Seitlinge? Knäuelinge? Wasganzanderslinge?

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 3.882 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (14. Juli 2019 um 18:01) ist von Beorn.

  • Hallo alle zusammen!

    Heute habe ich an totem Rotbuchenholz interessante Pilze gefunden, die ich für Seitlinge unterschiedlicher Couleur halten würde.

    Der eine ist gelblicher. Da wäre ich zuerst beim rillstieligen Seitling gewesen, bin aber wieder davon abgekommen. Nur - leider weiß ich nicht, wohin. Ein Knäueling?

    Der andere, deutlich grauer wirkend, müsste fast ein Austernseitling sein - im Juli?!? Die Stielbasis ist filzig und auch sonst würde mir da nichts anderes einfallen. Gut, die letzten Nächte waren doch recht frisch, um die 8 Grad, lokal sogar etwas drunter. Aber gibt es das, dass Austernseitlinge im Sommer fruktifizieren? Auf dem ersten Bild sind die Unterseiten beider Arten im Vergleich zu sehen.

    Jetzt bin ich auf Eure Rückmeldungen gespannt.

    Gruß, Joachim

    links das, was ich für einen Austernseitling halten würde. Rechts, was ich für einen .... ääääh.... tja

    hier der mutmaßliche Austernseitling rechts

    Rillstieliger Seitling?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Joachim!

    Das ist wohl auch hier das Verständnisproblem, was oft von gewissen Literaturangaben vermittelt wird, wenn dort von Haupterscheinungszeiten geredet wird.

    Das ist jeweils eine nette Nebeninfo zur Phänologie, hat aber nichts mit der Bestimmung zu tun, bzw. ist es in Wirklichkeit ja so, daß die Erscheinungszeit für die Bestimmung von Pilzen erstmal irrelevant ist.
    Beim Austernseitlinge (Pleurotus ostreatus) erst recht: Pleurotus ostreatus bildet ganzjährig Fruchtkörper (vom ersten Januar durchgehend bis zum 31. Dezember wäre die korrekteste Angabe) bei geeignetem Witterungsverlauf. Haupterscheinungszeit der dunkel gefärbten, sehr kompaktfleischigen einhemischen Urformen ist so ungefähr September bis April, aber vor allem deren Hybriden mit diversen Zuchtformen findet man ganz häufig auch in den Sommermonaten. Pleurotus pulmonarius (Lungenseitling) und Pleurotus cornucopieae) Rillstieliger Seitling) sind im Vergleich zu Pleurotus ostreatus schon phänlogisch etwas wählerischer.

    Beide scheiden aber für deinen Fund aus wegen Habitus, Farben und Striegeligkeit der Stiele. Da bleibt in dem Fall bei hellem (blass violettem oder beigem) Sporenpulver nur noch Austernseitling (Pleurotus ostreatus), und ich finde nicht nur das Aussehen sondern auch die erscheinungszeit (Sommer) ganz typisch für Pleurotus ostreatus.


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo!

    Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Das ist tatsächlich so eine Sache mit den Angaben in Pilzführern oder auch auf der 123Pilzsuchmaschine. Da steht beim Austernseitling deutlich "Winterpilz" zu lesen, weil er da üblicherweise (?) in größerer Menge zu finden ist. Du schreibst nun, dass für Dich die Erscheinungszeit typisch ist - das überrascht dann schon. Aber ich wäre, trotz all meiner Überraschung heute weiterhin davon ausgegangen, Austernseitlinge gefunden zu haben und hätte es auf die doch sehr kühlen Nächte jüngst geschoben. Das passt dann wieder dazu, dass Du schreibst, es können quasi jeden Tag im ganzen Jahr Fruchtkörper gebildet werden, sofern die Witterung passt.

    Unklar ist mir noch, ob Du nun auf meinen Bildern nur eine Art Pilz sehen würdest, die ich da gefunden habe. Wie oben erwähnt ist die eine Art (ich bleib mal zögernd dabei, dass es zwei sind) gelblicher und hat nicht die faserige, filzige Stielbasis. Nur eine Variation?
    Danke im Voraus für weitere Aufklärung.

    Joachim

    Einmal editiert, zuletzt von JojoErk (14. Juli 2019 um 07:47)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Joachim!

    "Typisch" hätte ich hier mit einem Augenzwinkern versehen können: Bei PIlzen, die ganzjährig Fruchtkörper bilden, ist halt jeder Erscheinungszeitpunkt "typisch". :wink:

    Pleurotus ostreatus finde ich selbst im Winter auch etwas häufiger als im Sommer, vor allem weil man im Winter noch mehr darauf achtet. Aber ich finde sie auch oft im Sommer, insofern...
    Kühle Nächte (10 - 15 °C) sind ja im Sommer in Mitteleuropa völlig normal, und für Pleurotus ostreatus auch dank der vermischung mit diversen Zuchtformen völlig ausreichend, um Fruchtkörperbildung anzuregen.

    Ich denke, daß alle gezeigten Fruchtkörper zur gleichen Art gehören, und nur das Alter der Fruchtkörper unterschiedlich ist. Darum das etwas andere Aussehen. Also auch keine Variation, sondern potentiell vom selben Mycel gebildet (also gleicher Organismus wie die älteren Fruchtkörper).

    LG; Pablo.