Ein buntes Sträußchen Laubwald-Täublinge

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 621 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (3. September 2023 um 15:23) ist von CH-Andy.

  • Hallo zusammen,

    heute war ich auf der Pilzsuche in einem Laubwald um ein paar Arten zu Gesicht zu bekommen, die es in den umliegenden Kiefernforsten nicht gibt. Von Röhrlingen war komischerweise gar nichts zu sehen, aber neben vertrockneten Zonen-Milchlingen, Grubigen Wurzelrüblingen und zwei Gelben Knollenblätterpilzen überraschten mich ein paar schöneTäublinge.

    #1 Mandeltäubling Russula grata - Ein Vertreter der Sektion der Stinktäublinge, allerdings mit verführerischen Geruch nach Marzipan. Leider ist der Pilz trotz des Geruchs nicht genießbar, der Geschmack unangenehm und mehr oder weniger scharf. Es gibt zwei weitere Arten mit ähnlichen Duft. Der Morse-Täubling Russula illota duftet nur unbeschädigt nach Marzipan, sobald er verletzt wird mischt sich eine stinkende (foetens) Komponente hinzu. Zudem hat letzterer auffällig violettschwarz gepunktete/gestrichelte Lamellenschneiden (Morsezeichen). Der sehr seltene Starkduftende Täubling Russula fragrantissima hat einen kaum gerieften Hut.




    Unfairerweise hat der bereits makroskopisch leicht kenntliche Mandeltäubling auch noch für Russula einmalige Sporen - so etwas wünscht man sich bei anderen Täublingen ... :wink:




    #2 Rosa- oder auch Morgenrot-Täubling Russula velutipes - Die Hutfarben dieser Art spielen von Rot über Orange bis Orangegelb. Die matte, fast schon bereifte Hutoberfläche lässt inkrustierte Primordialhyphen vermuten. Zusammen mit dem milder Geschmack und weißem Sporenpulver führen das zu den Roseinae. Ein schneller Test mit Guajak bestätigt dies, die Roseinae reagieren am Stiel deutlich negativ (es bleibt lange braun). Makroskopisch auffällig ist die in der Sektion meist vorhandene, rillig-furchige Stieloberfläche.



    Speziell beim Rosa-Täubling ist der Stiel vor der Spitze oft verengt und im Jungzustand flockig bepudert. Nur ist das nicht immer konstant. Von den vier gefundenen Fruchtkörpern hatten nur zwei die beschrieben Stielform, bepudert war kein Stiel.


    Ein weitere Test funktioniert meist nur an getrockneten Belegen aber schwach auch am Frischpilz: Mit Sulfovanillin ergibt sich eine beständige, pinke Verfärbung.




    Die Größe der Fruchtkörper kann recht variabel sein, es gibt (wie hier) mittelgroße Exemplare seltener sind sie klein und könnten dann mit dem Kleinen Rosa-Täubling Russula minutula verwechselt werden, wo dann das Mikroskop ran muss.

    Die Sporen sind ziemlich klein und nur fein mit Wärzchen besprenkelt, die aber fein mit einigen Linien zebriert verbunden sind.

    Die breiten, inkrustierten Primordialhyphen sieht man bereits in Kongorot, ganz ohne Karbolfuchsin Färbeprozedur.




    Der letzten Täubling hatte mich genarrt, so dachte ich endlich einen Papagei-Täubling bei uns zu finden. Hut zweifarbig mit lila Hutrand, Lamellen cremefarben, Geschmack in den Lamellen schärflich - würde alles passen, jedoch zeigt das rein weiße Sporenpulver sowie ganz andere mikroskopische Bild der Huthaut und Sporen, dass es sich um einen relativ klein geratenen

    #3 Purpurschwarzen Täubling Russula bresadolae handelt. Hier wieder ein Beispiel, dass ein Abwurf unerlässlich ist, da die cremefarbenen Lamellen entsprechend gefärbtes Sporenpulver vortäuschen.


    Sporen mit Warzen, die feinstnetzig verbunden sind




    HDS mit großen bis riesigen, teils an der Spitze verengten Pileozystiden und recht langen, gegliederten Haaren





    VG Thiemo

    Bestimmungsvorschläge anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Eine Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben! -> Pilzsachverständige finden

    Einmal editiert, zuletzt von Steigerwaldpilzchen (2. September 2023 um 23:12)

  • Steigerwaldpilzchen 2. September 2023 um 23:05

    Hat den Titel des Themas von „EIn buntes Sträußchen Laubwald-Täublinge“ zu „Ein buntes Sträußchen Laubwald-Täublinge“ geändert.
  • Hallo Thermo,

    vielen Dank für deinen schönen, lehrreichen Täublingsexkurs!

    Ich finde zur Zeit hauptsächlich Täublinge hier in den Wäldern am mittleren Neckar und versuche mich jedes Mal damit, sie zu bestimmen - was mal klappt, mal nicht klappt...

    Da ich von den Flechten komme, färbe ich die Sporen mit Lugol, habe dabei aber fast nie schön eingefärbtes Ornament. Ich vermute, man muss Melzers verwenden, um so gut erkennbares Ornament wie du zu erhalten. Ist das wohl richtig?

    LG, Martin

  • Hallo,

    Danke. Es freut mich, wenn mein Beitrag gut ankommt.

    Der praktische Unterschied zwischen Lugol'scher Lösung und Melzers Reagenz ist, dass letztere letal wirkt. Will man lebende Strukturen betrachten muss man mit Lugol arbeiten. Das ist v.a. bei den Ascomyceten ganz wichtig, bei Flechten kenne ich mich nicht aus. Durch die abtötende Wirkung des Chloralhydrats in Melzers-Reagenz kann es durchaus sein, dass Strukturen verändert und die Färbung an den Sporen besser sichtbar wird. Täublingssporen werden seit jeher in Melzer gefärbt und vermessen, daher ist eine mögliche Veränderung durch das Färbemittel einkalkuliert. Ich habe ehrlich gesagt noch nie probiert Täublingssporen in Lugol anzuschauen. Ein klarer Nachteil: Die Sporenmaße der lebenden Sporen können dann nicht mehr mit den "Totmaßen" der Literatur verglichen werden. Also ist Melzers wohl Pflicht.

    VG Thiemo

    Bestimmungsvorschläge anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Eine Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben! -> Pilzsachverständige finden

  • Hallo Thiemo,

    vielen Dank - sehr aufschlussreich!

    Ich hatte bislang tatsächlich die Sporenmaße zuerst in Wasser gemessen, da ich die Lebenmaße für die ausschlaggebenden hielt.

    Bei Täublingen ist es also anders und ich darf/muss gleich in Melzers einfärben und so messen - gut zu wissen!

    LG, Martin

  • Hallo Thiemo

    Wie immer sehr lehrreich, vielen Dank.

    Ich muss diese Stink-Täubling auch mal mikroskopieren, die Sporen sehen super aus.

    BG Andy