Scheidling im Rasen

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 796 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (25. Juli 2023 um 23:25) ist von Stephan168.

  • Hallo zusammen,

    ich erhoffe mir mal wieder einen Tipp von euch, um den Scheidling auf Art-Ebene bestimmen zu können.

    Gefunden gestern im Rasen im Garten.

    Dass es sich um die Gattung Scheidling handelt, da bin ich mir soweit sicher.

    Bei der Art wirds allerdings für mich schwieriger ...

    Ein paar Merkmale:

    - Hutdurchmesser ca. 5 cm bei den ausgewachsenen FK

    - Keine Grautöne im Hut (wie beim Mausgrauen Scheidling), Huthaut leicht fransig / haarig

    - Stiel voll, nicht hohl

    - Die Volva ist bei allen außen deutlich graubraun und innen weiß

    - Geruch eher unangenehm, aber da bin ich wirklich kein Profi was die Einordnung angeht

    Die meiste Übereinstimmung sehe ich beim Mittleren Scheidling (VOLVARIELLA MEDIA), da die Größe des Hutes für den Kleinsten Scheidling (VOLVARIELLA PUSILLA) eher zu groß ist.

    Allerdings irritiert mich die doch sehr dunkle Außenfarbe der Scheide bei allen FK und die Angabe von 123 Pilze, dass der Stiel hohl sein sollte.

    Bin ich hier auf der richtigen Spur?

    Liebe Grüße Stephan

  • Hallo Stephan

    Obwohl es nicht viele Scheidlings-Arten gibt, sind gerade diese kleineren, hellen Scheidlinge sehr schwierig zu bestimmen, weil die Artauffassung in der Literatur nicht einheitlich ist.

    Mit dieser dunklen Scheide ist der Grosse Scheidling V. gloiocephala eigentlich aus dem Spiel. Ich würde trotz des hellen Hutes auf etwas im Aggregat um Volvariella murinella tippen. Mikroskopisch käme man noch etwas weiter, mit makroskopischen Merkmalen lässt sich das nicht sicher bestimmen.

    Es gibt noch einige neu beschriebene Arten, die in der üblichen Literatur fehlen. Aber eine moderne Monographie der Gattung fehlt leider noch.

    Gruss Raphael

  • Hallo Raphael,

    danke für deine Einschätzung und die Infos zur Gattung allgemein. Dann weiß ich zumindest, dass ich nicht der einzige bin, der sich hier etwas schwer tut.

    Die Möglichkeit und Fähigkeit der Mikroskopie habe ich aktuell noch nicht, das ändert sich aber hoffentlich irgendwann mal ;)

    LG Stephan

  • Hallo Stephan,

    bei der Pilzbestimmung ist oft nicht die Mikroskopie das Problem, sondern die gute und verlässliche Referenzliteratur. 123-Pilze zählt leider nicht dazu (teilweise veraltete bzw. unzureichende Artkonzepte; falsche Zuschreibung von Merkmalen), daher kommt man mit 123-Pilze oft nicht wirklich zu einem befriedigenden Bestimmungsergebnis, selbst wenn man mikroskopiert.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • Hallo StephanW,

    darf man fragen, was denn zu guter und verlässlicher Referenzliteratur in diesem Sinne zählt bzw. was du empfehlen würdest?

    Vor allem welche Internetseite(n) zu empfehlen wäre(n) und dem aktuellen Wissensstand entsprechen (wenn man nicht alle paar Jahre ein neues Buch bestellen möchte ;))

    LG Stephan

  • Hallo Stephan

    Ich bin zwar nicht StephanW, aber schreibe trotzdem was.

    Zum Internet im Allgemeinen, wenn man sich seriös mit Pilzen beschäftigt, also nicht mit Fokus auf die Pfanne: Grosse Vorsicht. Das Internet ist gut um seriöse Literatur zu suchen, auch herunterzuladen, und sich in Foren auszutauschen. Aber diese Seiten, die mit einer immensen Zahl von beschriebenen Pilzen werben, sind oft veraltet, zu oberflächlich und voller Fehler. Eine solche Seite wirklich seriös zu pflegen, wäre ein Vollzeit-Job für ein ganzes Team von Mykologen. Der Aufwand wird bei solchen Projekten wohl anfangs unterschätzt. Das gleiche gilt für all die Pilz-Apps, mit denen man angeblich jeden Pilz sicher bestimmen kann.

    Gute Literatur gibt es nach wie vor nur in Buchform, sowie als Fachartikel in mykologischen Zeitschriften.

    Naja und dann wird es halt teuer... Alle paar Jahre ein neues Buch wäre traumhaft, ich gebe pro Jahr etwa 2000 Euro für Literatur aus. Ok, aber ich übertreibe es manchmal auch. Mit den bekannten Werken von Ludwig oder Breitenbach&Kränzlin ist man für viele Jahre gut beraten, solange man sich nicht wirklich intensiv in die Mykologie einarbeiten will. Unabdingbar sind gute Schlüssel, Funga Nordica oder Gröger. Jedes Buch ist irgendwann teilweise veraltet, aber das heisst nicht dass es innert weniger Jahre wertlos und insgesamt unbrauchbar ist. Am besten schaut man deshalb immer in mindestens zwei Bücher.

    Es gibt auch kompaktere, preiswertere Bücher die wohl ihre Vorteile haben, da kenne ich mich aber nicht wirklich aus. Andere können dir sicherlich weitere Bücher empfehlen.

    Gruss Raphael

  • Hätte ich nicht besser schreiben können!

    Als erstes musst du aber überlegen, wie tief du überhaupt in die Pilzkunde einsteigen willst, bevor du Geld raushaust. Ich kenne jemanden, der sofort Feuer und Flamme für das Pilzbestimmen war. Er hat sich sehr schnell nicht nur ein Mikroskop, sondern auch teure Literatur gekauft. Und was ist jetzt? Das Mikroskop wird nicht benutzt, die Literatur steht im Schrank. Und warum? Weil ihm beim Geldraushauen nicht klar war, was für ein Zeitfresser Pilzbestimmung ist.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • Danke euch beiden für die hilfreiche Rückmeldung!

    Wie viel Zeit die Pilzbestimmung in Anspruch nimmt, ist mir mittlerweile durchaus klar geworden, da ich die letzten Jahre immer tiefer in das Thema eingestiegen bin.

    Die Motivation und Leidenschaft ist dabei trotz des hohen Zeitaufwandes des "Hobbys" eher gestiegen, da jede Bestimmung am Ende Freude macht -

    und natürlich nicht nur die Bestimmung, sondern v. a. auch in der Natur zu sein und schöne Funde zu machen, die zum Teil ja auch noch zu einem leckeren Gericht verarbeitet werden können.

    Daher wird wohl kein Weg an der ein oder anderen Investition in die gute Literatur vorbeiführen ;)

    LG Stephan