Caldonia ramulosa, die Ästige Becherflechte - oder doch nicht?

  • Hallo,

    Cladonien können eine stark verwirren mit ihrer Variabilität!

    Gestern fand ich einige liegende, endmorsche Laubbaumstämme, die von dichten Rasen von Moosen und diversen Cladonien überzogen waren, darunter auch mal wieder hübsche rotfrüchtige - aber das ist ein anderes Thema!

    Bild 1 Modernde Baumstämme mit Cladonien in der Sonne liegend

    Bild 2 Wie üblich mehrere Arten untermischt

    So eine Fundstelle ist immer ein Hingucker und läd zum Verweilen und dann zum Bestimmen ein.

    Das Bestimmen von Cladonien gerät aber schnell zu Odyssee durch die Bestimmungsschlüssel.

    Folgende braunfüchtige Art möchte ich bestimmen.

    Sie sitzt auf/zwischen dem Moos:

    Bild 3 Braunfrüchtige Cladonie

    Folgede Details fallen im Foto auf, vorausgesetzt, es liegt nur eine Art vor:

    - Dichtes Lager aus aufsteigenden Grundschuppen vorhanden

    - GS am Rand sorediös, unterseits weiß

    - Podetien stumpf endend oder in (sehr) schmalem Bechern

    - Becher regelmäßig sprossend, d.h. fingerartige Auswüchse bildend

    - Podetien fein-mehlig, grünlich sorediös; stellenweise mit Schüppchen im unteren Drittel

    Die Podetien sind etwa 2 cm hoch.

    Eine kleine Probe unter der Lupe zeigt weitere Details:

    Bild 4 Grün-sorediöses Podetium mit bechersartigem Ende und braunen Pyknidien

    Bild 5 Sprossender Becher mit fingerartigen Auswüchsen

    Bild 6 Becher häufig geöffnet zur Markhöhle

    Im unteren Teil werden die Podetien grobscholliger belegt und besitzen teils Schuppen:

    Bild 7 Grobscholligere Podetienbasis mit abstehenden Schuppen

    Noch weiter unten an der Basis, sind die Podetien berindet.

    Die Podetien reagieren sofort P+ rot, sind aber K-.

    Bild 8 olivgrün/-braun berindeter Podetienabschnitt nahe der Basis

    Bild 9 Knäulig wirkendes Apothecium mit Öffnung zum Inneren des hohlen Podetiums, angefeuchtet und leicht transparent wirkend.

    Ich hätte in der Flechte C. ramulosa vermutet, bis ich das Schlüssel begann.

    Nach einigen Irrwegen komme ich allerdings bei C. ramulosa heraus, wenn man folgenden Weg durch den Schlüssel nach D.F.D. geht:

    1 Podetien zumindest stellenweise sorediös

    2* Podetien nicht gelb/gelbstichig, eher grau-grün

    6* Thallus P+

    12 Becher sehr eng (nicht klassisch breit)

    Hier kann man schon mal falsch abbiegen, denn die Becher sind eben breiter als der Stiel des Podetiums und nicht sooo eng, wie im Schlüssel beschrieben! (1.Irrweg)

    Oder es sind halt doch zwei Arten durchmischt gewachsen.

    13* K-

    18* Podetien nicht völlig sorediös, auch berindet oder schuppig im unteren Drittel

    Man muss schon sehr genau schauen und zu diesem Zweck am besten ein Podetium aus dem Verband herauslösen, um auch bis zur Basis kontrollieren zu können.

    Im ersten Anlauf hielt ich die Podetien für völlig sorediös belegt, mit Schüppchen (2.Irrweg)

    Ist man über die beiden Stolperstellen hinweg, kommt man über

    21* Untere Hälfte der Pod. nicht ausschließlich glatt berindet, etc., nicht C. cornuta

    22* nicht dichotom verzweigend, etc., nicht C. scabriuscula

    23* Grunddschuppen reichlich, klein, Pod. gedrungen, 2cm, oben spärlich verzweigt, spitze und stumpfe obere Enden, schuppig-schollig, körnig, teils entrindet, sehr variabel

    Häufig mit blassbraunen, feucht durchscheinenden, knäuligen Apothecien.

    => C. ramulosa, Ästige Becherflechte

    Ich bin zwar nicht restlos überzeugt, halte das Ergebnis aber für plausibel und mit dem Schlüssel nach Wirth vereinbar, zumal C. ramulosa auch auf bemoostem, morschen Holz vorkommt.

    Was meint ihr?

    LG, Martin