„Maulwurfhügel“

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 11.028 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (14. August 2018 um 17:22) ist von Beorn.

  • Hallo zusammen,

    aufgrund des derzeitigen Wüstenklimas ist es mir sogar im Wald zu warm, zudem streckt hier sowieso kein Pilz den Kopf aus seinem kühlen Erdenreich. Also habe ich mal meinen Bilder-Ordner vom letzten Jahr durchgesehen. Ein „Kuriosum“, aufgenommen Ende September, möchte ich hier vorstellen, um die pilzarme Zeit ein wenig zu beleben.

    Zunächst sah ich eine Wiese voll mit Schopftintlingen und dazwischen Maulwurfhaufen. Beim Näherkommen aber entpuppten sich die "Erdhügel "als Pilzhaufen. Zumeist schon im Endstadium, dazwischen aber einige jüngere Exemplare. Ich vermute Gesäter Tintling. Leider hatte ich keine Fotos von Einzelexemplaren gemacht, so wie es hier im Forum gewünscht wird; damals hatte ich noch nicht an eine Vorstellung gedacht.

    VG, Toni

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Toni!

    Nö, wie Gesähte Tintlinge sehen die eigenltich nicht aus. Eher wie etwas alt gewordene >Büschelige Faserlinge<.


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,

    danke für den Querverweis. Es ist schon der Wahnsinn, was es alles an Gattungen, Arten, Unterarten etc. von Psathyrellaceae gibt. Was lernt der Laie daraus: Man muss sich wohl mit einer approximativen Identifizierung zufrieden geben. Selbst wenn man mittels eines Mikroskops all die Mikromerkmale eruieren würde, käme der Experte doch zu einem anderen Urteil. Schade, dass bei vielepilze.de keine deutschen Namen stehen. Diese URL richtet sich explizit an Experten.

    Mir erschien es so logisch: zwei Arten von Tintlingen nebeneinander. Aber da lag ich wieder einmal klar daneben. Wenn die heuer wieder an gleicher Stelle auftauchen, kann ich ihnen wenigstens den richtigen Namen zuordnen.

    VG, Toni

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Toni!

    Schon, aber man muss nicht alles kennen. Der Büschelige Faserling ist eine ziemlcih auffällige Art und auch gut anzusprechen, denn kann man sich vielleicht merken. Die meisten anderen Faserlinge (und das sind viele!) sind reichlich kompliziert. Spannend auch, wenn man denn sich dahinein etwas vertiefen mag.

    Auf die Seite verlinke ich bei solchen Pilzen gerne, weil sie einfach die belastbarsten Informationen zu den Arten bietet. Mit Andreas als Autor der Seite und hervorragendem Kenner ist immerhin gewährleistet, daß das so nah am aktuellen Wissensstand ist, wie nur möglich. Weil dabei die Volksnamen etwas kurz kommen (kein Wunder, weil das bei den meisten Arten dieser Gattung nirgendwo hin führt), habe ich mal unter dem gebräuchlichen deutschen Namen verlinkt.


    LG, Pablo.

  • Hallo Toni,

    Pablo lobt mich über'n Klee. Ich bin Amateur, meine Seite richtet sich NICHT explizit an Experten. Das sieht man u. a. daran, von wem das untersuchte Material und viele Fotos stammen. Deutsche Namen machen bei solch Kleinzeug wenig Sinn, weil es nicht durchgängig welche gibt und oft nur zusammengekrampft sind. Auch "Büscheliger Faserling" ist nicht treffend, da es etliche Büschelbildner gibt. Übrigens, der wissenschaftliche Name ist noch doofer. Der Pilz hat nicht viele Füße, sondern nur einen einzigen.

    Beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Toni,

    coole Fotos! Als ich das oberste gesehen und den Text dazu gelesen habe, dachte ich, dass die Maulwurfshügel nie im Leben wie Pilzgrüppchen aussehen. Tja, falsch gedacht!

    Beste Grüße

    Sabine

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Andreas!

    Amateur vielleicht, zumindest "per Definition". Ist ja nicht deine Schuld, daß es in Deutschland keinen Lehrstuhl für Psathyrellogie gibt. :wink:

    Um nur mal wahllos ein paar Beispiele zu nennen: Zotto, Ditte oder Josef sind auch Amateure, weil sie für ihre Forschungen nicht bezahlt werden. Aber eure Publikationen sind auf professionellem Niveau, darum ging es. Und es ist doch super, daß "professionell arbeitende Amateure" nicht nur für andre Gattungsspezialisten auf ihrem Gebiet schreiben, sondern eben für alle Interessierten. Insofern bleibe ich dabei: Die Seite ist großartig, und ich sehe keinen Anlass, woanders hin zu verlinken, wenn es um Psathyrellaceae geht. Es ist halt einfach das beste frei verfügbare Produkt (für Experten wie auch nicht - Experten) zu dieser Familie, das ich kenne.


    LG, Pablo.

  • Hallo Andreas,

    bis in 10 Jahren wird es vermutlich zum heutigen Preis von einem guten Mikroskop ein Sequenziergerät und entsprechende Testkits für den Privatgebrauch geben. Dann werden wir Pilzler statt mikroskopieren eine Probe in das Gerät geben, und der Sequenzvergleich mit BLAST etc. wird uns die Art nennen. Man kann sich ja schon heute für 10 € und weniger pro Analyse in Sequenzierlabors bedienen lassen. Ob das dann noch soviel Spass macht, sei dahingestellt.

    LG, Toni

  • Hallo Andreas und Toni,

    kaufe ich euch so nicht ab, die 10 oder 5 Jahre.

    Pablo kennt diesen Text, resultierend aus einer Anfrage und erfolgter Bestimmung über die Uni Wien,

    [i]Ganz so einfach ist die Sache mit der Ganoderma leider nicht. Die Sequenz hat 16 x 100% Übereinstimmungen:

    9x lucidum, 6 x tsugae, 1 x valesiacum. Lange Zeit wurden G. lucidum und G. tsugae (auf Nadelholz) für synonym gehalten. Sie sind es aber in einer Multigen-Analyse nicht. D.h. es gibt tatsächlich Populationen auf Nadelhölzern, die sich von der G. lucidum auf Laubhölzern unterscheiden. Diese werden zumeist als G. tsugae bestimmt. Jedoch sind anscheinend G. tsugae und G. valesiacum eine Art. Jetzt müsste ich da zuerst mal allen neun G. lucidum Übereinstimmungen nachgehen, ob die vielleicht auch auf Nadelhölzern waren (und daher in der Genbank falsch gelabelled). Oder ob die beiden vielleicht doch nicht unterscheidbar sind, dazu braucht es aber noch mehr Genregionen und Material. Das artet aus.

    Den kennt er auch,

    Psilocybe serbica lässt sich aus molekulargenetischer Sicht mithilfe der ITSSequenz,
    wie schon von BOROVICKA et al. (2011) festgestellt, nicht in ihre Varietäten
    trennen. Die Sequenz der Kärntner Kollektion stimmt zu 99% mit fünf in GenBank,
    teilweise noch als Arten, hinterlegten Sequenzen überein, nämlich mit P. arcana, P.
    serbica, P. moravica var. moravica, P. moravica var. sternberkiana und P. bohemica
    (NCBI blast). Da drei Polymorphismen innerhalb der Sequenz vorliegen, beträgt die
    Übereinstimmung nicht 100%. BOROVICKA et al. (2011) bestätigten die Eigenständigkeit
    von einerseits P. cyanescens und andererseits P. serbica als hinsichtlich ihrer
    DNA-Merkmale gut fundierte Art in einer Multigenanalyse (Teilsequenzen des nukleären
    LSU-rRNS-Gens, der ITS1-5.8S-ITS2-Barcoding-Region und des EF1α- Gens).
    Die Sequenzen lassen jedoch keine weitere Untergliederung in Varietäten erkennen.
    Eine solche Trennung könnte, falls überhaupt, eventuell mit Hilfe der Analyse weiterer
    Loci, erreicht werden. Einstweilen können diese Varietäten und Formen einzig aufgrund
    der morphologischen Merkmale unterschieden werden.

    Da geht noch allerhand über Makro/-mikroskopischen Betrachtungen. Am Abstellgleis sind wir noch lange nicht,

    LG

    Peter

    • Offizieller Beitrag

    Hallo in die Runde!

    Ja, nun mal langsam. Auch wenn sich das manche Pseudowissenschaftler so erträumen mögen, funktionieren wird es nicht. Die Beispiele von Peter sind ja nur zwei von hunderten, wo sich eben auch im Bereich der ITS - Sequenzen kein einheitliches Bild ergibt.
    In wirklichkeit sind die Sequenzen ein weiterer Schritt zum Verständnis von Biologie und Evolution. Ein Baustein von Vielen, der vor allem im Bereich der Mykologie die morphologischen Betrachtungen ergänzt und bereichert, aber nicht ersetzen kann. Im Zuge dieser Betrachtung und der Beobachtung auch der genetischen Elemente von Pilzen kristallisiert sich eher langsam heraus, daß unser Verständnis von "Arten" die biologische Realität wohl nur annähernd zu beschreiben vermag. Ist halt Evolution, und das einzig konstante daran ist der permanente Wandel. Wer meint, anhand einer Buchstabenkette in einem komplexen Molekül eine in sich stabile "Wahrheit" ableiten zu können, der hat das Prinzip des Lebens nicht verstanden. :wink:

    Was jetzt nicht heißt soll, daß wir daran nicht weiter arbeeiten sollen. Im Gegenteil. Nur sollten wir es möglichst umfassend und vollständig tun, unter Berücksichtigung vor allem unserer eigenen Unwissenheit, herantastend an das Verständnis des Lebens aber mit so vielen Möglichkeiten, wie möglich. Also mit Genetik und Morphologie und Ökologie und Biochemie und so weiter. Um ein so umfängliches Bild wie möglich zu zeichnen, das sich ebenso wie das natürliche Original (also die beobachtete Pilz"art") stets weiter entwickelt. Verständnis ist ein Prozess; die Annahme von einzelnen Facetten eines Gesamtbildes als grundlegend unveränderliche "Erkenntnis" eine Sackgasse.


    LG, Pablo.

  • Hallo zusammen,

    meine Anmerkung zur Genomanalyse betraf ausschließlich die blanke Identifizierung. Niemand will der Mikroskopie, Biochemie usw. die Bedeutung absprechen. Sequenzen allein, ohne Bezug zu den Merkmalen wäre nur ein Black Box. Aber es dürfte schon klar sein, dass jedes Merkmal, das wir als stabil und artspezifisch betrachten, seine Entsprechung im Genom haben muss. Die 10 Jahre sind wohl zu kurz gegriffen, es arbeiten zu wenige Wissenschaftler daran, aber es wird kommen, da bin ich mir sicher.

    Ich hatte vor ca. 15! Jahren einen Einblick in die Laboratorien eines großen Pharmaherstellers. Dort wurden in Reinräumen Seren abgefüllt. Es wurde kontinuierlich die Raumluft auf Kontaminationen untersucht. Natürlich wurden hin und wieder Bakterien nachgewiesen. Diese mussten zur GMP-Dokumentation identifiziert werden. Aber die Pharmaleute dachten gar nicht daran zu mikroskopieren, Morphologie auf Agarplatten, physiologische und biochemische Reaktionen, IR-Spektren usw.; nein, es wurde ausschließlich die 16S-Sequenz bestimmt. Das ging schnell, einfach und ausreichend genau. Wäre ein Typhuserreger-Ähnlicher genannt worden, hätte man immer noch die Biochemie anschließen können. Heute wird man wohl auch noch andere Genom-Loci sequenzieren. Warum soll das bei den Großpilzen anders werden?!

    VG, Toni

  • Warum soll das bei den Großpilzen anders werden?!

    Hallo Toni,

    wird nix anders werden, bei den Großpilzen. Mit den Kleinpilzen haben wir ausreichend praktische Erfahrung, ----> Brot & Bier.

    Bei den Bakterien sind's wesentlich weiter, die Forscher. Da können's rausschneiden, einfügen, was sich Konzerne halt so wünschen.

    Ein Kind mit blauen Augen gefällig? Machbar. Geforscht wird daran, was Profit verspricht. Und da mischen die pulverisierten 'Heilzpilze' heute schon ordentlich mit.

    Mich kannst in die Kategorie 'Schwammerlklauber' einordnen. Wenn ich ein Eierschwammerl sehe, nehme ich auch den daneben stehenden, mir unbekannten Pilz mit,

    LG

    Peter

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!

    Ja, das sehe ich recht ähnlich wie Peter.
    In den allermeisten Bereichen wird nur recht wenig geforscht, und es gibt auch bisher nur ziemlich wenige "Großpilze" (wie Schizophyllum commune), deren Genom vollständig aufgeschlüsselt wurde. Ist ja klar, weil es landauf landab noch gewaltig dabei hapert, den Nutzen all dieser zigtausend Pilzarten für Ökologie, Artenvielfalt, intakte Wälder Wiesen und Felder in $$$ umzurechnen. Und was man nicht direkt in $$$ umrechnen kann, ist ja bekanntlich bedeutungslos.

    Zudem ist auch morphologisch längst noch nicht alles bekannt. Und es besteht die große Schwierigkeit, beides zusammenzufügen um ein belastbares Gesamtbild zu erhalten:
    Morphologie, Taxonomie und Genetik. Leider arbeiten sowohl viele universitäre "Genetiker" als auch morphologisch orientierte "Amateure" bisweilen nicht zusammen, sondern mehr oder weniger gegeneinander bzw. in gegenseitiger Unkenntnis ihrer jeweiligen Beobachtungen. Diese Verknüpfung aber ist es erst, was eine einigermaßen verlässliche Beurteilung / Einordnung sowohl aus der morphologischen als auch aus der genetischen Perspektive erlaubt.

    Es gibt mehr und mehr gute bis hervorragende Ansätze, dazu muss man aber über den deutschen Tellerrand hinausblicken. Universitäten in anderen Ländern sind da schon viel weiter und liefern oft (nicht immer!) sehr gute und auch ausgewogene Ergebnisse von namhaften Mykologen mit umfassender Betrachtung. In Deutschland geht diese Forschung eben vorwiegend von "Amateuren" aus, womit sich der Kreis wieder schließt zu Andreas, Zotto & co, die in ihrem Fachbereich nämlich genau so arbeiten, daß sie möglichst viele Betrachtungsweisen (auch genetisch!) kombinieren.

    Würden man solche Experten, die auch taxonomisch und morphologisch auf dem aktuellsten Stand sind, auch in die genetischen Froschungen einbeziehen, dann käme auch weniger Unfug raus, wenn man Pilzsequenzen blastet (wie oben vorgeschlagen). Da ist nämlich auch ein Haufen fehlbestimmter Mist dabei, mal abgesehen von in dem Zusammenhang völlig unbrauchbaren "Ectomycorrhizal samples". Momentan kann man - jetzt mal überspitzt ausgedrückt - die eben ausgelesene Sequenz von einem Wiesenstaubbecher blasten, und bekommt als "nächste Treffer" Fliegenpilz, Buchenwaldbecherling und Birnengitterrost angezeigt.
    beispiel ist jetzt frei erfunden, aber ähnlich makabre ergebnisse kommen durchaus vor. Soll einfach heißen: Wenn jemand Sequenzen nimmt und archiviert, aber einen Steinpilz nicht von einem Saftling unterscheiden kann, sind diese Ergebnisse halt für die Tonne. Solange so gearbeitet wird ist der "Taschensequenzierer" nichts als ein kleiner Running - Gag am Rande. Das wird sich auch dadurch nicht bessern, wenn man tatsächlich erlauben würde, neue Species nur anhand einer Seqquenz zu beschreiben. Den solcher pseudowissenschaftlicher Unfug ist auch das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt ist (bzw. die Serverkosten, auf denen er gespeichert ist), und bringt aus wissenschaftlicher sicht exakt null Erkenntnisgewinn, aber einen Haufen ungültiger Beschreibungen, die man erstmal aussortieren und falsifizieren muss, wenn man sich mit einem Thema beschäftigen will.


    LG, Pablo.