im Bewusstsein, daß danach noch die eine oder andere verfeinerung dazu kam, aber die Taxonomie dort halt klar und strukturiert ist.
    "Pholiota aurivella" gibt es dort nicht, weil das eben ein uneinheitlich interpretiertes Taxon ist. Je nach Ator ist das entweder Pholiota adiposa oder Pholiota limonella.
    Die beiden sind übrigens nur durch die Sporenmaße / Sporenform zu unterscheiden (Substrat ist irrelevant, gibt nur eine Tendenz vor). Dein schüppling auf dem ersten Bild ist mit Sicherheit keine der beiden Arten.
    Nummer 2 (a&b): Ist jetzt also auch mikroskopisch untersucht, super! Wie sehen denn die Zystiden aus? Sind die Basidien siderophil?

    Bei Nummer 5 hat man ebensowenig eine chance, den sinnvoll einzugrenzen, wenn man nicht auch die Unterseite beachtet. Erster Schritt wäre mal herauszufinden, ob der irgendwo Poren bildet. :wink:


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,

    schön, dass du wieder da bist. Da hat echt was gefehlt letzte Woche :yay:

    Ich hab schon geahnt, dass ich geschimpft werde für meine eigenmächtigen Bestimmungen :blush:

    Aber manchmal müssen Entscheidungen eben einfach getroffen werden, auch wenns schwer fällt. Ich finde, das Sumpfgraublatt passt wie die Faust aufs Auge - dank unserer Super-Suchmaschine auch mal ohne Mikroskop :wink:

    Mit herzlichen Grüßen
    Wolfgang

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Wolfgang!

    Tja, hm...
    Wenn Pilzbestimmungen nach Bild funktionieren sollten, müsste das ja voraussetzen, daß Pilze "in natura" auch so aussehen wie auf Abbildungen. Und da das nicht der Fall ist... :wink:
    Und wenn makroskopische Bestimmungen bei solchen Pilzen möglich wären, warum fragen dann alle Schlüssel, die von Experten dieser Gattugen zusammengestellt wurden, als erstes (und letztes) einige Mikromerkmale ab?

    Ich kenne mich mit solchen Pilzen zwar nicht aus, meine aber dunkel zu erinnern, daß Lyophyllum palustre zu den nicht verfärbenden arten gehört. Und dann passt das nicht recht mit den Flecken an den Lamellenschneiden deines Fundes zusammen.
    Und irgendwie geistert mir immer noch die Gattung hydropus im Kopf rum, wo es einige verfärbende Arten gibt. >Sowas hier< (wenn auch nicht verfärbend) sieht deinem Fund ja auch recht ähnlich, oder? Und >hier< wäre mal eine krass verfärbende Art der Gattung. Nur so als Beispiel.

    Kann natürlich auch gut sein, daß deine Bestimmungsidee sehr wohl passt.
    In solchen Fällen schreibe ich ganz gerne ein "cf" entweder ganz vorne dran (vor Gattungsname) oder zwischen den gattungs- und Artnamen. "cf" ist die Abkürzung von "conferatur", also lateinisch für "zu vergleichen mit", und ist ein offizielles Kürzel daß man dazuschreibt, wenn eine Bestimmung (aus welchen Gründen auch immer) plausibel aber nicht sicher ist.
    So kommt man nachher nicht durcheinander, wenn man die Bilder sortiert und mit späteren Funden vergleicht, oder kann einem Leser signalisieren, daß es auch noch weitere Möglichkeiten zu berücksichtigen gibt.


    LG, Pablo.