Buellia subdisciformis

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 407 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (22. Juli 2023 um 19:15) ist von Bemoeh.

  • Hallo Flechtenfreunde!

    Hallo Bernd Bemoeh !

    Heute möchte ich eine sehr schöne Flechte von den Granitfelsen am Strand des Finistère vorstellen.

    Am vorletzten Tag des Urlaubs bin ich nochmal an die zuvor von mir schon oft aufgesuchten Felsen, um mit der Vorsatzlinse Aufnahmen zu machen und noch ein paar Pröbchen mitzunehmen.

    Erst einmal Eindrücke der flechtenbewachsenen Felsen in der Gegend:

    Bild 1 Dünen in Strandnähe mit Granitfelsen und vielen unsichtbaren Kaninchen.

    Bild 2 Kleinerer Granitblock

    Bild 3 Kleiner Felsbrocken - ist aber vielleicht unter dem Sand mit den großen Schwestern Rest verbunden

    Auf solchen Felsbrocken finden sich eine große Zahl von unterschiedlichen Krusten-, Blatt-, Gallert- und Strauchflechten.

    Eine unscheinbarere Flechtenart darunter, deren Schönheit erst bei genauer Betrachtung erkennbar wird, möchte ich vorstellen.

    Die Flechte ist kalkig weiß bis schwach beige mit stark kontrastierendem schwarzem Vorthallus und zahlreichen, schwarzen Apothecien:

    Bild 4 Ensemble aus Buellia subdisciformis, durch schwarze Demarkationslinien (= algenfreier Vorthallus) voneinander getrennt

    Bild 5

    Bild 6

    Bild 7 Ein Probenkrümel mit weißgrauer B. stellulata (links) und hellbeige B. subdisciformis (rechts) muss mit!

    Der gelblich beige, bereifte Thallus der Flechte ist tiefrissig areoliert.

    Zum Rand hin wird der Thallus etwas dunkler, eher er in den schwarzen, fasrigen Vorthallus übergeht.

    Bild 8 Lagerrand mit schwarzem, fasrigem Vorthallus und lecideinen Apothecien, also mit schwarzem Eigenrand und schwarzer Scheibe

    Bild 9 Die Apothecien sitzen auf dem Lager auf und sind kreisrund, teils aber auch maulbeerförmig.

    Die Scheiben sind erst plan, später konvex und überragen den Rand.

    Bild 10 Auf der Oberfläche befinden sich viele gelblich-braune Strukturen, die ich nicht leider zuordnen kann.

    Es sind wahrscheinlich keine Pyknidien, ich finde keine Pyknosporen darin.

    Vielleicht hatte ich Pech und habe ein Exemplar mit unreifen Pyknidien erwischt.

    Pyknidien sollen bei dieser Felchtenart häufig vorkommen, aber eigentlich schwarz gefärbt sein.

    Bild 11 Im angefeuchteten Zustand ist die knubbelige Maulbeerform mancher Apothecien besser erkennbar

    Bild 12 Die Apothecien erreichen Durchmesser um 1 mm

    Links im Bild Färbetests (P+ gelb, K+ orangerot, später rot)

    Die Färbetest zeigen deutliche Reaktionen mit KOH (20%):

    Bild 13 K+ sofort intensiv gelb, ...

    Bild 14 ... dann sich langsam umfärbend über orange und rot!

    Bild 15 Farbreaktion P+ gelb

    Sonstige Färbetests sind negativ: C-, J- (insbes. Mark, was bestimmungsrelevant ist); KC- (Erst K+ rot, dann C dazu => unverändert rot)


    Bild 16 Unter dem Mikroskop ist im Apothecienquerschnitt zuoberst das braune Epihymenium, darunter ein fast farbloses Hymenium (um 100 µm dick) erkennbar.

    Im Hymenium sind die sporengefüllten Schläuche (8 Sporen pro Ascus) zu sehen.

    Darunter liegt ein dunkelbraunes Hypothecium.

    Die Paraphysen zwischen den Schläuchen tragen braune Pigmentkappen, worauf die Färbung des Epihymeniums zurückgeht.

    Das Excipulum (Eigenrand) ist mikroskopisch ebenfalls dunkelbraun und laugt in KOH (3%) bräunlich-orange aus.

    Bild 17 Die Sporen sind zweizellig und jung (unreif) graugrün, reif braun gefärbt.

    Bild 18 Das Septum der breit elliptischen Sporen ist etwas eingeschnürt, manche der Sporen sind ganz leicht gekrümmt.

    Abmessungen um 14-16 x 8-9 µm.

    Der deutsche Buellia-Schlüssel ("Die Flechten Deutschlands) kennt diese Flechte nicht.

    Unter Verwendung des italienischen Buellia-Bestimmungsschlüssels gelange ich schnurstracks zu mediterran-atlantischen Flechtenart Buellis subdisciformis (nicht placodioid, esorediate & mit Apothecien, auf Gestein, Sporen 1-septiert, C-, K+ rot, Excipulum orange-braun, auf Silikat, Medulla J- => B.subdisciformis).

    Auf der bretonischen Flechtenseite wird B. subdisciformis als in der xerisch-supralittoralen und der aerohalinen Zone (strandnah, vor Spritzwasser geschützt) auf Silikatgestein allgemein vorkommend beschrieben.

    Auch weiter nördlich auf den britischen Inseln kommt sie vor.

    Die Bestimmung dieser hübschen Flechte als Buellia subdisciformis sollte somit stimmen.

    Weil Die Flechte gar so schön sind, noch zwei Fotos zu Abschluss:

    Bild 19

    Bild 20

    LG, Martin


    Zitat von Alain Gérault:

    "... the Finistère can be considered as the heaven of lichenology, considering the fact that some species abundant there are not found elsewhere."

  • Anmerkung:

    Die gelb-braunen Strukturen auf der Thallusoberfläche, zu erkennen in den Bildern 8-11, befinden sich in gleicher Art auch auf der Nachbarflechte B. stellulata - sowohl auf der Thallusoberfläche, als auch auch den Apothecien!

    Somit handelt es sich höchstwahrscheinlich um Fremdmaterial!

    Bild 21 Fremdmaterial auf Oberfläche von B. stellulata auf gleicher Probe

    Bild 22

    Bild 23

    Vermutlich etwas pilzliches, aber keine Ahnung, was...

    LG, Martin

  • Hallo Martin,

    das ist ja wieder sensationell was dir in deinem Urlaub vor die Linse gekommen ist, und wieder super geschlüsselt und beschrieben.

    So etwas zu finden ist schon super und macht Freude.:claps:

    LG

    Bernd