Familie vom Teuerling?

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 3.945 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (24. Februar 2021 um 22:07) ist von thiodaheri.

  • Halllo miteinander,

    mir ist klar, das sich auf dem Gebiet der Familienzugehörigkeit in den letzten Jahrzehnten viel getan hat. Da habe ich in den 45 Jahren, die ich botanisch tätig war viel erlebt. Aber bei Pilzen habe ich noch nicht so die Übersicht.

    Da finde ich im Kosmos- Pilzführer die Angabe: Teuerlinge sind Agaricaceen. Ich denke: Hä? Dann schaue ich im 123-Pilzlexikon nach und finde erst mal gar keine Angabe zur Familie, aber einen Wikipedialink. Mein Stutzen ist komplett, als ich da auch die Agaricaceae angegeben finde. Zum Glück gibt es noch akteullere Bücher. Bei J. Guthmann und R. Lüder steht Cyathus bei den Nidulariaceen. Das ist mir schon sehr viel plausibler. Meine Vermutung ist, dass dies ein Ergebnis der Molekularbiologie ist. Vielleicht hat man früher die Teuerlinge bei den Stäublingen gesehen und hat sie so bei den Agaricaceen eingegliedert. Die Nähe der Stäubinge zu Egerlingen scheint ja Bestand zu haben. Obwohl das für mich als Anfänder auch sonderbar erscheint.

    Ich freue mich über erklährende Worte, vor allem, ob es Sinn macht den Eintrag bei Wikipedia zu Korrigieren.

    LG, Diether

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Diether!


    Es lohnt sich eher nicht, das zu reklamieren.
    Die Einordnung der Gattung Cyathus in den Agaricaceae ist völlig in Orndnung. "Nidulariaceae" dürften inzwischen auch aufgelöst sein, zumindest ist Nudularia deformis auch wieder zurück in der Familie der Agaricaceae. Bei Bovisten muss man gucken "Scleroderma" zB sind Sclerodermataceae (Ordnung: Boletales!), Lycoperdon, Bovista & Tulostoma sind weiterhin Agaricaceae. Die Fruchtkörperform ist halt nicht entscheidend für den Verwandschaftsgrad bzw. die evolutionäre Abstammung.
    Dennoch kann man davon ausgehen, daß sich hier und da immer mal wieder was ändern wird, und vor allem darum rate ich davon ab, immer jede neueste Mode mitzugehen. Siehe Beispiel der Nudulariaceae, die es eben mal ein Weilchen gab, und die man mittlerweile wieder so nah an den Agaricaceae sieht, daß sich eine eigene Familie nicht rechtfertigen lässt.


    Lg; Pablo.

  • Hallo Pablo,

    danke für Deine Antwort. Das scheint noch konfuser zu sein, als in der Botanik. Aber da bin ich eben hineingewachsen, in die Mycologie nicht. Eigentlich wollte ich nur meine Fotos nach Abteilungen, Ordnungen und Familien ordnen. Das ist aber nicht so einfach, wenn man lauter Bücher hat in denen überall was anderes steht und selbst die Neusten nicht gültige Aussagen machen. Weil ich nicht den totlen Überblick habe, muss ich mich an was halten. Nehme ich wohl das Kosmos Buch, da habe ich immerhin 1200 Arten und eine Darstellung des Systems. Und wenn nicht alles ganz aktuell ist, sei es drum.

    LG, Diether

    Einmal editiert, zuletzt von thiodaheri (12. Februar 2021 um 23:16)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Diether!


    Wenn man Pilze udn Pflanzen vergleicht, deutet es sich mittlerweile an, daß der Arten- und Formenreichtum bei Pilzen wohl doch deutlich größer ist und die systematische Auffächerung evolutionsbedingt noch komplexer. vergleiche sind aber schwierig, weil nach wie vor über Pflanzen viel mehr bekannt ist als über Pilze (und Tiere, btw., die dann nochmal systematisch viel komplexer als Pilze sind).
    Selbstverständlich ist das aber wie du schon festgestellt hast auch eine Frage, wo man sich wie reingearbeitet hat. Wenn die Pflanzenkunde dir vertrauter ist, weil du dich damit lange und intensiv beschäftigt hast, dann stellt sich die Systematik der Pilze auch mit ihren veränderungen (gibt's ja bei Pflanzen auch) eben noch verwirrender da.
    Die Fragen, die du dir logischerweise gerade stellst, haben mich selbstverständlich auch schon beschäftigt und verwirrt. Manches hat zB erst dann Sinn gegeben, als ich zu mikroskopieren angefangen habe, in manchen Fällen hilft das schon zum verständnis, weil man eben mehr morphologische Details sieht. Beobachtet man zB Sporen, Basidien, Zystiden und Hyphenstrukturen, ergibt das schon einen Sinn, warum zB Gattungen wie Leucogyrophana, Serpula und Coniophora Boletales sind (also mit Röhrlingen verwand), warum Bondarzewia zu den Russulales gehört, oder warum der Habichtspilz näher mit Tomentella verwand ist als mit Hydnum - bzw. warum Hydnum (Semmelstoppelpilze) viel mehr was mit Pfifferlingen (Cantharellales) zu tun haben.


    Lg; Pablo.

  • Hallo Pablo, hallo miteinander,

    das Kosmos-Buch bringt mich immernoch durcheinander, so dass ich Deine Erfahrung noch mal beanspruchen muss. Die nomenklatorische Übersicht umfasst in dem Buch: Klasse, (Unterklasse), Ordnung, Familie, Gattung. Es geht um die Polyporaceen. Mit 5 Gattungen (Polyporus, Pleurotus usw.) wird die Familie unter den Polyporales eingeordnet und dann mit der Fülle an Gattungen unter Aphyllophorales (p[h]orales ?). Da erscheint auch ein Polyporus in Gestalt des Eichhasen. Ist es möglich, dass bei der Ausgliederung einiger Arten die Familie dergestalt beibehalten wurde, dass sie nun unter dem gleichen Namen in zwei verschiedenen Ordnungen auftritt? Schwer vorstellbar! Oder hat der Verlag das im Zuge neuer Auflagen einfach vergeigt? Mich interessiert, ob es da eine erleuchtende:/Erklärung gibt und hoffe sie ist nicht zu aufwendig.

    LG, Diether

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Diether!


    Da ich das Buch nicht kenne, kann ich nicht beurteilen, ob das "vergeigt" ist.
    Eventuell stützt sich da die Einordnung auch auf eine Hilfssystematik, also eine Übersicht nach makroskpischen merkmalen, die dann natürlich nicht der tasächlichen evolutionären Systematik ensprechen kann.
    Der Gedanke kommt mir deswegen, weil es gar keine "Ordnung" der "Aphyllophorales" gibt. Aphyllophorales ist ein Hilfsbegriff, und meint übersetzt einfach nur "Nichtblätterpilze". Das ist genauso wenig systematisch wie der Begriff "Großpilze" und ebenso wenig definiert.
    Nichtblätterpilze gibt es in allen Klassen, Ordnungen und fast allen Familien.

    Diffus wird das Ganze dadurch, daß man konsequenterweise Arten wie Lenzites betulina (Polyporales, Polyporaceae) oder Lentinus tigrinus (ebenfalls Polyporales, Polyporaceae) nicht zu den "Aphyllophorales" zählen könnte, weil die ja Lamellen haben.
    Eventuell kommt die Verwirrung dann daher, daß in dem Buch der (zugegeben etwas verwirrende) Versuch unternommen wird, nach tatsächlicher Systematik (Polyporales, wobei das wirklich ein ganzer Batzen Familien und sehr viele Gattungen sind, bei weitem nicht nur Porlinge) und "Hilfseinordnung (Aphyllophorales, was ja eben keine sytematische Ordnung ist) gleichzeitig vorzugehen?

    Man kann das schon so machen, wenn es einem hilft, und auf die (teils tatsächlich sehr komplexe) Systematik verzichtet und sich erstmal an den "Hilfseinordnungen" durchhangelt. Dabei stößt man aber recht schnell an Grenzen; siehe Beispiele oben mit den lamelloiden Polyporaceae. Beides gleichzeitig irgendwie zu verfolgen schafft aber mehr Verwirrung als Klarheit, fürchte ich.

    Was den Eichhasen betrifft: Der gehört schon zu den Polyporaceae (und damit zwangsläufig zu den Polyporales), und auch wenn die Gattung Polyporus inzwischen gesplittet wurde (Eichhase müsste jetzt Dendropolyporus sein?) ändert das in dem Fall nichts an der Familienzugehörigkeit.
    Man muss auch nicht immer das ganez Gattungssplitting mitgehen - aber wenn man es systematisch einigermaßen korrekt machen will, dann guckt man besser zB >hier< nach. Da hat man immerhin Klasse, Ordnung und Familie, und das wird auch einigermaßen zuverlässig geupdatet - mit Peer - Review, also Kontrolle.


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,

    danke für Deine Erklährungen. Die Vorstellung eine "Hilfssystematik" zu verwenden, die den Stand der Forschung umgeht um Laien zu bedienen, finde ich schon etwas eigenartig. Dabei eine Familie in zwei Ordnungen aufzuteilen noch eigenartiger. Hätte er doch einfach eine neue Familie, die Phyllophoraceae, gebildet, um die blättrigen Polyporaceen darin unter zu bringen. Der Er heißt übrigens Hans E.. Laux (Der große Kosmos Pilzführer).

    So wie es sich mir jetzt darstellt ist es ein "Hilfssystem", das ganz auf die, im Buch, behandelten 1200 Arten zugeschnitten ist. Es dient gleichzeitig, mit Hilfe von Kl. Grafiken, zum Schnellfinden der Gattungen. Das will ich natürlich für mein Foto-Archiv nicht übernehmen. Die Angaben der Datenbank der DGfM sind schon recht hilfreich und es ist gut sowas zu haben, das online ist und gepflegt wird.

    Um die Ordner für meine Fotos aber einzurichten, wäre eine Indexmäßige Darstellung der Rangstufen allerdings super. So was habe ich auf der Homepage nicht gefunden. Mir ist klar, dass die Dinge fließend sind und einzelne Autoren unterschiedlicher Meinungen sind. Im >Zander< findet sich so eine Übersicht über das System der Gefäßpflanzen, das versucht der neusten Ansicht zu folgen, aber aus bestimmten Gründen ältere Meinungen berücksichtigt. Das ist Ok, aber die "Hilfseinrichtungen" aus einem Buch zu übernehmen, die ja nur für dieses Buch gemacht wurden, mag ich natürlich nicht.

    Falls Du oder jemand anderes wüßte, wo ich eine solche Index-artige Übersicht, die sich möglichst noch auf die Basidiomycetes und die Ascomycetes beschränkt, finden könnte wäre mir sehr geholfen.

    LG, Diether

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Diether!

    So ein "Hilfssystem" kann durchaus Sinn machen. Man muss nur im Hinterkopf haben, daß man eben streng genommen nicht der biologischen Systematik folgt. Aber man kommt eventuell leichter zum Ziel. Man muss es nur wissen und sollte es nicht vermischen.

    Wenn es um die Ordnung deiner Pilzbilder geht: Mach' es dir nicht zu kompliziert. Man kann auch da durchaus mit einem Hilfssystem arbeiten.
    Denn sonst rennst du permanent erstens den neuesten systematischen Umstrukturierungen hinterher, zweitens bist du in manchen Fällen ewig am Recherchieren, warum nun so und nicht so und welcher Autor jetzt recht hat bzw. ob die Datenbanken nun unrecht haben.
    Was das Gattungssplitting betrifft: Für mein Pilzbilderordnersystem arbeite ich bei den Gattungen sehr viel mit "sensu lato", als breit aufgefassen Gattungsnamen.
    Saftlinge sind bei mir alle bei "Hygrocybe s.l.", Dickröhrlinge (auch blauend und mit roten Poren) sind "Boletus s.l." Saftporlinge habe ich auch nicht gesplittet ("Postia s.l."), ebensowenig Polyporus (auch s.l. aufgefasst), dafür habe ich Lentinus und Polyporus pp getrennt belassen. :wink:

    Sonst müsste ich im Laufe der zeit immer wieder Ordner umbenennen, das wäre ja nervig. Aber in etlichen Fällen steht im Titel halt dann noch eine aktuelle Gattung in Klammern (war mir bei den röhrlingen zB wichtig, weil ich da doch etwas mehr eingetaucht bin).

    Familien und Ordnungen lasse ich grundsätzlich aus.
    Bedeutet zwar, daß in dem einen Ordner mit den fertig bearbeiteten Bildern momentan knapp 1400 Ordner hintereinander weg nach "Gattungsnamen_Artnamen" von A bis X lagern, aber dafür gibt's ja eine Suchfunktion, da komme ich rasch dahin wo ich hin will.


    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,

    da hast Du Dir wieder viel Arbeit mit mir gemacht. Dank Dir dafür. Nun, da werd ich mir was einfallen lassen müssen. Vielleicht verzichte ich auch auf die Ordnungen, sicher nicht auf die Familien.

    LG, Diether