Hallo,
Bilimbia sabuletorum ist eine unscheinbare Krustenflechte, die häufig auf gesteinsbewohnenden Moosen über Kalk vorkommt. Bestimmt hat sie jeder schon gesehen, aber vielleicht nicht unbedingt als solche erkannt. Denn die Strukturen der Flechte sind recht klein und man benötigt schon sehr gute Augen, besser eine Lupe oder ein gutes Makrofoto, um die Details zu erkennen.
Zuletzt auf der Fränkischen Alb in der Nähe von Solnhofen, wo bekanntlich der Archeopterix wohnt(e), und schöne bankartige "Schwammkalksteine" aus Dolomit anstehen, lassen sich kalkliebende Flechten finden. Auch B. sabuletorum.

Bild 1 Dolomitbank über der Altmühl

Bild 2 Flechtengesellschaft auf Dolomitfelsen
In einer kleinen Höhlung knapp über Bodenniveau war eine auffällige, graugrüne Stelle zu erkennen. Bei flüchtiger Betrachtung könnte man meinen, Moos vor sich zu haben. Tatsächlich ist ein Flechtenthallus zu sehen, der das Moos fast vollständig und dünn überzogen hat, und die Struktur des Mooses sichtbar erhält. An der eigentümlichen graugrünen Färbung ist die Flechte jedoch im trockenen Zustand schon aus größerem Abstand über dem Kalkstein zu erkennen.

Bild 3 Bilimbia sabuletorum (Bildbreite um 10 cm in Natura) auf Moos. Einige Moosästchen sind nicht überwachsen: Beachtet man die grünen Moosästchen rechts im Bild und in der Bildmitte, die zum gleichen Moosthallus wie der überwachsene Bereich gehören, so ist der farbliche Unterschied bestens erkennbar
Die Strukturen der Flechte erkennt man erst unter der Lupe richtig:

Bild 4 Ein grüngrauer, körniger Thallus mit ocker bis braunen, randlosen Apothecien überzieht dünn das Moos. Bei sehr jungen, noch flachen Apothecien ist ein Rand erkennbar, der aber beim Wachsen und Reifen der Fruchtkörper schnell verschwindet.

Bild 5 Detail mit unterschiedlich hellen, gelblichen bis braunen Apothecien. Die Apothecien sind stark konvex bis fast kugelig. Es sollen auch sehr dunkle, bis schwarzbrauns Apothecien vorkommen können.
Die Apothecien bleiben im Durchmesser unter 1 mm.

Bild 6 Quergeschnittenes, feuchtes Apothecium mit hellem Hymenium und braunem Hypothecium darunter.

Bild Quetschpräparat: Quetscht man das Apothecium in Wasser, so werden die Schichtdicken und Farben der einzelnen Schichten des Fruchtkörpers besser erkennbar.
Es zeigen sich 8-sporige Asci mit spindelförmigen, mehrzelligen Sporen:

Bild 7 Hymenium mit Asci und mehrzelligen, spindeligen Sporen

Bild 8 Ascus mit 8 Sporen

Bild 9 einige frei schwimmende Sporen mit 4-6 Zellen, Es lassen sich auch Sporen bis zu 10 Zellen finden.
Die relativ dicken, spindelförmigen Sporen messen bewim Fund - ganz typisch - um 20-35 x 6,5 µm.
Wenn man diese Flechte finden möchte, muss man nicht weit reisen. Es lohnt sich, an nährstoffreichen, schattigen, etwas feuchten und kalkhaltigen Gartenmäuerchen zu suchen. Unter Umständen kann auch Mörtel in der Fuge als Kalkquelle genügen.
Also Augen auf!

Bild 10 Alte vermooste Garteneinfassung (Nordseite) am Ortsrand mit B. sabuletorum
LG, Martin