Milchweißer Eggenpilz

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 9.176 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (13. März 2019 um 17:13) ist von antoff.

  • Liebe Pilzfreunde,

    folgenden Pilz habe ich am Wochenende an einem liegenden recht großen Laubholzast gefunden. Zuerst dachte ich wieder an einen Resupinatstacheling, aber die Mikrobilder lassen mich jetzt an Irpex denken, und zwar an Irpex lacteus - milchweißer Eggenpilz. Gut, milchweiß sind die Fruchtkörper jetzt nicht, aber sonst habe ich keine bessere Idee. Könnte die Bestimmung hinhauen?

    Vielen Dank und liebe Grüße

    Matthias

  • hi matthias,

    Meine kleine pilzwelt: milchweißer eggenpilz würde mich hier sehr wundern, da sollten schon einige resupinate anteile sein, im alter "kenn" ich ihn dann grünlich werdend an der oberfläche.

    Hirschbraune tramete könnt ich mir vorstellen, mal schaun was noch für ideen kommen. Trametes cervina = Hirschbraune Tramete - Aphyllophorales s.l. - Pilzforum.eu

    Schöner fund jedenfalls:thumbup:

    Lg joe

  • Hallo Joe,

    vielen Dank für deine Rückmeldung. Ich glaube, du hast völlig recht. Die hirschbraune Tramete macht hier tatsächlich viel mehr Sinn. Das Fehlen der resupinaten Anteile hatte mich zwar auch etwas stutzig gemacht, aber dann doch nicht so sehr, um in eine andere Richtung zu denken.

    Liebe Grüße

    Matthias

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!

    Hm, nein, das ist weder Irpex lacteus (milchweißer Eggenpilz) noch Trametes cervina.

    Zu irpex passen die deutlich pigmentierten Hutoberseiten nicht - ein wenig ocker darf da schon sein, aber sowas wie hier ist außerhalb der möglichen Variationsbreite. Zudem müssten sich da die entsprechenden Pseudozystiden finden, die zwar nicht immer inkrustiert sind, und auch nicht immer sofort zu sehen (vgl. zB auch >hier<), aber die werden hier vermutlich ganz fehlen. Auch glaube ich, daß man hier Schnallen an den generativen Hyphen bzw. an der Basis von Basidien und Basidiolen finden wird.

    Zur Hirschbraunen Tramete passen die Oberflächenstrukturen nicht, sowie die Form der Fruchtkörper. Auch anhand der Sporenform kann man die Hirschbraune Tramete hier schon ausschließen.

    Ein schwieriger Fall, diese Kollektion. Möglich wäre eine etwas missratene Trametes versicolor (Schmetterlingstramete), die ist mir auch ab und an schon mit solchem "irpicoidem" Hymenophor begegnet. makroskopisch sprechen aber die bestenfalls undeutlich und verschwommen zonierten Hutoberseiten dafür, sowie die einigermaßen unfilzig wirkenden Hüte. Auch die Sporen scheinen einen Tik zu breit für Trametes versicolor. Skeletthyphen sind allerdings ja deutlicih zu sehen, interessant wäre, ob sich irgendwo auch noch Bindehyphen finden lassen, der Pilz also trimitisch wäre. Theoretisch könnte das sogar Trametes ochracea (Ockertramete, Zonentramete, Dreifarbige Tramete) sein, dagegen sprechen aus meiner Sicht aber die reichlich dünnen Fruchtkörper und daß mir die Art mit einem solchen hymenophor noch nie begegnet ist. Für T. ochracea wäre die Sporengröße dann acuh nahe am unteren Ende der Skala, also untypisch klein.

    Prüfen könnte man noch auf einige seltenere Arten, speziell bei Trametes, aber das könnte sich zu einer schwierigen suche entwickeln.


    LG, Pablo.

  • Vielen Dank für deine Überlegungen Pablo. Scheint ja wirklich ein komplizierter Pilz zu sein. Schnallen meine ich auf jeden Fall bei den Basidien gesehen zu haben. Auf den Fotos kann man sie aber leider nicht mehr erkennen. Die Idee mit der Schmetterlingstramete mit "iripicoidem Hymenophor" finde ich sehr interessant. Ich weiß nicht, ob das jetzt viel zu bedeuten hat, aber Schmetterlingstrameten haben für mich immer so einen leicht frischen "säuerlichen" Geruch; und genau diesen Geruch hatten auch die Pilze auf den Fotos.

    Ich schaue noch mal, ob ich vielleicht Bindehyphen finden kann, die mir bei der ersten Untersuchung nicht aufgefallen sind.

    Liebe Grüße

    Matthias

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Matthias!


    ich hänge mal noch ein paar Bildchen an von drei veschiedenen Kollektionen von Trametes versicolor, zwei davon mit Zähnchen und alle irgendwie untypisch gefärbt.

    In den Mikrobildern (kann man alles vergrößern durch Anklicken) hast du vielleicht die Möglichkeit, das etwas abzugleichen mit deinem eigenen Fund.

    Erstemal ein kleiner, poroider, ockerlicher Fruchtkörper an Nadelholz:

    Dann ein komisch helles, irpicoides Ding an Eiche:

    Dann eine Kollektion von Rotbuche, die ich zugeschickt bekam (und von der ich leider keine Standortaufnahmen habe):


    LG, Pablo.

  • Ok jetzt wo man die unterschiede wieder vorgekaut bekommt kommt auch die erinnerung- so eine verrückte schmeterlingstramete hab ich auch mal gefunden- mal schaun ob ich noch wo fotos dazu finde.

    Feine aufstellung pablo:thumbup:

    Lg joe

  • Hallo Pablo, super, vielen Dank für deine Fotos. Ich werde versuchen, am Wochenende den Pilz noch einmal unter dem Mikroskop zu untersuchen. Dazu helfen mir deine Aufnahmen schon viel weiter. Vorher hatte ich noch nie davon gehört, dass es auch mal irpicoid daherkommen kann. Mal schauen, ob ich vernünftige Mikrobilder hinbekomme und der Pilz tatsächlich eine Schmetterlingstramete ist.

    Liebe Grüße

    Matthias

  • Hallo zusammen,

    ich habe mich noch mal an den Pilz herangewagt und versucht, Schnallen bei den Basidien und Bindehyphen zu finden. Wie sollte es anders sein: Ich bin nicht sicher. Ich stelle mal die Fotos ein von einer Basidie, die m.E. eine Schnalle besitzt, noch einmal generative Hyphen (nennt man das so) und von einer Struktur, die ich jetzt mal kühn als Bindehyphe interpretiere.

    Auch wenn ich mir natürlich nicht sicher bin, scheint jetzt doch alles Richtung Schmetterlingstramete zu weisen.

    Ich hatte auch einen KOH-Test gemacht; die Farbe, Pablo, ist sehr ähnlich zu der auf deinen Fotos: so ins Orange gehende.

    Liebe Grüße

    Matthias

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Matthias!


    Skeletthyphen würde ich da acuh erkennen, also die extrem dickwandigen (oder sogar vollen) Hyphen mit Verzweigungen. Die dürften dann auch nicht septiert sein.
    Schnallen: Schwer zu erkennen, ist aber ja oft so. Von der Form der Basidienbasis siehts aber schon nach schnallen aus.

    Mikroskopierst du in KOH? Ideal sind bei solchen Pilzen 3% - 5% KOH, das weicht die Strukturen etwas auf und bietet ganz gute Kontraste.

    Auch gut finde ich Kongorot, wobei man dann entweder vorher in KOH einweichen sollte oder gleich Kongo NH3 nehmen, also in Lauge gelöst. Kongo SDS + Lauge (also KOH) ergibt dagegen lästige Kristalle, wenn man nicht mit Wasser durchspült.


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,

    ja, ich habe bei der vermeintlichen Schmetterlingstramete sowohl mit KOH (3%) als auch mit Kongorot mein Glück versucht. Die Kombination der zwei Stoffe muss ich noch einmal ausprobieren. Auf den Fotos sind also keine Bindehyphen zu erkennen, sondern (nur) verzweigte Skeletthyphen?

    Schwierig, schwierig. Ich glaube fast, der Pilz ist dann mikroskopisch doch eine Nummer zu groß für mich. In den nächsten Tagen starte ich aber noch einmal einen Versuch. Wäre doch gelacht, wenn ich da nicht noch was entdecken sollte. :cool::)

    Vielen Dank für deine ganzen Hilfestellungen und liebe Grüße

    Matthias

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Matthias!

    Manchmal ist das gar nicht so leicht zu untescheiden, ob Bindehyphen oder verzweigte Skeletthyphen - eben weil Bindehyphen im Grunde ein Typus von Skeletthyphen sind. Ebenso wie Skeletthyphen sind sie unseptiert, generell dickwandig bis ohne Lumen - aber sie sind meistens kürzer (abgesehen vom Bovista - Typ) und Skeletthyphen sind eben nur ausnahmsweise verzweigt und dann generell nur dichotom, nie verästelt.

    Was du zeigst, würde ich schon als Bindehyphen interpretieren, jedenfalls die sehr dickwandigen, mehrfach verzweigten Elemente. Auf dem ersten Bild hast du auch eine solche Hyphe fotografiert, wo aus einem Hauptast drei Äste an der selben stelle in verschiedene Richtungen abzweigen. Sowas sollte bei Skeletthyphen nicht vorkommen, passt aber ganz wunderbar zu Bindehyphen.


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,

    super, vielen Dank für die weiteren Erklärungen. Dann deutet irgendwie tatsächlich alles auf die Schmetterlingstramete. Ich werde auf alle Fälle noch einmal einen Mikroversuch straten. Selbst wenn da dann nichts weiteres herauskommt, habe ich auf jeden Fall mit dem Pilz und deiner Hilfe eine ganze Menge gelernt, was auch schon toll ist.

    Liebe Grüße

    Matthias