Blattflechte Grundtyp erkennen

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 180 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (20. März 2024 um 22:13) ist von IngeS.

  • Lieber Martin,

    möchte Dich mit meinen Anfängerfragen nicht langweilen, aber ich versuche noch immer wenigstens die Grundtypen von Flechten zu erkennen.

    z.B. 17.3.2024 BW, Aachried/Bodensee

    Substrat: toter abgefallener Eichenast (Eiche steht am/im Wasser)

    sind diese kleinblättrigen (Parmelien schließe ich mal aus) Blattflechten den Schwielenfechten (Physcia) zuzuordnen?

    Die Loben liegen fest auf, die schwarzen Fruchtschüsselchen sind zahlreich und recht groß für die kleine Rosette.

    Interessant finde ich die kleinen noch ?unreifen/status nascendi? Fruchtkörper

    Wie unterscheide ich Schüsselflechte von Schwielenflechte?

    (die hellen Flaumfäden sind von den herübergewehten Rohrkolben)


    Also kann ich es wagen Physcia? Geht noch mehr?

    danke , inge

    Einmal editiert, zuletzt von IngeS (20. März 2024 um 01:13)

    • Hilfreichste Antwort

    Hallo Inge,

    man kann die Frage ein bisschen weiter greifen als die Unterscheidung von Parmelia und Phycia: Die Unterscheidung zwischen zierlichen, tief geteilten, feinlappigen, "physcioiden" (schwielenflechtenartigen) und großlappigen, "parmelioiden" (schüsselflechtenartigen) Blattflechten betriff die Form der Flechten und ist relativ einfach, wenn man sich die Größenverhältnisse der Lappenbreite (nicht der Flechte selbst, jede Flechte fäng mal klein an!) vor Augen führt - am besten im direkten Vergleich:

    Bild 1 Großer, tief eingeschnittener Physcia-Thallus mit kleinen Läppchen neben einer noch ganz kleinen (parmelioiden) Punctelia mit breiten Lappen - trotz ihrer Jugend. Obwohl die Punctelia jung ist, hat sie breite Lappen, während die große Physcia sehr schmale Läppchen besitzt.

    Tatsächlich bleiben die physcia-artigen Flechtenthalli tatsächlich meist auch deutlich kleiner als die der parmelia-artigen Flechten.

    Die parmelioiden Blattflechten werden (sehr) groß und haben breite Lappen. Es sind die ersten Flechten, die man von weitem am Baum erkennt, während die Physcien und ähnliche Flechten noch einen unscharfen Hintergrund bilden. Früher war die Gattung Parmelia sehr groß; sie wurde mittlerweile in eine Vielzahl Gattungen aufgespalten: Parmelia, Parmelina, Parmeliopsis, Flavoparmelia, Xanthoparmelia, Punctelia, Flavopunctelia, Hypotrachyna, Melanohalea, Melanelixia, Hypogymnia, u.s.w. und werden bis heute noch oft in einem gemeinsamen Bestimmungsschlüssel zusammengefasst und haben alle einen mehr oder minder parmelioiden Habitus.

    Auch die physcienartigen Gattungen waren früher wegen ihrer (Form)ähnlichkeit in einer gemeinsamen Gattung Physcia vereint: Physcia, Phyciella, Physconia, Phaeophyscia, Hyperphyscia, u.s.w. ähneln einander sehr in ihrem Thallusaufbau.

    Bild 2 Große breitlappige Parmelia zwischen vielen kleinlappigen Physcien

    Die feinlappigen Flechten deines Fundes sind also physcienartig und tatsächlich Physcien, vermutlich P. aipolia oder P. stellata.

    Ich hoffen, du kannst die beiden Formtypen und damit auch die beiden Gattungen jetzt etwas besser erkennen und trennen.

    LG, Martin

  • IngeS 20. März 2024 um 22:11

    Hat einen Beitrag als hilfreichste Antwort ausgewählt.
  • Ah -sehr gut aufbereitet, danke Martin!

    Sehr hilfreich zusammengefaßt.

    Heute auf einer alten Mirabellen-Wiese fiel es mir schon leicht, nicht nur Strauch- von Blattflechten zu unterscheiden, sondern üppige E.punastri, Ovalsorale, Lappen von Braun-Schüsselflechten, die vielen P.sulcata, Bortensorale und mehr zu erkennen.

    Auch wenn die kleinen Physcien zwischen drin sind auf den Fotos, macht es Freude die Details zu erkennen.

    Je mehr Begriffe (Vokabeln, Termini) man drauf hat, desto besser erkennt und unterscheidet man...macht Spaß

    An P.aipolia hatte ich gedacht, als ich Deine Eichenflechten-Sammlung sah.

    lG, inge