Hallo zusammen,
lustigerweise sind etliche der genannten "Morchelzeigerpilze" seltener als das, was sie anzeigen sollen, sodass man eher von Morcheln als "Zeigerpilze" für den Prachtbecherling oder den Kelchbecherling sprechen müsste. Holzbewohnende/holzzerstetzende Pilze sind natürlich als Zeigerpilze für was-auch-immer total ungeeignet, das einzige was sie anzeigen ist, dass das Gehölz sich einen Pilz gefangen hat.
Generell spricht man von Zeigerflora nur im Zusammenhang mit Boden-, Licht- und Luftverhältnissen, es gibt keine Zeigerflora für irgendwelche botanischen Arten. Die vermeintlichen "Zeigerpflanzen" oder "-pilze" haben einfach nur die gleichen Standortansprüche als das, was sie anzeigen sollen. Ob das dann letzlich an dieser Stelle auch erscheint, ist mehr oder weniger zufällig. Bei den Morcheln ist es so, dass man stundenlang durch geeignete Habitate mit "Zeigerpflanzen" laufen kann, ohne dass man auch nur eine Morchel zu Gesicht bekommt. Hundert Schritte weiter stehen sie dann, ohne dass man nun genau sagen könnte, was den "erfolgreichen" Standort von komplett unbesiedelten Standorten unterscheidet. Es ist der gleiche Boden, es sind die gleichen Pflanzen, aber an der einen Stelle stehen Morcheln da, an hunderten anderen Stellen nicht. Also in meinen Augen ist die Geschichte mit den "Zeigerpflanzen" bzw. "Zeigerpilzen" für Morcheln Humbug.
Übrigens geht man beim Erschließen neuer Morchelstellen auf die beschriebene Weise nicht vor. Am erfolgreichsten ist es, sich von einem Auskenner einen Wald/ein Habitat nennen zu lassen, in welchem dieser schon oft Morcheln gefunden hat. Dann geht man in dieses Habitat und nimmt sich drei bis fünf Stunden Zeit und macht einen ausgedehnten Spaziergang im Mykologentempo (das ist extrem wichtig, denn das übliche Spaziergangtempo ist für eine Morchelsuche viel zu schnell!). Findet man dann tatsächlich Morcheln, notiert man sich die exakte Stelle auf Papier oder merkt sie sich einfach. Beim nächsten Mal läuft man diese Stellen gezielt an, d. h. an diesen Stellen geht man sogar unter das Mykologentempo und scannt den Boden genauestens. Ich selber habe mir auf diese Weise etwa hundert Morchelstellen selbst erarbeitet, wobei mir zugegebenermaßen mein gutes Ortsgedächtnis hilft, und laufe diese dann während der Saison immer wieder ab.
FG
StephanW