Hallöchen Flechtenfreunde!
Am letzten Samstag fand ich in einem Eichen-Buchenwald an einer Eiche unweit der Straße eine unscheinbare, weiße Krustenflechte.
Bild 0: Fundstelle, Eiche mit weißen Krustenauf der Südseite des Stammes
Die Oberfläche ist voller kleiner, schwärzlicher Fruchtkörper.
Da musste ein Stück flechtenbewachsene Borke zur Bestimmung ins Körbchen wandern!
Bild 1 Flechte mit kleinen, dunklen Fruchtkörpern (Pyknidien)
Bild 2 Pyknidien mit würstchenförmig austretender Masse aus Konidiosporen
Heute kam ich endlich dazu, mir den Fund genauer anzuschauen...
Die Kruste erweist sich als Flechte mit Trentepohlia-Algen, wie orangene Verfärbung, insbesondere an Kratzern erahnen lassen.
Das Flechtenlager selbst ist großflächig, dünn, weißlich, wachsig.
Es zeigt keine Farbreaktion auf die üblichen Chemikalien (K-, C-, P-). Die Pyknidien sind C-.
Am einigen Stellen finden sich eher grünliche Thallusbereiche mit lirellenförmigen, schwarzen und unbereiften Apothecien, die etwas aus der Oberfläche ragen.
Diese Fruchtkörper waren mir im Wald entgangen, aber gehören zur gleichen Flechte!
Bild 3 lirellenförmige Apothecien
Die stäbchenförmigen Konidien haben die Größe von etwa 5-6 x 1,5 µm
Bild 4 Konidien in Wasser, 1000x
Der Thallus wird etwas eingeweicht, um die Apothecien leichter herauszulösen.
Die Apothecien erweisen sich als teilweise in den Thallus eingesenkt.
Die lirelenförmigen Apothecien sind sehr kurz, fast elliptisch, mit einem sehr schmalen Schlitz.
Bild 6 Nasse Apothecien
Um besser quetschen zu können, gebe ich etwas KOH (3%) zum Quetschpräparat und spüle anschließend mit Wasser.
Die keuligen Schläuche enthalten länglich spindelförmige, vielzellige, querseptierte, farblose Sporen.
Nach Lugol-Zusatz erweist sich ein Teil der oberen Ascus-Wandung als amyloid (blau in basischen Milieu):
Bild 7: dickwandiger, amyloider Ascus mit gelblichem Ascoplasma in amyloidem Hymenium.
Der Algenpartner besteht aus einzellige Grünalgen mit dicker Wandung und orangenen Karotinoidtröpfchen (Trentepohlia-Algen).
Bild 8 Algenzellen
Das Hymenium reagiert ohne KOH-Vorbehandlung, im neutralen Milieu, nicht blau sondern orange-rot auf die Jod-Lösung!
Bild 9 Hymenium in Lugol orange-rot gefärbt
Die großen Sporen sind spindelförmig, mit einem dickerem und einem spitzeren Ende.
Ihre Abmessung beträgt um 40 x 9 µm.
Bild 10: Freie Spore mit sehr dicker Schleimhülle und 12 eckigen Zell-Fächern
Beim Durchschlüsseln gelange ich zu Zwackhia viridis, der Grünen Zeichenflechte.
Asco- und Pykosporenmaße, deren Form und Größe passen, ebenso wie die Farbreaktionen des Flechtenlagers, der Algenpartner und die Fundumstände:
Zwackhia viridis lebt laut "Die Flechten Deutschlands" in schattigen Laub- und Mischwäldern an Mittelstamm und Stammbasis von z.B. Tanne, Hainbuche, Esche, Ahorn aber auch Eiche(!), Buche, etc.
Die Grüne Zeichenflechte kommt laut Literatur ziemlich selten vor, ist aber hier im Neckarland nachgewiesen.
Deshalb freue ich mich natürlich sehr, sie gefunden haben zu dürfen!
Ich hoffe, bei der Bestimmung keinen Fehler gemacht zu haben, und bin gespannt, ob ihr zum gleichen Ergebnis kommt, oder doch ein andere Flechte vorliegen könnte.
LG, Martin