Hallo Bernd,
eine Verrucaria ist das schon ziemlich sicher.
Die Probe auf deinem Foto sieht ein wenig so aus, als ob sie zumindest stellenweise von Schnecken überfräßt wurde.
Was du auf deinem 2.Foto zeigst ist mir nicht ganz klar, aber es könnten wahrscheinlich Schläuche mit Sporen sein.
Die beiden folgenden Fotos zeigen eine elliptische Spore.
Auf dem letzten Foto sind Zellen coccoider Grünalgen zu sehen, die eventuell der Algenpartner der Flechte sind.
Die (Algen-)Zelle mit den beiden orangenen Vakuolen könnte eine Trentepohliazelle sein oder gewesen sein, die z.B. auf der Oberfläche der Verrucaria gelebt hat - allerdings ist der Rest dieser einen Algenzelle erstaunlich farblos, es ist kein Chlorophyll zu erkennen.
V. nigrescens könnte schon sein - aber das sicher nachzuweisen, das ist ein Akt!
Zitat auf "Die Flechten Deutschlands": "Da die Arten von Verrucaria s.lat. merkmalsarm und oft sehr variabel sind, ist die Kenntnis der Arten ungewöhnlich schlecht. Bei kaum einer anderen Gattung sind die floristischen Daten so spärlich und mit derart vielen Unsicherheiten behaftet." Der Text geht noch eine ganze Weile so weiter und zeigt, wenn du dich hier sehr lange und sehr gut einarbeitest, findest du in der Erforschung der Verrucarien-Arten sicher noch ein weites Feld, in dem du dich erfolgreich einbringen könntest!
Nachdem ich weiß, dass du immer öfter auf der italienischen Flechtenseite unterwegs bist, hast du dir bestimmt dort schon den Verrucarioden-Schlüssel zu Gemüte geführt.
Es lohnt sich immer, die Probe zuerst unter der Stereolupe genau zu studieren und zu dokumentieren.
Ich würde dir raten, nach den ersten Fotos der Flechte in-situ (also noch vor der Entnahme vor Ort) noch Fotos der Flechtenprobe unter der Lupe zu machen, ehe du sie zerstörst.
V1 Foto in-situ auf Mörtel/Beton
Bild V2 Verrucarien-Probenkrümel
Wichtig wäre z.b. ein anständiges Foto, in dem man die Perithecienlage gut (!) erkennt, und entscheiden kann, ob die Perithecien in den Areolen sitzen oder an deren Rand - sonst kommt man im Schlüssel nicht weiter.
Auch, ob die Areolenränder eventuell isidiös oder sorediös sind.
Wenn die Perithecien nicht gut zu erkennen sind, vielleicht, weil sie sehr tief in den Thallus eingesenkt sind, würde ich mit der Rasierklinge einen sehr flachen Schrägschnitt durch den Thallus machen, um quasi ein Tiefenprofil zu erzeugen.
Dann muss man im Schlüssel entscheiden, ob die Flechte ein Involucrellum besitzen oder nicht und wenn ja, wie es geformt ist.
Spätestens jetzt braucht man einen ordentlichen Anschnitt (ein Dünnschnitt wäre natürlich noch besser).
Ich hatte bei meinem folgenden Beispiel tatsächlich eine sauberen Anschnitt hingekriegt. Unter der Stereolupe sah das so aus:
Bild V3: Einfacher Schnitt durch Verrucarien-Perithecium; die Dicke des braunen Excipulums liegt bei < 30 µm (?)
Da bekommt man einen groben, aber guten Eindruck von, welche Strukturen vorhanden sind, wo, wie dick, welche Färbung sie haben.
Das Involucrellum ist bei dieser Art die kohlige, harte Struktur, die das Perithecium abdeckt.
Bei anderen Arten kann das Involucrellum das Perithecium komplett umhüllen (deshalb heißt es ja auch so) oder ganz anders aussehen.
Die karamellfarbene, dicke Kugelhülle sollte das Excipulum sein, in welchem das Hymenium liegt.
Form, Größe, Dicke u.s.w. der Fruchtkörper und deren inneren Strukturen sind für die Artbestimmung bei Verrucaria unerlässlich, z.B. auch, wie tief das P. in den Thallus eingebettet ist, wie weit es herausragt, wie dick der Thallus ist, u.s.w....
Irgendwann kommen in jedem Schlüssel die Sporen ins Spiel und man muss Sporen vermessen haben!
Da du vermutlich kein Messokular hast, geht es hier dann nicht richtig weiter.
Die Probe von oben hatte ich unter das Mikroskop gelegt (mit Deckblättchen) und mit der Beleuchtung gespielt.
Da konnte man ganz hübsch die großen weißlichen Sporen in den Schläuchen erkennen.
Schläuche und auch Sporen sind in Relation zur Größe des Peritheciums erstaunlich groß!
Bild V4: Einfacher Schnitt durch Verrucarien-Perithecium, in Wasser unter Deckglas; Auflicht
Das Teil habe ich anschließend gequetscht, aber es kam nicht richtig brauchbares dabei heraus, weil zuviele harte Strukturen (Involucerellum, Excipulum; viel Medulla) unter dem Deckgals waren.
Deshalb braucht man einen Dünnschnitt.
Immerhin konnte ich die Schläuche und Sporen genauer beobachten:
Bild V5: Schläuche in Wasser, 8 elliptische Sporen pro Ascus (400x)
Zum Vermessen der Sporen sollten die die Schläuche verlassen haben.
Sporen im Ascus zu vermessen ist sehr ungenau.
Mit etwas Glück schwimmt aber irgendwo eine herum, die man messen kann.
Ein sehr schwieriges Feld!
Wenn man nur hymeniale Strukturen und/oder die Sporen messen möchte, kann man auch das weiche Hymenium mit einer Nadel aus dem Perithecium herauslösen und unter das Mikroskop verfrachten.
Das klappt dann viel besser, liefert aber keine Anhaltspunkte zum Perithecienaufbau.
Bild V6 Sporen in Wasser (1000x), gemessen 17-26 x 10,5-17 µm
Deshalb muss man beides machen: Schnitt und Hymenium quetschen - wenn's nicht anders geht im getrennten Analysen.
LG, Martin
P.S.: Ich kanm bei dieser Verrucaria bei V. muralis heraus - aber ob das stimmt???