Variationsbreite der Porenform

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 5.155 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (11. Mai 2018 um 18:28) ist von pilzscout.

  • Hallo zusammen,

    in der Bestimmungsliteratur finde ich bei den Porlingen teils genaue Angaben zur Porenform (eckig, rund, Anzahl pro mm; oft auch mit Foto), teils fehlen explizite Angaben (z.B. oft bei 123..). Wie soll ich als Laie es bewerten, wenn sich im Wachstumsverlauf (siehe Foto) die Form drastisch verändert? Ist dies normal, artspezifisch oder ein Kuriosum; ist die Porenform /-größe evtl. gar kein gewichtiges Merkmal.

    Nebenbei noch ein Foto. Auf der Schnittfläche eines umgesägten Baums (nicht auf dem Stubben) fand ich diese Objekte. Ist das etwas pilzliches? Durchmesser gut 1 cm, sehr hart, Geruch und Geschmack unauffällig. Das linke Objekt habe ich halbiert und die Bruchstücke liegen rechts. In meinem uralten Reichert-Deko-Mikroskop sah ich nur amorphe Masse. Evtl. sind Zuwachsringe zu erkennen. Bei 123.. sehen alle Abbildungen der Vielgestaltigen Holzkeule anders aus; oder sind das Schrumpfmumien.

    LG, Toni

    • Offizieller Beitrag

    Ahoi, Toni!

    Die schwarzen Kugeln sind Holzkohlenkugelpilze (Daldinia spec.).
    Bis vor einigen Jahren hätte man das wohl noch makroskopisch als "Daldinia concentrica" bestimmt, inzwischen weiß man, daß es da recht viele Arten gibt, die sich neben ein paar makroskopischen Eigenschaften auch durch Mikromerkmale und KOH - Reaktionen unterscheiden. Ich weiß allerdings nicht genau wie - Kernpilze sind nicht so meine Baustelle.

    Die Porenformen und Porengrößen bei Porlingen sind schon wichtig - aber man muss auch immer mit Abweichungen rechnen. So verndern sich Form und Größe je nach Alter, Wachstumsbedingungen, Lage des substrates und Lage der Fruchtkörper. Bei manchen Porlingen ist es generell so, daß die Ausprägungen variabel sind, bei anderen ist es stark fixiert, wie die Poren geformt sind. Das richtig zu beurteilen, ist oft eine FRage der Erfahrung, weil man eben solche Faktoren wie Wuchsweise am Substrat oder Alter der Fruchtkörper mit berücksichtigen muss.

    Bei deinem Fund scheint es offensichtlich zu sein, daß bei zwei Wachstumsschüben wohl unterschiedliche äußere Bedingungen herrschten.
    Interessant wäre nun noch bei diesem Fund, welcher Porling es nun ist. Dazu müsste man mindestens mal noch die Oberseite und ein Schnittbild sehen, vielleicht lässt er sich dann schon recht gut einordnen. Oft ist es aber auch eher kompliziert, und bei vielen Porlingen braucht man mikroskopische Merkmale...
    ...die bisweilen ebenso schwer zu beurteilen sind, wie die makroskopischen.
    Meistens ist es die Kombination aus makro- und mikroskopischen Merkmalen, so daß sich ein (in sich entsprechend variables) "Gesamtbild" einer Art ergibt.


    LG, Pablo.

  • Hallo Toni,

    bei deinem ersten Bild ist das "Porenbild" für diesen Pilz typisch, schade, dass du nur die Unterseite zeigst. Ich würde auf einen alten Buckelporling tippen. Dessen Poren sind im jungen Zustand rundlich und ziehen sich dann in die Länge und sehen aus wie Blätter.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Veronika!

    "Rundliche" Poren wären bei Trametes gibbosa (Buckelporling, Buckeltramete) eigentlich schon eine ziemlich ungewöhnliche Bildungsabweichung. Auch bei jungen Fruchtkörpern ist die längliche Porenform normalerweise deutlich ausgeprägt, bisweilen sogar noch stärker als bei ausgewachsenen Exemplaren:

    Rundliche Poren passieren bei der Art zB gerne dann, wenn der Pilz bei der Fruchtkörperbildung irgendwie nicht ganz erkennt, was unten und oben ist; also wenn Poren quasi auf der Oberseite gebildet werden:


    LG, Pablo.

  • Servus zusammen,

    danke für euer Interesse. Gleich noch eine Frage. Soll man für das Schnittbild eines alten Porlings das Objekt per Messer schneiden oder eher brechen. Ich hatte den Eindruck, dass man beim Schneiden oder Sägen mit dem Sägemesser die Struktur eher beschädigt. Hier noch zwei Fotos. Einen Buckel konnte ich nicht ausmachen. Die Größe in der Ebene ist 6 x 9 cm und ziemlich flach.

    LG, Toni

  • Hallo Pablo,
    deine Bestimmung "Holzkohlenpilz" ist goldrichtig. Da wäre ich nicht drauf gekommen. In der Literatur fand ich ihn dann auch unter "Kohlen-Kugelpilz" oder "Kugelkohlenpilz". Danke nochmal.
    LG, Toni

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Toni!

    Dein Porlingsfund mit den variabel ausgeprägten Poren ist ein Eichenwirrling (Daedalea quercina).
    Bei kleineren, exsikierten Exemplaren sind die sinuosen Poren manchmal etwas dünnwandig. Aber bei der von dir beschriebenen Größe immer noch zu grob für eine Buckeltramete, die auch innen heller wäre (weiß, cremeweiß). Hier würde man wohl von "Holzfarben" sprechen.
    Bei Daedalea quercina gibt es neben der normalen Ausprägung mit sinuos verlängerten, gewundenen "Poren" auch eine form mit gleichmäßig rundlichen Poren (Daedalea quercina forma trametea):

    Dein Fund steht nun irgendwo dazwischen.
    Ich erinnere mich an einen Forenbeitrag (nur leider nicht mehr, wann und in welchem Forum), da hatte jemand einen Eichenwirrling gefunden, der deinem sehr ähnlich war: Ein Teil poroid, der andere sinuos - lamelloid. Wenn ich mich richtig erinnere, war es dort anders rum: Zur ansatzstelle hin eben mit den typischen, länglichen Poren, zum Rand hin mit rundlichen Poren. Zudem war es wohl so gewesen, daß ein Teil des PIlzes abgeschnitten wurde, bei dem neuen Zuwachs war dann die Ausprägung des Hymenophors eben anders.


    LG, Pablo.

  • Hallo zusammen,

    darf ich weitere Fragen anschließen! Bei den Beschreibungen der Fruchtschicht der Porlingsähnlichen findet man die Begriffe Poren und Lamellen. Aber keinen Kurzbegriff für das Dazwischen, alles was nicht eckig, rundlich oder oval ist. Wie wäre es mit Falten, Labyrinthen, Wirren, Blättchen? Was ich finde sind

    • Lamellenartige bzw. Lamellige Poren (z.B. Eichen-Wirrling, Dreifarbige Tramete, Rötender Wirrling)
    • Labyrinthische Poren / Lamellen / Fruchtschicht / Röhrenfutter (z.B. Zaun-Blättling, Birken-Blättling, Rötende Tramete, Graugelber Rauchporling, Aschgrauer Wirrling)
    • Längliche Poren (z.B. Buckel-Tramete),
    • Unregelmäßige Poren (z.B. Braune Borstentramete)
    • und nun auch noch "sinuose-lamelloide Poren"

    Aber wie soll ich das auseinander halten? Selbst in dem von mir sehr geschätzten Buch von R. Lüder mit 130 Seiten allgemeine Erklärungen finde ich dazu nichts. Sind das nur Synonyme?

    Zudem kein Wort zu eng- bzw. weitständige „Falten“ (feine / grobe Strukturen). Wie das beigefügte Beispiel aber zeigt, gibt es da gravierende und somit erwähnenswerte Unterschiede. Bei den beiden Exemplaren tippe ich auf Eichen-Wirrling und Buckel-Tramete.


    LG, Toni

    • Offizieller Beitrag

    Moin.

    Solche Begriffsdefinitionen gibt es durchaus. Porlinge sind aber ein recht spezielles Fachgebiet, wirklich gute Erklärungen findet man da meist nur in entsprechender Fachliteratur. Derzeitiger Gold - Standard für europäische "Porenpilze" wäre zB "Poroid Fungi of Europe" von Ryvarden & Melo (2. Auflage).
    Wie der Vorgänger (European Polypores) ist das allerdings auf Englisch. Ebenfalls englisch, und auch ein gutes Buch mit einem ordentlichen Einleitungsteil wäre "Fungi Europaei 10: Polyporaceae s.l." von Annarosa Bernicchia.
    Auf Deutsch, allerdings etwas älter und bestimmungstechnisch nicht mehr so solide wären die Werke von Hermann Jahn ("Pilze an Bäumen") und auch "Nichtblätterpilze, Gallertpilze und Bauchpilze" von Walter Jülich (1984). Etwass weniger ausführlich, aber auch mit einigen hilfreichen Erklärungen gibt es zB noch den zweiten Band der "Pilze der Schweiz" von Breitenbach & Kränzlin, oder auch den ersten Band der "Großpilze Baden-Württembergs" von German Krieglsteiner.


    Schaut man sich diese Werke an, wird man aber auch feststellen, daß die jeweiligen Autoren hier und da schon geringfügig andere Definitionen einzelner Begriffe verwenden. Aber im Großen und Ganzen sind das die grundlegenden Infos zum Verständnis, wie welche Merkmale solcher Pilze interpretiert werden.

    Deine Interpretiation im Beispiel mit dem schicken vergleich von Eichenwirrling und Buckeltramete passt schon mal ganz gut. :agree:


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,

    danke für die ausführliche Literaturliste. Vielleicht setze ich mich mal - im nächsten Winter - tagelang in Freising-Weihenstephan in die Unibibliothek und wälze dort all diese Pilzbücher. Kaufen werde ich sie eher nicht. Mein Interesse an den Baumpilzen kommt daher, da es hier seit vielen Wochen nicht geregnet hat und es keine bodenwachsende Pilze gibt. Aber ich sehe schon, für einen Laien ist die exakte Pilzbestimmung nahezu uferlos. Man muss sich wohl oder übel meistens mit einer annähernden Bestimmung zufrieden geben. Die üblichen essbaren Schwammerl und deren Giftpartner kennt man ja durchaus.

    Es grüßt dich, Toni