Unterschied Warzengürtel und Bergsteigersöckchen

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 410 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (29. Dezember 2023 um 21:19) ist von MisterX.

  • Hallo!
    ich versuche gerade drei Pilze aus meinem Archiv zu bestimmen. Ich dachte zunächst es sind Pantherpilze, aber dann bin ich auf die 123 Pilze Seite über Knollenformen von Wulstlingen gestossen (knollen.htm). Nun bin ich bei meinen Fotos nicht mehr sicher, ob es sich um Warzengürtel oder Bergsteigersöckchen handelt. GIbt es eigentlich ein Unterschied zwischen Kindersöckchen und Bergsteigersöckchen?

    Der erste ist ja orange-bräunlich. Die Velumsflocken sind konzentrisch angeordnet, aber teilweise abgewaschen. Der Fliegenpilz ist ja unter der Huthaut gelb, aber der Querschnitt zeigt ja rein weißes Fleisch, oder? Auch da bin ich mir nicht sicher, ob der Orangeton reiner Hut ist oder schon Fleisch. Leider ist die Oberseite des Rings nicht sichtbar. Ein wichtiges Merkmal fehlt also.

    Beim zweiten, schon sehr alten Pilz ist wieder die Frage, ob es ein Warzengürtel oder ein Bergsteigersöckchen ist. Die leicht gelblichen Lamellen und auch die Tatsache, dass die Velumsflocken auch bei dem Alter noch intakt sind, lässt mich vermuten, dass dies ein Pantherpilz ist. Der Ring ist bereits vergangen.

    Der dritte Pilz hat keinen Ring mehr und keinen Warzengürtel und kein Bergsteigersöckchen. Aber eine knollige Basis.

    All drei in der Lüneburger Heide gefunden.

    Vielen Dank für die Hilfe

    Katrinsche

  • Hallo Katrin,

    Nr. 1 ist ein Fliegenpilz, Nr. 2 ein Pantherpilz, vom Pilz Nr. 3 sieht man zu wenig und sind die Aufnahmen zu schlecht, aber ich würde auch da einen Pantherpilz vermuten, der freilich untypisch und nicht wie im Pilzbuch aussieht. Bei Amaniten macht immer das Gesamtbild den Pilz aus, nicht einzelne willkürlich herausgegriffene Merkmale. Neben der Knollenform und der Velumstruktur ist z. B. die gelbe Linie unter der Huthaut sehr kennzeichnend für den Fliegenpilz, die sehr hellen, weißen, nicht gelblichen Velumflocken und die Hutrandriefung sehr kennzeichnend für den Pantherpilz. Beim Pantherpilz kommt noch der schwach rettichartige Geruch hinzu.

    Noch ein kleiner Tipp: Amaniten langt man nicht in der Stielmitte an wie bei deinem Pantherpilz zu sehen, da macht man zu viele Merkmale kaputt und verdeckt sie dann auch noch mit den Fingern. Man greift sie an der Knollenbasis, wie du es mit dem Fliegi machst, oder am besten am Hutrand.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • Bei Amaniten macht immer das Gesamtbild den Pilz aus, nicht einzelne willkürlich herausgegriffene Merkmale.

    Das kann man nur nachdrücklich so betonen: Bei Amanita-Arten können einzelne Merkmale deutlich von der Beschreibung im Pilzbuch abweichen. Für die Gattung Amanita steht in Pilzbüchern z.B. zumeist: "Lamellen frei oder fast frei". Ich habe zahlreiche voll aufgeschirmte Fliegenpilze mit kerzengerade angewachsenen Lamellen gesehen. Auch bei der Knolle allein ist es nicht immer einfach. Fliegenpilze haben z.B. den abschließenden Wulst und das Bergsteigersöckchen mehr oder weniger deutlich. Bei Arten wie dem Narzissgelben Wulstling kann die Knolle sowohl rübenförmig als auch rundknollig/zwiebelförmig ausfallen.

    Daher müssen wie gesagt immer alle wichtigen Merkmale geprüft werden.

    Zu den hier gezeigten Pilzen: Der Fliegenpilz kann auch einen braunen Hut haben (glaube ich hier allerdings nicht), dann ist es ein Königsfliegenpilz und sehr ähnlich dem Pantherpilz und Grauen Wulstling. Gängige Amanita-Arten mit braunem Hut und deren Unterscheidungsmerkmale sind:

    Königsfliegenpilz:

    *Spitzschuppige oder flächig-schollige weiße oder gelbliche Flöckchen am Hut

    *Ring meist ungerieft

    *Gelbe Linie unter der Huthaut im Schnittbild

    *Rundknollig: Zwiebelförmige Knolle, +/- mit abschließendem Wulst (Bergsteigersöckchen) und/oder Warzengürtel

    *unterer Stielteil durch Velumreste kreisrund oder serpentinenförmig gegürtet
    *Sporenpulver inamyloid

    Pantherpilz:

    *Weiße, spitze/pyramidenförmige Flocken am Hut

    *Ring meist ungerieft (bei Var. Abietum bei Fichte oder Tanne +/- gerieft)
    *Hutrand gerieft

    *Rundknollig: Zwiebelförmige Knolle mit abschließendem Wulst (Bergsteigersöckchen)

    *Unterer Stielteil durch Velumreste kreisrund oder serpentinenförmig gegürtet
    *Rettichgeruch

    *Sporenpulver inamyloid

    Grauer Wulstling:
    *Weiß-gräuliche oder -bräunliche spitzschuppige oder flächig-schollige Flocken auf dem Hut (meist nicht schneeweiß wie beim Pantherpilz)

    *Ring gerieft

    *Hutrand ungerieft

    *Rübenförmige Knolle mit ansatzlosem Übergang zum Stiel (kein Warzengürtel oder abschließender Wulst)

    *Rettichgeruch

    *Sporenpulver amyloid

    Perlpilz:

    *Rötend, ohne Rettichgeruch und oft hellere bis ins weißlich gehende Huttöne, ansonsten wie Grauer Wulstling

    Porphyrbrauner Wulstling:

    *Wenige, große grau-bräunliche Schollen auf dem Hut

    *Ring gerieft

    *Scharf abgesetzte, zwiebelförmige Knolle ohne abschließenden Wulst, Pilz steckt wie in einem Blumentopf

    *Geruch nach Kartoffelkeller (wobei dies im Grundkurs Pilzbestimmung von Rita Lüder bestritten wird, meiner Erfahrung nach und anderen Quellen zufolge ist es aber so)

    Sporenpulver amyloid

    Den Pilz auf den letzten zwei Bildern hätte ich wegen der Knollenform für einen Grauen Wulstling gehalten, aber vertrau im Zweifel lieber StephanW als mir ;)

    Alle Angaben wie immer ohne Gewähr und nur eine Besitmmungshilfe, keine Verzehrfreigabe.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

    Einmal editiert, zuletzt von MisterX (29. Dezember 2023 um 21:09)

  • Hallo MisterX,

    eine tolle Zusammenstellung der Amanita-Merkmale, die du mit viel Mühe und Sachverstand erstellt hast. Das mit dem Geruch von A. porphyria sehe ich wie du, auch diese riecht nach meiner Erfahrung nach Kartoffelkeller (nicht alles, was in einem Pilzbuch steht, stimmt immer!). Du hast auch auf das wohl einzige Merkmal Bezug genommen, das man für sich isoliert betrachten darf: das allmähliche Röten beim Perlpilz (dauert bei einem aufgeschnittenen Pilz etwa 12 bis 18 Stunden, bis es deutlich sichtbar ist) bzw. Rosaverfärbungen am unverletzten Pilz. Das gibt es wirklich nur beim Perlpilz und bei keiner anderen Amanita, diese bräunen höchstens, was den Perlpilz dann für sich genommen gut erkennbar macht.

    Nur das mit den Velumflocken am Hut sehe ich etwas anders. Perlpilz, Grauer Wulstling, Narzissengelber Wulstling und Königsfliegenpilz können spitzschuppige oder flächig-schollige Flöckchen haben, selbst beim Fliegenpilz habe ich schon flächige Schollen beobachtet. Da ist man zunächst einmal beim Bestimmen sehr irritiert. Aber entweder ist die Art der Hutflöckchen variabler als gedacht, oder es verbergen sich tatsächlich genetisch unterschiedliche Arten dahinter, die man optisch-makroskopisch an der Struktur der Hutflöckchen festnageln könnte.

    Immer flächig ist das Hutvelum, so wie ich es beobachtet habe, bei A. strobiliformis und A. eliae, immer spitzschuppig bei A. solitaria, A. pantherina, A. franchetii und A. rubescens var. annulosulfurea.

    Wegen Pilz Nr. 3 braucht man mir nicht mehr oder weniger zu vertrauen wie jedem anderen auch, ich schrieb ja nur von einer Vermutung.

    FG

    StephanW

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  • Hallo Stephan und Mister X,

    Erstmal vielen dank Euch beiden für die Rückmeldungen! Hilft mir schon sehr.


    also Stephan. Ich habe versucht anhand deines Kommentares, versucht nachzuvollziehen, wie Du zu deiner Bestimmung gekommen bist. Da Pantherpilz und Fliegenpilz bergsteigersöckchen/ Kindersöckchen (austauschbar?) haben, beide pyramidenförmige, weiße Flöckchen und beide - wie Mr X sagt „zwiebelförmige“ Knollen, wie der 123 Pilzelink über Knollen sagt „rübenartige“ Knollen - ist also letztendlich das gelborangene Fleisch unter der Huthaut ausschlaggebend oder?


    bei 123 Pilze steht bei Pantherpilz, daß der Hutrand nur bei Alten mehr oder weniger gerieft ist. Wie wichtig ist denn die Riefung als Merkmal? Ich habe die Fotos sehr genau angeschaut und tatsächlich scheinen die jungen Pantherpilze keine Riefung zu haben.


    und an Mister X: ich habe in meinen pilzseminaren immer gelernt, dass Pantherpilze einen ungerieften Ring haben. Dass es nun eine Varietät gibt mit Riefung ist für mich der Hammer. Da dachte ich, das sei nun mal ein verlässliches Merkmal…


    ja mr x danke für deine Aufstellung !

    Viele,Grüße


    Katrinsche

  • Hallo Katrin,

    wo soll ich geschrieben haben, dass der Fliegenpilz weiße Hutflöckchen hat? Ich habe mich nur über die Scholligkeit ausgelassen, aber nicht über die Farbe.

    MisterX hat sich zum Fliegenpilz sogar generell nicht geäußert, allenfalls zum Königsfliegenpilz. Keiner von uns hat also behauptet, dass der Fliegenpilz weiße Hutflöckchen hat, dennoch legst du uns diese Behauptung in den Mund.

    Die Hutflöckchen des Fliegenpilzes sind eigentlich immer leicht bis stark gelblich, was man mithilfe eines Tempo-Taschentuchs feststellen kann, wenn man damit die Hutflöckchen abwischt.

    Ich kann nur wiederholen: Amaniten sehen manchmal nicht so aus wie es in den Beschreibungen im Pilzbuch heißt. Deswegen ist Amanita-Bestimmung schwierig und nicht gerade ungefährlich und braucht einige Erfahrung. Und ist per Internet-Foto schon gar nicht leistbar! Das einzige wirklich 99%-verlässliche Merkmal bei Amanita ist das Röten des Perlpilzes, alles andere ist "kann, muss aber nicht". daher macht es bei Amanita das Gesamtbild der Einzelmerkmale.

    Pilz 3 sieht z. B. von oben wie ein klarer Pantherpilz aus, von unten aber überhaupt nicht, da weder Manschette noch Söckchen (welches auch immer) zu erkennen ist. Trotzdem vermute ich einen Pantherpilz, da im Zweifel diese Vermutung nicht zu einer Vergiftung führen kann, die Vermutung eines Grauen Wulstlings dagegen schon. Vielleicht wurden Manschette und Söckchen beim Pflücken oder Hochheben abgegrabbelt, was ich als ferner Betrachter im Forum nicht wissen kann.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

    6 Mal editiert, zuletzt von StephanW (29. Dezember 2023 um 00:05)

  • Perlpilz, Grauer Wulstling, Narzissengelber Wulstling und Königsfliegenpilz können spitzschuppige oder flächig-schollige Flöckchen haben, selbst beim Fliegenpilz habe ich schon flächige Schollen beobachtet.

    Danke für den Hinweis, ich habe meinen Beitrag für den Königsfliegenpilz und Grauen Wulstling/Perlpilz entsprechend korrigiert.

    und an Mister X: ich habe in meinen pilzseminaren immer gelernt, dass Pantherpilze einen ungerieften Ring haben. Dass es nun eine Varietät gibt mit Riefung ist für mich der Hammer. Da dachte ich, das sei nun mal ein verlässliches Merkmal…

    Ja, das ist sehr heikel. Hier auf 123Pilze steht: "Ring: Hängend, vergänglich, häutig, nie gerieft wie beim Perlpilz, relativ breit und oft doppelrandig wirkend. In ganz seltenen Fällen kann der Ring eine sehr schwache Riefung aufweisen. Der Tannen-Pantherpilz (PANTHERINA VAR. ABIETUM) kann das gelegentlich machen. Deswegen gilt immer alle Merkmale beachten!"

    Pantherpilz , Pantherwulstling (AMANITA PANTHERINA)

    Deswegen würde ich den Grauen Wulstling nicht als Speisepilz sehen (obwohl er auf der Positivliste der DGfM steht) und jedem, egal wieviel Erfahrung die Person hat, von jeglichem Verzehr der Art abraten. Ich habe schon so oft solche Pilze gefunden und konnte beim besten Willen nicht sagen, welchen von beiden ich jetzt in der Hand habe.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.