Anwachszonen

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 3.132 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (3. August 2018 um 18:51) ist von Beorn.

  • Hallo zusammen,

    ich möchte anknüpfen an die schönen Fotos von Bernie im Bericht „Zwei farbenprächtige Schönheiten“ unter der Rubrik „Giftige und ung….“. Zunächst sei erwähnt, dass es für mich Laien überraschend war, dass die auf den ersten Blick gleich aussehenden Arten Fenchelporling und Kiefern-Braunporling doch so unterschiedlich in der Konsistenz waren (abgesehen vom Geruch und der Fruchtschichtfärbung). Die Fenchelporlinge, die ich bisher in der Hand hatte, waren ziemlich hart, korkig und die Kiefern-Braunporlinge fleischig, lappig (später härten sie offenbar auch aus).

    Doch nun zu meinen Fotos und Fragen.

    Pilze Nr. 1 und 2: Kiefern-Braunporlinge an Fichten-Stubben gewachsen.

    Pilz Nr. 3: Dieser war unmittelbar am Fuß einer großen lebenden Birke gewachsen. Laut Definition sollte die Art aber auf Nadelbäume beschränkt sein. Ich hatte ein Stück entfernt und umgedreht daneben gelegt für das Foto. Dieses Teil wurde auch separat fotografiert.

    Frage 1: Ist der Pilz Nr. 3 auch ein Kiefern-Braunporling und wenn ja, kann diese Art auch im Wurzelbereich von Laubbäumen wachsen?

    Frage 2: Der Pilz Nr. 3 zeigt deutlich unterschiedlich gefärbte Anwachszonen. Wie kommen die zustande? Sind das Jahresringe, Regenperiodenschübe oder Tag-Nacht-Schübe? Woher kommen die unterschiedlichen Farben?

    LG, Toni

    1)

    2)

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  • Hallo Toni,

    den Pilz unter Nr. 3 halte ich auch für einen Kiefernbraunporling. Was du als Anwachszonen meinst, deute ich als Zuwachszonen und sicher meinen wir das Gleiche. Der Pilz ist einjährig und die hellen Zonen sind neu gebildetes Pilzfleisch und demzufolge heller. Je nach dem wie viel Feuchtigkeit der Restbaum noch hat, wird die Zuwachszone größer oder kleiner ausfallen.

    Dass der Pilz an Laubbäumen vorkommt, ist mir nicht bekannt. Möglich ist aber, dass unterirdisch Wurzeln eines Nadelbaumes noch vorhanden sind und der Pilz sich somit entwickeln kann.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!

    Den Nadelholz - Braunporling (Phaeolus schweinitzii) habe ich selbst schon an Eiche gefunden, ein belegter Fund an Birke ist mir aus Sachsen bekannt. Der kann also schon auch mal fremdgehen, und beim Nadelholz ist das substratspektrum ja ohnehin groß.

    Beim Fund an Birke kann man noch an Inonotus denken (Schillerporling i.w.s.), zum Beispiel Inonotus cuticularis, der mal recht ähnlich sehen kann:

    Makroskopisch ist das mitunter nicht leicht zu entscheiden.
    Ich würde bei diesem Birkenfund auch eher zu Phaeolus tendieren, aber eben Inonotus nicht ausschließen.


    LG, Pablo.

  • Hallo Veronika,

    bei dem fraglichen Pilz sehe ich 6 unterschiedlich gefärbte Zuwachszonen. Verstehe ich richtig, diese entstehen, wenn die Restfeuchte im Baum oder Stubben schwankt. Also sind Feuchte-/Nässe-/Regen-Schübe die Ursache. Die differierende Einfärbung hat dann wohl auch mit der Wachstumsgeschwindigkeit zu tun, also mit der Einlagerung von Mineralien etc. aufgrund von unterschiedlicher Transportgeschwindigkeit bei trockener oder feuchter Witterung. Diese Zonierung habe ich schon öfter beobachtet. (siehe beim dem Riesenporling unten).

    LG, Toni

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Toni!


    Diese einjährigen Porlinge (wie auch Phaeolus, Meripilus und auch alle Inonotus - Arten) wachsen eigentlich relativ gleichmäßig. Vor allem die trockentoleranten Arten wie Braunporling und Riesenporling. Die Zonierungen sind eher "Zufallsprodukte", bzw haben wenig mit den äußeren Bedingungen zu tun, sondern entwickeln sich immer, egal wie ddie Verhältnisse sind. Nur die Art, wie diese Zonen strukturiert und gefärbt sind, können (unter anderem) abhängig von Witterungsbedingungen variieren.
    Riesenporlinge sind immer mehr oder weniger zoniert, ebenso wie Schmetterlingstrameten und viele mehr. Bei Braunporlingen ist es variabel, die können Zonen entwickeln, können es aber auch bleiben lassen.

    Der Feuchtigkeitsgehalt im Holz ist (bei nicht allzu starker Zersetzung) im Grunde relativ konstant, auch wenn die Witterungsbedingungen außenrum schwanken. Beeinflusst werden natürlich die Fruchtkörper, aber die wachsen in der Regel so schnell, daß da nicht unteschiedliche Witterungsverhältnisse ausschlaggebend für die Ausprägung von Zonierungen sind. Ich denke, das ist eher vergleichbar mit der Variation der menschlichen Fingerabdrücke.


    LG, Pablo.

  • Hallo Toni,

    wie alle Lebewesen brauchen auch Pilze geeignete Bedingungen, um sich erfolgreich entwickeln zu können. Fehelen diese Bedingungen, erscheinen keine oder wenig Pilze oder es kommt zu Fehlentwicklungen. Bei manchen Pilzen, so bei vielen mehrjährigen Baumpilzen, in der Hauptsache Porlinge, kann man im Schnittbild die einzelnen Röhrenschichten erkennen, so wie die Jahresringe an einem durchgesägten Baum. Und diese Schichten können schon Aussgen über Wachstumsbedingungen geben.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hallo zusammen,

    sicherlich, mehrjährige Pilze lassen das Klima lesen wie Baumringe (Dendrochronologie). Aber bei saisonalen Pilzen könnte doch eine Ursache für den Rhythmus vorliegen. Vielleicht möchte mal jemand ein Zeitraffervideo machen. Findet man einen Porling in der Entstehungsphase so müsste man eine Kamera aufstellen, die so alle 10 min ein Foto macht. Dann würde man die Wachstumsgeschwindigkeit in Abhängigkeit vom Wetter oder vom Sonnenlichteinfluss definieren können.

    Übrigens, auch Schimmelpilze zeigen so eine Zonierung. Anbei ein Beispiel von einem Penicillium ochraceum. Auch hier ist die Ursache nicht eindeutig geklärt. Manche behaupten, dies wäre ein Tag-Nacht-Rhythmus. Aber diese Agarplatte stand in einer Kühlzelle. Bei immer gleichbleibender Temperatur. Natürlich könnte am Tag gelegentlich Licht gemacht worden sein oder es kam durch Begehung zu Erschütterungen oder zu kleinen Temperaturschwankungen.

    LG, Toni

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Toni!

    Vielleicht macht man es sich da auch viel zu kompliziert. Pilze sind halt keine Pflanzen, und verhalten sich darum ganz anders.
    Solche Bilder, wie die gezeigte Penicilliumkultur könnte man folgendermaßen interpretieren:
    Der Stoffwechsel von Pilzen ist zwar ziemlich eigentümlich, aber es gibt Rhythmen, die dabei nicht abhängig von Licht, Temperatur oder sonstwas sind. Im Gegenteil: Bleiben die äußeren Bedingungen gleich, läuft der Rhythmus umso regelmäßiger ab: Essen, Bauen, Essen, Bauen, Essen, Bauen...

    Um eine neue Fuhre Konidien basteln zu können, muss der Pilz erstmal Substrat verputzen. Also muss zunächst Mycel durch das noch unverbrauchte Substrat im nahen Umfeld gelegt werden. Dann werden Enzyme ausgeschieden und Nährstoffe aufgenommen. Ist der Pilz satt, werden oben auf dem neu durchwachsenen und abgebauten Bereich die Konidien angesetzt. Und das Programm beginnt von neuem. Hier halt schön kreisförmig weil das Substrat in allen richtungen gleich ist und gleich leicht verfügbar.


    Das ist jetzt allerdings überhaupt nicht vergleichbar mit der Fruchtkörperbildung von holzbewohnenden Porlingen, wobei auch da durchaus Stoffwechselzyklen des eigentlichen Pilzes (Mycel innen im Holz) eine Rolle bei Zonierungen spielen könnten.
    Betrifft natürlich wieder nur einjährige Porlinge, warum mehrjährige Porlinge was ganz anderes sind und warum das da mit den Zonen passiert, siehe Veronika.


    LG, Pablo.