Hallo!
Der Hollunder im Garten muss wieder geschnitten werden, ehe er zu groß wird.
Das kann ich gar nicht leiden, muss aber alle 5-10 Jahre oder so sein - leider!
Ich würde ihn ja lieber wachsen lassen...
Seit dem letzten Rückschnitt interessiere ich mich für Flechten und habe deshalb einige bewachsene Aststücke vor dem Shredder bewahrt.
Jetzt liegen sie hier auf dem Schreibtisch und ich finde schnell zwischen den großen Blattflechten interessante kleine Krusten!
Zwei davon konnte ich heute Mittag zuordnen, die wohl auch ganz typisch für Hollunderäste sind:
Caloplaca cerinella, den Kleinen Wachs-Schönfleck
und
Lecania cyrtella, die Gewöhnliche Blassrandflechte.
Bild 0 Fingerdickes Hollunder-Ästchen mit Flechtenbewuchs
1) Caloplaca cerinella, der Kleine Wachs-Schönfleck
Als erstes fielen mit kleine, kräftig gelbe Apothecien auf:
Bild 1 Lupenbild mit gelben, hellgelb berandeten Apothecien zwischen jungen Wand-Gebflechten (X. parietinum). Die Apothecien sind mit 200 - 500 µm relativ klein und werden leicht übersehen!
Bild 2 (Zwei unglücklicherweise gestapelte) Apothecienschnitt(e) mit gelbem Epihymenium
Bild 3 Schäuche mit über 10 Sporen gefüllt! (oberer, horizontal ausgerichteter Schlauch mit 12 Sporen in der Fokalebene)
Bild 4 Farblose Caloplaca-Sporen (2-zellige "Sanduhr"-Sporen) mit sehr breitem Septum, Sporengröße 9,0-11,0 x 5,8-6,3 µm; Schnittbild hier mit verd. KOH => gelbe Pigmente des Epihymeniums verfärben sich nach rot und bluten ins Hymenium aus
Die Flechte lebt sehr gerne auf Hollunderästen zwischen der Wand-Gelbflechte und ist neu für mich.
Kein Wunder bei der Kleinheit!
Die gefunden Flechte hat einen gelben Ap.-Rand und mehr als 8 Sporen in den Schlächen (=> Caloplaca cerinella).
Makroskopisch nicht weiter unterscheidbare und seltenere Arten haben nur 8 Sporen in den Schläuchen (Caloplaca cerinelloides) oder einen etwas grauen Apothecienrand (Caloplaca cerina).
Nicht umsonst sind diese ähnlichen Flechten auch recht ähnlich benannt.
Sie warten weiter auf Entdeckung...
2) Lecania cyrtella:
Am gleichen Ast eine Kruste mit weißlichem Lager und kleinen, hellbräunlichen Apothecien (nur um 200 µm Durchmesser).
Die Flechte zeigt keinerlei Reaktionen auf die üblichen Färbereagenzien.
Im feuchten Zustand erkennt man deutlich Grünalgen im Apothecienrand.
Bild 5 Hell-bräunliche Apothecien mit durch Algen grün schimmerndem, weißlichem Rand von Lecania cyrtella auf weißlichem Thallus
Bild 6 Spindelige, farblose, 2-zellige Sporen, zu 8 in den Schläuchen (Größe 10,5-13 x 4,3-4,8 µm)
Bild 7 Hymenium amyloid; 8 Sporen pro Schlauch, inamyloid; Paraphysen unverzweigt, mehrfach septiert
Eine makroskopisch nicht unterscheidbare Lecania (L. cyrtellina) hätte einzellige Sporen.
Hier liegen eindeutig 2-zellige Sporen vor, weshalb es sich um Lecania cytrella, die Gewöhnliche Blassrandflechte, handeln sollte.
Auch sie lebt sehr gerne auf Hollunder und gilt als mäßig häufig, sollte also an den meisten Hollunderbüschen zu finden sein.
Gartenarbeit hat auch ihr Gutes (frei nach Loriot)!
Mal schaun, ob sich noch mehr Unbekanntes finden lässt...
LG, Martin