Hallo,
auf einem fingerdicken Ästchen, das ich vom Waldboden wegen des Eichen-Zystidenrindenpilz (Peniophora quercina) auflas, befinden sich neben dem besagten Pilz natürlich auch Flechten.
Bild 1 Ästchen mit Eichenzystiden-Rindenpilz
An Makroflechten lassen sich unter der Lupe schnell einige Arten erkennen:
Bild 2 Xanthoria parietina, die allgegenwärtige Wand-Gelbflechte
Bild 3 Physcia tenella, die Lippen-Schwielenflechte, mit schwärzlichen Zilien am Lagerende, und mit Lippensoral (ohne Helmbildung)
Bild 4 Die unterseits hellbraune Spatel-Braunschüsselflechte, Melanohalea exasperatula, mit spatelförmigen Isidien in der Fläche und am Lagerrand. (geprüft: Mark C-)
Bild 5 Leichtend gelbe, körnig-serediöse Dotterflechten (Candelariella cf. efflorescens agg.) mit Sorediendurchmesser von 25-40 µm (geprüft: K-). Zentral vermutlich junge P. sulcata.
Zwischen den großen Flechten lässt sich eine unscheinbare Krustenflechte ausmachen, die durch ihre dünn lecidein berandeten, schwarzen Apothecien auffällt (Bild6ab).
Die Apothecien sind sehr klein mit Durchmessern nur um 200-300µm.
Die Apothecien sitzen auf, teils sind sie leicht eingesenkt und hinterlassen beim Auslösen eine kleine Mulde, meist kleiner als der Außendurchmesser.
Der sichtbare Teil des dünnen Thallus ist sehr unscheinbar, körnig bis rissig areoliert, bräunlich grün.
Das Lager zeigt an einem Schrägschnitt in die Rinde keine Farbreaktionen (K-, KC-, P-).
Bild 6a Krustenflechte / Catillarie
Bild 6b Krustenflechte / Catillarie
Makroskopisch ist hier wenig zu machen!
Mikroskopisch fallen wichtige Details auf:
Algenpartner: coccoide Grünalgen (Bild 7+11)
Hymenium stark amyloid (Bild 10) und schwach verklebt, im Quetschpräparat leicht trennbar
Schläuche 8-sporig (Bild 9)
Sporen zweizellig, farblos; 9,0-9,5 x 2,8-3,3 µm groß (Bild 9)
Paraphysen einfach, manchmal gegabelt/verzweigt, septiert, sehr deutlich kopfig und:
Paraphysen-Köpfe dick und dunkelbraun pigmentiert! (Bilder 7+8)
Bild 7 Aufsicht auf Hymenium mit braunen Paraphysen-Spitzen (1000x, Ölimmersion, Kongofärbung)
Bild 8 septierte, kopfige Paraphysen, durch Druck leicht separierbar (1000x, Ölimmersion, Kongofärbung)
Die Sporen sind deutlich zweizellig und farblos:
Bild 9: zweizellige, längliche Sporen (1000x, Ölimmersion, tw. Kongofärbung)
Bild 10 Quetschpräparat: Hymenium IKI+ (in verdünntem Lugol), Sporen inamyloid
Bild 11 Algenpartner: coccoide Grünalgen
Anhand der Merkmale schlüssle ich mich nach Wirth erst zu den Catillarien, dort weiter zu Catillaria nigroclavata, der Schwarzkopf-Catillarie.
Das Ergebnis scheint recht eindeutig zu sein.
Bisher kannte ich diese Flechte nur aus der Literatur als makroskopische Verwechslungspartner zu Amandinea punctata (2-zellige, braune Sporen) und Lecidella eleachroma (1-zellige farblose Sporen).
Jetzt scheine ich auch eine der Schwarzkopf-Catillarien entdeckt zu haben!
Ich vermute, dass der Name Schwarzkeulige (= nigroclavata) Catillarie, im dt. "Schwarzkopf-Catillarie", wohl von den schwarzköpfigen Paraphysen abgeleitet sein könnte.
Diese Paraphysen (Bild finde ich schon sehr auffällig und eindrucksvoll!
Es lohnt sich also, sich nach einem kleinen Ästchen zu bücken und genauer hinzuschauen!
LG, Martin
Die beiden Verwechslungspartner:
1) Amandinea punctata, die Gewöhnliche Schwarzpunktflechte (leider ohne anständiges Makrofoto)
Lager und Apothecien von Amandinea punctata, der Gewöhnlichen Schwarzpunktflechte
Hymenium von Amandinea punctata mit reif braunen, dicken, zweizelligen Sporen und kopfigen, braun pigmentierten Paraphysen
2) Lecidella eleaeochroma, die Olivgrüne Schwarznapfflechte, gilt als nicht ganz so häufig vorkommend wie A. punctata.
L. eleaeochroma hat von den drei Flechten die größten Apotheciendurchmesser, bis 1 mm
L. eleaeochroma
Lager und Apothecien von Lecidella elaeochroma
Hymenium von Lecidella elaeochroma mit einzelligen, farblosen Sporen; Epihymenium und Paraphysenköpfe grünlich (Olivgrüne Schwarznapfflechte)