Ein Specht und die Flechten

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 1.731 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (16. Oktober 2022 um 18:36) ist von KaMaMa.

  • Hallo Forum,

    Hallo KaMaMa,

    Hallo Martin,

    diese Flechte hat mir der Specht hoch oben aus einer alten Birke herab geschmissen, es waren mehrere kleine Flechtenteile mit Substrat der Birkenrinde. Schon interessant was es hoch oben alles so gibt.

    Foto 1 der Specht bei der Arbeit.

    Foto 2 bis 8 ist wohl die gute Parmelia sulcata wenn ich meine Tests richtig deute? Schwarze Unterseite, braune Ränder mit vielen Rhizinen + die entsprechenden Farbtests.

    Auf den Fotos 9 bis 11 ( sehr kleine Fundstücke ) sind mir noch verschiedene flächendeckende gelbe Flechte aufgefallen, leider nicht erkennbar, ev. Candelariella-Art oft mit Physciaarten zusammen!? Dann erkenne ich aber noch eine Physcia-Art, sehe Wimpern + Soralen aber keine helmartigen Enden. Könnte das Physcia tenella sein, oder?

    Schau doch bitte mal drüber, wie ist deine Meinung?:wink:

    Es gibt noch eine weitere, neue herab gefallene Flechte, kommt später.

    LG

    Bernd

    Hatte große Schwierigkeiten ( über mehrere Stunden ) beim Hochladen der Fotos, mehrere Versuche waren nötig. Hoffe die Bilder sind zu sind zu gebrauchen.

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  • Hallo Bernd,

    der Specht sitzt auf einem Ast mit interessanten, grauen Rindenpilzen.

    Davon hat er wohl nicht nach unten geschickt?

    Die Sulcatflechte ist ziemlich häufig (zumindest bei mir hier am Neckar) und bedeckt zuweilen die Äste vollständig. Durch ihre weißen, netzartigen Pseudocephyllen öffnet sich die Rinde und es kommt mehr Luft und Wasser ins Gewebe. Aus diesen Öffnungen können auch Soredien abgegeben werden. Die Lappenränder von P. sulcata sind oft etwas bräunlich (etkennt man auf deinen Bildern gut) und wirken etwas eckig, fast wie geschnitten und sind typisch für diese Art.

    Die Pseudocephyllen können bereichsweise statt netzartig in Form von isolierten Flecken auftreten, dann könnte man die Flechte mit einer Punctelia verwechseln.

    Natürlich gibt es noch andere Parmelien, die auch auf Rinde leben. Sie sind teilweise stark beteift (P. ernstiae) oder haben zusätzlich Isidien (P. saxatalis) oder weder Sorale noch Isidien (P. omphalodes-Gruppe). Sie kommen bei mir kaum vor, sind aber in den Bergen häufig.

    Punctelien sind bei mir hier auch recht häufig und sehr schöne grüne Blattflechten.

    Mich wundert, dass du noch keine gezeigt hast. Halte mal Ausschau nach den drei Punctelia-Arten!

    P. tenella hast du meiner Meinung nach richtig zugeordnet. Eine sehr häufige Flechte auf Rinde.

    Die kleine gelbe Flechte ist auf den Fotos leider nicht gut aufgelöst. Hier traue ich mir keine Beurteilung zu. Candelaria käme sicher in Betracht - oder Massjukiella (KOH verwenden) oder...

    Hast du eine Stereolupe? Da kann man seine Rindenstücke und Ästchen schön ausleuchten, in Ruhe vergrößert betrachten und (mit einer Smartphonehalterung) bequem ablichten. Falls man sich für die kleinen Flechten wie z.B. Candelaria, Krustenflechten oder Unterstrukturen der Flechten interessiert, kommt man ohne Lupe nicht mehr gut zurecht, weil man schnell an die Auflösungsgrenze kommt und die Bilder verwackeln.

    Diese Flechten sind so klein strukturiert, dass man sehr schon stark vergrößern muss, um etwas vernünftiges zu erkennen:

    LG Martin

    Einmal editiert, zuletzt von KaMaMa (9. Oktober 2022 um 10:15)

  • Hallo Martin,

    vorab wieder vielen Dank für deine Hilfe und ausführliche Erklärung!!!

    Die Flechten sind tatsächlich alle vom Specht auf meinen Kopf gefallen, daher so kleine Stücke.

    Leider habe ich keine Stereolupe und ohne geht es mit den Vergrößern der winzigen Flechten ja nicht. Aber was ist eine Stereolupe und wo kann ich die bekommen?

    Habe mal gegoogelt, da kommen immer nur Mikroskope, oder ist es eine Leuchtlupe??

    Deine Vergrößerungen super!!:shy:

    Nun zu den Punctelien, sind fertig getestet und sind auch vom unteren Stamm dieser Birke. Hinzu kommen noch Cladoniaflechten, in Arbeit.

    Bei der Punctelia tippe ich auf Punctelia jeckeri oder subrudecta, eine wunderschöne Flechte.

    Was meinst du dazu??

    Mit Borten + Flecksoralen, unterhalb beige/hellbräunlich, K+ gelb, C+ sofort rot auf den Soralen schnell wieder verblassend.

    Bin gespannt.

    LG

    Bernd

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  • Hallo Bernd!

    Die Punctelia, die du gefunden hast, ist graublau, hat braune Lappenränder und besitzt viele runde Flecksorale. Die Lappen sind nicht wellig-aufsteigend, wie sie bei der grünlichen P. jeckeri zu erwarten wäre; P. jeckeri hätte zudem in der Thallusmitte Bortensorale. Deshalb vermute ich hier eine P. subrudecta.

    LG, Martin


    PS: Eine Stereolupe ähnelt einem Auflichtmikroskop, vergrößert aber nur etwa 20-80fach. Es hat einen binokularen Einblick mit zwei Okularen. Der Arbeitsabstand ist relativ groß, so dass auch dickere Objekte in Auflicht betrachtet werden können. Da es im wesentlichen aus zwei Okularen, einer Lupelinse und einem Stativ ohne Kreuztisch besteht, während Objektive fehlen, ist es nicht so teuer.

    Tatsächlich werden die Stereolupen oft als Mikroskop bezeichnet, das klingt viel besser. Achte einfach auf die Angabe zur Vergrößerung und den fehlenden Objektivrevolver ..

  • Hallo Martin,

    mit der P. subrudecta bin ich auch einverstanden, für die Feinheiten reicht es noch nicht bei mir, weiter üben üben üben!!! Mit der Stereolupe werde ich mich jetzt mal befassen, mal sehen was ich so finde.

    Die Cladonia stelle ich neu ein, muss noch etwas experimentieren da scheinen mehrere Arten zu sehen sein.

    LG

    Bernd

  • Hallo Bernd,

    Spechte sind wohl nicht schlecht für sowas!

    Mir schmeißen im Wald die Eichhörnchen gerade Eicheln hinterher - ich habe zwar noch keines dabei gesehen, aber ich weiß, sie sind da und sie kichern!

    Gestern hat mich tatsächlich eins getroffen!

    Verdammte Bande!

    LG, Martin


    Zum besseren Verständnis ein Foto meiner Stereolupe.

    Am linken Okular ist eine Handyhalterung festgeschraubt, was zwar verhindert, die Lupe stereoskopisch zu verwenden, aber ruck-zuck eine ordendlichte Handybefestigung ermöglicht.

    Ich muss es nur noch hineinschieben und die richtige Y-Position finden, dann ziehe ich das Bild noch auf, bis es Displayfüllend ist und fertig.

    Beim Mikroskop habe ich auf ein Trinokular Wert gelegt, damit beide Okulare für die Augen reserviert bleiben.

    Das gibt es viellecht auch bei Stereolupen, weiß ich nicht - vermutlich alles eine Preisfrage...

    Ich finde die da tut's und ich bin damit zufrieden. Z.Zt. unter 200€ im WWW zu finden.

    Die maximale Dicke der beobachtbaren Objekte wird durch den Hub vorgegeben.

    Der Dicke Ast auf dem Fensterbrett klappt leider nicht mehr vollständig, seine dünneren Bereiche sind aber problemlos anschaubar!

    Stereolupenbilder:

    Blick auf Physcia aipolia, die dunklen Pünktchen sind die sporengefüllte Schläuche

    Schnitt durch Apothecium einer P. aipolia

    Rhizinien (Physconia distorta)

  • Hallo Martin,

    das ist ja genial was alles so sichtbar wird und dann auf den Fotos so detailliert zu erkennen ist. Kann morgen bei DHL mein Mikroskop abholen, werde dann mal berichten.

    Gruß

    Bernd

  • Hallo Bernd,

    du hast dir ein Mikroskop bestellt?

    Ich hoffe, ich habe dich nicht zu einem unreflektierten Spontankauf verleitet.

    Ich wünsche dir ab morgen viel Spaß damit!

    Wobei ich mit einer Stereolupe begonnen hätte... Aber wahrscheinlich reden wir ja vom gleichen.

    Ich bin gespannt auf deinen Bericht.

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    es gibt doch noch eine Änderung. Dein Rat würde mir jetzt sehr helfen bin doch unerfahren punkto Stereolupe. Deine Erfahrung zählt!!

    Was sagst du zu diesen zwei Modellen? Könnte ich günstig bekommen.

    Schau doch bitte einmal bei Google.

    Bresser 3D Stereo Auflicht Durchlicht Mikroskop Researcher ICD LED 20x-80x mit 360° drehbarem Tubus, LED Beleuchtung mit Akku- oder Netzbetrieb, für dreidimensionale Beobachtungen

    175 €

    und

    BRESSER Erudit ICD Stereomikroskop (30.5) 20-40 fach Batteriebetrieb-Akku

    199 €. Leider kein Netzanschluss, hat aber eine intrigierte Handyhalterung.

    LG

    Bernd


  • Hallo Bernd,

    .

    tatsächlich besitze ich das erste Modell und bin damit zufrieden.

    Ich denke, es ist dem zweiten überlegen, da es Netzbetrieb ermöglicht. Zudem wird ein zweiter Satz Okulare mitgeliefert: 10x und 20x. 20x braucht man zwar nicht, aber wer weiß?

    Due Handyhalterung scheint nicht integriert zu sein, wird vielleicht nur mitgeliefert. Eine Handyhalterung kann man extra kaufen, die ist nicht teuer. Es geht erstmal auch ohne. Aber auf Dauer ist sie schon sehr praktisch, wenn man Bilder machen möchte.

    LG, Martin

  • ... und eine Halterung kriegt man für etwa 15€. Die wird einfach ans Okular geklemmt.

    Eventuell muss man hier aufpassen, dass sie mit der Kamera-Position des Handys kompatibel ist und nicht irgendeine Strebe genau die Kamera verdeckt!

    Ich habe die Kamera mittig auf der Rückseite des Händis und da passt z.B.

    Solomark Universal Telefon Adapter und Mount Stativ-Halterung für Spektiv/Teleskop/Mikroskop/ Ferngläser

    Ein Okular habe ich mit zwei Kabelbindern etwas dicker und griffiger für den Klemm-Mechanismus gemacht. Bei Interesse kann ich dir das gerne zeigen.

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    so, es ist vollbracht, habe das Bresser 3D Stereo Auflicht Durchlicht Mikroskop Researcher ICD LED 20x-80x soeben bestellt.

    Da ich auf jeden Fall meine Ergebnisse im Foto festhalten möchte habe ich Interesse am Zeigen deiner Änderungen.

    Gut das ich dich noch mal gefragt habe!! Den ersten Versuch habe ich wieder zurück geschickt.

    Gruß und Dank

    Bernd

  • Also,

    die Motifikation an der Okularbefestigung habe ich am Mikroskop vorgenommen, da das Okular einen geringeren Durchmesser hat und die Zwinge sonst nicht gut hält.

    Das Bresser-Okular ist dicker, die Halterung hält hier direkt, da habe ich was verwechselt.

    Ich sende trotzdem mal die Fotos:

    LG, Martin

    1) Stereolupe, Handyhalterung direkt befestigt, hält gut am Okular (Durchmesser 20mm)

    2) Mikroskop, Okular dünner (18mm), mit Kabelbindern aufgedickt, hält so besser:

  • Hallo Martin,

    danke für die Fotos, sind für die richtige Montage abgespeichert. Mal schauen wie das mit dem Zubehör und meinem Handy klappt.

    Habe heute wieder Flechten an einer Böschung direkt auf dem Boden, vermute lehmig, gefunden, auf jeden Fall ist auf dem ersten Blick Cladonia im Spiel. Bin gespannt.

    Müssen die Proben beim Farbtest im trockenen Zustand sein?

    LG

    Bernd

  • Hallo Bernd,

    wenn die Flechte Wasser enthält, wird die Chemikalie bei Auftragen durch das Wasser verdünnt und die Reaktion fällt schwächer aus.

    Ist die Flechte nass, muss die Chemikalie mühsam und langsam eindiffundieren, es kommt praktisch zu keiner Reaktion oder einer sehr schwachen; trockenes Gewebe hingegen saugt die reine Chemikalie auf. Entsprechend eindeutiger ist das Ergebnis.

    LG, Martin