Placynthiella icmalea, die Korallen-Schwarznapfflechte, versteckt unter Becherflechten

  • Hallöchen!

    letztes Wochenende machten sich die Großpilze im Wald noch immer rar, deshalb nahm ich ein Stück sehr morsches Totholz mit aus dem Wald.

    Der zugehörige Stubben war mir reichlich Becherflechten verziert und ich wollte nicht mit leeren Händen aus dem Wald zurückkehren.

    Bild 1 Waldweg durch Mischwald

    Bild 2 Becherflechten auf Stubben

    Bild 3 Cladonien mit üppigen Grundschuppen

    Bild 4 Handstück zum Untersuchen

    Der Cladonie galt mein erstes Augenmerk, sie gehört wohl zur Gruppe C. pyxidata, vermutlich Var. chlorophaea, wie die Merkmale nahelegen:

    - (grau)-grüne Färbung, stellenweise unberindet weiß, auch bräunliche Stellen

    - reichlich kleine Grundschuppen, unterseits weiß, Ränder grün-sorediös

    - breite, sorediöse Becher

    - braune Pyknidien an den Becherrändern

    - K+/- bestenfalls schwach gelblich, aber P+ schnell orangerot (Podetien und Grundschuppen)

    Bild 5 Grundschüppchen

    Bild 6 Grundschuppen unterseits weiß

    Bild 7 Becher mit braunen Pyknidien am Becherrand, oberer Teil sorediös, stellenweise unberindet, dort weiß bis braun

    Bild 8 Unterer Teil beschuppt, und/oder berindet; hier oberhalb braune, unberindete Stellen

    Bild 9 Farbreaktionen P+ orangerot

    Interessant wird es, wenn man zwischen und unter den kleinen Thallusschüppchen der Cladonien das morsche Holz genauer untersucht.

    Grün-braune, körnige Thalli mit weichen, schwarzbraunen, hell berandeten bis randlosen Apothecien in der Größe von etwa 200-500 µm wachsen zwischen den Grundschuppen der Cladonien!

    Bild 10 Dunkle, randlose Apothecien unter Moos und Cladonienschüppchen versteckt; die grünen, kugeligen Körnchen ("Goniozysten") sind der zugehörige Flechtenthallus

    Bild 11 Nach Entfernen von Moos und Cladonien sieht man etwas mehr von den Apothecien und dem grünlichem Thallus

    Je länger und gründlicher man sucht, desto mehr davon kann man entdecken - mal mit mehr grünlichem, mal mit mehr bräunlichem Thallus:

    Bild 12 An anderer Stelle: Olivgrüner, körniger Thallus; Apothecium schwach berandet

    Bild 13 An exponierter Stelle (nicht von Moos überwachsen) findet sich brauner Thallus mit ganz jungen, noch hell berandeten Apothecien

    Bild 14 Das große Apothecium wird scheibliert. Feucht ist es gallert-weich.

    Bild 15 Querschnitt durch Ap.: Hymenmium hellbraun, Hypothecium braun

    Bild 16 Der Rand des Apotheciums (Excipulum) setzt sich dicht aus kugeligen Zellen zusammen (paraplektenchymatisch, wie Pflanzengewebe wirkend)

    Bild 17 Das gilt auch für die braune Rinde unterhalb des Apotheciums. Recht unten ein längliches, grünes, ebenfalls braun berindetes Thalluskörnchen. (1000x Ölimmersion)

    Bild 18 Thalluskörnchen 50-100µm groß

    Bild 19 Thalluskörnchen gequetscht KC+ rot !

    Bild 20 Asci keulig mit 8 elliptischen, 1-zelligen, farblosen Sporen

    Bild 21 Hymenium, speziell die Schläuche, in Lugol blaugrün reagierend

    Ferner:

    Sporengröße 5,5-6,5 x 11,0-12,5 µm

    Paraphysen verdreht, verweigend

    Den Befunden nach schlüssle ich mich zu Placynthiella icmalea, der Korallen-Schwarznapfflechte.

    Die Flechte gilt als häufig nachgewiesen und weit verbreitet; sie kommt u.a. an saurem, morschen Holz an feucht-frischen Standorten vor, oft zwischen holzbewohnenden Cladonien.

    Ein der wenigen Flechten, die im Büchlein "Flechten einfach bestimmen" sogar zweimal auftaucht (als Holzbewohner und als Flechte auf sauren Böden).

    Trotzdem hatte ich sie bislang nicht gefunden, da sie winzig und unscheinbar ist.

    Der braun-grüne Thallus fällt auf dem morschen Holz erst unter der Lupe auf, wenn man genau hinschaut.

    Es bleibt spanndend!

    LG, Martin