Gestrige Chagatour

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 4.010 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (14. Februar 2020 um 20:30) ist von Habicht.

  • Hallo,

    des schlimmen Orkanes wegen schon viel zu lange zum Stubenhocken verurteilt, musste ich gestern unbedingt eine angekündigte kurze Atempause "Sabines" nutzen und schnell mal wieder raus. Und wie auf Bestellung zeigte sich sogar die Sonne. So entschied ich mich, einmal in einem nahen "Chaga-Wäldchen" nach dem Rechten zu schauen.

    Ich möchte euch nun mal mitnehmen und zeigen, was überhaupt einen Chaga-Wald zu einem solchen macht:

    1. Zuallererst braucht man natürlich Birken, viele Birken...

    wenn auch teilweise schon sturmgebeutelt, was jedoch auch anzeigt:

    2. Viiiiel Wind...

    und 3. Wasser...

    Vor allem jedoch 4. Natürlich der Chaga selbst...

    Diese rauhen Lebensbedingungen liebt der Schiefe Schillerporling und wenn dann alles zusammenkommt, hat man halt

    einen Chaga-Wald!

    Diese erste Chagabirke hier kenne ich seit knapp zwei Jahren und beobachte seitdem die Entwicklung der Pilze. Auf dem nächsten Bild sieht man hervorragend, dass mittlerweile, wahrscheinlich aus einem Myzel stammend, sich schon an drei Stellen Knollen bilden:

    Aber solche Mehrfachfunde sind hier fast normal:

    Auch hier bilden sich gleich an mehreren Stellen Fruchtkörper heraus. Aber leider, selbst wenn diese dann in vielen Jahren mal erwachsen sind, macht diese tiefe Wuchshöhe diese Pilze für eine spätere medizinische Verwendung unbrauchbar!

    Auch hier wieder mehrere, jedoch schon etwas ältere, Inonotus obliquus an einem Baum:

    Einen davon habe ich mir mal etwas näher angeschaut und ein kleines Stück herausgebrochen. Sehr gut sieht man, wie stark durchnässt dieser Pilz ist und er in diesem Zustand kaum noch etwas mit der ihn sonst so treffenden Beschreibung als glühende Holzkohle gemein hat:

    Für mich immer wieder auch ein äusserst imposanter Pilz:

    In diesem Wäldchen entwickelt sich jedoch überall, auch in vernünftigen Höhen, neues kleines Chagaleben:

    Letzendlich dann bei dieser Doublette auch noch ein erwachsenes Exemplar:

    Von diesem habe ich dann auch zwei Drittel mitgenommen. Der Rest blieb am Baum und wird weiter wachsen!

    Das also meine kurze Chagatour und ich hoffe, dass ich allen, die diesen noch nicht auf ihrer Liste abhaken konnten, ein paar Anregungen geben konnte.

    LG Thomas

  • hallo Thomas!


    beeindruckende Funde! Da kann ich nur träumen davon!

    Leider habe ich so einen Wald nirgends in der Gegend.


    vielen Dank fürs Mitnehmen!


    Liebe Grüße

    Alex

    Wie bei den Pilzen generell, so sind auch meine Angaben grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen!

    Ich bin kein Pilzexperte, nur ein mykologisch interessierter Laie!

    Offizielle Freigaben kann es nur beim Pilzsachverständigen vor Ort geben!

  • Hallo, Thomas,

    danke für den schönen Bericht.

    Du schreibst unter anderem Folgendes:

    "Auch hier bilden sich gleich an mehreren Stellen Fruchtkörper heraus. Aber leider, selbst wenn diese dann in vielen Jahren mal erwachsen sind, macht diese tiefe Wuchshöhe diese Pilze für eine spätere medizinische Verwendung unbrauchbar!"

    Kannst du mir mitteilen, aus welchen Gründen die Chagapilze, die im tiefer Wuchshöhe vorkommen, für eine medizinische Verwendung unbrauchbar sind?

    Viele Grüße

    Thomas

    Auch von mir selbstverständlich keine Essensfreigabe. Sämtliche Darlegungen und Aussagen sind subjektiv und unverbindlich.

  • Hallo Thomas,

    wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass sich in Pilzen bis zu einer Höhe von ca. 1,50 m kaum relevante Mengen ihrer so wertvollen Inhaltsstoffe befinden. Die Birke ist ja ein sehr Wasser ziehender Baum und auch die Chaga, die viele ihrer Vitalstoffe direkt in Wechselwirkungen mit dem Baum bilden bzw. ihm entziehen, in diesen niedrigen Höhen beinhalten fast nur Wasser. Bei Birken (bzw. darauf wachsendem Chaga) welche, doch recht häufig, direkt am oder gar im Wasser stehen, sollte man sogar ganz auf eine medizinische Verwendung verzichten.

    LG Thomas

    P.S.: Jens, mit "Hundehöhe" hat das eher weniger zu tun. Da sind wohl alle anderen Pilzfunde viel eher gefärdet...:D

    Einmal editiert, zuletzt von Beachwolle (12. Februar 2020 um 18:40)

  • Hallo Thomas,

    besten Dank für deine ausführlichen Erklärungen. Da wäre ich nicht drauf gekommen. Aber wenn man die Ursachen kennt, wird's verständlich.

    Etwas Anderes, was jetzt nicht dich betrifft. Erstaunlich, wie fast reflexartig Hunde ins Spiel kommen. Klar, ich ärgere mich auch, wenn Leute die Hinterlassenschaften ihrer Tiere nicht wegräumen. Aber wenn ich daran denke, was ich schon alles an dreckigen, gefährlichen und giftigen Sachen im Wald, an Flüssen, aber auch in Gemeinden gefunden habe, machen mir die dafür verantwortlichen Menschen, Situationen und die Schäden an der Natur weit mehr Kopfzerbrechen.

    Viele Grüße

    Thomas

    Auch von mir selbstverständlich keine Essensfreigabe. Sämtliche Darlegungen und Aussagen sind subjektiv und unverbindlich.

  • Servus Thomas,

    pfoahhh, echt ein Hammer, dein Chagaplatzerl, :)

    Und da könnte sich früher oder später auch die sehr seltene HFF finden lassen. Was die Wirkstoffe im Chaga anbelangt bin ich nicht firm, ob da die Feuchtigkeit bzw. Wuchshöhe ein Rolle spielt? Interessantes ist in diesem kurzen Thread nachzulesen,

    Inonotus obliquus f. sterilis - Funga Austria

    War für mich absolutes Neuland, dass dieser Vitalpilz bereits in einer Petrischale Poren bilden kann. Und das es keines Baumes bedarf, um die Wirkstoffe zu produzieren.

    LG

    Peter

  • Hallo Peter,

    Zitat: "...Auf vielen Seiten im Internet wird behauptet, dass nur wild gewachsene Exemplare die pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffe
    enthalten würden. Das ist Unsinn. Das Myzel von Inonotus obliquus ist fähig, die medizinisch wirksamen Inhaltsstoffe wie ß-Glucan, Betulin,
    Polyphenole etc. wie du erwähnt hast, auch in Flüssigkultur oder aber auch auf soliden Substraten wie z.B. Reiskörnern zu synthetisieren..."

    diese Grundaussage, aus deinem Link, ist im Gesamtkontext, gelinde gesagt, schlichtweg falsch, eigentlich sogar äusserst schlecht recherchierter unwissenschaftlicher Blödsinn!

    Natürlich kann auch dieser Pilz völlig losgelöst von einem Wirt eigene Inhaltsstoffe, in diesem Fall sogar einige Vitalstoffe wie z.B. Melanin, bilden. Das können aber nahezu alle anderen Pilze oder auch Pflanzen ebenso. Sich, wie oben praktiziert, einzelne biochemisch aktive Substanzen als "Beweis" herauszupicken, ist allerdings schon nahezu blasphemisch! Kaum eine einzelne medizinisch relevante Substanz macht den Chaga zu dem was er ist. Erst das Zusammenspiel ALLER Inhaltsstoffe, zum Teil noch unbekannt und in der Gesamtheit wissenschaftlich noch gar nicht vollständig überblickbar und verstanden, lässt diesen Pilz so wirksam werden!

    Komplett unlogisch und unsinnig ist z.B. die Aussage, der Chaga könne quasi in vitro Betulin und Betulinsäure bilden. Das ist ohne den Wirt Birke völlig unmöglich! Wie sollte er das denn bitte aus "...Reiskörnern synthetisieren"?!

    Hier mal alle Inhaltsstoffe von Reis (100g) laut Wiki:

    Nicht die Spur von Betulin!

    Heureka, dieser "Experte" hat glatt einen Weg (wieder)entdeckt, quasi Gold aus Stroh zu spinnen...!:wink:

    Beide Substanzen sind, ja jedem durch verschiedenste Produkte (z.B. Birkenwasser) bekannt, ganz klassische, medizinisch wichtige und geschätzte Komponenten dieses Baumes! Sie gelten als starke baumspezifische Abwehrstoffe eben gegen diesen Pilz. So beinhaltet auch AUSSCHLIEßLICH, und das ist mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen, der an Birke gewachsene Chaga relevante Konzentrationen von Betulin und Betulinsäure! Nicht der Chaga auf Erle oder anderen Wirtsbäumen, schon gar nicht der auf Reisstroh oder ähnlichen Substraten gezüchtete und erst recht nicht der aus der Petrischale!!!

    Ist eigentlich nicht nur einwandfrei logisch nachvollziehbar, auch die tausende Jahre alte Geschichte der (volks-)medizinischen Anwendung kennt nur einen wirksam Chaga: Den von der Birke!

    Die chemischen Strukturen des wilden und des gezüchteten Inonotus obliquus unterscheiden sich so dermaßen stark, dass mittlerweile völlig getrennte und unabhängige Untersuchungen beider "Species" stattfinden.

    Den größten Teil seiner wirklich interessanten Inhaltsstoffe, wie beispielsweise Polyphenole, Triterpene, Phytosterole (Lanosterol, Inotodiol, Ergosterol, Fecosterol u.a.), Superoxiddismotasen und viele weitere seiner über 100 kaum oder noch gar nicht bekannten Mikrosubstanzen, bildet der Chaga sehr langsam wachsend in einem Jahre bzw. Jahrzehnte dauernden Prozess als Abwehrstoffe. Vorwiegend ja in subpolaren Regionen lebend, benötigt er diese Substanzen, um sich vor dem rauhen Klima zu schützen, um z.B. Temperaturen von -40 Grad und mehr überhaupt überleben zu können.

    Zuchtchaga, der unter Laborbedingungen in klimatisierten Räumen auf Algen-Glukose-Getreidesubstraten und innerhalb von nur wenigen Monaten zur "Ernte" gepuscht wird, benötigt solche eigenen "Überlebenssubstanzen" erst gar nicht, hat nie auch nur eine Birke gesehen und konnte demnach also auch niemals birkeneigene bioaktive Stoffe aufnehmen!

    Der elementare Unterschied, nach wissenschaftlichen Untersuchungen, sowohl der allgemeinen Inhalts- als auch der speziellen Vitalstoffe bei Zucht- und Wildchaga ist erschreckend! Eigentlich kann man beide überhaupt nicht vergleichen!

    Zuchtchaga ist ein einziger Marketing-Trick und dient ausschließlich der Profitmacherei! Und wer sich öffentlich so äussert wie obiger "Autor"...

    Da würde ich am liebsten gleich wieder Brecht zitieren: "Wer die Wahrheit nicht weiß, der...", aber das verkneife ich mir.

    Es ist für mich nur immer wieder erschreckend, was teilweise und immer stärker für unfassbarer Unsinn verbreitet wird, seit es dieses Medium Internet gibt!:cursing:

    LG Thomas

    PS.: Ja, seit zwei Jahren hoffe ich, auch in diesem Wäldchen, endlich der Hauptfruchtform zu begegnen. Und irgendwann klappt das bestimmt auch noch...:love:

    Einmal editiert, zuletzt von Beachwolle (14. Februar 2020 um 01:31)

  • Servus Thomas,

    danke für deine ausführliche Antwort, bin aber auch nach dieser nicht firm, was die Wirkstoffe anbelangt, :wink:

    Über Geschmack lässt sich streiten, aber Tomaten frisch von Garten schmecken einfach um Ecken besser als die, zumindest optisch, besser daher kommende '1A Ware' vom Diskonter.

    Weiß jeder, warum dass so ist, oder?

    Holland sieht rot: Jetzt werden Tomaten gedopt

    In der Pharmazie forscht man daran, einen oder mehreren Wirkstoffen einer Pflanze, eines Pilzes usw. auf die Schliche zu kommen, diese zu isolieren und dann möglicht günstigst zu produzieren. A bisale laienhaft ausgedrückt, aber so läuft's doch ab. Europa hat die Produktion von Medikamenten weitestgehend nach China ausgelagert, gewisse Medikamente sind deswegen in deutschen Apotheken gut, aber aus.

    'Echter', über viele Jahre an Birken gewachsener Chaga könnte die Nachfrage nicht einmal ansatzweise abdecken. Wer Chaga möchte, bekommt ihn, den von der Pharmaindustrie produzierten.

    Wer sich ein Erdbeerjoghurt aus dem Kühlregal zupft, den von der Lebensmittelindustrie. In beiden Produkten ist nicht unbedingt das enthalten, was sich ein Konsument erwartet und die Verpackung suggeriert.

    Eigener Herd ist Goldes wert, es ist meine Entscheidung, was in der Pfanne landet. Und eine Birke mit einem Chaga drauf hab'ich auch, 8)

    LG

    Peter