Paralepistopsis amoenolens = Clitocybe amoenolens = Parfürmierter Trichterling

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 1.582 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (15. Oktober 2024 um 22:06) ist von Clavaria.

  • Hallo zusammen

    Von diesem Giftpilz wird viel geredet, aber er ist so selten dass man ihn kaum je zu Gesicht bekommt. Heute hatte ich das Glück ihn anzutreffen. Ein Portrait kann nicht schaden.

    Eine Mahlzeit dieses Pilzes ist wohl nicht tödlich, dürfte aber eine der schmerzhaftesten Vergiftungen sein die es gibt.

    Paralepistopsis amoenolens (Malençon) Vizzini 2012

    = Clitocybe amoenolens Malençon 1975

    Parfürmierter Trichterling

    Paralepistopsis amoenolens. Standort Leuk CH, Pfynwald, bei Pinus sylvestris.

    Hut:

    30-100 mm im Durchmesser, jung konvex, dann ausgebreitet und oft unregelmässig verbogen. Teilweise mit stumpfem Buckel.

    Cremebeige, an frischen Exemplaren mit typisch dunklerer, rötlichbrauner Mitte. Im Alter rotbraun fleckig.

    Oberfläche glatt, matt. Rand glatt oder kurz gerippt.

    Lamellen:

    Cremefarben, nach Literatur später auch dunkler; deutlich herablaufend; leicht ablösbar (wie bei Lepista-Arten).

    Stiel:

    40-80 x 5-12 mm, meist nach oben leicht erweitert; jung voll, dann hohl; hutfarben oder etwas heller, meist zur Basis etwas dunkler.

    Oberfläche fein faserig.

    Fleisch:

    Weiss, ziemlich dick und fest. Geruch stark parfürmiert-fruchtig, erinnert an Inocybe fraudans. Geschmack süss, mild.

    Sporen:

    4.0-5.5 x 3.5-4.5 µm, Q = 1.3-1.7, breit elliptisch, glatt, inamyloid, acyanophil, in Kongorot meist mit einem grossen Tropfen.

    Sporenpulver weiss.

    Basidien:

    Viersporig, bis etwa 40 µm lang.

    Zystiden:

    Nicht vorhanden, lediglich einige fadenförmige Marginalzellen an der Lamellenschneide.

    HDS:

    Eine Kutis aus dünnen Hyphen (bis 4 µm dick). Pigment intrazellulär und intraparetial, Schnallen vorhanden.

    Habitat:

    In der Nadelstreu auf kalkigem Boden. Nach Literatur bei Pinus, Cedrus, Larix, Picea.

    Leicht thermophile Art mit mediterranem Verbreitungsschwerpunkt.

    Verwechslungsgefahr:

    Paralepista flaccida: Ohne parfürmierten Geruch und mit warzigen Sporen.

    Infundibulicybe gibba: Ohne parfürmierten Geruch, Sporen mehr tropfenförmig.

    Speisewert:

    Stark giftig. Enthält ein Neurotoxin, das erst mehrere Wochen nach Verzehr schwere Vergiftungssymptome hervorruft.

    Symptome: Finger und Zehen schwellen an, werden rot und schmerzen heftig. Die Symptome treten wellenartig auf, eine Behandlung ist nicht bekannt.

    Sporen in Kongorot

    Literatur:

    Ludwig, E. 2001. Pilzkompendium Band 1.

    Vizzini A. & Ercole E. 2012. Paralepistopsis gen. nov. and Paralepista (Basidiomycota, Agaricales). Mycotaxon 120, 253-167.

    Eyssartier G. & Roux P. 2017. Le guide des champignons, France et Europe.

  • Hallo,

    danke für deine ausführliche Beschreibung! Ich bin gepannt wann ich ihn das erste mal zu Gesicht bekomme. Aber durch deinem Beitrag nimmt das Phantom langsam für mich Form an. Der süßliche Geruch ist hoffentlich beständig, denn damit sollte diese Art ja auffallen. Und ob er abschiebbare Lamellen hast konntest du ja auch verifizieren. :thumbup:

    LG Thiemo

    Bestimmungsvorschläge anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Eine Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben! -> Pilzsachverständige finden

    Einmal editiert, zuletzt von Steigerwaldpilzchen (28. Oktober 2022 um 00:57)

  • Besten Dank für das Portrait!

    Kann ja wirklich leicht sein dass er sich mit steigenden Temperaturen weiter nach Nordenausbreitet. Die Vergiftungssymptome hören sich ja nicht gerade fein an....

    Lg joe

  • Hallo Clavaria,

    ganz herzlichen Dank dafür!

    Mir geht es wie Thiemo, das ist ein bisschen wie ein bedrohliches Gespenst, das vor der Haustür lauert, und Beiträge wie deiner hier machen es etwas greifbarer.

    Beste Grüße

    Sabine

  • Sehr gut, danke Raphael......🙏🏻

    BG Andy

  • Hallo zusammen

    Ist schon länger her, aber ich stelle noch ein paar mehr Fotos von weiteren Kollektionen rein. Der erste Fund ist per Sequenzierung bestätigt.


    In meinem Hauswald im Wallis ist der Pilz jetzt jeden Herbst häufig, da kommen ganze Hexenringe. Zum Glück scheint er sich noch nicht auszubreiten, es gibt im Rest der Schweiz noch keine bestätigten Fundmeldungen.

    Der Geruch ist übrigens sehr konstant und auch nach zwei Tagen im Kühlschrank noch gut wahrnehmbar. An sehr feuchten Exemplaren ist der Geruch schwächer, aber wenn man die Lamellen reibt trotzdem gut feststellbar.

    Gruss Raphael

  • Hallo,

    Danke auch für die neuen Bilder Raphael.

    Zumindest Paralepista gilva - Wasserfleckiger Röteltrichterling hat da auf den ersten Blick schon eine gewisse Ähnlichkeit:



    Jetzt müsste man halt auch daran riechen können. Inocybe fraudans hab ich noch nicht gefunden. Aber "stark parfümiert" ist wenigstens auffällig.

    VG Thiemo

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  • Jetzt müsste man halt auch daran riechen können. Inocybe fraudans hab ich noch nicht gefunden. Aber "stark parfümiert" ist wenigstens auffällig.

    Hallo Thiemo

    Inocybe bongardii sieht man recht oft, die riecht auch ähnlich. Aber der Geruch ist so auffällig, wenn man darauf achtet kann man ihn kaum mit Lepista gilva verwechseln. Ansonsten halt schon sehr ähnlich.

    Bleibt nur zu hoffen, dass nie beide Arten durcheinander wachsen... niemand riecht an jedem einzelnen Pilz.

    Lg Raphael