Täublinge aus dem Westerwald

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 1.251 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (22. Juli 2021 um 21:39) ist von StephanW.

  • Moin,

    ich habe mich gerade angemeldet, lese aber schon länger immer mal wieder mit. Echt klasse, was hier an Hilfsbereitschaft und Kompetenz vorhanden ist.

    Kurz zu mir:

    Ich bin von Haus aus Biologe, betreibe "Feld-Wald-Wiesenbiologie" aber nur noch als Hobby. Für das "Bestimmen" hatte ich schon seit dem ersten Semester einen ganz guten "Blick", das hat mir auch immer schon richtig Spaß gemacht. Seit ein paar Jahren erst haben es mir aber die Pilze angetan. Pfifferlinge, Steinpilze, Röhrlinge, Krause Glucke etc. kenne und schätze ich bereits sehr. Täublinge und Milchlinge erkenne ich auch sicher, und habe sie auch schon gegessen, aber dem Wissenschaftler in mir zerreißts das Herz, wenn er den Dingen nicht 100%ig sicher einen Namen geben kann - den richtigen!

    Deshalb stelle ich heute mal die Bilder meiner heutigen Funde ein, nachdem ich mich (derzeit im Urlaub im Westerwald) schon Tage lang mit den hier unter Buchen zahlreich vorkommende grünen (Speise?)Täublingen mit cremefarbenem Sporenpulver rumgeschlagen habe. Alle Täublinge sind mild und stammen aus dem selben Habitat, einem Eichen-Buchen-Mischwald mit eingestreuten Fichten, Kiefern, Birken und Haseln. Nennenswertes Pilzwachstum (u.a. Violettschuppige und Normale Pfifferlinge sowie Sommer-und Fichtensteinpilze, Perlpilze, und viele weitere Täublinge sowie die ersten Maronen des Jahres) gab es aber zumeist dort wo viele Eichen mit ein paar Buchen standen - von dort sind alle gezeigten Pilze.

    Nach meiner bescheidenen Kenntnis sehen wir hier

    - Grüngefelderte Täublinge (bis ca. 8 cm Hutbreite)

    - Violettstielige Pfirsichtäublinge (6-7 cm Hutbreite)

    - Fleischrote Speisetäublinge (wobei das "Zähne zeigen" bei den meisten hier eher schwacher ausgeprägt ist, als ich es kenne. Hut: 8-9 cm )

    - Frauentäublinge (Lamellen brechen nicht, Hut über 10 cm bei den größeren Exemplaren)

    - Außerdem habe ich zwei Brätlinge gefunden, mit typischen Fischgeruch und Braunfleckigkeit durch die trocknende und reichlich vorhandene Milch.

    Ich würde mich freuen, wenn der eine oder andere seine Einschätzung dazu abgeben würde, denn ich habe zwar drei Bestimmungsbücher hier liegen, aber der bestellte "Kibby" und die Makro-Chemikalien sind leider nicht rechtzeitig zum Urlaub eingetroffen.

    Weitere Fotos sind kein Problem, aber um die Datenmenge zu begrenzen habe ich die Anzahl erst mal beschränkt. Sporenpulverabdruck könnte ich morgen nachliefern.

    Viele Grüße und besten Dank im Voraus!

    Bernhard

  • Hallo Bernhard,

    den Grüngefelderten Täubling, den Violettstieligen Pfirsichtäubling und den Frauentäubling würde ich dir bestätigen, ebenso den Milchbrätling. Aber diese ganzen rosahütigen und vor allem die braunhütigen Täublinge können alles mögliche sein, wahrscheinlich sogar etliche verschiedene Arten. Weißt du denn schon vom Grundsatz her, wie man bei der Täublingsbestimmung allgemein vorgeht?

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • Hallo Bernhard,

    dann willkommen im Forum! :party:

    aber dem Wissenschaftler in mir zerreißts das Herz, wenn er den Dingen nicht 100%ig sicher einen Namen geben kann - den richtigen!

    Das kann ich sehr gut nachvollziehen, ich möchte den Dingen auch auf den Grund gehen. Aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das manchmal ganz schön schwierig wird und nicht immer funktioniert...

    Die Grüngefelderten Täublinge Russula virescens hast du richtig bestimmt. Angemerkt sei aber, dass es den Rissighütigen Frauentäubling Russula cutefracta gibt, der ähnlich aufreist aber dunkler bzw. mit violetttönen gefärbt sein sollte. Dieser würde mit Eisen(II)sulfat grau und nicht rosa reagieren.

    Violettstielige Pfirsichtäublinge Russula violeipes und Frauen-Täublinge Russula cyanoxantha können so wie deine gezeigten Funde aussehen.

    Bei den vermuteten Speise-Täublingen bin ich mir noch nicht ganz so sicher. Die zurückgezogene Huthaut taugt als Merkmal wenig und ist zu 50% mal ausgeprägt oder auch nicht. Diese Art ist farblich variabel aber z.B. der gänzlich gelb ausgeblasste kommt mir wie etwas anderes vor. Von der Kollektion wäre auch ein Bild mit Lamellenansicht nicht schlecht. Die Sporenpulverfarbe bei Speise-Täublingen Russula vesca ist jedenfalls weiß was man auch überprüfen könnte. Wenn du dann deine Chemikalien zur Hand hast reagiert er mit Eisen(II)sulfat rasch lachsorange.

    Die Brätlinge sind auch welche, nur wenn man es genau wissen will :wink:, werden da mittlerweile drei Arten unterschieden. Den Kurzhaarigen Brätling Lactifluus oedematopus kann man mikroskopisch bestimmen, die anderen beiden nur molekular.

    LG Thiemo

    Bestimmungsvorschläge anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Eine Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben! -> Pilzsachverständige finden

  • Moin!

    Ich bilde mir ein, ja. Täublinge als Täublinge erkennen, und nicht-Täublinge als solche, kann ich. Einer der rosa Täublinge war so eindeutig mit zurückgezogener Huthaut, dass es eigentlich R. Vesca sein muss. Dass rote Täublinge sehr problematisch sein können, ist mir auch bewusst.
    Leider bringen mich diese drei Bücher (s.Foto) bei Täublingen an Grenzen. Deswegen habe ich mir den Schlüssel von Kibby bestellt und entsprechende Chemikalien. Ein Mikroskop habe ich nicht, aber hoffe auch mit den Farbreaktionen weiter zu kommen. Alle Arten zu kennen ist vermutlich utopisch, aber weiter kommen möchte ich schon gerne.

    Achja: Ich bin übrigens rotgrün-fehlsichtig, das heißt ich sehe feine Nuancen die andere nicht sehen, habe aber anderswo im Spektrum (Grün) Schwächen.


  • Hallo Bernhard,

    weder eine zurückgezogene Huthaut noch elastische Lamellen bilden gute Bestimmungskriterien bei Täublingen und führen ganz häufig zu Fehlbestimmungen. Keine Ahnung, weshalb da so häufig und von vielen Leuten darauf herumgeritten wird.

    Neben der Geschmacksprobe, die du genommen hast, ist es wichtig, sich einen Sporenpulverabwurf zu machen, das ausgefallene Sporenpulver mit einer Rasierklinge zu einem Häufchen zusammenzukratzen und zu beurteilen, ob es weiß, rahmgelb, ockergelb oder dotter- bzw. orangegelb ist. Das ist Ausgangspunkt jeder Täublingsbestimmung.

    Sehr gut war, dass du das Fundhabitat (Baumpartner, Bodenverhältnisse) angegeben hast, denn jede Täublingsart hat ihr spezielles Habitat, in dem sie erwartbar ist.

    Bei der Fundaufnahme und ein paar Stunden später sollte am Täubling gerochen werden, denn Täublinge haben manchmal sehr spezielle Gerüche, die gute Bestimmungsmerkmale sind.

    Täublingsfleisch verfärbt sich oft charakteristisch beim Liegenlassen (grau, schwarz, braun, gelb...), daher sollte man einen zu bestimmenden Täubling mindestens über Nacht aufbewahren.

    Wenn das alles gemacht wird, braucht man oft gar keine Chemie oder ein Mikroskop zum Bestimmen.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.