Grünverfärbender Täubling - Russula olivascens

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 1.561 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (8. November 2021 um 13:43) ist von Steigerwaldpilzchen.

  • Hallo zusammen,


    Gestern konnte ich erstmals den seltenen Grünverfärbenden Täubling Russula olivascens (postiana) finden, den ich euch wieder in einem Portrait vorstellen möchte um zu zeigen, wie man bei der Täublingsbestimmung vorgeht.
    Leider war es nur ein einziger Fruchtkörper, dafür frisch und in ganz guten Zustand.




    Der Pilz wächst im Nadelwald, hier unter Fichte/Kiefer und bildet ziemlich kleine, zerbrechliche Fruchtkörper. Der Fund hat nur einen Hutdurchmesser von 4,5cm. Die Hutoberfläche ist olivgrünlich bis gelbgrünlich.

    Die Lamellen sind intensiv dottergelb mit orange-Ton gefärbt. Somit dürfte das Sporenpulver entsprechend dunkel dotter (Skala IV) sein. Der Stiel ist banal weißlich, mit einer etwas längsrunzeliger Rinde. Geruch ist ebenfalls wenig ausgeprägt. Der Geschmack von Hutfleisch und Lamellen vollkommen mild. Verfärbungen am Fleisch oder Stiel gibt es keine.


    Einzig auffällig ist der Kontrast zwischen dem trüben Hut und den leuchtend gefärbten Lamellen.


    Zusammengefasst haben wir hier erstmal einen milder Dottersporer aus dem Nadelwald.

    Die Ledertäublinge würden schon mal aufgrund ihrer Größe und Festigkeit ausscheiden. Die rot- bzw. gelbhütigen Arten um den Leuchtendroten Täubling Russula laeta ebenfalls - die können keine grüne Farbe auf dem Hut haben und wachsen fast ausnahmslos in Laubwäldern. Die Übriggebliebenen lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Arten mit Dermatozystiden (Tenellae) oder mit inkrustierten Primordialhyphen in der Huthaut (Amethystinae & Chamaeleontinae). Da muss nun daheim das Mikroskop her, während des Wartens auf den Sporenabdruck.

    Zunächst mal ist es ganz gut sich in Kongorot einen Überblick von der Huthaut zu verschaffen. Darin kann das geübte Auge bereits neben den Haaren, Inkrustationen an den Wänden von langen, septierten Hyphen erkennen. Zystiden (meist keulige Zellen mit flittrigem Inhalt) sucht man vergebens.




    Nach der Färbeprozedur in Karbolfuchsin (Vorgehen: Täublinge - Mikromerkmale (Dermatozystiden & Inkrustierte Primordialhyphen)) sieht man lila gefärbte Inkrustationen an den Wänden der Primordialhyphen. Dabei ist es wichtig, dass diese sich an den Wänden befinden müssen! Umherschwimmende Violette Tropfen im Präparat oder um Hyphen herum zählen dabei nicht als positiv.

    Bleiben Amethystinae & Chamaeleontinae übrig. Bei den Ersteren kommt nur das variable Paar Jodoform & Amethyst-Täubling aufgrund des dunklen Sporenpulvers und bei der zweiten Gruppe ausschließlich der Grünverfärbende Täubling Russula olivascens als einziger mit grüner Färbung in Frage. Mittlerweile gibt es auch Sporenpulver, aber wie so oft ist mittlerweile später Abend und ein Vergleich der Farbe nur bei Tageslicht aussagekräftig. Grob wäre es momentan bei IVd einzuordnen.

    Der Grünverfärbende Täubling Russula olivascens hat mit IVe so ziemlich das dunkelste Sporenpulver aller heimischen Täublinge. Der Amethyst-Täubling ist dabei aber auch erstaunlich variabel und kann von IIIb-IVc absporen (es steckt noch mind. eine unbeschriebene Art hinter turci/amethystina, das steht molekular bereits fest). Und dieser kann gelbgrün sein! Also ein Grenzfall, wie weiter?

    1. Die Chemie-Keule: Guajak-Tinktur reagiert mit dem Amethys-Täubling schwach bis negativ. Beim Grünverfärbenden Täubling soll der Stiel in jedem Fall schwach bis mittel, die Lamellen sogar stark reagieren. Dies ist auch der Fall.

    2. Die Inkrustierten Primordialhyphen sind bei den Amethystinae breiter und gröber/stärker inkrustiert.


    3. Die Haare der Huthaut unterscheiden sich im Endglied - Amethyst-T. zugespitzt und verjüngt VS. Grünverfärbender-T. keulig bis kopfig erweitert.

    Ein weiterer Blick in die HDS zeigt, kopfige Haarendglieder

    Auch das Sporenpulver bei Tageslicht zeigt nun endlich die richtige Farbe: Dunkel Dotter-orange IVe

    Nie bei Kunstlicht ablesen, oder man liegt 1-2 Stufen daneben. :wink:

    -> Grünverfärbender Täubling Russula olivascens

    Ein Fund, der mich sehr gefreut hat, da sich mein letzter vermeintlicher als Amethyst-Täubling herrausgestellt hatte.
    Seltene Art, vornehmlich der Gebirgsnadelwäder. Hier nur ca 350m über NN. In D fast nur in den Mittelgebirgen und Alpen nachgewiesen und nach Roter Liste Kategorie 2 stark gefährdet. :cool:


    Extra: Natürlich schaut man sich bei Täublingen auch die Sporen an, jedoch tragen diese hier kaum zur Klärung bei, da alle Arten in der engere Auswahl hierbei zu ähnlich sind.


    Die Literatur ist sich hier auch nicht ganz einig. Eigentlich soll Russula olivascens ein Ornament von bis zu 1 Mikrometer hoch haben und so ziemlich isoliert sein. Sporen mit mehr Verbindungen und niedrigeren Warzen werden für eine Schwesterart R.subcompacta verwendet. Nach bisherigen molekularen Untersuchungen wird diese allerdings zu R.olivascens gestellt. Daher dürften die bei mir nicht ganz isolierten, niedrigwarzigen Sporen in der Variationsbreite liegen. Wichtig ist, dass sie keinesfalls Netzmaschen bilden also teilnetzig oder gar netzig sind.



    LG Thiemo

    Bestimmungsvorschläge anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Eine Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben! -> Pilzsachverständige finden

    Einmal editiert, zuletzt von Steigerwaldpilzchen (8. November 2021 um 13:44)

  • Steigerwaldpilzchen 8. November 2021 um 00:00

    Hat den Titel des Themas von „Russula olivascens“ zu „Grünverfärbender Täubling - Russula olivascens“ geändert.
  • Hallo Thiemo

    Dein Vorgehen bei der Täublings-Bestimmung und Deine Portraits sind immer sehr interessant, vor allem sehr lehrreich. Freue mich schon über die nächsten Bestimmungen von Dir.

    LG Hubi

  • Hallo Thiemo

    Sehr gute Dokumentation und Erklärung. Das macht Freude.

    Der Aufwand dazu ist nicht zu unterschätzen.

    BG Andy