Bitte um Erleuchtung, wir verzweifeln: Pilzbestimmung - Südtirol - dunkelbrauner Hut, violette Lamellen, weißer knolliger Stiel

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 5.450 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (6. September 2020 um 19:25) ist von Boris71.

  • Liebe Pilzfreunde.

    Wir haben heute wunderbare Steinpilze, Pfifferlinge und sogar zwei Kaiserlinge bei uns im Wald gefunden.

    Bei einer Sorte sind wir uns aber absolut nicht sicher, was das sein soll, wir haben die 123pilzsuche verwendet, unsere beiden Pilzbücher durchforstet, aber wir wissen es einfach nicht.

    Es wären sicher 5-6 Stück auf einem Platz gewesen.

    Merkmale:

    - Hut: dunkelbraun bis ganz leicht violett

    - Stiel: faserig, weiß (innen und außen), knollig am Fuß

    - Lamellen: violett bis grauviolett, engständig

    - junger sehr knollig

    Falls das zu wenig Merkmale sind, bitte sagen (bin neu hier). Ich habe ein paar Fotos gemacht, wir haben einen normalen und einen noch kleinen mitgenommen. Sind mehrere Fotos in unterschiedlichem Licht.

    Danke danke danke schon mal für eure Hilfe! :love::love::love:

  • Hi,


    da hast Du imho Schleiereulen (Cortinarius praestans) gefunden. Glückwunsch!👍


    VG Boris

    Hallo Boris,

    3 x nee: Eine Schleiereule hat keinen Ring und keine derartig gefärbte Lamellen.!!!

    - Für mich ist das ein "Träuschling", genauer verm. "Riesen-Träuschling" (Stropharia rugosoannulata).

    Grüße Gerd

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!

    Erstmal: Durchaus gute Präsentation, Schwammlklauber. :thumbup:
    Mit einem Manko: Die Stiele und vor allem die Stielbasen sind "geputzt", wodurch eine Bestimmung auf Artebene in dem Fall ausgeschlossen ist.
    Allerdings kann man sich schon etwas annähern, und ich bin sicher: Das sind auf keinen Fall Träuschlinge und demnach auch keine Riesenträuschlinge (Stropharia rugosoannulata).
    Gerd und Uwe: Bitte nochmal die Lamellenfarbe (ohne Sporenpulver, nur Lamellenfarbe!) bei jungen Riesenträuschlingen nachschlagen, weil die ist sicher nicht blau sondern cremeweißlich. Ein violettgrauer bis grauschwarzer Farbton kommt da erst im alter rein, und zwar durch das reife Sporenpulver, das nämlich violettschwarz ist. Die Farbe der Lamellen hat in diesem Fall aber nix mit der Sporenpulverfarbe zu tun, weil da ist noch kein oder fast kein reifer Sporenstaub an den Lamellen.

    Zudem: Bitte mal die ganz jungen, nahezu kugeligen fruchtkörper angucken und vergleichen, ob das beim Riesenträuschling tatsächlich so sein kann, und dazu im Zusammenhang mit dem Habitus mal noch Gedanken über die doch deutlich ausgeprägte Stielknolle in diesem Fall machen (gibt's bei Träuschlingen in der Form nämlich auch nirgendwo).
    Zuletzt die Velumstruktur: Das hier ist kein Pilz mit häutigem Ring (im Fall vom Riesenträuschling ja sogar ein dicker, doppelter, wwattig - häutiger Ring), sondern sehr wohl einer mit fädigem Velum (= Cortina = Schleier). Das ist erkennbar an den Velumbändern an den älteren Stielen, wo diese nicht geputzt sind, sowie an den Huträndern und erst recht und ganz besonders deutlich an den kleinen, noch geschlossenen Fruchtkörpern.

    Fazit: Das hier ist sehr wohl ein Schleierling, und zwar ein Schleimkopf (Cortinarius subgen. Phlegmacium), insoweit stimme ich mit Boris überein, aber eine Schleiereule (Cortinarius praestans) kann ich da auch nicht erkennen, denn dazu sind die Lamellen schon etwas zu violettblau, die sind bei jungen Schleiereulen sonst blasser, dafür ist bei jungen schleiereulen das Fleisch im Schnitt zumindest in der Stielbasis violett (oder ist es das hier sogar? wirkt auf meinem Monitor nur grau), das Velum gerade bei jungen fruchtkörpern nochmal kräftiger ausgeprägt, die Hüte werden rasch vom Rand her runzelig und der Habitus ist insgesamt noch stämmiger.
    Allerdings: Es gibt durchaus einige Dutzend Phlegmacien mit hellem Fleisch, braunem Hut und violetten Lamellen.
    Womit wir wieder beim Punkt wären: Von entscheidender Bedeutung für die Bestimmung in der Gattung ist eine komplett unversehrte, ungeputzte Stielbasis und auch Stieloberfläche. Meistens braucht man dann zusätzlich immer noch ein paar makrochemische Reaktionen, aber auch die kann man sich ohne Blick auf die unversehrte Stielbasis schon schenken.

    Bleibt bei dem Fund also bei "Cortinarius spec." fürchte ich.


    LG; Pablo.

  • Hallo zusammen,

    mit meiner Einschätzung kann ich Pablo nur unterstützen - das ist mit Sicherheit ein Cortinarius und mit ebensolcher Sicherheit kein Riesenträuschling. Aber bei der Diagnose Schleiereule (Cortinarius praestans) wäre ich vorsichtig, wenn ich sie auch nicht für unmöglich halte. Der Pilz hat mMn zu wenig wattigweißes Velum und ist auch insgesamt zu schmächtig für eine Schleiereule. Allerdings gibt es, sozusagen als "kleineren Bruder" den Taubenblauen Schleimkopf (Cortinarius cumatilis), als Option für diejenigen, die sich an den genannten Details stören.

    Allerdings: schwammlklauber , du hast die Pilze vorgeputzt (hoffentlich nicht, weil du sie essen willst? dafür bekommst du von keinem von uns den Segen!), und zu welchem Expertenstreit das führen kann, hast du jetzt gesehen.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • Hallo zusammen!

    Gerd und Uwe: Bitte nochmal die Lamellenfarbe (ohne Sporenpulver, nur Lamellenfarbe!) bei jungen Riesenträuschlingen nachschlagen, weil die ist sicher nicht blau sondern cremeweißlich. Ein violettgrauer bis grauschwarzer Farbton kommt da erst im alter rein, und zwar durch das reife Sporenpulver, das nämlich violettschwarz ist. Die Farbe der Lamellen hat in diesem Fall aber nix mit der Sporenpulverfarbe zu tun, weil da ist noch kein oder fast kein reifer Sporenstaub an den Lamellen.

    Zudem: Bitte mal die ganz jungen, nahezu kugeligen fruchtkörper angucken und vergleichen, ob das beim Riesenträuschling tatsächlich so sein kann, und dazu im Zusammenhang mit dem Habitus mal noch Gedanken über die doch deutlich ausgeprägte Stielknolle in diesem Fall machen (gibt's bei Träuschlingen in der Form nämlich auch nirgendwo).
    Zuletzt die Velumstruktur: Das hier ist kein Pilz mit häutigem Ring (im Fall vom Riesenträuschling ja sogar ein dicker, doppelter, wwattig - häutiger Ring), sondern sehr wohl einer mit fädigem Velum (= Cortina = Schleier). Das ist erkennbar an den Velumbändern an den älteren Stielen, wo diese nicht geputzt sind, sowie an den Huträndern und erst recht und ganz besonders deutlich an den kleinen, noch geschlossenen Fruchtkörpern.

    LG; Pablo.

    Hallo Pablo,

    auf diesem (Schnitt-)Bild

    https://www.123pilze.de/000Forum/index…pg/&thumbnail=1

    sehe ich einen Ring und schließe deshalb die Gattung Cortinarius aus.

    Grüße Gerd

  • Und ich sehe bei den Jungexemplaren einen stark bauchigen Fuß und bei dem älteren Exemplar einen keuligen Stiel mit viel Velum, daüberhinaus bei allen Stücken amethystviolette Lamellen, und schließe daher einen Träuschling aus.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

    • Offizieller Beitrag

    Salve!


    Da hab' ich auch mal einen Bildausschnitt rausgenommen, aber eben die Originalauflösung (Bild in neuem Tab öffnen und groß klicken).

    Das ist schon haarartiges Velum / Cortina, und kein häutiger Ring:

    rechts ist der auch von dir zitierte Bildausschnitt, Gerd, links ist es aber noch deutlicher erkennbar.
    Die kleine Farbkorrektur nur als Bonusservice. :wink:

    Und Stephans Überlegung finde ich auch nachvollziehbar. Ohne pauschal Cortinarius praestans ausschließen zu wollen, denke ich doch eher, daß es eine andere Art aus der Gruppe ist. Cortinarius cumatilis kenne ich nicht persönlich, würde aber wohl mehr Sinn machen als praestans.


    LG, Pablo.

  • Hi,


    da war ich doch ein wenig eingeschüchtert ob der Vehemenz gegen meine Cortinarius-Vermutung. 🙄

    Den Riesenträuschling kenne ich in der Tat sehr gut, habe ich ihn doch bereits mehrfach in allen Altersklassen gefunden (und - nebenbei - auch probiert mit einem mega enttäuschendem Fazit). Der gesamte Habitus - gerade bei den ganz jungen Fruchtkörpern - passt imho überhaupt nicht zu S. r. Und nirgendwo ist das typische „Zahnrad“ auch nur ansatzweise zu sehen.
    Ob es freilich C. praestans ist, steht für mich als mehr oder weniger Hobbysammler auf einem anderen Blatt...😉 Aber bei der Gattung war ich mir letztlich doch recht sicher.

    Tolle Diskussion, wie ich finde!👍


    VG Boris

  • Hallo liebe Pilzfreunde!

    Ich muss mich für die sehr späte Antwort entschuldigen, ich bin einfach noch nicht dazu gekommen, euch zu antworten. Zuerst mal herzlichen Dank für eure zahlreichen Inputs und die spannende Diskussion. Ich sehe schon, hier bin ich richtig.:)

    Also die Vermutung von @Boris71, dass es sich um eine Schleiereule handelt, hat mich unfassbar neugierig gemacht. Ich muss sagen, die Beschreibung von 123pilze für die Schleiereule passt halt einfach zu gut, auch die Bilder, als wären es meine. Der Vermutung von Beorn werde ich auch noch auf den Grund gehen, muss noch eine gute Beschreibung zu speziell diesem Pilz finden.

    Hier nochmal eine Beschreibung zusätzlicher Merkmale meines Fundes (nach dem Schema von 123pilzesuche.de):

    Geruch: kaum bis keiner

    Geschmack: nicht getestet

    Hut: braunviolett, weiße Velumreste, randlich weißlich vom Schleier

    Schleier: eindeutig vorhanden bei jungen Exemplaren

    Lamellen: grauviolett

    Fleisch: weiß, fest, geht teils ins Lila-Violettblau über

    Stiel: faserig, knollig am Fuß

    Ring: keiner vorhanden

    Fundort: am Fuße mächtiger Kalkwände, somit kalkreicher Boden (sehr feucht aufgrund von Jahrhundert-Niederschlägen letztes Wochenende), Laubwald mit überwiegend Birken

    @Graubart und @Uwe58: Träuschling kann ich ausschließen, der passt von der Beschreibung nicht annähernd so gut. Auch die Bilder im Netz zeigen eine ganz andere Haptik als mein Fund.

    @Beorn: Ja, ich habe sie direkt vor Ort geputzt vor den Fotots. War ein Fehler. Ich bin gestern nochmal zum Platz und habe weitere Fotos und ein Video gemacht, siehe Anhang. Hoffentlich sind diese besser. :) Die Fotos muss man anklicken, in der Vorschau werden die manchmal 90° gedreht, keine Ahnung warum.

  • Hallo schwammlklauber,

    wie groß (Hutdurchmesser) war denn das Exemplar auf dem allerletzten Bild? Wenn du jetzt so was wie 20 bis 25 cm sagst (also etwa wie eine kleine Pizza), gibt es mMn keinen vernünftigen Zweifel mehr an der Schleiereule. Bei 10 bis 15 cm (also etwa handtellergroß) schon.

    Toll, dass du diese Fotos noch nachgeliefert hast.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

    • Offizieller Beitrag

    Salve!


    Das finde ich super, daß du da dran geblieben und nochmal hingegangen bist!

    Ein vorweg (und das ist gerade bei schleierlingen sehr wichtig): Wenn's die um ein kulinarisches Erlebnis geht, bitte die PIlze tatsächlich einer/m PSV vorlegen.
    >Weil<.
    Ansonsten finde ich ebenso wie stephan, daß die neuen Aufnahmen der Fruchtkörper auch mit dem deutlich kräftigeren Velum viel näher an Schleiereulen (Cortinarius praestans) dran sind. :thumbup:


    LG; Pablo.

  • Hallo ihr!

    Wow, ich bin begeistert. Vielen lieben Dank für eure tolle Hilfe. Überhaupt ist es super, dass es so Pilzbegeisterte und Hilfsbereite wie euch und eine Plattform wie diese hier gibt! Ich habe im Zuge aller eurer Beiträge und weiterer Recherche wieder sehr viel dazugelernt!

    @StephanW Genau deshalb war ich nicht mehr sicher bei den beiden großen Exemplaren. Der Durchmesser nämlich betrug rund 25 cm (siehe meinen Daumen als Maßstab im linken unteren Bildeck). Im Vergleich zu den jungen Exemplaren ja doch ein deutlicher Unterschied. Aber wenn du sagst, dass dies das letzte Puzzle-Teil wäre, dann ist es ja umso schöner.

    @Beorn Keine Sorge, ich weiß um das Verzehrfreigabenverbot im Forum. Ich habe einige Exemplare gestern geputzt, aufgeschnitten und eingefroren (und deutlich mit VORSICHT beschriftet :wink: ). Wenn es sich zeitlich ausgeht, werde ich nächste Woche nochmal an diesen Platz gehen und ein frisches Exemplar mitnehmen. Mal schauen, ob ich bei uns in Südtirol einen PSV überhaupt finde. Achja, weil du erwähnt hattest, dass das Fleisch bei jungen Exemplaren im Schnitt violett sein sollte. Die meisten ganz frischen zeigten sich gestern so, wie auf dem Foto im Anhang - mit deutlichem Violettstich.

  • Hi schwammlklauber,


    toll, dass Du „dran geblieben“ bist und noch so viele Bilder - vor allen Dingen vom Live-Standort - geliefert hast. Und dass Du auf typische Artmerkmale eingegangen bist, indem Du z. B. das Schnittbild mit der violetten Färbung zeigst und die schiere Größe ausgewachsener Exemplare zeigst / bestätigst. 👍


    Klasse!👍


    VG Boris