Aus der Region Anhalt im Budesland Sachsen-Anhalt

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 309 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (7. November 2023 um 23:16) ist von Mykolologe.

  • Guten Tag an alle,

    ich bin hier neu im Forum und erhoffe mir davon interessante Wechselwirkungen im Interesse der Pilzkunde. Ich gehe seit frühester Jugend in die Pilze, doch leider hat sich erst in den letzten Jahren das Interesse stärker systematisiert, zumal es heute vielfach bessere Möglichkeiten der Information und des Erfahrungsaustauschs gibt. Außerdem hatten Ausbildung, Familienangelegenheiten sowie Berufsausübung in de facto 1,5 Schichten täglich (Die Betrachtung einer sogenannten Work-live-balance gab es vor wenigen Jahren noch nicht) die Hobbyaktivitäten stark eingeschränkt.

    Es gibt natürlich auch andere Gründe: Wir leben hier in der Region Anhalt in einer Auenwaldregion an Mulde, Saale und Elbe. Dies schränkt z.B. das Angebot an beliebten „Edelpilzarten“ wie Steinpilze, Maronen oder Pfifferlinge drastisch ein. (Wer viele essbare Pilze sammeln möchte, fährt gewöhnlich in Richtung Brandenburg). Auch ist unser Gebiet im Regenschatten des Harzes eines der trockensten in der Bundesrepublik, was sich z.B. auf die erste Pilzsaison im Sommer drastisch ausgewirkt hat. Die Kiefernwälder sind im Absterben, viele Besitzer sind mit der Pflege überfordert, so dass die Flächen oft kaum betretbar sind. Die zweite Saison hat sich inzwischen auf Ende September/Anfang November verschoben, wenn es noch mild ist und ausreichend Feuchtigkeit im Boden vorhanden ist. Erstaunlicherweise gibt es noch am Rande von Kiefernwäldchen ergiebige Standorte von Butterpilzen und Edelreizkern, meinen Lieblingen.

    Aber auch hier sind Veränderungen im Gange. Die hiesigen Bauern verringerten nicht nur die Insektenvielfalt oder rotteten die vorher in großer Zahl vorhandenen Lerchen aus, sie zerstören auch weiterhin viele Pilzhabitate. Wenn z.B. jetzt immer stärker an den Feldrändern bis ganz dicht an die dortigen Gehölze gearbeitet und mit Gülle gedüngt wird, ist es nur die Frage einer kurzen Zeit, bis die Pilzbestände dort verloren sind. Das betrifft Reizker und Butterpilze wie auch Täublinge und die geschützten Rotkappen, die früher in großer Anzahl vorhanden waren. Pilze habe aber leider keine Lobby.

    Natürlich gibt es auch etliches an Interessantem zu berichten. Wo viele Bäume sterben, finden die Baumpilze viel Nahrung. In der Elbaue wachsen verschiedenste Champignons und Schirmpilze. In der stark landwirtschaftlich geprägten Region mit etlichen Weiden und Koppeln ist noch eine große Pilzvielfalt vorhanden. So stehen oft fast 200 Schirmpilze auf einer Rinderweide. Auch gibt es z.B. viele Weideboviste und Champignon-Schirmlinge dort und auch Dungpilze, besonders auf den Pferdekoppeln. Die Riesenboviste sind aber fast verschwunden bzw. haben sich auf wenige Stellen, oft im Waldesdunkel, zurückgezogen. Auf den Schafweiden existieren zahlreich die Nelkenschwindlinge. Krause Glucken findet man jedes Jahr, in einem kleinen Wäldchen nebenan existiert eine Population von Mönchskappen; in großen Mengen gibt es auch Nebeltrichterlinge, Erdritterlinge usw. usf.

    Im städtischen Bereich war in diesem Jahr wie auch anderenorts eine regelrechte Pilzexplosion Ende September zu beobachten. So viele Karbolchampignons an den verschiedensten Stellen konnte man vorher noch nie beobachten. In der Natur auf dem Elbehochufer waren aber auch früher schon über 200 Exemplare auf einer überschaubaren Fläche zu sehen. Auf einer Fläche von ca. 60 m² in einem Wohnbereich wuchsen plötzlich über 300 Kahle Kremplinge etc., von den vielen „Kleinpilzen“ und anderen Arten gar nicht zu reden.

    So, das soll es fürs Erste zur Beschreibung unseres Pilzbesonderheiten reichen. Ich hoffe, es war nicht langweilig. Demnächst kommen dann mal einige Anfragen. Bis bald Henry

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    Meine Fotos sind alle gemeinfrei und dürfen für persönliche Zwecke verwendet werden. Es gelten die üblichen Zitierregeln. Bei Weiterreichung bzw. Verwendung für kommerzielle und nichtkommerzielle Publikationen bedarf es einer persönlichen Abstimmung.

  • Auch von mir ein herzliches willkommen und viel Freude und viel 🍄🍄🍄

    BG Andy

  • Hallo und vielen Dank für den Zuspruch. Pilze sind ja wirklich faszinierend und gegenwärtig kann man noch sehr viele hier finden. Bin derzeit fast jeden Tag in der Natur. Heute standen die Pappelschüpplinge (PHOLIOTA POPULNEA) auf dem Programm (Bild 1). Der untere, von Wanderern schon abgeschnittene Baumpilz mit einer Ausdehnung von über 30 cm war leider nicht mehr zu identifizieren.

    Pappeln gibt es ja in der Elbaue noch etliche, vor allem auf den Bauminseln in den Wiesen. Die Solitärbäume sind oft Eichen. Leider erreichen viele Pappeln, teils eben auch solche mit großen Stammdurchmessern, ihr Lebensende und stürzen um oder sterben stehend. Bild 2 zeigt einige Pappleschüpplinge an einem noch stehenden Stamm in unterschiedlicher Höhe. Darunter ist eine alte Buckeltramete (TRAMETES GIBBOSA) zu erkennen wie auch auf dem Separatfoto 3. Erstaunlicherweise ließen sich auf der "Rückseite" noch Vertreter einer dritten Art finden - Austernseitlinge (PLEUROTUS OSTREATUS), die sich von der abgestorbenen Pappel ernährten (Bild4). Über das Auftreten der Austernseitlinge in diesem Jahr (2023) war ja auch schon von anderen Pilzfreunden im Forum berichtet worden.

    Ja, mit dieser "Ausbeute" heute war im Voraus nicht gerechnet worden.

    Gruß Henry

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