Welche verschiedene Flechtenarten.

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 706 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (21. Oktober 2023 um 21:15) ist von KaMaMa.

  • Hallo KaMaMa,

    Hallo Martin,

    nach einer Verschnaufpause geht es nun an die Flechten aus dem Sauerland, vorab mal nur diese Fotos mit mehreren Flechten auf einem Holzzaun ( Fichte/Tanne ). Ein Versuch alle Flechten einzuordnen, könnte das richtig sein?:smilec: Was meinst du dazu?

    Es geht mir aber um die grünliche Flechte von der ich einige Proben in Arbeit habe ( schwierig ), bisher geht es Richtung Platismatica glauca, aber innerhalb der Flechte haben sich andere Arten eingeschmuggelt. Versuche alles in Fotos festzuhalten.

    LG

    Bernd

    wieder im Flechteneinsatz.

  • Hallo Bernd,

    also noch mal Verdacht auf P. glauca?

    Das würde ich hier auch vermuten.

    Das Exemplar hier ist in einem viel besseren Zustand als in dem anderen Faden und zeigt schöne, sehr krause Ränder, die steil aufsteigen.

    Wenn du, wie ich lese, eine Probe genommen hast, dann schau dir die Unterseite genauer an!

    Mache auch ruhig Tüpfeltests: Bei P. glauca gilt: K+ im Cortex (Rinde), Medulla K-, C-, KC-, P-, aber J+ indigoblau, wie ich eben in Haluwyn et al. ("Guide des Lichens da France, Lichens des arbres") lese.

    J+ blau im Mark, interessant - das sieht man auch nicht alle Tage!

    Diese Jod-Reaktion finde ich bei Wirth nicht beschrieben.

    Das musste ich gleich mal ausprobieren an einem 2 Jahre alten, sehr blassen Exsikkat aus den Vogesen => unter dem Mikroskop an einem Thalusquerschnitt überprüft, aber leider J-.

    Hmmmm..., gar nicht sooo einfach, diese Blattflechten!

    LG, Martin

    Einmal editiert, zuletzt von KaMaMa (14. Oktober 2023 um 18:50)

  • Hallo Martin,

    eine Eilmeldung zu P.glauca, bin am Testen mit Jod auf die Medulla, Test ist deutlich J+ indigoblau :happy:

    K+ gelb und P+ gelb ( schreibt der Italiano ). Beweisfotos kommen noch, erst gibt es einen Espresso.

    LG

    Bernd

  • Hallo Martin,

    nun meine Testergebnisse zu P. glauca:

    Lappen alle mit zackigen Rändern nach oben gebogen, Unterseite glänzend braun runzelig, zur Mitte schwarz mit weißen Flecken + Punkten.

    Farbtest: Rinde K + Gelb, C -, P+ gelblich, Cortex + Medulla J+ indigoblau/bläulich.

    Foto 3 bis 6 mit Lupe, Foto 7 unter Mikro mit Auflicht ( T-Lampe ).

    Noch eine Frage: Wie kann ich mit so einer harten Flechte unter dem Mikro arbeiten um noch mehr Schichten sichtbar zu machen?:blush:

    Bin gespannt auf deine Meinung.

    LG

    Bernd

    1a

    1b

    2a

    2b

    3a weiße Flecken + Punkte

    3b Unterseite schwarz, weiße Flecken + Punkte

    4a Rinde K+ Gelb

    4b Rinde K+ Gelb

    5 Rinde P+ gelblich

    6a Medulla + Cortex J+ indigoblau/bläulich

    6b Medulla + Cortex J+ indigoblau/bläulich

    6c Medulla + Cortex J+ indigoblau/bläulich

    7 unter Mikro J+ indigoblau/bläulich

  • Hallo Bernd,

    das hast du toll dokumentiert - eindeutig P. glauca!! :thumbup::thumbup:

    Die indigoblaue Medulla ist beeindruckend!

    Allerdings weiß ich nicht, welche Flechten außer P. glauca vielleicht auch noch so reagieren.

    Wenn du den Schichtaufbau einer Blattflechte im Mikroskop anschauen/prüfen möchtest, nimm ein Stückchen möglichst planen Thallus, lege ihn auf deinen Objektträger und schneide einen dünnen Streifen - z.B. mit der Doppel-Rasierklingen-Technik - heraus.

    Das Vorgehen ist eigentlich identisch zum Querschnitt durch ein Apothecium - wie das gut klappen kann, hab ich ja neulich mal Schritt für Schritt erklärt - ich weiß gerade aber nicht mehr in welchem Faden das war (Flechten in Oberwerde?)...

    Den dünnen Streifen, besser mehrere davon, überkreuzungsfrei in ein Wassertröpfchen auf der Objektträgermitte ablegen.

    Wenn du genügend Streifen hast, Deckgläschen drauf und unter das Mikroskop legen. Später bei Bedarf quetschen, hierfür ggf. mit ca. 3% KOH aufweichen.

    Wenn ein Streifen richtig orientiert ist, siehst du anschließend einen schönen Querschnitt durch den Thallus und siehst Rinde, Algenschicht, Medulla, etc.

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    dieses kleine Erfolgserlebnis beflügelt zu weiteren Flechtenaktivitäten,:good: danke für den Tipp mit der Blattflechte unterm Mikro, ist Kopiert, werde ich mit üben, war bisher wohl alles zu dick.

    LG

    Bernd

  • Hallo Bernd,

    bei Mikroskopieren gilt: dünn, dünner, am besten! Du darfst nicht einfach den Thallus d'runterlegen, da erkennst du nichts. Dünn schneiden oder/und dünn quetschen!

    Je dünner, desto besser!

    LG, Martin

  • Hallo Bernd,

    da ich heute tatsächlich zufällig (!) eine Platismatia glauca hier im Flachland gefunden habe, musste ich mir die Geschichte mit "J+ indigoblau" mal genauer anschauen.

    Leider war meine Kamera vor Ort verstellt und die Bilder sind, sagen wir mal, ästhetisch interessant, aber ansonsten nicht zu gebrauchen.

    Deshalb nur Innenraumbilder:

    Bild B1 Gelbliche Flavoparmelia caperata (links) und graugrüne Platismatia glauca (rechts) vom Klaubholz-Ast geschnitten

    Die Flechte hat seht schön aufsteigende Thallusränder mit koralloid-isidiösen Borten:

    Bild B2 Isidien mit bräunlichen Köpfchen an den Thallusrändern der Platismatia glauca

    Für mich neu war bei diesem Exemplar die relativ hohe Dichte an roten(!) Rhizinien mit weißen Spitzen - wirklich hübsch!

    Die Rhizinien kontrastieren sehr schön mit der schwarzen Thallusunterseite.

    Bild B3 Schwarze Thallusunterseite der Platismatia glauca mit rötlichen Rhizinien

    Der Thallus reagiert, wie erwartet, K+ gelb im Cortex und C-.

    Dann kommt Lugol: tatsächlich eine blaue Reaktion!

    Allerdings schien mir eher die Rinde sich umzufärben, denn wenn ich die Rinde versuche wegzukratzen, wirkt die Medulla nicht sehr blau (?)...

    Nicht zuletzt auch wegen deiner Frage nach einem Thallusquerschnitt, habe ich mal einen hergestellt und Lugol unter das Deckglas einfließen lassen.

    Da der (ungequetschte) Querschnitt recht dick ist, sieht man im Auflicht der Taschenlampe die Farben besser als im Durchlicht.

    Im gleichmäßig ausleuchtenden Durchlicht erkennt man die Schichtabfolge besser, als da sind (von oben nach unten):

    Obere Rinde (weißlich)

    Algenschicht (grün)

    Medulla mit grau wirkenden Lufteinschlüssen/Blasen (Die Medulla ist hydrophob!)

    Untere Rinde (bräunlich)

    Bild B4 Querschnitt in Durchlicht (100x), Platismatia glauca

    Bild B5 Querschnitt im Auflicht (Taschenlampe, 100x), Platismatia glauca

    Lasse ich Lugol unter das Deckglas eindringen, färbt sich die obere Rinde, die untere Rinde und die Medulla blau, was ich im Auflicht besser erkennen kann:

    Bild B6 Thallus-Querschnitt von Platismatia glauca mit Lugol gefärbt: J+ blau (400x), Rinde und Medulla

    Interessant ist auch, wie der isidiöse Thallusrand reagiert:

    Bild B7 Blau gefärbter Thallusrand von Platismatia glauca nach Einwirken von Lugol

    Faszinierend!

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    da hast du eine super Aufschlüsselung von Platismatia glauca gemacht. Die Blaufärbung ist genau wie bei mir zu erst auf der Rinde deutlich zu sehen. Die roten Rhizinen habe ich so auch noch nicht gesehen, aber stopp ev. doch, habe noch einen Fotoauschnitt gefunden, sende ich noch mit.

    Den Thallusquerschnitt werde ich nun auch mal nach deinen Vorgaben probieren, bin gespannt was ich hinbekomme :what: werde es dir dann zeigen. Hoffentlich klappt das auch mit den Fotos.

    LG

    Bernd

  • Hallo KaMaMa

    Hallo Martin,

    habe die ersten Thallusquerschnitte (von P. glauca) versucht, nicht perfekt aber man kann Schichten erkennen. Wie du sagst habe ich 2 Rasierklinge für den Dünnschnitt gebastelt, geht gut. Dünn, dünn, dünner ev. noch zu dick, waren kaum zu erkennen. Dann in Wassertropfen, los gehts. Aber die Schnittkante so zu platzieren um die Thallus-Schichten zu erkennen war sehr schwierig, hast du eine besondere Technik dafür oder denke ich um die Ecke!?

    Foto 1 Versuch noch unter der Lupe, sind Schichten zu erkennen.

    Foto 2,3,4 Schichten mit Auflicht unter Mikro, hat mit Durchlicht nicht geklappt.

    Foto 5 gequetscht ev. sind Zellen + Sporen zu sehen?

    Foto 6 mit Lugol wird der Rand blau?

    Kannst du in meinen Schicht- Fotos die einzelnen Schichten Kennzeichnen, würde bei meine Erkennung helfen? Wenn es an den Fotos geht.

    Leider habe ich noch Probleme mit den Bildern der Mikrokamera am PC, sie werden nicht scharf genug.

    Hoffentlich habe ich meinen Versuch richtig geschildert, es kann nur besser werden.

    LG

    Bernd

    1 unter Lupe

    2 mit Auflicht unter Mikro

    3 mit Auflicht unter Mikro

    4 mit Auflicht unter Mikro

    6 mit Durchlicht gequetscht ev. Zellen + Sporen?

    6 mit Lugol Rand blau

  • Hallo Bernd,

    wenn ich dein erstes Foto unter der Lupe richtig interpretiere, so hast du einen sehr dicken Schnitt hergestellt.

    Wenn der Thallus einige 100µm dick ist (rote Linie), dann scheint der von dir abgeschnittene Thallusstreifen eher deutlich dicker als 1mm zu sein.

    Das ist für Durchlicht-Mikroskopie viel-viel-viel zu dick!

    Idealerweise sollte der Dünnschnitt nur wenige 10µm dick sein, nur wenige Zelllagen.

    Da die Probe so dick ist, kannst du unter dem Mikroskop nur Auflicht verwenden.

    Dafür ist das Mikroskop aber nicht gedacht, sondern für Durchlicht an sehr dünnen Proben.

    Ja, was sieht man nun, was kann man erkennen?

    Wenn man Bild 3 umdreht, ist der schwarzer Cortex (untere Rinde) richtig orientiert, nämlich unten:

    Die Oberseite des Thallus liegt im Dunkel, da die Beleuchtung von der anderen Seite kommt und die Unterseite des Thallus gut ausleuchtet.

    Versuche unbedingt dünner zu schneiden.

    Der Thallus ist zwar grundsätzlich interessant, aber die eigentlich wichtigen Strukturen der Flechten sind immer die Fruchtkörper (Apothecien / Perithecien).

    Beim Quetschen des Thallus lernst du nichts Neues.

    Mach Dünnschnitte von Apothecien - nur dort findest du übrigens die Sporen, die du suchst.

    Die Sporen werden nicht im Thallus gebildet, hierfür gibt es spezielle Organe, nämlich die Fruchtkörper.

    Lies dir Kapitel 2.3-2.4 über den Bau des Lagers und die Fortpflanzungsorgane der Flechten im deinem Büchlein "Flechten einfach bestimmen" durch.

    Das ist dort alles gut, kurz und knapp erklärt.

    [Hast du dich schon mal mit dem Thema Schlauchpilz befasst?

    Die meisten Flechten werden von Schlauchpilzen (Ascomyceten) gebildet, nur sehr wenige von Ständerpilzen (Basidiomyceten).

    Der Ascus ist ein sack- oder schlauchförmiges Gebilde, in welchem die Asco-Sporen gebildet werden.

    Nach der Reifung der Sporen werden sie aus dem Ascus nach oben in die Luft geschossen (wie bei einer Spritzgurke) und durch Luftbewegungen verteilt.

    Wenn du mal einen großen Discomyceten im Wald findest, nimm ihn in die Hand und hauche vorsichtig darüber.

    Die warme Luft genügt bei reifen Pilzen, um die Sporulation auszulösen: Mit guten Augen kann den Sporenausstoß in Form kleiner Wölkchen/Schwaden erkennen.

    Bei Flechten klappt das allerdings nicht.]

    Nimm dir eine Blattflechte mit großen Apothecien, da tust du dich am Anfang leichter; z.B. Xanthoria parietina, die sollte es doch überall und auch bei dir in großer Zahl geben!

    Hier einen möglichst dünnen Dünnschnitt herstellen, um die Strukturen gut sehen zu können.

    Sollte der Dünnschnitt (das wird ziemlich sicher der Fall sein!) viele Zerlllagen dick sein. erkennt man die Strukturen im Durchlicht schlecht, weil sie sich überlagern.

    Deshalb muss man in diesem Falle quetschen, um die Probe zu dünnen und die Zellen besser erkennen zu können.

    Apothecien haben den Vorteil, dass sie oft relativ weich sind.

    Das Prozedere mit dem Dünnschnitt hat den Vorteil, dass man nicht sehr quetschen muss und deshalb nach dem Quetschen immer noch alles etwa an der gleichen Stelle zu finden ist wie vor dem Quetschen.

    D.h. man findet sich leichter zurecht (Was war wo, was gehört wohin).


    Jetzt am Anfang UNBEDINGT DÜNNschnitt üben - und zwar an Apothecien!

    Was erkennt man in Bild 5?

    "Zellen und Sporen"?

    Zellen könnte man bei dieser Vergrößerung wohl erkennen, leider ist aber das Bild hierfür zu unscharf.

    Sporen? Nein, Sporen kannst du im Inneren des Thallus keine finden, nicht einmal Fremdsporen.

    Die dunklen rundlichen Gebilde sind vermutlich Lufteinschlüsse in der Medulla der Flechte.

    Hierzu musst du wissen, dass die Medulla aus einem luftigen (!) Netzwerk hydrophober Hyphen gebildet wird.

    Der Zweck ist, dass, selbst wenn die Flechte vom Regen patschnass ist, weiterhin ein Luftkanal existert, der die Algen weiterhin mit Luft-Sauerstoff versorgt.

    Jetzt drückst du Wasser über einen großem Schnittfläche, die normalerweise nicht existiert, in die Medulla hinein - trotzdem bleiben jede Menge Luftblasen in ihr zurück.

    Ich hoffe, du bist deshalb nicht frustriert.

    Du machst meiner Meinung nach große Fortschritte und scheinst auch mit Freude bei der Sache zu sein.

    Das finde ich toll - weiter so! :claps:

    LG, Martin